Winterhalter setzt auf SAP

IBM bleibt trotzdem

17.11.2009 von Andreas Schaffry
Winterhalter konsolidierte seine heterogenen Alt-Systeme durch Geschäftslösungen von SAP. Nicht ersetzen wollte der Hersteller von Spüllösungen dagegen die Infrastrukturlösungen von IBM. Auf dieser Grundlage entstand ein integriertes und hochverfügbares Gesamtsystem, dessen Wartungsaufwand gering ist. So bleiben auch Betriebskosten überschaubar.

Zwischen der heimischen Gutsschänke, dem Café in Florenz, der Bäckerei in New York, dem Luxushotel in Shanghai und der firmeneigenen Kantine gibt es eine Gemeinsamkeit. Das sind die Spül-Systeme der Winterhalter Gastronom GmbH. Diese sorgen weltweit für blitzblank sauberes Geschirr, Besteck sowie Töpfe, Pfannen und Backbleche wie auch makellosen Glanz bei jedem Glas.

Winterhalter: Spüllösungen für alle Fälle

Die Winterhalter GmbH wurde 1947 von Karl Winterhalter in Friedrichshafen am Bodensee gegründet. Heute führen Jürgen und Ralph Winterhalter, Sohn und Enkel des Firmengründers, das Familienunternehmen. Die weltweit tätige mittelständische Firma entwickelt, produziert und vertreibt nach eigenen Angaben als Gesamt-Systemlöser maßgeschneiderte Spülküchen für Kunden aus den Bereichen Gastronomie, Hotellerie, Bäckerei und Metzgerei sowie für Kantinen, Mensen, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Das Maschinenportfolio reicht von der kleinen Gläser- und Geschirrspülmaschine bis hin zur Mehrtankband- beziehungsweise Korbtransport-Spülmaschine. Produziert wird an drei Standorten: Meckenbeuren am Bodensee, Endingen am Kaiserstuhl und Rüthi in der Schweiz.

IT-Konsolidierung soll Wachstum unterstützen

Winterhalter hat aus strategischen Gründen eine umfangreiche IT-Architektur aufgebaut, die aus einer umfangreichen SAP-Anwendungslandschaft und Infrastrukturlösungen von IBM besteht. Das soll die Abwicklung von Geschäftsprozessen effizienter machen und das Unternehmen zukunftsfähig.

"Unser internationaler wirtschaftlicher Erfolg beruht zum einen auf der hohen Qualität unserer Spül-Systeme, zum anderen auf der raschen Anpassung an veränderte Kunden- und damit auch Marktanforderungen", erklärt Erhard Klein, Leiter Datenverarbeitung und Organisation bei der Winterhalter Gastronom GmbH. Winterhalter hat sich daher frühzeitig und erfolgreich als Anbieter von Gesamt-Systemlösungen, bestehend aus Spüllösungen, Produkten für die Wasseraufbereitung und die Reinigungshygiene sowie umfassenden Serviceleistungen, positioniert. Das belegen weltweit 22 Vertriebsniederlassungen sowie Vertriebspartner in über 50 Ländern. Derzeit liegt der Exportanteil bei rund siebzig Prozent.

Um seine Marktposition langfristig zu festigen sowie auszubauen, entschied der Varianten- und Serienfertiger, seine bislang heterogene Anwendungslandschaft zu konsolidieren und konzernweit alle Geschäftsprozesse und -vorfälle einheitlich und durchgängig abzubilden.

SAP-Betrieb auf IBM-Plattformen

Nach einem intensiven Auswahlprozess löste Winterhalter seine Alt-Systeme durch integrierte und zukunftsfähige Geschäftslösungen von SAP ab. Seit Beginn des Jahres 2009 sorgt eine dreistufige SAP-ERP-Systemlandschaft inklusive der integrierten Personalmanagementlösung SAP ERP HCM für effizientere Arbeitsflüsse, insbesondere in der Produktion, beim Varianten-Management und bei den Personalprozessen. Als zweistufiges System garantiert seit Anfang Juni 2009 die Außenhandelslösung SAP GTS eine ATLAS-konforme Zollabwicklung.

SAP CRM als Software für das Kundenbeziehungs-Management und SAP NetWeaver BW als Reporting-Lösung sind, ebenfalls als zweistufige Systeme, noch in der Implementierungsphase. Geplant ist obendrein die Einführung einer Portallösung sowie die Verwendung des SAP Solution Manager für die interne und externe Bearbeitung von Support-Meldungen. Nach einem intensiven Vergleich verschiedenster Plattformkonzepte und Sizing-Szenarien entschied sich Winterhalter, die SAP-Systemlandschaft auf IBM-Infrastrukturlösungen zu betreiben. Die Firma vertraut seit rund 30 Jahren den Geschäftssystemen von IBM - unter anderem aufgrund der hohen Stabilität und Ausfallsicherheit - und schützt so bestehende Investitionen sowie wichtiges Mitarbeiter-Know-how. "Zudem sind IBM-Plattformen einfach zu administrieren und eignen sich ideal für den Betrieb von SAP-Lösungen", verdeutlicht Erhard Klein. Alle Aspekte zusammen trügen dazu bei, die Wirtschaftlichkeit des IT-Betriebs zu erhöhen und die Total Cost of Ownership zu senken.

Die IT muss rund um die Uhr verfügbar sein

Da Winterhalter global und über verschiedene Zeitzonen hinweg agiert, müssen alle von der IT abhängigen Prozesse in Produktion und Verwaltung sowie zu Kunden und Partnern rund um die Uhr und in gleichbleibend hoher Qualität ablaufen. "Hochverfügbare und jederzeit ausfallsichere IT-Prozesse sind daher ein wesentlicher Eckpfeiler in unserer IT-Strategie", betont Erhard Klein. "Außerdem ist damit eine Aufwertung unseres Unternehmens im Hinblick auf die aus Basel II resultierenden Anforderungen von Banken verbunden." Die Umsetzung des Hochverfügbarkeits-Szenarios erfolgte in zwei räumlich getrennten Rechenzentren, in denen alle Komponenten redundant ausgelegt sind.

In wenigen Minuten umschalten

Sollte das produktive ERP-System tatsächlich ausfallen, etwa aufgrund einer Störung oder eines K-Falls, oder wird es wegen geplanter Wartungsarbeiten heruntergefahren, kann Winterhalter nun binnen weniger Minuten auf das Backup-System umschalten.

Technisch gesehen übernimmt in diesem Szenario die bisherige Infrastrukturlösung - ein IBM System i5 Modell 550 mit vier Power5+ Prozessoren und 64 Gigabyte Hauptspeicher - im Remote-Rechenzentrum die Funktion einer Backup-Maschine. Als neue Produktiv-Maschine führte der Spülspezialist das Modell IBM Power 550 Express i Edition (POWER6) mit vier POWER6-Prozessoren und 128 Gigabyte Hauptspeicher ein. IT-Leiter Klein zufolge erhöht die POWER6-Technologie in Verbindung mit dem Betriebssystem IBM i 6.1 (früher i5/OS V6R1) die Effizienz der Geschäftsabläufe, denn damit lassen sich SAP-Anwendungen sehr schnell ausführen. Dazu war es allerdings nötig, vorher einige Funktionsfehler am neuen IBM-Betriebssystem zu beseitigen. Das übernahm der mit der Installation der SAP-Systemlandschaft auf den IBM-Lösungen beauftragte IT-Dienstleister basycs GmbH. Als Datenbank nutzt Winterhalter den in die IBM-Maschine integrierten Datenbank-Server IBM DB2 in der Version 9.

Alle SAP-Daten automatisch spiegeln

Die Hochverfügbarkeitslösung konnte Winterhalter mit der IBM-Technologie für Cross-Site-Mirroring (XSM) in Verbindung mit unabhängigen Disk-Pools, sogenannten Independent Auxiliary Storage Pools (iASP) aufbauen. Auf diese Weise werden alle SAP-Daten aus der Produktiv-Maschine laufend sowie automatisch in der gleichen logischen Reihenfolge auf die Backup-Maschine im Remote-Rechenzentrum gespiegelt. In der Produktiv- und in der Backup-Maschine ist dafür jeweils ein Storage-Pool definiert, beide verbindet die XSM-Lösung zu einem Cluster. Der schnelle und sichere Datenaustausch erfolgt per Fibre-Channel-Protokoll über vier Glasfaserkabel, die jeweils paarweise über getrennte Switches miteinander verbunden und per VPN in einem separaten und damit vom restlichen Netzwerk getrennten Bereich gruppiert sind.

Tests haben gezeigt, dass die SAP-User im Ernstfall praktisch wie gewohnt und fast ohne Unterbrechung weiterarbeiten können. Ist das Produktiv-System wieder verfügbar, wird die Spiegelung fortgesetzt und die Daten zwischen Produktiv- und Backup-System automatisch abgeglichen. Auch dieser Vorgang dauert in der Regel nur wenige Minuten. Laut Erhard Klein waren die "notwendigen Investitionen in eine ausbaufähige IT-Gesamtarchitektur" ein wichtiger Schritt in die Zukunft. Unter diesem IT-Dach könnten sukzessive weltweit alle Winterhalter-Gesellschaften vereint werden.

Dynamische LPARs, schnelle Transaktionen

Aus Performance-Gründen wurden in den beiden IBM-Systemen insgesamt fünf logische Partitionen (LPAR) definiert und darauf die SAP-Anwendungen verteilt. Die Produktivsysteme von SAP ERP und SAP GTS laufen nun in einer LPAR des IBM-Power-Systems, auf einer zweiten LPAR ist das produktive SAP-CRM-System installiert.

Das IBM-i5-System wiederum beherbergt in einer Partition das Produktivsystem von SAP NetWeaver BW und in einer zweiten alle SAP-Entwicklungs- und Testsysteme. Eine dritte LPAR fungiert als Backup für das produktive ERP-System. Den logischen Partitionen werden System-Ressourcen wie Prozessoren und Hauptspeicher je nach Bedarf automatisch sowie dynamisch zugeordnet. Dadurch laufen selbst bei Spitzenlasten, etwa auf dem ERP-System, Transaktionen sowie Kommunikationsprozesse sehr schnell.