Social Media und CRM

Hype oder Hilfe?

11.01.2012 von Frank Naujoks
Die Integration von Daten aus sozialen Netzen in CRM-Applikationen ist hilfreich, wenn dem Vorhaben eine durchdachte Initiative zugrunde liegt.

Blogs, Twitter, Facebook, Foursquare - kaum ein Thema beschäftigt Marketing-Abteilungen mehr als Social Media. Auch die Anbieter von Applikationen für das Customer Relationship Management (CRM) wie Oracle und Salesforce.com haben sich mit Verve auf das Thema gestürzt. Sie haben ihre Anwendungen um Funktionen erweitert, um die neuen Kommunikations- und Interaktionskanäle zu integrieren.

Quelle: Fotolia.com, fizzgig
Foto: Fotolia.com/fizzgig

So können etwa Anwender der Salesforce.com-Suite eigene Communities erstellen, in denen ihre Kunden sich miteinander austauschen und neue Produktideen testen. Die Software beobachtet bei Bedarf Facebook und Twitter. Zudem bietet sie eine Chat-Funktion zu Service-Mitarbeitern. Die darüber geführten Gespräche lassen sich später rekapitulieren, verwalten und auswerten. Auch Branchengrößen wie SAP und Microsoft sowie kleinere Anbieter wie Wice haben ihre Lösungen mittlerweile um entsprechende Schnittstellen ausgebaut.

Lesenswerte Unternehmens-Blogs aus der IT-Branche
Vodafone
Im Vodafone Blog geht es ziemlich bunt zu. Hier schreiben Mitarbeiter - inklusive Praktikanten und Auszubildenden - sowie Gastautoren über Themen wie Mobilfunk, Events oder Karriere. Dabei kommt beim Thema Frauenquote auch mal die Abseitsregel im Fußball zur Sprache.<br/><br/><a href="http://blog.vodafone.de/">Hier geht es zum Blog.</a>
Oracle
In Oracles "Blogging-Community" gewähren Manager, Angestellte und außenstehende Experten Einblicke in Strategien und Technologien. Hinzu kommen News und Drill-Downs zu den verschiedenen Oracle-Produkten.<br/><br/><a href="http://www.oracle.com/blogs/index.html">Hier geht es zum Blog.</a>
Namics
Der E-Business-Dienstleister Namics gewährt mit seinem Blog nicht nur einen Blick hinter die Firmenkulissen, sondern lässt auch seine Mitarbeiter zu Wort kommen. Das Ergebnis sind informative und gut geschriebene Beiträge zu Themen wie SEO, Social Media und E-Commerce.<br/><br/><a href="http://blog.namics.com/">Hier geht es zum Blog.</a>
Microsoft
Der Branchenriese Microsoft verfügt über ein vielfältiges Angebot an Mitarbeiterblogs und Communityangeboten. Von Anleitungen zum Thema "Hyper-V" bis hin zu Tipps und Tricks rund um Windows Live finden sich hier lesenswerte Beiträge zu nahezu allen Microsoft-Produkten. <br/><br/><a href="http://www.microsoft.com/germany/community/windows/blogs.mspx">Hier geht es zum Blog.</a>
IBM
In IBMs BlueBlog schreiben Mitarbeiter des IT-Konzerns über aktuelle Zukunftstrends der IT. Im Fokus stehen dabei Themen wie Cloud-Computing, Security und Enterprise Collaboration. Schwerpunkt ist dabei auch der Dialog mit Nutzern und anderen IT-Experten, die sich nach einer Registrierung aktiv an den Diskussionen beteiligen können.<br/><br/><a href="http://www-05.ibm.com/de/blueblog/">Hier geht es zum Blog.</a>
Google
Im offiziellen Google-Blog finden sich News und Hintergrundberichte zu Google-Technologien und Trendthemen der IT-Welt. Interessant ist auch die Linksammlung, in der private Blogs von Google-Mitarbeitern aufgeführt sind - hier lohnt sich das Stöbern!<br/><br/><a href="http://googleblog.blogspot.com/">Hier geht es zum Blog.</a>
Fraunhofer
Der Blog des Frauenhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation liefert Artikel und Berichte zu aktuellen IT-Forschungsthemen und Zukunftstechnologien. So sollen "die Grenzen zwischen Institut und Unternehmen, Wissenschaft und Praxis" überschritten werden.<br/><br/><a href="http://blog.iao.fraunhofer.de/">Hier geht es zum Blog.</a>
Cisco
Cisco betreibt mit "The Platform" einen thematisch vielfältigen Blog. Hier finden sich "Meinungen und Hintergründe", die nicht nur firmentinterne Projekte beleuchten, sondern auch allgemeine IT-Trends - wie zum Beispiel das Apple iPad - zum Thema haben.<br/><br/><a href="http://blogs.cisco.com/news">Hier geht es zum Blog.</a>
Cirquent
Im Blog der IT-Consulting-Firma Cirquent schreibt ein unternehmeninternes Autorenteam über die Beratungsbranche, Trends und Technologien sowie aktuelle Marktentwicklungen. Podcasts und Videospecials werten das Angebot auf.<br/><br/><a href="http://www.cirquent-blog.de/">Hier geht es zum Blog.</a>
Adobe
Adobe bietet eine riesige Sammlung an RSS-Feeds und Weblogs rund um seine Produkte an. Erreichbar sind diese über das sogenannte "Adobe Feeds"-Portal. Über die Eingrenzung nach Software, Kategorie oder Sprache findet man hier schnell zu den gewünschten (Blog-)Ressourcen, in denen Mitarbeiter und Experten ihr Wissen preisgeben.<br/><br/><a href="http://feeds.adobe.com/FeedList.cfm">Hier geht es zum Blog.</a>
Intel
Intel ist ein innovatives, globales und führendes IT-Unternehmen - somit ist es kein Wunder, dass diese Attribute auch zu Intels Blog passen. Hier wird über aktuelle Entwicklungen und Entscheidungen gebloggt und vor allem zur Diskussion aufgerufen. Intel bleibt so in Kontakt mit den Kunden, die im Gegenzug einen "inside look" erhalten.<br/><br/><a href="http://blogs.intel.com/">Hier geht es zum Blog.</a>
Amazon
Im Amazon Web Services Blog geht es ans Eingemachte: Developing, Programming und Benchmarking sind hier einige der Schlagworte, die den Inhalt dieses Blogs umschreiben. Dementsprechend richtet sich der Blog hauptsächlich an die Nutzer von Amazon-Webdiensten wie dem E-Commerce Service "Fulfillment Web Service" - und an alle Technikbegeisterten.<br/><br/><a href="http://aws.typepad.com/">Hier geht es zum Blog.</a>

Die Ziele der Anwenderunternehmen dürften klar sein: Sie streben einen umfassenden Einblick in die Wünsche und Verhaltensweisen Ihrer Kunden an. Soziale Netzwerke schaffen Transparenz in den von Anbietern nur schwer zu durchschauenden Online-Diskussionen. Daher kann eine Auswertung der zentralen Social-Media-Plattformen wichtige Anhaltspunkte für das Geschäft liefern.

Dell geht neue Wege

Dell-HQ in Texas Quelle: Dell
Foto: DELL Inc.

Dell hat beispielsweise mit der Web-Site www.ideastorm.com eine Plattform geschaffen, auf der Neu- und Altkunden Ideen für neue Produkte diskutieren. Mehrere Hundert dieser Vorschläge wurde bis dato schon umgesetzt. Ein viel geäußertes Anliegen war beispielsweise, mobile und stationäre Rechner ab Werk nicht nur mit Windows, sondern auch mit Linux auszustatten. Zudem spart Dell mit Hilfe des Support-Blogs und der Foren eigenen Angaben zufolge insgesamt elf Millionen Dollar pro Jahr. Das Online-Angebot entlastet die eigene Kunden-Hotline, weil sich Anwender gegenseitig helfen.

Die neue Macht der Kunden

Die schnell wachsenden Nutzerzahlen der Social Networks zeigen, dass die Dienste bei Privat- und Geschäftskunden ankommen. Sie nutzen Medien wie Twitter und Facebook unter anderem, um Marken, Produkte und Service öffentlich zu kritisieren oder zu loben. Allerdings haben bislang nur wenige Unternehmen einen Weg gefunden, das Feedback sinnvoll auszuwerten. Insbesondere Unternehmensbereiche für die Produktentwicklung und den Kundendienst sollten die Meinungsbeiträge ernst nehmen, liefern sie doch Hinweise auf Probleme bei Produkten und Dienstleistungen.

Schlecht beraten sind Firmen, offenkundige Produkt- oder Servicemängel zu ignorieren. Unzufriedene Anwender haben das Internet schon mehrfach als Medium genutzt, um gegen Unternehmen vorzugehen. Im Jahr 2008 traf beispielsweise United Airlines der Zorn der Web-Community, als einem kanadischen Musiker die Gitarre beim Transport mit Fluglinie zerbrochen wurde. United Airline weigerte sich, den Schaden zu ersetzen. Daraufhin, verfasste der Sänger kurzerhand ein Lied, in dem er seinem Unmut freien Lauf ließ. Das YouTube-Video wurde anschließend knapp neun Millionen Mal abgerufen und in Blogs diskutiert sowie auf News-Portalen gepostet. United Airlines wurden schnell zum Paradebeispiel für schlechtes Beschwerde-Management im Social Web.

Strategien statt Technik

Das Risiko, seinen Ruf durch schlechten Service zu schädigen, ist deutlich gestiegen. Die Unternehmen müssen sich nicht nur mit dem Kundenerlebnis sondern auch mit der Bedeutung von Social Media für das eigene Image auseinandersetzen. Idealerweise wird diese Aufgabe vom Servicebereich übernommen, lauern in der Kundenbetreuung doch die größten Fallstricke.

Weder das Marketing, das vornehmlich auf neue Leads bedacht ist, noch der Vertrieb sind strukturell darauf ausgelegt, Belange des Kundendienstes angemessen zu bearbeiten. Für diese Abteilungen eine Social-Media-Initiative aufzubauen, würde zwangsläufig in Insellösungen münden. Sammelt hingegen der Kundenservice das Feedback, kann er die Erkenntnisse für Marketing und Vertrieb aufbereiten, so dass auch diese Abteilungen wichtige Hinweise auf Produkte und Dienstleistungen bekommen.

Was eine Social-Media-Initiative leistet

Ohne einen klar definierten Zweck wird der Erfolg einer Social-Media-Initiative nur schwer zu messen sein. So sollte etwa frühzeitig definiert werden, wie das Unternehmen mit Kunden kommunizieren möchte und welche Ziele es verfolgt. Das können beispielsweise niedrige Kundendienstkosten, höhere Kundenzufriedenheit und eine verbesserte Markentreue sein. Solche Vorhaben müssen abteilungsübergreifend koordiniert werden und entsprechend im Unternehmen verankert sein, denn meistens verändern Social-Media-Initiativen die Kundenbeziehung.

Clearswift-Studie attestiert Sicherheitsbedenken
Sicherheitsbedenken 2.0
Auswirkungen von Web 2.0-Technologien am Arbeitsplatz. Quelle: Clearswift-Studie "Web 2.0 am Arbeitsplatz", 2010
Vorteile Web 2.0
Die Vorteile durch den Einsatz von Web 2.0-Technologien. Quelle: Clearswift-Studie "Web 2.0 am Arbeitsplatz", 2010

Stakeholder beteiligen

Maßnahmen rund um soziale Medien geraten oft ins Stocken, wenn wichtige Mitstreiter aus der Rechts- oder Kommunikationsabteilung nicht von Anfang an ins Boot geholt werden. Abteilungen wie IT, Verkauf, Marketing, Geschäftsführung, Rechtsabteilung und Unternehmenskommunikation sollten zu den Treffen eingeladen und laufend informiert werden. Auf diese Weise wird Social Media von Anfang unternehmensweit verankert. So kann die Rechtsabteilung beispielsweise den Rahmen innerhalb der Community abstecken sowie Benimmregeln und Teilnahmebedingungen für die Community erstellen. Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, sollten die Verantwortlichen mit der Unternehmenskommunikation abstimmen, was in den Communities publiziert werden darf.

Langsam starten

Quelle: Fotolia.com, C. McDermott
Foto: Fotolia.com/Chad McDermott

Eine gut funktionierende Social-Media-Initiative benötigt eine Strategie. Nur so lassen sich Fehler im Umgang mit Kunden vermeiden, die sich möglicherweise schnell im Netz verbreiten. Jeder Mitarbeiter mit Kundenkontakt muss seine Rolle, Verantwortung sowie die Hintergründe des Vorhabens verstehen. Oftmals befürchten insbesondere Manager auf Geschäftsführungsebene, dass Mitarbeiter sich in der Interaktion mit Kunden falsch verhalten. Hier kann ein abteilungsübergreifender Prozess Abhilfe schaffen, der eine einheitliche Ansprache und Botschaft an die Kunden entwickelt.

Social-Media-Initiativen verändern die Abläufe im Unternehmen. Ohne Unterstützung des Top-Managements bleiben solche Initiativen in der Regel erfolglos. Die Geschäftsleitung muss nicht nur die erforderlichen Ressourcen bereitstellen, sondern sollte sich idealerweise auch selbst mit Kunden Online austauschen. Um die Initiativen zu starten, sind keine Investitionen in Software und Tools erforderlich. Anfangs reicht es aus, beispielsweise die wichtigsten Blogs und sozialen Netze nach Erfahrungsberichten über eigene Produkte und Services zu durchforsten. Darauf aufbauend lässt sich etwa Twitter in vorhandene Applikationen integrieren. Das geht oft, ohne dass zusätzliche Lizenzkosten anfallen.

Social Media nicht ignorieren

Auch kleinere Unternehmen werden sich mit Social Media auseinandersetzen müssen - ihre Kunden nutzen die Möglichkeiten des Webs wahrscheinlich schon. Eine gut durchdachte Social-Media-Initiative kann Firmen wichtige Impulse in der Produktentwicklung geben. Außerdem zeigt das Beispiel Dell, dass die im Web gewonnenen Erkenntnisse nicht nur zu neue Lösungen führen, sondern auch sparen helfen.

Dieser Artikel stammt von Frank Naujoks, Director Research & Market Intelligence bei der Intelligent Systems Solutions (i2s) GmbH.

Offene Schnittstellen zu den Daten

Die ursprünglich von Google entwickelte OpenSocial API ist eine offene Schnittstelle, über die sich Web-Plattformen wie hi5, LinkedIn, MySpace, Netlog, Ning, orkut und Yahoo mit CRM-Software verbinden lassen. Die technische Grundlage bilden Standards wie HTML und Javascript. Sie räumen der CRM-Software Zugriff auf Profil- und Kontaktdaten ein. Social-Networking-Plattformen wie Xing nutzen OpenSocial, um eine sichere Infrastruktur zu betreiben. Sie kontrollieren den Austausch der Daten und gewähren nur autorisierten Parteien den Zugang zu sorgfältig ausgewählten Teilen der OpenSocial-API. Darüber hinaus gibt es weitere Schnittstellen zu CRM-Systemen. Facebook bietet beispielsweise ein proprietäres, Web-Service-basierendes Interface an, das die Softwarehersteller integrieren können. Im Sinne des Datenschutzes sollte jedoch stets der Nutzer das letzte Wort darüber haben, was mit seinen persönlichen Daten geschieht.