IT-Freiberufler Studie 2011

Hohe Erwartungen an selbständige IT-Profis

09.11.2011 von Ina Hönicke
Interkulturelle Kompetenz, Flexibilität und Erfahrung stehen auf der Wunschliste der Unternehmen ganz oben, wenn es um den Einsatz von Freiberuflern geht. Die Anforderungen an diese Berufsgruppe steigen, nicht aber ihre Honorare.
Teil 2
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Weltweit angelegte, virtuelle Projekte sind auf dem Vormarsch, darauf müssen Vermittler und IT-Freelancer reagieren", sagt Wahridj Gergian, Sprecher des Vorstands der Reutax AG. Der Personaldienstleister für IT- und Engineering-Projekte setzt auf Flexibilität und Internationalität. Kein Wunder, denn schließlich ist das Unternehmen in der Schweiz, in Österreich, in Tschechien, Polen, Russland sowie in Nordamerika vertreten. Generell sei zu beobachten, das international agierende Unternehmen ihre Standorte auf der ganzen Welt einrichteten. Sie alle benötigen laut Gergian qualifizierte IT-Freiberufler. Mit der Globalisierung würden jedoch auch die Anforderungen an die Externen steigen. Gergian: "Interkulturelle Kompetenz, Flexibilität und Sprachkenntnisse stehen auf der Wunschliste der Kunden ganz weit oben."

Wahridj Gergian, Sprecher des Vorstands der Reutax AG: "Firmen müssen flexibel reagieren, und dazu brauchen sie die Bseten."
Foto: Reutax AG

Die Globalisierung treibt nach den Beobachtungen des Personaldienstleisters das Projektgeschäft. Letztendlich erfordere sie noch mehr Flexibilität und Innovationskraft. "Die Produktlebenszyklen werden kürzer, es sind zunehmend neue Technologien auf dem Markt zu finden", beschreibt der Reutax-Manager den Status quo. Neue Techniken wiederum würden verändertes Know-how erfordern. "Die Unternehmen brauchen die Flexibilität, um schneller reagieren zu können, und das geht nicht ohne die Besten", kommentiert Gergian.

Ein weiteres Feld für IT-Freelancer seien Near- und Offshore-Projekte. Hier kämen auf die Personalvermittler unterschiedliche Anforderungen zu. "In Indien setzt eine Reihe von Auftraggebern vor allem europäische IT-Profis ein, während andere Unternehmen sowohl mit Indern als auch mit Europäern arbeiten", schildert der Reutax-Manager. Beide Gruppen müssten zufriedengestellt werden. Sein Resümee: Projektwirtschaft und virtuelle Teams sind die neuen Arbeitsmodelle.

IT-Freiberufler-Studie 2011

341 Entscheider aus IT-Abteilungen in Unternehmen mit bundesweit mehr als 500 Mitarbeitern wurden von IDG Business Research Services zu Themen rund um das Thema IT-Freelancer befragt.

Sie beantworteten unter anderem Fragen nach den Rekrutierungswegen sowie der Zufriedenheit in puncto Zusammenarbeit mit den Externen und ihren Vermittlern. Auf dem Prüfstand standen auch IT-Projekte, bei denen IT-Freelancer eingesetzt werden.

Die COMPUTERWOCHE stellt die wichtigsten Ergebnisse ab Ausgabe 44 vor. Zunächst äußern sich Personaldienstleister in einem Zweiteiler zu Trends im Freiberuflermarkt. Folgende Unternehmen haben die "IT-Freiberufler-Studie 2011" unterstützt: Gulp Information Services GmbH, Solcom Unternehmensberatung GmbH, Reutax AG, top itservices AG, Hays AG, Geco AG.

Ähnlich sieht das Frank Schabel, Marketing-Leiter des Personaldienstleisters Hays: Die Unternehmen setzten verstärkt auf Projektarbeit. "Traditionell ist die IT der Bereich, der seit Jahren am stärksten auf Externe zurückgreift und sich hier sehr flexibel aufgestellt hat", sagt Schabel. Diese Vorreiterrolle lasse sich durch Hays-eigene Untersuchungen belegen. Hinzu komme, dass die IT mehr und mehr das Thema Zeitarbeit entdecke. Gerade in den administrativen IT-Sektoren steige der Bedarf. Nach Schabels Erfahrung geht der Trend zu gemischten Teams, die sich aus Externen und Internen zusammensetzen: "Diese Gruppen sind geeignet, das Wissen Externer, das inhouse nicht verfügbar ist, sinnvoll und punktgenau in Projekte zu integrieren."

Embedded-Systems-Wissen lohnt

Frank Schabel, Marketing-Leiter Hays: "Traditionell gehört die IT zu den Abteilungen, die stark auf Freiberufler setzen."
Foto: Frank Schabel

Dunkle Wolken am Projektmarkt-Himmel kann Schabel nicht erkennen. Im Gegenteil: Im SAP-Bereich herrsche nach wie vor Knappheit. Ähnlich sehe es im Sektor der Embedded Systems aus. Das Durchdringen von IT in Maschinen, Geräten und Autos gewinne an Bedeutung und verlange technikaffine Freelancer. Hoch qualifizierte IT-Spezialisten würden sowieso krisenunabhängig eingesetzt. "Externe, die Unternehmen ad hoc ins Haus holen, sind ein durchaus probates Mittel, Projekte effizient zu betreiben", meint der Hays-Manager.

Neben den klassischen Sektoren seien Freelancer verstärkt im Bereich der .NET-Entwicklung gefragt. Schabel ist überzeugt, dass mit der Zahl der Web-Projekte auch die der IT-Freiberufler in diesem Umfeld wachsen wird. Die Web-Generation wird seiner Meinung nach verstärkt den Weg in die Freiberuflichkeit suchen. "Die Young Professionals legen großen Wert auf ein eigenbestimmtes Berufsleben", erklärt er. Die jungen Leute strebten nach Unabhängigkeit, wollten ihren Tagesablauf selbst gestalten und in jedem Fall Social Media nutzen. Daher gebe es viele jüngere IT-Spezialisten, die ihre Zukunft in der Selbständigkeit sähen. Schabel prophezeit: "Dieser Nachwuchs wird so gut qualifiziert sein, dass er vor einer freiberuflichen Zukunft keine Angst zu haben braucht." Wenn sich die unabhängigen "Nachrücker" noch das erforderliche Branchen-Know-how und Erfahrung aneigneten, ständen ihnen alle Türen offen.

Lieferfähigkeit vor Preis

Am häufigsten in der IT-Freiberufler-Szene nimmt Gulp den Markt mit Hilfe seiner Online-Umfragen unter die Lupe. Erst jüngst teilte der Münchner Personaldienstleister mit, dass die Nachfrage nach IT-Selbständigen so stark wie nie zuvor in der Geschichte des Projektportals sei. Gesucht würden vor allem Experten mit SAP-, Windows- und Oracle-Know-how. Unter den Programmiersprachen rangierten Java und C++ in der Gunst der nachfragenden Unternehmen vorn.

Als besonders interessantes Umfrageergebnis sieht Geschäftsführer Michael Moser, dass die Lieferfähigkeit den Preis als wichtigstes Kriterium bei den Auftraggebern abgelöst hat: "Das ist der Beleg dafür, wie groß die Nachfrage nach qualifizierten Externen mittlerweile ist." Trotz des enormen Interesses seien die Kunden aber weiterhin preissensibel. Hier herrsche in vielen Unternehmen noch die Denkweise aus dem Krisenjahr 2009 vor. Denjenigen allerdings, die echte Topleute suchten, bleibe nichts anderes übrig, als den einen oder anderen Euro auf das Honorar draufzulegen. "Sind die Auftraggeber dazu nicht bereit, müssen sie sich mit der zweiten Riege zufrieden- geben, denn die Hochkaräter können sich längst das attraktivste Angebot heraussuchen", weiß Moser.

Im Durchschnitt 72 Euro pro Stunde

Laut Gulp fordern die IT-Freelancer in diesem Jahr im Schnitt ein Honorar von 72 Euro pro Stunde. Knapp neun Prozent würden Spitzenwerte von 100 Euro und mehr verlangen. IT-Projektleiter führen das Gulp-Ranking mit einer Stundensatzforderung von 79 Euro an, gefolgt von den Beratern (76 Euro).

Zwischen der Position mit den höchsten durchschnittlichen Forderungen (Projektleiter, 79 Euro) und der mit den niedrigsten (Administrator, 58 Euro) besteht immerhin eine Differenz von 21 Euro. Gut im Rennen lägen die selbständigen Projektmanager, die bis zu 88 Euro pro Stunde verlangten. "Bei ihnen handelt es sich um ältere und erfahrene Spezialisten, deren Kenntnisse entsprechend gefragt sind", sagt Moser.

Wie seine Kollegen von der Konkurrenz erkennt der Gulp-Geschäftsführer bei seinen Auftraggebern keine Krise: "Auch wenn zurzeit niemand eine verlässliche Auskunft geben kann, bin ich überzeugt, dass sowohl Personalagenturen als auch IT-Freelancer der nahen Zukunft gelassen entgegensehen können."

CW-Serie: IT-Freiberufler-Studie 2011

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