Mini-PCs für Büro und Wohnzimmer

Hersteller schrumpfen den Desktop

11.07.2008 von Martin Bayer
Nachdem in den vergangenen Monaten günstige Kompakt-Notebooks a la Eee PC für Furore gesorgt haben, nehmen sich die Hersteller nun den Desktop vor. Kleinformatige PCs, die Nettops, sollen dem lahmenden Markt neuen Schwung verleihen.

Die Desktop-Hersteller müssen sich etwas einfallen lassen, um ihre Geschäfte in Gang zu halten. Zwar haben die Marktforscher von IDC und Gartner erst kürzlich ihre Wachstumsprognosen für den weltweiten PC-Markt im laufenden Jahr heraufgesetzt. Grund dafür ist jedoch allein der boomende Notebook-Markt. Nach Einschätzung der IDC-Analysten sollen in diesem Jahr weltweit über 145 Millionen Notebooks werden, das sind 34,5 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Dagegen sollen die Auslieferungen von Desktops und x86-Servern lediglich um 2,2 Prozent auf 164,7 Millionen Geräte zulegen. Um sich dem Abwärtstrend entgegen zu stemmen, probieren es die Hersteller mit neuen Techniken und Formfaktoren.

Nach dem Eee PC komm die Eee Box

Mit der Eee Box will Asus an die Erfolge des Eee PC anknüpfen.

Beispielsweise versucht Asus mit einer Desktop-Variante seines "Eee PC" an den Erfolg des Mini-Notebooks anzuknüpfen (siehe auch: Asus Eee PC im Test und Asus setzt sich mit dem Eee PC hohe Ziele). Die "Eee Box", die das Format eines gängigen Hardcover-Buches haben wird, soll in verschiedenen Konfigurationen auf den Markt kommen. Als Betriebssystem sind Windows XP und Linux vorgesehen. Die technische Plattform basiert auf dem Atom-Chip von Intel. Außerdem wird die Eee Box über 1 GB Arbeitsspeicher verfügen. Bei der Festplatte sollen Kunden zwischen Kapazitäten von 80 bis 250 GB wählen können. Darüber hinaus soll die Eee Box ein WLAN-Modul, vier USB-Anschlüsse sowie einen integrierten Speicherkartenleser enthalten. Wann der Mini-Rechner hierzulande zu haben sein wird und was er kosten soll, steht bis dato noch nicht fest. Aus Herstellerkreisen sickerte bislang nur doch, dass eine Basisversion mit Linux und 80-GB-Festplatte in den USA auf 269 Dollar kommen soll.

MSI macht Wind

Auch MSI hat einen kompakten Mini-Rechner in Arbeit. Nach seinem "Wind"-Mini-Notebook hat der Hersteller auch eine Desktop-Version angekündigt. Die Produktion des "Wind"-Mini-Desktop soll nach Herstellerangaben bereits angelaufen sein. Basis des Rechners sind Komponenten, die auch in der Notebook-Variante Verwendung finden. Herzstück des Mini-Desktop ist wie bei Asus die Atom-Prozessor-Plattform von Intel. Die CPU, die der Halbleiterriese eigentlich speziell für mobile Endgeräte entwickelt hat, ist mit 1,6 Gigahertz getaktet. Den Arbeitsspeicher bestückt MSI standardmäßig mit 1 GB, die maximale Ausbaustufe liegt bei 2 GB. Darüber hinaus bietet der Bonsai-Desktop eine Festplattenkapazität von bis zu 160 GB. Verbaut werden herkömmliche 3,5-Zoll-Laufwerke. Fest integriert sind außerdem ein WLAN-Modul sowie ein DVD-Laufwerk.

Auch MSI verknüpft mit dem Wind seine Mini-Desktop-Strategie eng mit der Marke der Kompakt-Notebooks.

Der taiwanische Hersteller will mit den Rechnern sowohl professionelle Kunden als auch Endverbraucher ansprechen. Punkten soll der Wind-Desktop vor allem durch seine kompakte Größe, den geringen Stromverbrauch und den geräuscharmen Betrieb. Mit den Maßen 300 mal 260 mal 65 Millimeter sei der Mini-Desktop etwa um den Faktor drei kleiner als ein herkömmliches Desktop-Gehäuse, werben die MSI-Verantwortlichen für ihre jüngste Entwicklung. Der Strombedarf liegt laut Anbieter bei 35 Watt - traditionelle PCs würden dagegen bis zu 250 Watt schlucken, hieß es. Außerdem laufe der Wind-Rechner fast lautlos, da der Prozessor keinen aktiven Lüfter benötige. Mit dieser Technik empfehle sich der Mini-Desktop dem Hersteller zufolge für den Betreib im Büro wie auch im Wohnzimmer als Surf-Station oder Multimediazentrale.

MSI will die Wind-Rechner mit Windows XP ausliefern. Eine Business-Variante soll noch im Juli in Europa erhältlich sein. Die Consumer-Version soll im September folgen. Bei der Vorstellung der neuen Rechnerlinie nannten die Verantwortlichen einen Preis von 299 Dollar für den voll ausgestatteten Desktop sowie 199 Dollar für das Barebone-Modell, in dem Kunden Komponenten wie Arbeitsspeicher, Festplatte und DVD-Laufwerk selbst einbauen müssen. Wie viel die Mini-Desktops letztendlich in Deutschland kosten werden, steht noch nicht fest.

Der klassische Desktop stirbt aus

Neben Asus und MSI plant noch eine ganze Reihe weiterer Hersteller aus Fernost kompakte Desktop-Rechner. Elitegroup Computer Systems (ECS) will den "MD100", FIC den "Charming" ins Rennen schicken. Es ist allerdings zweifelhaft, ob die Mini-Desktops einen ähnlichen Erfolg haben werden wie die Mini-Notebooks. Vor allem der Preisvorteil sticht bei den Desktops längst nicht so deutlich wie bei den Notebooks. Einen herkömmlichen Desktop mit Dual-Core-CPU, 2 GB Arbeitspeicher und 160-GB-Festplatte bekommt man heute bereits zwischen 300 und 400 Euro. Gemessen an den bislang vorliegenden Preisauskünften dürften die Mini-Desktops nur wenig darunter liegen. Die Hersteller müssen sich also etwas anderes einfallen lassen, um den Kunden die neue PC-Klasse schmackhaft zu machen.

Grundsätzlich scheinen die Hersteller jedoch auf dem richtigen Weg. Gartner zufolge wird der Desktop-Anteil am gesamten PC-Markt weiter schrumpfen, bis 2012 auf nur noch etwa ein Viertel. Dabei dürfte aus Sicht der Analysten der Standard-Desktop kaum noch Chancen haben. Vielmehr müssten die Hersteller ihre Rechner dezidiert für bestimmte Anwendungsszenarien tunen, beispielsweise als Highend-Maschinen für Gamer oder kleinformatige und leise Multimediastationen für das Wohnzimmer.