Hans-Ulrich Holdenried, HP: "An einem guten Printer ist nichts Schlechtes"

01.03.2006
Mit dem Chef von HP-Deutschland, Hans-Ulrich Holdenried sprachen die CW-Redakteure Christoph Witte und Jan-Bernd Meyer über die Entwicklung des IT-Marktes in Deutschland, die zukünftige Ausrichtung von HP und warum an einem guten Printer nichts Schlechtes dran ist.

CW: Wie wird sich der IT-Markt in Deutschland entwickeln?

HOLDENRIED: Seit der Wahl haben wir eine bessere Stimmung. Wir dürfen uns aber nichts vormachen. Ich würde Ihnen ja gern etwas anderes erzählen, aber die Unternehmen sind nach wie vor dabei, ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihre Effizienz zu verbessern. In der Sprache der IT heißt das oft Konsolidierung. Was nicht per se etwas schlechtes ist. Es geht um Standardisierung und Homogenisierung von Plattformen und Anwendungen, damit die Unternehmen einerseits die Kosten reduzieren können andererseits aber auch flexibler und schneller werden.

CW: Das hört sich nicht so an, als wenn Ihre Auftrags-Pipeline besser gefüllt wäre als im vergangenen Jahr.

'Die Entscheider sind vorsichtiger als Mitte der 90er Jahre.'

HOLDENRIED: Durch die Umstellungen, die wir im vergangenen Jahr eingeleitet haben, sind wir besser aufgestellt, was mich positiver stimmt als vor sechs Monaten. Zudem haben wir jetzt auch einige positive Quartale hinter uns gebracht. Dadurch verbessert sich automatisch das Image der Company. Uns selbst geht es auch so. Wir fühlen uns einfach besser mit den guten Ergebnissen im Rücken. Doch abgesehen von der emotionalen Lage, arbeiten wir natürlich an der Organisation. Wir haben die Effizienz gesteigert.. Aufgrund all dieser Veränderungen setze ich eher auf uns als auf den Markt. Allerdings sind wir in Deutschland durch den Arbeitsplatzabbau immer noch in der Umgestaltungsphase. 2006 ist ein Übergangsjahr für uns.

CW: Noch einmal Markt. Ist es nicht so, dass Unternehmen wieder in strategische Projekte investieren?

HOLDENRIED: Das Topmanagement sieht sich durchaus wieder strategische IT-Projekte an, aber die Entscheider sind, was die Höhe des Investments und die Anforderungen an den Return on Investment betrifft, vorsichtiger als beispielsweise Mitte der 90er Jahre. Ich glaube auch, dass die kommerziellen Aspekte von IT-Investitionen in Zukunft immer im Vordergrund stehen werden.

CW: In welche IT-Bereiche investieren Kunden stärker als in andere?

HOLDENRIED: Im Vordergrund stehen Infrastrukturprojekte. Viele unserer Kunden sind dabei, auf modernere Plattformen wie zum Beispiel die Integrity-Server zu migrieren. Dazu kommt ein größerer Bedarf nach definierten Services, zum Beispiel im Bereich selektives Outsourcing.

CW: Konkret auf ihr Geschäft bezogen, in welchem Produktbereich erwarten Sie das größte Wachstum?

'Das Software-Geschäft bietet eine größere Kundennähe, und es ist strategisch wichtig für uns.'

HOLDENRIED: Die Trends, die der Bericht zum 1. Quartal im laufenden Geschäftsjahr für HP weltweit aufzeigt, gelten auch für uns. Software zum Beispiel ist in diesem Zeitraum um 20 Prozent gewachsen. Wir in Deutschland schließen gerade zum 1. März die Integration von Peregrine ab. Deren Produkt-Portfolio ergänzt sich im Bereich Asset-Management hervorragend mit unserem Open View . Durch diese Komplettierung wird das HP Softwareangebot für unsere Kunden noch relevanter. Gleichzeitig können wir mit Software eine viel intensivere und längere Beziehung zum Kunden aufbauen als nur durch den reinen Hardwareverkauf. Für Service gilt das in noch stärkerem Maße. Und das ist auch der Grund dafür, dass ich Software und Services so sehr mag. Gerade in der Software werden wir absolut mehr Gas geben.

CW: Was ist damit konkret gemeint? Ihr Softwaregeschäft ist bisher winzig klein. Neun Millionen Dollar Gewinn bei einem Umsatz von 300 Millionen. Das hört sich nicht nach einer großen Geschichte an. Was bedeutet da Gas geben?

HOLDENRIED: Ich begeistere mich für das Thema Software aus zwei Gründen: Das Geschäft bietet eine größere Kundennähe, und es ist strategisch wichtig für uns. Wir werden es schaffen, dass es weiter profitabel wächst, auch wenn jetzt noch viele Leute meinen, dass dieses Geschäft für HP zu klein sei.

CW: Trotzdem verkaufen Sie in erster Linie Hardware.

HOLDENRIED: Der Service-Anteil liegt bei 17 Prozent am Gesamtumsatz. Hardware-Produkte verkaufen wir in erster Linie im Imaging- und Printing- und im PC-Bereich, alles andere sind mehr oder weniger Lösungen, die einen Service-Bestandteil haben. Doch klar, wenn Sie mich fragen, ob uns ein doppelt so großer Service-Anteil helfen würde, würde ich antworten: selbstverständlich. Und natürlich müssen wir da noch viel tun. Wir haben unser Angebot in den letzten vier Jahren bereits deutlich erweitert. Aber wir wollen mehr. Und unsere Kunden erwarten das von uns..

CW: Thema Services: Mit 2,3 Milliarden Dollar steuert HPs Technology Services den weit überwiegenden Anteil zum Umsatz in der gesamten Servicesparte bei. Die für HP aber wohl doch interessanteren Bereiche wie Beratung und Integration sowie Managed Services tragen nur wenig bei, sind im Vergleich zu TS schwach auf der Brust. Das gilt auch für das international schnell wachsende Segment Business Process Outsourcing.

HOLDENRIED: In Deutschland sind wir gerade bei BPO durch die Triaton-Akquisition ganz gut unterwegs.

Aber ich stimme Ihnen zu: wenn wir da besser wären, wäre auch der strategische Hebel größer. Dennoch lautet unsere wichtigste Aufgabe in diesem Jahr, unsere operativen Aufgaben gut zu erfüllen.

CW: Sie meinen, in diesem Jahr geht es vor allem um das Gelingen der Restrukturierung und das Erreichen der geplanten Ziele?

HOLDENRIED: Ja. Nachdem Mark Hurd am 1. April letzten Jahres das Ruder übernommen hatte und sich das Unternehmen acht Wochen angesehen hat, wurden Entscheidungen getroffen. Daraus entstanden sind drei Geschäftsbereiche und die Vorgaben für die Restrukturierung. Hurd kommuniziert sehr klar, das erspart uns viele Diskussionen.

CW: Wenn man sich HP ansieht, dann bieten Sie vom fehlertoleranten Höchstleistungsrechner bis zum Flachbildfernseher und zur Digitalkamera eine Vielzahl von Produkten an. Verliert ein Unternehmen dadurch nicht den Fokus? Können Sie noch sagen, wofür HP eigentlich steht? Wie sieht sich HP selbst?

HOLDENRIED: Zum einen wollen wir technisch hochwertige Hard- und Software anbieten . Das bedeutet innovativ und verlässlich zu sein. Dafür ist HP bekannt. Zum zweiten wollen wir für das Geschäft unserer Kunden relevant sein. Hier spielt vor allem das Thema Service eine Rolle. Da haben wir weiter Optimierungsbedarf. Das dritte Thema heißt Kundenzufriedenheit. Wenn unsere Kunden zufrieden sind, empfehlen sie uns weiter. Wenn wir sie enttäuschen, scheitern unsere Strategien sowieso.

CW: Zum Thema IBM: Ihre frühere Chefin Carleton Fiorina hat nach der Compaq-Übernahme gesagt, HP solle die IBM der Zukunft werden. Davon scheint HP heute ziemlich weit entfernt.

HOLDENRIED: Was Carly Fiorina aber auch immer wieder sagte, war, dass HP anders sein sollte.

CW: Anders sein heißt aber doch sicherlich nicht, dass HP sich wieder auf "alte" Tugenden besinnen und vorrangig Anbieter von hervorragender Technik, Infrastruktur werden will, oder?

HOLDENRIED: Als Schwabe sag ich hierzu erst einmal, 's ischt nix falsch dran, einen guten Drucker zu baue`. Sinngemäß gilt das natürlich für alle Produktbereiche.

CW: Wie lautet die Strategie für die drei Geschäftsbereiche?

HOLDENRIED: Für die Imaging and Printing Group (IPG) gilt, dass wir uns vom Anbieter von Druckern zum Lieferanten von Drucklösungen wandeln. Wir erledigen das Output-Management für unsere Kunden und diese bezahlen dann, wenn gewünscht, pro gedrucktes Blatt Papier anstatt für die Hardware . Hier kaufen wir nötigenfalls auch Lösungen zu, wie die Akquisitionen beispielsweise von Scitex und Indigo zeigen.

Bei der Personal Systems Group (PSG), geht alles um das Thema Mobility. Nehmen Sie als Beispiel die Entwicklung der Notebooks oder der HP iPAQs. Der Handheld-Bereich hat soeben eine eigene Businessverantwortung innerhalb der PSG übernommen. Das spricht für die strategische Bedeutung dieses Geschäfts. Der dritte Aspekt unserer Business Strategie betrifft die Technology Solutions Group. Dazu zählt auch unser Softwareangebot, also OpenView und OpenCall. Hier richten wir unsere Anstrengungen auf alles, was mit dem Thema automatisiertes Datenzentrum zu beschreiben ist. Da wollen wir unsere Kunden bei Themen wie Configuration Management, Software-Versions-Management, Patch Management etc. unterstützen. Das hat auch starke Infrastrukturkomponenten

CW: HP trennt sich bis 2007 von 1500 Mitarbeitern, das sind fast 20 Prozent der Belegschaft. Die Restrukturierungen dauern nun schon seit der Compaq-Übernahme an. Wie lange hält ein Unternehmen und dessen Belegschaft, eigentlich solche Schmerzen aus?

HOLDENRIED: Eigentlich wäre es besser, einmal getroffene Restrukturierungsentscheidungen schnell umzusetzen. In Deutschland ist ein solches Vorgehen - anders als etwa in den USA - aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen und der Rahmenbedingungen nicht möglich. Wir können im IT-Markt nur erfolgreich agieren, wenn wir hunderprozentig topfit sind - das gilt für Deutschland und weltweit. Dazu gehört auch der Stellenabbau, der uns alles andere als leicht fällt. Aber bei Restrukturierungen kommt es darauf an, sie richtig umzusetzen. Das muss mit Respekt vor den Mitarbeitern und entsprechenden Angeboten geschehen. Darauf legen wir Wert.

CW: Aber mal auf die konkrete Situation gesehen: Viele Kunden befürchten bei den massiven Entlassungen, dass darunter der Service leiden wird. Teile desselben werden ja nach Sofia in Bulgarien in ein Service-Center ausgelagert. Da fragen sich Kunden natürlich, ob HP die gewohnte Qualität beim Service noch aufrechterhalten kann oder ob es das Unternehmen - insbesondere bei proprietären Architekturen wie VMS, Alpha etc., deren Lebenszyklus zu Ende geht - nicht als lässlich hinnimmt, wenn der Service leidet.

HOLDENRIED: Wir sind für unsere Kunden ein verlässlicher Partner. Dafür steht HP. Tatsache ist, dass bei allen Veränderungen die Einhaltung und die Lieferqualität bestehender Servicevereinbarungen sichergestellt sind.