Alternativen zu Microsofts Office

Günstiger Desktop für den Mittelstand

05.12.2003 von von Sascha
Mit Kostenargumenten und ebenbürtigen Features will Sun seine quelloffenen Office-Produkte „Java Desktop System“ und „Staroffice“ vor allem im Mittelstand gegen die Übermacht Microsofts positionieren. Einsparungen im zweistelligen Prozentbereich sollen möglich sein.

MIT DEM Java Desktop System bringt Sun dieser Tage eine Produkt-Suite auf den Markt, die geringere Anschaffungskosten als eine gleichwertige Desktop- Umgebung von Microsoft verspricht und sich auch funktional mit ihr messen lassen kann. Das integrierte Angebot basiert auf Linux und umfasst weitere quelloffene Produkte wie die Desktop- Umgebung „Gnome“, den Browser „Mozilla“, die Mail- und Kalender-Software „Evolution“, das Büropaket Staroffice 7“ sowie das Instant-Messaging- Tool „Gain“. Hinzu kommen eine aktuelle Version des Multimedia-Players von Real Networks und der „Acrobat Reader“ von Adobe. Eine Benutzerauthentifizierung kann mit Hilfe der Java Card Platform implementiert werden. Die Gesamtkosten betragen 100 Dollar pro Mitarbeiter oder 50 Dollar, wenn gleichzeitig Suns Infrastruktursoftware „Java Enterprise System“ im Backoffice installiert ist. Letztere umfasst den „Sun One Application

Server“, den Directory-, Identity- und Portal-Server, Cluster-Software sowie Messaging-Programme.

Überzeugter Anwender

 Ohne in die Debatte über Vor- und Nachteile von Open Source einsteigen zu wollen, seien die Desktop-Produkte schon aus wirtschaftlichen Gründen für mittelständische Unternehmen attraktiv, erklärte Martin Häring, Director Marketing und Sprecher der Geschäftsführung bei Sun, anlässlich einer Pressekonferenz auf der Systems in München. Gegenüber einer Desktop-Umgebung von Microsoft (Windows, Internet Explorer, Outlook, MS Office, MSN Instant Messaging) bestehe ein Einsparpotenzial von 30 Prozent bei der Systemverwaltung, 50 Prozent bei den Hardwarekosten dank geringerer Systemanforderungen von Linux sowie von 80 Prozent bei den Lizenzkosten.

Ein Praxisbeispiel wurde auf der Veranstaltung allerdings nicht anhand des Java Desktop Systems, sondern des Büropakets Staroffice gegeben. Welche Einsparungen sich mit ihm in einem mittelständischen Unternehmen erzielen lassen, erläuterte Oliver Grenz, zuständig für die IT bei der Spedition Heinz Huber in Schweitenkirchen. Deren 38 Mitarbeiter starker Betrieb setzt Open-Source-Software auf dem Anwendungs- Server (Speditionssoftware und Datev-Programm unter Red Hat Linux und Samba) sowie Backup- und Intranet-Server (Red Hat Linux, Apache, MySQL, Perl/PHP/Python) ein. Der noch verbliebene Web-Server von Microsoft soll demnächst ersetzt werden. Die 20 angeschlossenen Desktops laufen unter Windows 98/2000/XP und verwenden Mozilla und Staroffice als Arbeitsumgebung.

Rasche Eingewöhnung

Laut Grenz lagen dem Wechsel von Microsoft zu Open Source in erster Linie wirtschaftliche Überlegungen zu Grunde. So ließen sich die Gesamtkosten einschließlich Support-Vertrag auf dem Desktop um 73 Prozent reduzieren. Auf den Servern waren es sogar 84 Prozent siehe Grafik „Anwender: Staroffice ist billiger“). Zudem hätten ihn die Sicherheit von Linux/Mozilla und der Leistungsumfang von Staroffice überzeugt: Nach rund vier Wochen hatten sich alle Mitarbeiten an die neue Arbeitsumgebung gewöhnt.“ Dazu beigetragen habe, dass sich alle zuvor benutzten Dokumente nach geringfügiger Anpassung in das Staroffice-Format konvertieren ließen. Die oft beschworenen Probleme bei der Portierung von Makros habe er nicht gehabt, da seiner Ansicht nach kleine oder mittelständische Unternehmer diese nicht verwenden. Ebenso sei der Austausch von Dateien mit Partnern problemlos, da sich Dokumente alternativ zum Staroffice-Format auch als PDFoder Word-Datei

verschickt lassen. Eine Dokumentation für die Bürosuite sei allerdings in erster Linie im Web verfügbar. Hier wünschte Grenz sich eine umfangreichere Literatur, wie sie Microsoft für jedes Programm bieten könnte.

Die Spedition will in Kürze auf Staroffice 7 wechseln, das dieser Tage auf den Markt kommt. Die Suite bietet etwa dieselben Funktionen und Neuerungen wie die Open-Source-Variante „Open Office 1.1“, auf der sie technisch basiert. So werden beispielsweise umfassende Exportfunktionen für Dokumente in XML, PDF (Filter setzt Fonts und Schriftgrößen um), Palm, Pocket PC und Macromedia Flash geboten. Alternativ zur mitgelieferten Datenbank Adabas D kann ferner direkt mit MySQL gearbeitet werden.

Migrations-Toolkit für Makros

Unterschiede zeigen sich beispielsweise darin, dass für Staroffice das Java Runtime Environment installiert sein muss, um den vollen Funktionsumfang nutzen zu können. Zudem bietet die Sun-Variante eine umfangreichere Rechtschreibprüfung sowie Hilfsmittel für Sehbehinderte und Blinde wie beispielsweise Bildschirmlupe oder einen „Screen Reader“, der Dokumente vorliest.

MS Office 2003 kostet in der Standard- Edition knapp 500 Euro (Update: 300 Euro) oder 550 Euro als Small-Business- Paket. Die Professional-Variante schlägt mit 600 Euro (Update: 400 Euro) zu Buche. Lehrer, Schüler und Studenten zahlen laut Microsoft 170 Euro für die Standard-Version. Staroffice 7 ist hingegen inklusive Handbuch und Basis- Support für rund 90 Euro erhältlich und läuft unter Windows, Linux und Solaris. Für Unternehmen gibt es eine „Enterprise Edition“ mit Software Development Kit (SDK) und Configuration Manager für die zentrale Verwaltung von Benutzervorgaben. Eine Option zur Anbindung von Staroffice an die Standardsoftware von SAP wurde erstmals kürzlich auf der SAP Teched gezeigt. Für die Ablösung größerer MSOffice- Installationen wurde ferner auf der Systems ein

Migrations-Toolkit für Sun-Partner vorgestellt. Das Werkzeug parst MS-Office-Makros und konvertiert diese mit Hilfe von Mapping-Tabellen zu Staroffice-Makros. (uk)