Lizenzkosten sind nicht alles

Große Unterschiede bei Office-Programmen

24.09.2002
Bei Office-Lösungen gibt es einen klaren Marktführer. Doch die hohen Lizenzkosten für Microsofts Softwarepaket veranlassen immer mehr Anwender, sich nach Alternativen umzuschauen.

EIN BLICK in das E-Mail-Postfach genügt, um festzustellen, wer den Markt der Büroanwendungen dominiert: Die Microsoft-Dateiendungen DOC (Word), XLS (Excel) oder PPT (Powerpoint) finden sich in zahllosen Anhängen. Die Office-Pakete aus Redmond sind seit vielen Jahren Standard und von fast keinem Rechner wegzudenken. Dabei sind die Microsoft- Programme teuer.

Allein eine Einzelplatzlizenz für das kleinste Paket „Office XP Standard“ belastet das Budget laut Listenpreis mit fast 1000 Euro, die „Straßenpreise“ liegen um 650 Euro. Auch bei größeren Lizenzmengen kommt das Softwarepaket teuer zu stehen. Microsoft selbst veröffentlicht die Preisstaffelung nicht, sondern verweist auf die Händler: Laut Stefan Fuchs vom Systemhaus EBF Systec in Winnenden kostet ein Paket mit 100 Lizenzen von Office XP Standard pro Lizenz rund 470 Euro (empfohlener Verkaufspreis). Bei 300 Lizenzen sinke der Einzelpreis auf zirka 455 Euro.

Wer sich am Markt umschaut, findet auch deutlich günstigere Angebote. So verlangt Sun Microsystems zum Beispiel für das eigene „Star Office 6“ nur knapp 90 Euro pro Einzellizenz. Ab 25 Lizenzen weist die Preisliste leichte Nachlässe auf. Das Paket für 150 User kostet laut Sun-Preisliste 9 700 Euro, 15 500 Euro werden für 250 Arbeitsplätze fällig. Noch preiswerter ist die Open-Source- Version von Star Office: Sie steht als „Open Office“ gratis zum Download bereit.

Office für lau

Star Office und Open Office können weitgehend mit den Microsoft- Daten umgehen - umgekehrt ist das nicht der Fall. In den neuesten Versionen von Star und Open Office geht der Import und Export der MS-Welt sehr weit. Normale Word-Dokumente und Excel-Tabellen lassen sich problemlos von den Mitbewerbern erzeugen, bearbeiten und natürlich öffnen. Zum Beispiel ist das gemeinsame Bearbeiten von Dokumenten im Änderungsmodus produktübergreifend ohne Schwierigkeiten möglich.

Viele Anwender stoßen jedoch bald an die Grenzen der Kompatibilität. So gibt es sowohl in der Microsoft- als auch in der Star-Office- Welt Funktionen, für welche die jeweils andere Anwendung kein Pendant kennt oder die völlig anders realisiert werden. Tabellenfunktionen in einem mit Word erstellten Dokument zum Beispiel gehen beim Bearbeiten in Star Office verloren. Noch weiter reichen die Inkompatibilitäten, wenn etwa mit Visual Basic Microsoft-Office-Abläufe automatisiert werden. Dann kann von einem Austausch mit Star-Office-Anwendern keine Rede mehr sein. Beim starken Einsatz von Makros wird es unmöglich, eine gemischte Umgebung mit den Produkten beider Hersteller innerhalb des Unternehmens aufzubauen.

Gerade die proprietären Funktionen sind die Stärke der Microsoft- Lösung. In Office XP wurden diese noch deutlich erweitert. Doch auch jenseits der Neuerungen unterscheidet sich die Bedienung beider Konkurrenten stark, der Umstieg von einem Produkt zum anderen fällt schwer. Beispiel „Wörter zählen“: Bei Microsoft findet sich dieses Merkmal im Menü „Extras“. Star Office versteckt das Feature unter dem Punkt „Statistik“ im Menü „Datei“ - „Eigenschaften“.

Wichtig für den Unternehmenseinsatz ist auch der Softwareumfang. Microsofts Standardpaket enthält neben Word, Excel und Powerpoint auch das verbreitete Outlook. Ein ähnliches Programm liefert Sun nicht mit. Die Vorgängerversionen konnten wenigstens noch mit einem integrierten E-Mail- Programm aufwarten. An Arbeitsplätzen, an denen der Standard- Mail-Client „Outlook Express“ von Windows nicht ausreicht, müssen Star-Office-Liebhaber noch ein weiteres Tool beschaffen. Terminplanung oder Kontakt-Management kann Star Office nicht bieten.

Klar überlegen ist das Sun-Produkt, wenn es um den plattformübergreifenden Einsatz geht: Star Office ist neben Windows und Linux auch für das Sun-Unix „Solaris“ erhältlich. Interessant ist vor allem die Linux-Fähigkeit.

Funktional dagegen hat Microsoft das überlegene Produkt, nicht zuletzt durch die zahlreichen Verbesserungen, die Office XP gegenüber seinem Vorgänger erfahren hat. Star Office und Open Office dagegen bieten im Wesentlichen alles, was ein normaler Arbeitsplatz benötigt - bei drastisch geringeren Anschaffungskosten.

* Jan Schulze ist freier Journalist in Erding