Rivale für Firefox und IE

Google Chrome - der bessere Web-Browser?

02.09.2008 von Thomas Cloer
Neue Konkurrenz für Internet Explorer, Firefox und Opera: Google hat einen Open-Source-Browser entwickelt, der heute zum Download bereit gestellt werden soll: Chrome.

Bislang beschränkt sich die Ankündigung von Google noch auf einen 38 Seiten starken Comic. Demzufolge wird Google Chrome Open Source. Er verwendet die quelloffene Rendering-Engine "Webkit" (auch Grundlage für "Safari" von Apple und die von Google angestoßene Mobilplattform "Android") und eine eigene JavaScript Virtual Machine namens "V8", die eine kleine Entwicklertruppe in Kopenhagen geschrieben hat.

Den von Scott McCloud gezeichneten Ankündigungs-Comic hatte Google versehentlich zu früh an das Weblog "Blogoscoped" verschickt, von dem er rasch seine Kreise durch das Web 2.0 zog. Danach musste der kalifornische Internet-Konzern wohl oder übel in seinem offiziellen Blog Farbe bekennen.

Die Beta (was auch sonst) von Google Chrome - der Link bringt derzeit einen 404 - soll heute in mehr als 100 Ländern erscheinen. Google verspricht seinen Nutzern Mehrwert gegenüber anderen Browsern und will gleichzeitig die Innovation im Web vorantreiben. Chrome soll nicht bloß Texte und Bilder anzeigen, sondern eine moderne Plattform für so genannte Rich Internet Applications (RIA) bilden. Rund zwei Jahre Entwicklungsarbeit sollen in dem neuen Browser stecken.

Die Google-Entwickler Sundar Pichai und Linus Upson dämpfen in ihrem Blog-Posting aber auch gleich zu hohe Erwartungen: Chrome sei zum jetzigen Zeitpunkt noch alles andere als fertig. Die als erstes veröffentlichte Windows-Beta (Mac OS X und Linux sollen folgen) solle eine breitere Diskussion anstoßen und Nutzer-Feedback bringen.

Man stehe mit Chrome tief in der Schuld vieler Open-Source-Projekte, schreiben die Google-Männer weiter, und wolle auch zukünftig in deren Fußstapfen treten. Chrome verwende unter anderem Bestandteile von Apples Webkit und von Mozillas Firefox. Aus diesem Grund habe Google sich entschlossen, auch den gesamten Chrome-Code Open Source zu stellen. Man hoffe auf fruchtbare Zusammenarbeit mit der gesamten Community, um das Web weiter voranzubringen, so Pichai und Upson abschließend.

Erster Blick: Features von Chrome

Chrome arbeitet mit eigenen Prozessen für jede Registerkarte und jedes Fenster. Jede Applikation bekommt ihren eigenen Speicherbereich und eine eigene Kopie globaler Datenstrukturen (so wie in einem typischen Betriebssystem). Anwendungen öffnen sich in ihren eigenen Fenstern. Wenn eine sich in ihre "Sandbox" dann aufhängt oder abstürzt, beeinträchtigt dies die übrigen nicht und reißt auch nicht den ganzen Browser mit sich - und Cross Site Scripting (XSS) läuft ins Leere.

Webkit ist bekannt für sein schnelles Rendering, seine Reaktionsfreudigkeit und seine smarte Speicherverwaltung. Damit sollte es ein Leichtes für Chrome werden, die immer häufiger anzutreffenden vollwertigen Web-Applikationen (Googles eigene Apps inklusive) dazustellen. Und V8 dürfte dem Google-Browser speziell in Sachen Ajax noch zusätzlich Beine machen.

Das Tab-basierende Design setzt die Registerkarten anders als bei der Konkurrenz über die Adresszeile und Navigations-Buttons. Jeder Tab hat damit seine eigene Steuerung und Adressleiste namens "Omnibox" mit automatischer Vervollständigung sowie Suchhistorie und -vorschlägen. Neue Tabs öffnen sich mit eine Miniaturansicht der neun am häufigsten besuchten Web-Seiten.

In Sachen Datenschutz (hier wird Chrome ganz gewiss besonders argwöhnisch beäugt werden) und Sicherheit bietet der Google-Browser ein "Incognito"-Fenster, bei dem keinerlei Browsing-Informationen protokolliert werden. Außerdem gestattet Chrome ausschließlich vom Nutzer initiierte Pop-up-Fenster und verwendet eine ständig aktualisierte Liste schädlicher Websites ("Blacklist"), vor deren Aufruf er warnt.

Last, but least enthält Chrome natürlich auch Googles "Gears"-Technik für den zeitweisen Offline-Betrieb von Web-Applikationen. Alles in allem betrachten Google und Chrome das Web als ein Web von Anwendungen. Chrome erinnert in vieler Hinsicht eigentlich mehr an ein Betriebssystem als an einen Browser. Seit langem kursieren Gerüchte, Google arbeite an einem eigenen Browser und einem "Internet-Betriebssystem". Nun hat es Anschein, als seien beide ein und dasselbe.

Beginn eines neuen Browser-Krieges?

Auf den ersten Blick richtet sich Google Chrome gegen den mit Abstand dominierenden Browser-Marktführer, den Internet Explorer von Microsoft, gerade auf dem Beta-Weg zum neuen Major Release 8, das mit seiner neu entdeckten Standard-Konformität etliche Web-Entwickler vor gewaltige Probleme stellen wird.

In den USA kommt der IE, wie er verkürzt gern genannt wird, nach Zählung der spezialisierten Marktforscher von Net Applications aktuell auf 72,2 Prozent Marktanteil. Dahinter liegen abgeschlagen Firefox (19,7 Prozent), Safari (6,4 Prozent) sowie der norwegische Exot Opera (0,7 Prozent). Alle übrigen Browser zusammen summieren sich nochmals zu einem Prozentpunkt.

Die große Frage ist nun, ob Google einen neuen "Browser-Krieg" anzetteln und eine signifikante Zahl von Nutzern davon überzeugen kann, seinen Browser aus dem Netz zu laden und anstelle des unter Windows standardmäßig installierten IE zu verwenden. Die meisten durchschnittlichen PC-Nutzer sind mit dem Microsoft-Browser vollauf zufrieden und scheuen die Mühe einer alternativen Installation.

Insofern steht sogar zu befürchten, dass Chrome vor allem den Firefox Marktanteil kosten wird. Der Open-Source-Browser von Mozilla hat es über die Jahre auf ein knappes Fünftel US-Marktanteil geschafft (Europa und speziell Deutschland sind allerdings um einiges Firefox-affiner), was die Mozilla Foundation nicht zuletzt der technischen und finanziellen Unterstützung von Google verdankt. Erst in der letzten Woche wurde das Abkommen, das Google zum zahlenden Anbieter der Default-Suche im Firefox macht, bis zum Jahr 2011 verlängert.