Frost & Sullivan

Google betritt den Markt für Unified Communications & Collaboration

27.08.2010 von Manfred Bremmer
Die Analysten von Frost & Sullivan sehen in den vorangegangenen Übernahmen und neuen Diensten ein Zeichen dafür, dass der Internet-Riese sich nun die UCC-Branche vorknöpft.

Eine Woge von Übernahmen - insbesondere Android, 2Web Technologies, Marratech, GrandCentral und Gizmo5 - sowie kürzlich entwickelte und lancierte Produkte weisen laut einer Marktanalyse von Frost & Sullivan darauf hin, dass sich Google in Richtung UCC-Markt bewegt. Obwohl Google hier ein Neueinsteiger sei, dürfte sich die Company mit ihrer proaktiven Vorgehensweise sowie den reichlich vorhandenen Kapital- und Personalressourcen in den nächsten Jahren zu einem bedeutendem UCC-Teilnehmer entwickeln, spekulieren die Experten.

UC-Bausteine
Konvergenz
Unified Communications bewirkt die Integration beziehungsweise Konvergenz der gesamten Unternehmeskommunikation. Dies gilt nicht nur für Medien wie Telefonie, E-Mail, Fax, etc., sondern auch für die Netze sowie das Routing und Applikationen. Für den Anwender werden alle genannten Breiche durch UC-Systeme zusammengefasst und unter einer Benutzeroberfläche koordiniert zur Anwendung abgebildet.
Präsenzinformation
Das Ziel von UC-Systemen ist es, den Makel der schlechten Erreichbarkeit durch technisch vermittelte Signalisierung auszugleichen. Die geschaffene Awareness durch Präsenzinformationen soll helfen, das Management der Erreichbarkeit in Gruppen zu verbessern. Der Präsenzstatus kann detailliert auf Geräteebene ermittelt und dargestellt werden.
Kontextintegration
Den vollen Nutzen entfalten UC-Lösungen erst, wenn sie in den Arbeitskontext der Anwender integriert werden. Eine solche Integration heißt zum Beispiel die Bereitstellung von Präsenzinformation in Drittanwendungen und Prozessen sowie die Möglichkeit, direkt aus Drittanwendungen (ERP, CRM, etc.) eine Kommunikation auslösen zu können.
Kooperation
Moderne Unified-Communications-Systeme schöpfen ihr volles Leistungspotenzial erst durch Collaboration, das heißt, die Synergie zwischen Kommunikation und Kooperation im Anwendungsbereich aus. Beispiele sind Web-Konferenzen, Whiteboards und Application Sharing. Auf diese Weise wird die spontane Zusammenarbeit an Dokumenten aus dem Arbeitskontext heraus ermöglicht.

"Obwohl nicht öffentlich verkündet, ist klar, dass Google in den UCC-Markt einsteigt", so Dorota Oviedo. Die Analystin bei Frost & Sullivan schätzt, dass das Unternehmen seinem Portfolio kontinuierlich neue UCC-Anwendungen hinzufügt und sich darauf konzentriert diese zu integrieren.

"Die von Google praktizierte Innovationskultur, die zahlreichen Übernahmen und die Offenheit gegenüber unabhängigen Entwicklern haben in den letzten Jahren zu einer Reihe von Produktlancierungen im Bereich UCC geführt, die zusätzlich zu Google Apps einen VoIP-Dienst (Google Voice), ein Social-Media-Tool (Google Buzz), mobile Dienste (Android) und eine - kürzlich wieder eingestellte - Online-Collaboration-Plattform (Google Wave) umfassen", so Oviedo.

Das Puzzle wird vollständig

Zurzeit reiche der verfügbare Funktionsumfang aber noch nicht aus, um Google zur bevorzugten UCC-Suite großer Unternehmen zu machen, räumt die Analystin ein. Trotzdem biete Google bereits zahlreiche synchrone und asynchrone UCC-Tools über Cloud-Computing als integrierter Satz von Anwendungen. In Kombination mit einer effizienten Preispolitik sowie durch ihre Flexibilität und einfache Nutzung seien diese Tools vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sehr attraktiv. Die Integration von anderen, weniger sensiblen Verbraucherdienstleistungen mit Firmenanwendungen werde die angebotenen Services verbessern und helfen, den Kundenstock des Unternehmens Google weiter auszubauen.

Google Labs Pannen
Google Labs
Hier brüten die Google-Entwickler ihre neuesten Ideen aus. Einige schlagen ein, andere gehen unter.
Google Answers
Die Anwender durften Google Answers Fragen stellen. Für die Antwort sollten die Fragesteller aber bezahlen. Das zog nicht, Google beerdigte 2006 das Frage-Antwort-Spiel.
Google Web Accelerator
Der Web-Beschleuniger sollte dem Surfen Beine machen. Und dabei kräftig Daten sammeln. Doch die Mehrheit der Nutzer surft auch ohne dieses Tool flott genug und vermeidet damit, dass Google noch mehr Daten sammelt.
Google Video Player
Google wollte mit seinem eigenen Video Player am Video-Rausch im Internet partizipieren. Doch die Akzeptanz blieb gering, im August 2007 beerdigte Google seine eigenen Player.
Google Catalogue
Google Catalogue war/ist ein Preiskatalog für Waren, eine Art Online-Warenhaus.
Google X
Dabei handelte es sich um eine neu gestaltete Google Websuche, die sich am Design von MacOS X anlehnte. Google startete Google X Site im Jahr 2005. Bereits nach einem Tag wurde die Seite ohne Angabe von Gründen wieder offline genommen.
Orkut
Mit Orkut startete Google seine eigene Social Community. In Brasilien wurde es zum Erfolg, doch hierzulande dominieren MySpace und Konsorten.
Google Checkout
Dabei handelte es sich um ein Bezahlsystem von Google, das mit Ebay Paypal konkurrieren sollte.
Google Viewer
Eine Art von Websuche, die die Ergebnisse in einer Art Diashow präsentierte.
Google Voice Search
Die Seite von Google Voice Search ansurfen, die dort angegebene Telefonnummer anrufen und den Suchbegriff in den Telefonhörer sprechen. Dann zurück zum Browser und den Link auf der Google Voice Search-Seite anklicken. Danach sollte ein Fenster mit dem Suchergebnis erscheinen. So war der theoretische Ablauf. Viel zu umständlich, deshalb gefloppt.
Google Coupons
Google Coupons waren/sind eine Art webbasierter Einkaufsgutscheine, die in Google Map angezeigt werden sollten. Einen solchen Gutschein tatsächlich einmal zu finden, gleicht der Suche nach dem Monster von Loch Ness.

"Bis vor kurzem wurde Google von UCC-Anbietern nicht als ernste Konkurrenz angesehen", ergänzt Iwona Petruczynik, Research Analystin bei Frost & Sullivan. UCC-Anbieter behaupteten gewöhnlich, dass Google-Dienste nicht für die Unternehmenswelt geeignet sind, da sie auf Verbraucheranwendungen basieren und außerdem keine vollständige UCC-Suite darstellen. Sie sollten jedoch beachten, wohin Google in Zukunft steuert und wie schnell das Unternehmen seine Produkte entwickelt, warnt sie.

Der im März 2010 gestartete Google Apps Marketplace bietet Cloud-basierte Anwendungen in verschiedenen Unternehmensbereichen. Dieser Online-Store unterstützt die breitere Einführung von Google Apps mit neu integrierten Utilities und bietet eine vertikale kundenspezifische Anpassung und erweiterte Funktionalität. Derartige Integrationen ermöglichen eine Steigerung der Produktivität, indem sie bestehende Daten von Google Apps nutzen, wie Kontakte, Kalenderverfügbarkeit und anwendungsübergreifende Dokumente. Zusätzlich wird angenommen, dass Google gegen Ende des Jahres eine Firmenversion seines Voice-Dienstes auf den Markt bringt. Google Apps, verstärkt durch Google Voice und zahlreiche andere Verbraucheranwendungen, werde so laut Frost & Sullivan zu einem kosteneffizienten UCC-Paket für Unternehmen.

Die Marktforscher empfehlen den in diesem Bereich aktiven Unternehmen daher, Google und seine stetig sich erweiternde Suite von UCC-Diensten fest im Auge zu behalten. Dadurch, dass Google alle seine Anwendungen und Dienste kontinuierlich aktualisiert und in ein leistungsstarkes aber kosteneffizientes Business-Paket integriert, habe sich das Unternehmen bereits als starker und äußerst aktiver Teilnehmer des UCC-Marktes positioniert.