Neuer WLAN-Standard 802.11ac

Gigabit-WLAN kommt im Eiltempo

07.04.2012 von Manfred Bremmer
Schneller, höher, weiter: Die Industrie rüstet sich für die nächste Generation der drahtlosen Datenübermittlung 802.11ac.
Foto: WiFi Alliance

Die Markteinführung des WLAN-Standards 802.11n (Wireless N) ist Etlichen sicher in Erinnerung geblieben. Nicht genug, dass es ganze sechs Jahre dauerte, bis der schnelle Wireless-Standard entwickelt und dann im September 2009 vom Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) auch tatsächlich freigegeben wurde. Da sich ein endgültiger Standard trotz rund einem Dutzend Entwürfen und der starken Erwartungen von Industrie und Anwendern lange Zeit nicht abzeichnete, gab es außerdem rund drei Jahre lang bereits Produkte auf Basis eines Draft-N-Standards. Die meisten davon konnten tatsächlich wie versprochen via Software-Update auf den aktuellen Stand gebracht werden. Dennoch dämpfte die Unsicherheit einige Zeit die Kauflust von Business- und Privatnutzern.

Angesichts dieser Vorgeschichte wundert es nicht, dass der Industrie viel daran liegt, dass der Nachfolge-Standard 802.11ac, wegen der möglichen Bandbreite auch als Gigabit-WLAN bezeichnet, entsprechend zügig und ohne Komplikationen verabschiedet wird. Die Chancen dafür stehen gut: Nachdem sich die IEEE im November 2011 bereits auf einen Draft-Standard geeinigt hat, wird erwartet, dass der Standard noch in diesem Jahr fertig gestellt wird. Die Freigabe durch die 802.11 Working Group könnte dann bis Ende 2013 erfolgen. Für diesen Optimismus spricht unter anderem, dass an dem Standard seit Erreichen des Draft-Modus (aktuell bereits Draft 2.0) nur minimale Änderungen vorgenommen wurden.

11ac-Chips von Broadcom
Foto: Broadcom

Die Hersteller, die sich von 802.11ac neue Verkaufsimpulse erhoffen, stehen Gewehr bei Fuß. Bereits auf der CES im Januar stellten die ersten Firmen Prototypen von Geräten auf Basis des neuen Standards vor. Lieferanten wie Broadcom oder Atheros präsentierten die dafür nötigen WLAN-Chips. Für eine frühe Verbreitung von Gigabit-WLAN-fähigen Clients sorgt insbesondere Smartphone- und Tablet-Ausstatter Qualcomm, seit 2011 Muttergesellschaft von Atheros. Der US-Hersteller kündigte im Februar an, dass bereits Modelle der nächsten SoC-Plattform Snapdragon S4, die für Plattformen wie Android oder Windows Phone geeignet ist, mit dem Atheros-Funkchipsatz WCN3680 Unterstützung für 802.11ac erhalten sollen.

WLAN-Tools
Hotspot-Funktion in Windows 7
Nicht unbedingt für den Einsteiger geeignet: Ab Windows 7 stellt Microsoft die Möglichkeit zur Verfügung, das System als WLAN Spot zu nutzen – allerdings müssen die Befehle zur Konfiguration in der Eingabeaufforderung abgesetzt werden.
Hotspot-Funktion in Windows 7
Funktioniert nur mit Administratorrechten: Die Netshell-Kommandos starten den zusätzlichen virtuellen Netzwerk-Adapter und regeln auch den Zugriff auf den Access Point für andere Geräte.
Hotspot-Funktion in Windows 7
Es ist geschafft: Der neue Adapter ist da und das „gehostete Netzwerk“ wurde erfolgreich gestartet. Nun kann der Netzwerk-Adapter auch wie alle anderen Netzwerkgeräte direkt unter der Windows-Oberfläche bei den „Netzwerkverbindungen“ verwaltet werden.
Virtual Wi-Fi Router
Auch hier wird ein Access Point eingerichtet: Mit Hilfe der Freeware Virtual Wi-Fi Router gelingt dies aber weitaus schneller, als es mit den Windows-Bordmitteln möglich ist.
Virtual Wi-Fi Router
Einfache Oberfläche, die eine rasche Einrichtung ermöglicht: Der Anwender muss sich nur noch entscheiden, wie das virtuelle Netz heißen soll (SSID – Service Set Identifier) und welches Passwort gewünscht wird.
Virtual Wi-Fi Router
So kommt der Mac auch über Windows in Netz: Nachdem mittels Virtual Wi-Fi Router der Hot Spot eingerichtet wurde, kann er auch von AirPort entdeckt (hier mit der SSID „Virtu_Test“) und als Zugang zum Internet verwendet werden.
NetSetMan
Ideal für alle Anwender, die viel unterwegs sind: Die für den privaten Gebrauch freie Software „NetSetMan“ kann sechs unterschiedliche Netzwerkprofile verwalten und auf Knopfdruck zur Verfügung stellen.
NetSetMan
Wichtig in professionellen Systemumgebungen: Die Einstellungen von NetSetMan können mittels eines eigenen Passwortes geschützt werden, so dass der Anwender nur bestimmte Netzwerkeinstellungen von sich aus verändern kann.
NetSetMan
Nicht im eigentlichen Sinne ein WLAN-Tool – aber mit entsprechenden Möglichkeiten ausgestattet: Die NSM WLAN Verwaltung zeigt nicht nur die im Umkreis vorhandenen Netzwerk, sondern listet auch die WLAN-Profile auf, die auf dem System vorhanden sind.
WirelessNetView
Schneller Überblick über alle vorhandenen WLAN-Netze: Mit Hilfe von WirelessNetView gelingt dieser Überblick schnell und zeigt auch sehr viele Informationen über die einzelnen Netzwerke an.
WirelessNetView
Das kann so nicht stimmen: Der Entwickler von WirelessNetView weist allerdings auf seiner Webseite auch darauf hin, dass seine Software bei der maximalen Geschwindigkeit eines WLANs nicht die richtigen Werte anzeigt.
WirelessNetView
Sehr praktisch für Administratoren: Die Software erlaubt es, die Informationen über die gefundenen WLAN-Netzwerke in Form eines HTML-Reports abzuspeichern.
NetStress
Professionelles Werkzeug: Mit Hilfe der Software NetStress wird es möglich, die Geschwindigkeit der WLAN-Anbindung auf Paketebene zu untersuchen und somit eventuelle Fehlerquellen in der eigenen Vernetzung zu finden.
NetStress
Erst einmal Aufruhr bei der Windows-Firewall: Da die Benchmark-Software die unterschiedlichsten Netzwerkpakete untersuchen muss, meldet die Firewall bei ersten Start die diversen Zugriff auf unterschiedlichen Ports. Für die Testphase müssen diese Zugriffe dann erlaubt werden.
NetStress
Unser Testnetzwerk lag zum Zeitpunkt dieser Überprüfung nicht unter großer Last: Die Software bietet ausführliche Informationen zu den übertragenen Paketen – diese Werte können auch für den späteren Gebrauch gespeichert werden.
Hotspot Shield
Eine Schutzmaßnahme für das Surfen über WLAN Hot Spots: Die Software „Hotspot Shield“, die hier in der Version für OS X auf einem Apple-System zu sehen ist, soll dem Anwender durch Verwendung eines Proxy-Servers Sicherheit bieten.
Hotspot Shield
Eine gewisse Belästigung: In der freien Version von Hotspot Shield blendet die Software automatisch Werbung in das Browser-Fenster ein. Dies wird besonders dann störend, wenn diese aus Videos besteht, die sofort und lautstark abgespielt werden.
Hotspot Shield
Ziemlich persistent: Es ist für die Nutzer auch auf einem Apple-System nicht ganz leicht, sich von der Bevormundung durch Hotspot Shield wieder zu befreien. Eine endgültige Deinstallation gelangt erst mittels eines Hilfsprogramms.

Eine konkrete Empfehlung, wann Hersteller die neue WLAN-Technik einführen sollten, gibt Qualcomm Atheros allerdings nicht. "Das Gigabit-schnelle Netzwerkverfahren wird sich voraussichtlich in den kommenden zwei Jahren vollständig auf dem Markt durchsetzen", so das viel sagende Statement von Craig Barrat, President von Qualcomm Atheros.

Foto: Trendnet

Konkreter ist da schon der Netzausrüster Trendnet: Das Unternehmen hat es sich zum Ziel gesetzt, als erster Anbieter mit 11ac-Geräten (ausgestattet mit Atheros-Chips) an den Start zu gehen. Um dies zu erreichen, will Trendnet bereits im Schlussquartal 2012, also pünktlich zum Weihnachtsgeschäft, mit dem "TEW811DR" einen Wireless-AC-Router der ersten Generation sowie entsprechende Medienadapter für Clients auf den Markt bringen.

Need for Speed

Client-Versorgung: Die .11ac-Media-Bridge "TEW800MB" von Trendnet
Foto: Trendnet

Inwieweit das Angebot auf Basis des Noch-Draft-Standards bei der Kundschaft ankommt, wird sich zeigen. Grundsätzlich gilt gerade in punkto Media-Streaming und Heimvernetzung sicher das Motto, dass man nie genug Bandbreite haben kann. So gesehen, können die Geräte tatsächlich punkten: Werden mit 802.11n theorische Datenraten von bis zu 450 Mbit/s (realistisch 150 Mbit/s +) erreicht, sollen Wireless-Router in der ersten Ausbaustufe von 802.11ac wie der Trendnet TEW811DR bereits nominell einen Datendurchsatz von 866 Mbit/s unterstützen, unter reellen Bedingungen bleiben davon bis zu 600 Mbit/s übrig. Endgeräte und Adapter sind voraussichtlich für bis zu 433 Mbit/s (1 stream, realistisch zirka 300 Mbit/s) gut, mit Unterstützung von zwei oder drei Strömen steigt die Bandbreite entsprechend.

Gerade bei den WLAN-Routern ist längerfristig noch mehr Durchsatz möglich: Werden alle technischen Möglichkeiten ausgereizt, soll der Nachfolge-Standard 802.11ac bis zu fast 7 GB/s Bandbreite unterstützen. Realisiert wird dieser Geschwindigkeitszuwachs durch die Option von 802.11ac, ein bis zu 160 Megahertz breites Frequenzband zu nutzen. Dieses kann zusammenhängen, alternativ unterstützt der Standard aber auch Channel Bonding, also das Kombinieren von zwei separaten Kanälen mit 20, 40 oder 80 Mhz Breite.

Außerdem können 802.11ac-Geräte dank MIMO-Antennen (multiple Input, multiple output) bis zu acht räumliche Ströme (spatial streams) für die simultane Datenübertragung nutzen. Traditionell haben Chiphersteller allerdings wegen der damit verbundenen Komplexität immer zwei Jahre benötigt, um einen weiteren Stream hinzuzufügen - selbst bei 802.11n ist man derzeit erst bei drei von vier möglichen angelangt.

Ähnliches gilt wohl auch für eine Reihe anderer Techniken, die in dem neuen Standard integriert werden. So soll etwa eine ausgereiftere Modulation der Funkwellen via 256QAM (Quadratamplitudenmodulation) den Durchsatz verbessern (.11n nutzt 64QAM). Wegen der Komplexität wird dieser Maximalwert aber wohl kaum erreicht werden.

Wifi Direct
Tipps für mehr Wi-Fi-Direct-Sicherheit
Wi-Fi Direct verbindet Endgeräte direkt über WLAN ohne zusätzlichen Access Point. Mit diese sechs Tipps sorgen Sie für eine sichere Verbindung.
Tipp 1:
Auch bei automatisch aktivierter WPA2-Verschlüsselung entscheidet die Stärke des gewählten Passwortes maßgeblich über die Sicherheit.
Tipp 2:
Verbindunganfragen über Wi-Fi Direct sollten nicht ungeprüft angenommen werden.
Tipp 3:
Wenn Wi-Fi-Direct-fähige Geräte das herkömmliche WLAN-Netz nicht nutzen sollen, besteht die Möglichkeit, solche Geräte von herkömmlichen Access Points auszusperren. Damit könnte u.a. verhindert werden, dass Wi-Fi-Direct-fähige Geräte anderen WLAN-Geräten unkontrolliert zum Beispiel Internetzugang verschaffen.
Tipp 4:
Bevor eine Direktverbindung mit Wi-Fi Direct aufgebaut wird, sollten die Datenfreigaben auf den Endgeräten genau geprüft werden, denn wenn bestimmte Dateien und Verzeichnisse auf einem Gerät als freigegeben gekennzeichnet sind, könnten Verbindungspartner auf diese über Wi-Fi Direct zugreifen.
Tipp 5:
Geräte mit Wi-Fi Direct sollten nicht dauerhaft ihre Verfügbarkeit und ihre Verbindungsinformationen nach außen übertragen, da dies WLAN-Attacken erleichtern könnte.
Tipp 6:
Geräte mit Wi-Fi Direct könnten auch ohne Internetverbindung durch Schadsoftware angegriffen werden und müssen deshalb auch im Offline-Betrieb entsprechend abgesichert werden.

Trotz dieser Umstände sind in der Praxis jedoch Transferraten im Gigabit-Bereich zu erwarten - und damit aktuell wohl (noch) mehr als genug Bandbreite selbst für extremste Formen der Heimvernetzung. Hinzu kommt, dass 802.11ac sogenanntes Multipoint-Streaming (MU-MIMO) unterstützt. Anstelle einer Point-to-point-Übertragung kann hier der gleiche Inhalt parallel an bis zu vier Geräte (etwa in einem Heimnetz) übertragen werden, ideal also, um beispielsweise Full-HD-Videos vom Media-Server parallel auf mehreren Flachbildschirmen zu verteilen. Die bandbreitensparende Technik wird allerdings von den Chipsätzen der ersten Generation noch nicht unterstützt - Grund dafür ist die Komplexität, was Funk und MAC-Adressen anbelangt.

Vorteile für mobile Nutzer

Andere Vorteile kommen dagegen von Anfang an zum Zug: So soll mit .11ac etwa trotz höherer Übertragungsgeschwindigkeit auch noch weniger Strom verbraucht werden als mit vergleichbarer .11n-Kapazität, da der neue Standard effizientere Mechanismen zur Datenkodierung anwendet. Davon profitieren insbesondere Smartphone- oder Tablet-Nutzer, während die nutzbare Bandbreite mangels Platz für ausreichen Antennenpaare wohl kaum Gigabit/s-Niveau erreicht, sondern "nur" von theoretisch 150 Mbit/s (realistisch 70 bis 80 Mbit/s) auf 450 Mbit/s (tatsächlich 300 Mbit/s) ansteigt. Interessant sind für mobile Clients außerdem die von 11ac unterstützten Features Wi-Fi Direct und Wi-Fi Display.

Grundsätzlich positiv ist außerdem der Umstand, dass Gigabit-WLAN das relativ freie 5-Ghz-Band verwendet. Dieses kann zwar auch von Wireless-N genutzt werden, da es aber nicht von allen Clients unterstützt wird, dient es primär als Alternative zum überfüllten 2,4-Ghz-Band. Im Gegensatz dazu sind große Teile des 5-Gigahertz-Spektrums nicht belegt, was die Nutzung von bis zu 160 Megahertz breiten Kanälen erleichtert. Geht man jedoch von einer schnellen Verbreitung von .11ac aus, könnte dieser Vorteil aber schon bald dahin sein.

Ein weiterer Haken an größeren Kanälen ist indes, dass die Effizienz von der Anzahl der eingebuchten Endgeräte abhängt. Sind es zu viele, ist es womöglich besser, wenn ein Device einen kleineren Kanal für sich allein belegt. Im Privathaushalt ist 11ac daher gut geeignet, weil wenige Geräte möglichst viel Bandbreite erhalten. Schlechter steht es um die Tauglichkeit im Unternehmensumfeld, wo man viele APs einsetzt, um WLAN für Hunderte von Nutzern bereitzustellen. Diese sollten sich dann möglichst unterschiedliche Kanäle verwenden, um sich nicht gegenseitig zu behindern.

Kaum Handlungsbedarf für Unternehmen

Ausgehend von der Aufwand-Nutzen-Betrachtung und der relativen Unsicherheit eines Noch-Draft-Standards werden Unternehmen vermutlich erst ab Mitte 2013 langsam damit beginnen, auf 11ac umzusteigen. So macht eine höhere Ausleuchtung von Räumen mit 11n-Access-Points für die WLAN-Versorgung zumindest anfangs mehr Sinn. Außerdem fehlen neben der Infrastruktur häufig auch passende Anwendungen, die eine drahtlose Übertragung mit Gigabit-Speed erfordern. Generell kann man im Enterprise-Umfeld davon ausgehen, dass n-WLAN-Netze noch etliche Jahre mehr als ausreichen - selbst wenn Anbieter mit zusätzlichen Features werben.