Gartner: Welche Technologietrends Unternehmen fundamental verändern werden

08.08.2007 von Sascha Alexander
IT-Abteilungen müssen sich auf einen gehörigen Technologieschub auf dem Markt einstellen. Allerdings haben nur einige Trends das Potenzial, Unternehmen strategisch voranzubringen.

Hier die Top 10 des aktuellen Gartner Hype Cycle, die in den kommenden Jahren unbedingt von der IT beobachtet und erprobt werden sollten:

Web 2.0

36 Technologiefelder haben die Analysten ausgemacht, die in den kommenden Jahren den Hype Cycle durchlaufen werden. Einige Ansätze wie Enterprise Instant Messaging sind schon einsatzbereit.
Foto: Gartner

Techniken und Konzepte eines Web 2.0 gewinnen immer mehr Zuspruch unter Endanwendern und finden über sie den Weg in die Unternehmen. Diese Entwicklung wird in den kommenden zwei Jahren rasant zunehmen. Professionellen Anwendern empfiehlt Gartner, sich schleunigst mit dem Web 2.0 vertraut zu machen und auszuprobieren, wo beispielsweise Mashups Sinn ergeben und welche Anwendungen und Tools zur Zusammenarbeit einen strategischen Nutzen haben könnten (siehe auch "Mashups: EAI mit Web 2.0"). Das Ziel ist es, Mitarbeiter mit Hilfe sozialer Netzwerke, Wikis und Blogs zum Wissensaustausch und effizienterer Zusammenarbeit zu bewegen (siehe auch "Blogs und Wikis erfolgreich im Unternehmen einsetzen"). Ein Übermaß an Kontrollen und Vorgaben könnten allerdings solche Ansätze schnell zum Erliegen bringen.

SOA

Ein viel diskutiertes Konzept sind Service-orientierte Architekturen (SOAs) und mit ihnen die Neugestaltung und Steuerung von Prozessen und Anwendungen (viele Informationen zum Thema finden sich im SOA-Expertenrat der COMPUTERWOCHE). SOAs versprechen vor allem eine einfachere und schnellere Wartung und Entwicklung von Softwaresystemen. Laut Gartner ist die SOA kein Hype, sondern wird in den kommenden zwei bis fünf Jahren zum vorherrschenden Architekturkonzept aufsteigen. Allerdings sind es momentan eher die Anbieter von Middleware, Entwicklungswerkzeugen und Standardsoftware, die das Tempo machen, während Anwender noch mit zahlreichen Problemen zu kämpfen haben. Doch Gartner ist sich sicher, dass dies vorbei geht. Unternehmen sollten schon heute bei der Anwendungsentwicklung und –integration (zum Beispiel von Host-Systemen) möglichst oft entsprechende Design-Prinzipien verwenden. Grundsätzlich gilt aber, dass auch eine SOA vorab belegen muss, dass sie gegenüber herkömmlichen Anwendungen einen wirtschaftlichen Vorteil hat.

Web 2.0 Arbeitsplätze

Nicht nur die Kommunikation und Zusammenarbeit ändert sich durch Techniken des Web 2.0, sondern auch die Arbeitsumgebung. Diese bieten künftig neben der Textverarbeitung und Arbeit mit Spreadsheets und Präsentationen auch einen Zugang zu Blogs, Wikis, Folksonomies (Bewertung von Inhalten durch Tagging) und sozialen Netzwerken. Während im Internet entsprechende Techniken bereits weit verbreitet sind, steht ihr Einsatz in Unternehmensnetzen noch am Anfang. Unternehmen sollten entsprechende Arbeitsplätze erproben, zugleich aber auch über Kontroll- und vor allem Sicherheitsstrategien bei ihrer Verwaltung nachdenken. Eile ist geboten, denn laut den Auguren werden sich solche Arbeitsumgebungen schon in zwei bis fünf Jahren durchsetzen.

Web-Plattformen

Web-Plattformen wie Salesforce.com (Apex), Microsoft oder Amazon.com sie aufbauen sind als Erweiterungen bisherige Unternehmensanwendungen zu verstehen. Sie bieten Anwendungen und technische Kapazitäten wie Speicherplatz und Rechenleistung und lassen sich programmatisch einbinden. Unternehmen erhalten dadurch neue Optionen, um Anwendungen und Dienste schneller auszuliefern. Neben Web-Services kommen zur Integration mittlerweile Schnittstellen wie Representational state transfer (REST), plain old XML (POX) and Really Simple Syndication (RSS), mit denen sich Web-oriented Architectures (WOAs) aufbauen lassen. Gartner erwartet, dass sich Web-Plattformen in den kommenden zwei bis fünf Jahren ausbilden und so den Trend zu virtuellen Unternehmen beschleunigen.

3-D-Drucker

Die Technik für den dreidimensionalen Druck ist schon seit rund 20 Jahren auf dem Markt, insbesondere bei der Prototypenentwicklung im Industrie-Design. Doch erst in den kommenden fünf Jahren rechnen die Analysten damit, dass sich der 3D-Druck in puncto Kosten und Druckqualität auch für den breiteren Einsatz durchsetzen könnte, dann aber mit umso größerer Wirkung. Neben dem Privatgebrauch sind die Darstellung von Geodaten oder medizinischen Unterlagen Einsatzgebiete, und auch mancher kleiner Fabrikant könnte so seine Angebote ansprechender darstellen.

Collective Intelligence

Man wäre versucht, es Knowledge-Management zu nennen. Gartner spricht hingegen von einer freiwilligen und kostenlosen Generierung intellektueller Inhalte, an der viele Individuen beteiligt sind. Das Ergebnis können Softwarecode, Dokumente, Indizes oder auch Entscheidungen sein. Da es keine zentrale Steuerung gibt, regulieren sich die Inhalte und ihre Qualität durch die Eingaben der Teilnehmer. Dies kann laut Gartner durchaus zu besseren und schnelleren Ergebnissen führen (Content, Metadaten, Dienste) als in hierarchischen Entscheidungsstrukturen. Erste Beispiele für diese Form der Zusammenarbeit sind Wikis wie Wikipedia oder "Prediction market tools", die sich mit Vorhersagen von Marktentwicklungen beschäftigen. Allerdings wird es wohl noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis diese Techniken breiten Einsatz finden.

RFID-Chips auf Paletten

Gerade einmal fünf Prozent der Handelsunternehmen weltweit testen aktuell die Transponder-Technik auf ihren Paletten. Manche von ihnen wie Wal-Mart haben zudem ihre Ambitionen zurückgeschraubt. Dennoch sind die Analysten davon überzeugt, dass sich dies in den kommenden fünf Jahren ändern wird. Bis dahin würden vier bis fünf Mal so viele Unternehmen ihre Waren (Kisten, Paletten) mit RFID-Pickerl bekleben und auch Wal-Mart und Co. die Technik umfassender einsetzen. Der Grund: RFID macht Lieferketten für Kunden transparenter. (siehe auch "Wer von RFID profitieren will, muss seine Prozesse ändern").

RFID auf Einzelartikeln

Noch sind die Kosten für den breiten Einsatz von RFID-Etiketten auf Artikelebene zu hoch. Unternehmen sollten daher ihre Versuche auf solche Anwendungen konzentrieren, die nicht nur die eigenen Abläufe optimieren, sondern auch für potenzielle Kunden einen sichtbaren Mehrwert bieten, was insbesondere in geschlossenen Lieferketten machbar ist (siehe auch "Für welche Branchen RFID funktioniert"). Trotz der bisher bescheidenen Resultate sind die Analysten optimistisch und prognostizieren, dass RFID sich im Lauf der nächsten fünf Jahre auch bei der Artikelauslieferung etablieren wird.

Virtuelle Welten

Zwar beruhigt sich langsam der Hype um Second Life und einem Leben als Avatar im Web, doch bedeutet dies laut Gartner noch lange nicht, dass sich virtuelle Plattformen damit überlebt haben. Solche Umgebungen von Linden Lab, Forterra und anderen können nicht nur für Marketing und zur banalen Selbstdarstellung dienen, sondern beispielsweise in Unternehmen als Lösungen für die Zusammenarbeit und Schulung von Mitarbeitern sowie im Vertrieb zum Einsatz kommen. Momentan sprechen noch fehlende Bandbreiten, die Benutzeroberflächen und die hohen Hardwarekosten gegen eine breite unternehmensinterne Anwendung. Doch in dem Maß wie die Technik sich weiterentwickelt, Sicherheitsfragen geklärt sind und vor allem Firmen, Kunden und Partner das Potenzial verstehen, wird sich das Blatt in den kommenden fünf Jahren wenden.

Mobile Roboter

Ferngesteuerte Staubsauger sind nur ein Beispiel, in welcher Form diese blechernen Kameraden künftig Wohnzimmer und Unternehmensstockwerke bevölkern könnten. Erste professionelle Beispiele sind heute mobile Systeme für Videokonferenzen in Krankenhäusern. In der Entwicklung sind ferner Roboter, die Menschen oder Objekte tragen können. Schon in fünf Jahren könnten sie auch Lieferdienste und Kontrollgänge übernehmen oder Gäste am Eingang begrüßen. Bis zum breiten Einsatz wird es laut Gartner aber noch über zehn Jahre dauern. (as)