Cloud Computing im Jahr 2020

Gartner: Cloud-only verdrängt Cloud-first

07.07.2016 von Wolfgang Herrmann
Bis zum Jahr 2020 werden viele Softwarehersteller "Cloud-first"-Strategien durch "Cloud-only“ ersetzen, prognostiziert das Marktforschungs- und Beratungshaus Gartner. Der Markt für IaaS und PaaS wachse weiter zweistellig, eine "No-Cloud"-Policy werde in Unternehmen bald ebenso selten sein wie heute eine "No-Internet"-Strategie.

Einmal mehr beglückt Gartner die IT-Branche mit weit vorausschauenden Prognosen zur Entwicklung des Cloud-Markts. Eine davon lautet: Bis zum Jahr 2019 werden die 100 weltgrößten Softwarehersteller 30 Prozent ihrer Neuinvestitionen in "Cloud-only"- statt in "Cloud-first"-Entwicklungen stecken. Die defensive Einstellung vieler Organisationen in Sachen Cloud-Adaption sei Vergangenheit, so die Auguren. Eine Unternehmensstrategie ganz ohne Cloud-Komponenten werde im Jahr 2020 ebenso selten anzutreffen sein wie heute ein "No-Internet"-Ansatz.

"Abgesehen davon, dass viele Organisationen mit einer No-Cloud-Policy trotzdem Cloud-Anwendungen nutzen, wird eine solche Strategie zunehmend unhaltbar", erklärt Jeffrey Mann, Research Vice President bei Gartner. Beim Software Deployment seien Cloud-Szenarien immer häufiger gesetzt, ähnliches gelte für die Softwareentwicklung. Das bedeute allerdings nicht, dass künftig alle Systeme in der Cloud laufen. In einigen Fällen werde es immer ernstzunehmende Einwände gegen eine Cloud-Nutzung geben. Die häufigste Ausprägung werde deshalb eine Hybrid Cloud sein.

Eine "No-Cloud"-Policy wird für Unternehmen zunehmend unhaltbar, sagt Gartner-Analyst Jeffrey Mann.
Foto: Gartner

Leading Edge IT bald nur noch in der Cloud?

"Immer mehr Leading Egde IT-Features werden bald nur noch in der Cloud verfügbar sein", glaubt Yefim V. Natis, Vice President und Gartner Fellow. Das zwinge auch bisher zögerliche Organisationen dazu, sich mit einer Cloud-Nutzung zu beschäftigen. Während einige Daten und Applikationen auch künftig noch an älteren Technologien gebunden sein werden, strömten immer mehr neue Cloud-basierte Lösungen in die Unternehmen. Natis: "Damit steigt auch der Bedarf an Integrations-Infrastruktur."

Bis zum Jahr 2020, so eine weitere Prognose, werden IaaS- und PaaS-Provider mehr Rechenleistung verkaufen als klassische Hersteller für unternehmensinterne Rechenzentren. Der Markt für Infrastructure-as-a-Service (IaaS) ist laut Gartner seit 2011 jedes Jahr um 40 Prozent gewachsen. Bis 2019 rechnen die Auguren mit einer weiteren jährlichen Zunahme um 25 Prozent.

Diese Entwicklung spiegelt sich auch bei wichtigen Infrastruktur-Techniken wie der Virtualisierung wider. Ebenfalls bis 2019 werde der Großteil der virtuellen Maschinen (VMs) von IaaS-Providern bereitgestellt, glauben die Marktforscher. Die weltweiten Umsätze für IaaS und PaaS würden im Jahr 2020 auf mehr als 55 Milliarden Dollar steigen und damit wahrscheinlich die Umsätze mit klassischen Servern übertreffen.

Cloud Monitor 2016
Mehr Cloud-Befürworter
Der Anteil der Cloud-Befürworter steigt seit Jahren beständig an.
50-Prozent-Schwelle durchbrochen
54 Prozent der befragten Unternehmen nutzen Cloud-Dienste. Gegenüber 2011 hat sich der Anteil fast verdoppelt.
KMUs holen bei Cloud-Nutzung auf
Während der Anteil der Cloud-Nutzer bei den Großunternehmen seit Jahren bei etwa 70 Prozent stagniert, machen sich immer mehr kleine und mittelgroße Firmen auf den Cloud-Weg.
ITK-Branche bleibt Cloud-Vorreiter
Die Nutzung von Cloud-Diensten ist quer durch alle Branchen verbreitet. Laut Umfrage gibt es keine Branche, die sich der Cloud komplett verweigert.
Durchbruch für dei Public Cloud
Vor allem Public-Cloud-Dienste scheinen stärker gefragt zu sein. Die Nutzung der Private Cloud stagniert dagegen.
Office und Groupware sind die Cloud-Killer-Apps
Rund ein Drittel der befragten Unternehmen bezieht branchenspezifische Dienste aus der Public Cloud. Experten werten diese Zahl als zeichen dafür, wie tief die Cloud bereits in der Unternehmens-IT verankert ist.
Sicherheitsbedenken bleiben das größte Hemmnis
Die Furcht, dass Unberechtigte auf sensible Daten zugreifen oder dass Daten in der Cloud verloren gehen, bleibt das größte Hemmnis, Public-Cloud-Dienste zu nutzen.
Sicherheitsvorfälle in der Public Cloud
15 Prozent der Public-Cloud-Nutzer berichteten, dass es im vergangenen Jahr Sicherheitsprobleme mit den entsprechenden Diensten gegeben habe.
Positive Erfahrungen mit Public Cloud
Gut vier von zehn Public-Cloud-Nutzern bezeichneten ihre Erfahrungen in der Wolke als durchweg positiv. Damit hat sich ihr Anteil gegenüber 2014 mehr als verdoppelt.
Mehr Flexibilität und geringere Kosten
Public-Cloud-Nutzer heben vor allem die gestiegene Flexibilität sowie Verfügbarkeit, Skalierbarkeit und Performance der IT-Leistungen hervor. Auch auf der Kostenseite bringt die Public Cloud wohl Vorteile. Allerdings sieht auch ein Drittel steigende Implementierungszeiten und mehr Administrationsaufwand.
Sorge um Compliance
Immer noch befürchten viele Unternehmen, dass mit der Nutzung von Cloud-Lösungen auch Compliance-Probleme einher gehen könnten.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Immer mehr Unternehmen schauen ihren Cloud-Providern genau auf die Finger.
Standort bleibt das wichtigste Kriterium
Das Cloud-Rechenzentrum muss ausschließlich in Deutschland stehen, fordern drei von vier befragten Unternehmen. Damit bleibt der Standort das wichtigste Kriterium für die Auswahl des Cloud-Anbieters.

Multi-Provider Management gefragt

Mit dem Vordringen bimodaler IT-Konzepte und der wachsenden Zahl von Cloud-Angeboten verliere das Software Defined Data Center für Unternehmen an Bedeutung, kommentiert Gartner Vice President Thomas Bittmann die Entwicklung. Weiter oben auf die Agenda von Entscheidern rücke dagegen der Aufbau eines Multi-Provider-Managements: "Abgesehen von sehr kleinen Betrieben werden die meisten Unternehmen zwar auch künftig noch eigene oder gehostete Data-Center-Ressourcen nutzen", so der Experte.

Wenn IaaS-Provider aber einen immer größeren Teil der Compute Power lieferten, komme es für Anwender wie Anbieter darauf an, hybride Kombinationen aus On-Premise und Off-Premise beziehungsweise Cloud und Non-Cloud-Architekturen effizient zu verwalten.