Für BASF IT Services wird es ernst

30.10.2003 von Joachim Hackmann
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - BASF IT Services sucht Kunden außerhalb des Chemiekonzerns. Nachdem das Unternehmen bislang der Muttergesellschaft geholfen hat, mit Konsolidierungsprojekten das IT-Budget zu drücken, plant es nun Wachstum mit Neukunden.

Mit einem geplanten Umsatz von 440 Millionen Euro im laufenden Jahr ist BASF IT Services vom Start weg eines der 20 größten IT-Dienstleistungshäuser in Deutschland. Eine auffällige Rolle spielt der Anbieter im hiesigen Servicemarkt dennoch nicht, denn der Neuling hat nur einen bedeutenden Abnehmer: den Mutterkonzern BASF. Konkurrenten wie IBM Global Services, EDS, T-Systems, Accenture oder Siemens Business Services dürften den ausgegründeten IT-Dienstleister nur dadurch zur Kenntnis nehmen, dass er ihnen den Zugang zu einem potenziell lukrativen Kunden verwehrt.

Fotos: BASF

Die wenigen bislang von BASF IT Services im Drittmarkt gewonnenen Leistungsabnehmer sind Zwerge neben dem Chemieriesen, sie liefern im Geschäftsbericht nur Randnotiz: Die Stadt Bobenheim-Roxheim hat dem Anbieter beispielsweise die Personalabrechnung für 140 Mitarbeiter übertragen, für die Dorma GmbH, Systemhersteller von Türschließtechnik aus Ennepetal, errichteten die IT-Experten ein Virtuelles Privates Netz (VPN) und die Böwe Systec AG, Maschinenbauer aus Augsburg, lässt ihre SAP-Systeme im BASF-Rechenzentrum hosten. Keines der Projekte überschreitet die Marke von einer Million Euro. Für BASF hingegen installierte der Dienstleister innerhalb von dreizehn Monaten an allen europäischen Standorten 31.000 PCs. Unterm Strich sind 95 Prozent der Einnamen kaptiv, werden also mit dem Mutterkonzern oder BASF-Gesellschaften erzielt.

Wenn das so bleibt, reiht sich das Unternehmen in die Liste der vielen IT-Töchter ein, die das Drittmarktgeschäft wollen, aber nicht bekommen. "Es fehlen der Bekanntheitsgrad, das Image, das vom Markt erwartete Portfolio einschließlich der Service-Level-Agreements und eine schlagkräftige Vertriebsorganisation", beschreibt Christophe Chalons, Geschäftsführer des Marktforschungshauses Pierre Audoin Consultants (PAC) GmbH, München, die Defizite deutscher IT GmbHs.

Diese Fehler scheint BASF IT Services vermeiden zu wollen, denn der Mutterkonzern spendierte Mittel für die Expansion. Seit dem Start der GmbH vor rund zweieinhalb Jahren wuchs das Unternehmen um 600 Mitarbeiter auf aktuell 2300 Angestellte.

Investiert wurde in das Marketing, den Vertrieb sowie den Aufbau von Unternehmensstrukturen wie Controlling und Accounting. So fühlt sich der Anbieter den Anforderungen des Marktes gewachsen: "Wir wollen in den nächsten zwei bis drei Jahren 15 bis 20 Prozent unseres Umsatzes mit externen Kunden erzielen," kündigte kürzlich Geschäftsführer Wolfgang Erny an, der von EDS kam. Gelingen soll dies mit Infrastrukturdienstleistungen, Business Process Outsourcing (BPO) sowie Lösungen für die Prozessindustrie. "Realisieren wollen wir diese Ziele durch organisches Wachstum, die Übernahme von Outsourcing-Aktivitäten und angemessene Akquisitionen", so Erny.

Besonderes Augenmerk gilt der Chemie- und Pharmaindustrie, denn hier verfügen die Mitarbeiter über das meiste Know-how. Große Hoffnungen ruhen auf einer Kooperation mit dem norwegischen Energie- und Schiffbauunternehmen Aker Kvaerner, das in Großbritannien viele technische Dienstleistungen für Unternehmen erbringt, die prozessorientierte Fertigung betreiben. Allzu wählerisch kann sich BASF IT Services in der Startphase des Drittmarkt-Engagements allerdings nicht geben. "Wir werden jedem Projekt, das uns hilft, in bestimmte Märkte und Bereich einzusteigen, nachgehen", erklärte Uwe Krakau, früher beim Debis Systemhaus beschäftigt und heute als Managing Director für den Verkauf und das Marketing zuständig.

Wer sind die Kunden?

Die Investitionen in Marketing, Vertrieb und interne Strukturen werden BASF IT Services allerdings nicht vor den Problemen schützen, denen sich auch andere IT GmbHs gegenüber sahen. Die Ausgründungen verfügen in der Regel über gutes Branchen-, Prozess- und IT-Know-how und über einen reichen Erfahrungsschatz mit Großprojekten. Die Nachfrage nach diesen Fähigkeiten ist jedoch auf die Konkurrenten des Mutterkonzerns beschränkt, die allerdings meistens eine eigene IT-Abteilung mit vergleichbaren Möglichkeiten unterhalten oder aus Wettbewerbsgründen kein Interesse zeigen. Kleine und mittelständische Unternehmen benötigen hingegen vornehmlich Systemhaus-Dienste, also weniger individuelle Lösungen.

Das angestrebte Wachstum im Drittmarktgeschäft soll zunächst einmal ausgleichen, dass der Umsatz mit dem BASF-Konzern zurückgehen wird: Die für diesen betriebenen Konsolidierungs- und Standardisierungsprojekte zielen darauf ab, die Tochter arbeitet also daran, von der Mutter weniger zu bekommen. Zwei bis drei Jahre hat die Ausgründung Zeit, die schwindenden Einnahmen durch Geschäft mit externen Kunden zu kompensieren und eine marktübliche Rendite zu erzielen.

BASF wird Leistungen vergleichen

Die Konzernspitze steht zu ihrem Beschluss, statt Outsourcing eine interne IT-Ausgründung vorgenommen zu haben. "Die Entscheidung ist nicht aus einem Bauchgefühl heraus gefallen, es gab eine strenge wirtschaftliche Betrachtung und ein Benchmark mit anderen Anbietern", schilderte Dieter Thomaschewski, President der Region Europe bei der BASF Group. Dabei sei auch erkannt worden, wo Verbesserungsbedarf und Einsparpotenzial besteht. Dass sie der Aufgabe, die interne IT zu überarbeiten, gewachsen ist, konnte die BASF IT Services seit der Gründung vor rund zweieinhalb Jahren bereits unter Beweis stellen. So wurde etwa das Umlageverfahren für IT-Kosten von einem auf Service-Level-Agreements gestützten nutzungsabhängiges Bezahlmodell abgelöst.

Künftig muss BASF IT Services allerdings auch zeigen, solche Aufgaben zu marktüblichen Preisen lösen zu können. "In den letzten 24 Monate gab es eine Ruhephase. Ab sofort werden wir Leistungen vergleichen und Angebote von Wettbewerbern einholen", kündigte Thomaschweski an. "In Bereichen, in denen BASF IT Services keine Stärken hat, werden wir künftig auch den einen oder anderen Auftrag an Dritte vergeben."