Während viele Unternehmen noch diskutieren oder zögern, statten andere Organisationen ihre Mitarbeiter schon mit iPads aus - und erleben Überraschungen: Probleme treten dort auf, wo man sie gar nicht vermutete, manche Befürchtung stellt sich hingegen als unbegründet heraus. Das erfuhr CIO Rob Rennie vom Florida State College in Jacksonville (USA). 350 Apple-Tablets hat er bisher an Angehörige der Hochschule ausgegeben - an Mitarbeiter der IT-Abteilung, Angestellte in der Verwaltung, Dozenten und Studenten. Der Test ist die erste Phase eines Projekts, in dem bis Jahresende 1000 iPads im Umlauf sein sollen, dann auch in Bibliotheken und Laboren.
iPads fürs Berichtswesen
"Die Hochschulleitung verlangte iPads vor allem fürs Berichtswesen", erzählte Rennie unserer amerikanischen Schwesterpublikation CIO.com. Eleganter als bisher in ausgedruckten Excel-Tabellen ließen sich auf dem Tablet-PC Budgets, Personalangelegenheiten und der Stand von Projekten darstellen, so die Erwartung der Verwaltungsspitze. Studenten und Wissenschaftler erhofften sich Komfort beim Lesen von E-Books, PDF-Handouts und beim Surfen im hochschuleigenen Internet-Angebot. Rennies IT-Personal will mit dem iPad von unterwegs Systeme überwachen.
Kurz nachdem das iPad auf den Markt kam, ließ Rennie das Projekt an der Hochschule anlaufen. Über die fünf größten Überraschungen berichtete er CIO.com.
1. Die Chefs lieben das iPad in Meetings
"Ich war überrascht, wie schnell die Hochschulleitung sich ins iPad verliebt hat", sagt der CIO. Die Führungsmannschaft seien die ersten gewesen, die nach dem neuen Gerät gefragt hätten. CEO, CFO, der stellvertretende Personalleiter und die Vorsitzenden der einzelnen Fakultäten bekamen jeweils ein iPad in die Hand. "Mittlerweile ist das ihr bevorzugtes Arbeitsgerät, die Laptops nutzt kaum noch jemand", berichtet Rennie.
Daten auf dem Tablet ständig verfügbar
Entscheidungen in Besprechungen fallen dank des neuen Geräts wesentlich schneller. Wenn früher jemand in einer Sitzung das Notebook aufgeklappt habe, sei das gar nicht gut angekommen, erzählt Rob Rennie. Die Folge: Fehlten Fakten zu einem Thema, wurde es schlichtweg vertagt. Braucht das Gremium heute Informationen als Grundlage für eine Entscheidung, sucht einer der Kollegen einfach per iPad nach den Daten. "Jeder hat die Fakten unter seinen Fingerspitzen", sagt Rennie.
2. Unerwartete Ablehnung
Weit weniger begeistert als die Hochschulleitung zeigten sich die Dekane und das Lehrpersonal gegenüber dem iPad. Die Dekane hatten vor allem Sorge, Studenten könnten sich den Computer nicht leisten oder ihn nicht bedienen. Dozenten fürchteten, wenn Geld für iPads ausgegeben werde, fehle es für andere IT-Geräte, die sie für wichtig halten.
Rennie musste ihnen erst das Konzept der "Consumerization" erklären: Jeder Anwender soll alle Aufgaben erledigen können, mit dem Gerät seiner Wahl. Wer sich als Student kein iPad leisten kann, der könne ja weiterhin mit einem gewöhnlichen Notebook alle Anwendungen nutzen. Für die Mehrheit der Hochschüler ist die Finanzierung laut Rennie allerdings kein Problem - entweder können sie sich das iPad leisten oder sie bekommen Beihilfe für die Anschaffung. Den 20 Prozent, die weder ein Stipendium noch ausreichendes Vermögen haben, will das Florida State College künftig iPads verleihen.
Flash-Seiten nicht nutzbar
3. Apple gegen Adobe: Probleme mit Flash
Seit Apple-Chef Steve Jobs gegen Adobe Flash gewettert hat, scheint klar, dass Produkte aus seinem Haus den Standard niemals unterstützen werden. Hochschul-CIO Rennie gibt ganz offen zu, zum Apple-Lager zu gehören. Der Internet-Auftritt des Colleges ist komplett in HTML 5 gehalten. Überrascht war Rennie, dass Studenten trotzdem auf Seiten gerieten, die auf Flash basieren. "Es kommt immer wieder vor, dass jemand auf einer Seite landet, die er braucht und in die zur Navigation Flash eingebettet ist."
In solchen Fällen bleibt den Studenten nichts anderes übrig, als die Seite auf einem anderen Weg zu besuchen. Was auf den ersten Blick wie ein dickes Minus für das iPad klingt, will Rennie als wenig gravierend ansehen. Es gebe nur wenige Seiten mit Flash, auf die Studenten zugreifen müssten. Die meisten Web-Auftritte gingen mittlerweile ohnehin zu eingebetteten Playern über, für die kein Plugin mehr nötig ist. Und Beschwerden von den Testnutzern über dieses Manko habe er kaum gehört, sagt der Uni-CIO.
PDF gegen ePub-Format
4. Apple gegen Adobe, Teil 2: PDF-Dateien
Wegen des angespannten Verhältnisses zwischen Apple und Adobe fürchtete Rob Rennie, dass das iPad auch das PDF-Format nicht unterstützt. Apple bevorzuge nämlich ePub-Dateien.
Seit Jahren versorgen die Dozenten am Florida State College ihre Studenten mit Lehrmaterial als PDF-Datei. Nie waren dafür große Investitionen nötig gewesen. Hätte das iPad PDFs nicht unterstützt, wäre das aus Sicht von CIO Rennie der Todesstoß für das Projekt gewesen.
Positiv überrascht war er dann, als er feststellte, wie gut sich auf dem iPad mit PDF-Dokumenten arbeiten lässt. Öffnen und lesen lassen sich die Dateien ohne weiteres. Mit einer App können sie sogar Anmerkungen an den Rand schreiben und Textstellen markieren. Die Ergänzungen werden in einem Inhaltsverzeichnis gespeichert, um sie schnell wieder zu finden.
Wie lange das so problemlos gehen wird, ist allerdings offen. PDF ist ein proprietärer Standard von Adobe - und Apple hat bereits seine harte Haltung gegen fremde proprietäre Standards untermauert. Rennie glaubt dennoch, dass iPad-Nutzer noch einige Zeit sowohl mit ePub als auch mit PDF werden arbeiten können.
5. Große Ängste beim Datenschutz
Die meisten Testnutzer an der Hochschule verwenden ihr iPad sowohl für die Arbeit als auch privat. Überrascht war CIO Rennie, wie sehr sie Angst um die Sicherheit ihrer persönlichen Daten hatten. Bevor sie die Geräte ausgaben, richteten sie sie so ein, dass die Nutzer nicht alles mit ihnen machen können. Blockiert ist zum Beispiel der Besuch bestimmter Web-Seiten. Die Testanwender fürchteten nun, ihr Surf-Verhalten werde überwacht.
Ängste um Datenschutz
Nutzt jemand standortbezogene Dienste, lässt sich mit dem iPad sogar jede seiner Bewegungen verfolgen - ebenso, wie das auch mit dem iPhone möglich ist. Rennie beteuert, er nehme solche Bedenken ernst. "Wenn ein Hochschulangehöriger einen außergewöhnlichen Lebensstil pflegt, dann gibt der Inhalt der besuchten Internet-Seiten das natürlich wieder", sagt er. "Im Hinterkopf haben die Leute Angst, dass das irgendwann ein Problem werden könnte."
Gewundert habe er sich, dass die Computernutzer an der Hochschule bisher keine Bedenken hatten, wenn sie mit ihren Notebooks arbeiteten. Sie surften damit übers Hochschul-Netzwerk. "Und da hätten wir ja erst recht Einblicke ins Surf-Verhalten haben können", sagt Rennie. Er müsse sich das Vertrauen der Anwender eben jeden Tag aufs Neue erarbeiten, meint der Hochschul-CIO.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO. (sh)