Quartalsbericht

Finanzmarktkrise perlt von der Telekom ab

06.11.2008
Die Deutsche Telekom hat dem Sturm auf den Finanzmärkten bislang getrotzt. Die Zahlen zum dritten Quartal fielen solide aus, und eine Warnung wurde nicht abgegeben.

Telekom-Chef René Obermann sieht den Bonner Konzern trotz der schweren Imageverluste durch den Datenmissbrauch und die internationale Finanzmarktkrise auf stabilem Kurs. In den vergangenen zwei Jahren sei es gelungen, den Abwärtstrend zu stoppen und die Ertragskraft zu erhöhen, sagte Obermann am Donnerstag bei der Vorlage der Quartalszahlen in Bonn. Vor allem im Inland seien durch Kosteneinsparungen die Erträge verbessert worden. Das gesteckte Ziel, bis 2010 einen Kostenblock von 4,7 Milliarden Euro im Jahr einzusparen, werde die Telekom wahrscheinlich früher erreichen als geplant. Das Unternehmen beschäftigt in Deutschland noch 150.000 Menschen, darunter 93.000 bei T-Home. Bislang habe sich die Finanzmarktkrise nicht auf die Telekom ausgewirkt, sagte der Vorstandschef.

In den ersten drei Quartalen 2008 verbesserte sich der Überschuss, auch bedingt durch steuerliche Effekte, um mehr als 67 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Obermann versprach den Aktionären die Ausschüttung einer attraktiven Dividende (Vorjahr: 0,78 Euro je Aktie). Operativ tritt der rosa Riese unterdessen auf der Stelle: Die für dieses Jahr ausgegebene Zielgröße beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 19,3 Milliarden Euro hat sich der Vorstand auch für 2009 vorgenommen.

Bis Ende September 2008 war das Ebitda mit 14,7 Milliarden Euro gegenüber dem entsprechenden Vorjahreswert praktisch unverändert geblieben. Gleichzeitig schrumpfte der Umsatz um 2,5 Prozent auf 45,5 Milliarden Euro. Dennoch sieht Obermann die Telekom für die "Herausforderungen der kommenden Monate gut gerüstet".

In dem Konflikt mit der Gewerkschaft ver.di über die geplante Schließung und Zusammenlegung von Callcenter-Standorten rechnet er schon bald mit einer konstruktiven Einigung. Die Tarifpartner werden nach Angaben aus Konzernkreisen voraussichtlich Ende November erneut verhandeln. Nach drei ergebnislosen Gesprächen hatten sie die Einigungsstelle angerufen.

Im Kerngeschäft Breitband und Mobilfunk sei das Unternehmen als Marktführer gut positioniert, sagte Obermann. Dennoch steht die Telekom im Inland nach wie vor unter hohem Wettbewerbsdruck. Bis zum Jahresende rechnet der Vorstand mit Anschlussverlusten zwischen 2,5 und 3,0 Millionen. Die Telekom hält mit knapp 30 Millionen Anschlüssen immer noch einen Marktanteil von mehr als 80 Prozent. Im zukunftsträchtigen DSL-Geschäft gewinne die Telekom inzwischen aber Kunden zurück. Allein im dritten Quartal war praktisch jeder zweite Neukunde zur Telekom gekommen.

T-Mobile und T-Systems

Die Mobilfunksparte bleibt der wichtigste Wachstumstreiber und die größte Ertragsquelle des Konzerns. Anteile von 57 Prozent des Umsatzes und 58 Prozent des bereinigten Ebitda steuerte der Bereich in den ersten drei Quartalen 2008 zu den Konzernergebnissen bei. Ende September zählten die Mobilfunktöchter weltweit 127 Millionen Kunden, darunter 38,8 Millionen in Deutschland und 32 Millionen in den USA.

Im Zusammenhang der Verbesserung der Datensicherheit sagte Obermann: "Wir ziehen Konsequenzen und wollen sicherstellen, dass sich die Dinge nicht wiederholen". Erst am Mittwoch hatte der Sprecher der Geschäftsführung von T-Mobile Deutschland, Philipp Humm, wegen des Datendiebstahls beim größten deutschen Mobilfunkbetreiber sein Amt zur Verfügung gestellt. Im Frühjahr war bekanntgeworden, dass das Unternehmen illegal Verbindungsdaten in den Jahren 2005 und 2006 von Aufsichtsräten und Journalisten ausgespäht hatte.

Die Geschäftskundensparte T-Systems berichtete von einer positiven Entwicklung des Auslandsgeschäfts mit einem Umsatzanstieg von 5,4 Prozent. Dazu hätten vor allem große Outsourcing-Verträge beigetragen. In Deutschland verzeichnete die Geschäftskundensparte insgesamt einen Rückgang der Einnahmen um 12,9 Prozent auf rund 6,1 Milliarden Euro. Hier habe sich vor allem der Verkauf von Media & Broadcast sowie die Verlagerung von ActiveBilling zu T-Home bemerkbar gemacht, so die Begründung von T-Systems. Hinzu komme der unverminderte Preisverfall im TK- und IT-Geschäft. Ein weiterer Faktor waren die rückläufigen internen Umsätze, die in den ersten neun Monaten um 15,8 Prozent gesunken sind. Bereinigt um die Umsätze von Media & Broadcast und ActiveBilling sowie Wechselkursveränderungen hat sich der Gesamtumsatz lediglich um 2,2 Prozent reduziert.

Das bereinigte Ebitda der ersten drei Quartale von T-Systems war gegenüber dem Vorjahreswert indes um rund 26 Prozent rückläufig. Der organische Ebitda-Rückgang betrug 7,9 Prozent. Der Auftragseingang ging in den ersten neun Monaten 2008 um 3,6 Prozent zurück. Bereinigt um Konsolidierungskreiseffekte stieg er allerdings um 10,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Die Analyse der Börse

Die Aktien der Deutschen Telekom haben am Donnerstag nur bedingt von der Zahlenvorlage profitiert. Die Papiere verloren gegen 12.50 Uhr um 2,34 Prozent auf 11,280 Euro, waren damit aber der fünftbeste Wert im sehr schwachen DAX. Der deutsche Leitindex stand 3,98 Prozent tiefer bei 4.961,48 Punkten.

Die Quartalszahlen sind ersten Händlerkommentaren zufolge "etwas besser als erwartet" ausgefallen. Außerdem sei die Aktie mit dem Blick auf die hohe Dividendenrendite attraktiv. Dennoch könne sich der aktuell viertschwerste Wert im DAX offenbar nicht ganz dem negativen Trend entziehen. Analyst Graeme Pearson von Nomura sieht unterdessen den Ausblick der Deutschen Telekom für 2009 "im Rahmen der Erwartungen". Die Bewertung der Aktien sei aber aus seiner Sicht attraktiv. Sein Votum bleibt "Neutral" mit dem Kursziel 12,50 Euro.

Commerzbank-Analystin Heike Pauls sprach auch von einem "soliden Quartal" mit einer erwartungsgemäß ausgefallenen Entwicklung im fortgeführten Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda). Der freie Kassenzufluss (FCF) sei überraschend stark ausgefallen. Das Festnetzgeschäft stabilisiere sich unterdessen und im Mobilfunkgeschäft setze sich der Trend des Vorquartals fort. Pauls bewertet T-Aktien mit "Hold" beim Kursziel 10 Euro.

Nach Einschätzung der DZ Bank lagen die Zahlen "faktisch im Rahmen der Erwartungen". Die auf den ersten Blick sehr positive Überraschung mit deutlich über den Markterwartungen liegenden Ergebnissen resultiere vor allem aus einmaligen Faktoren. Bereinigt habe die Bilanz aber immernoch dem Konsens entsprochen. Analyst Joeri Sels bekräftigte seine Empfehlung "Kaufen" und wird höchstwahrscheinlich sein Ziel von 13 Euro beibehalten.

Ulrich Rathe, Analyst bei Dresdner Kleinwort (DKIB) in London, stellte die Frage nach der Zusammensetzung des Umsatzes, nachdem alle großen Sparten des Konzerns die Prognosen für das Ebitda verfehlt hätten und kleinere Bereiche diese Lücke hätten auffüllen müssen. Somit habe das Ergebnis insgesamt die Erwartungen erfüllen können. Rathe votiert mit "Buy" und dem Ziel von 13,80 Euro. Die zuletzt exzellente Kursentwicklung könnte aber gebremst werden. (dpa/ajf)