Die neue TV-Generation

Fernseher + Media Portal - Das können Smart-TVs

05.10.2012 von Peter Stelzel-Morawietz
Online-Mediatheken aufrufen, Videos komfortabel aufnehmen, Mails im Wohnzimmer lesen und Anrufer auf dem Bildschirm sehen: Das alles kann Ihr TV schon jetzt.

Smart- oder Internet-TV steht auf immer mehr Fernsehern. Doch schaut man genauer hin, sind die Zusatzfunktionen oft dürftig. Da gibt es gerade einmal ein Dutzend Apps, beispielsweise um die Tagesschau zu sehen oder Sportnachrichten abzurufen – das aber ist auch schon alles. Deutlich mehr kann ein PC mit einer Media-Center-Software, die die Steuerung per Fernbedienung von der Couch aus genauso komfortabel macht wie beim Fernseher. Selbst wenn Ihr TV-Gerät noch nicht über einen Netzwerkanschluss verfügt, holen Sie damit Ihre Fotos, Musik und Videos ins Wohnzimmer.

Die Grundfläche dieses Mini-PCs von Zotac ist kleiner (!) als eine CD-Hülle – folglich fehlt ein optisches Laufwerk.
Foto: Zotac

Filme aus den Online-Mediatheken und von Youtube, Anrufe auf der Fritzbox, Mails aus Outlook, Artikel aus Wikipedia, die Steuerung per Handy-App und die Übersicht über das komplette Radio- und Fernsehprogramm machen die Kombination aus Wohnzimmer-PC und Fernseher zum echten Smart-TV. Voraussetzung ist ein Computer mit Fernbedienung, wie beim Fernsehgerät. Diese Minirechner werden Home Theater PC genannt, kurz HTPC.

Die Anforderungen an einen HTPC sind andere als an einen Spiele- oder Büro-PC: Schick und klein soll er sein, dazu möglichst lautlos, aber gleichzeitig genügend leistungsfähig für die Wiedergabe von Blu-ray-Filmen. Fix und fertig konfiguriert kosten solche Modelle inklusive Fernbedienung und WLAN-Modul ohne Windows-Lizenz und Blu-ray-Laufwerk ab etwa 270 Euro. In diesem Ratgeber zeigen wir am Beispiel der ZBOX Nano AD10 von Zotac, wie Sie einen Windows-PC mit der Media-Center-Software Media Portal zum Internet-Fernseher machen. Media Portal leistet deutlich mehr als das in Windows 7 integrierte Windows Media Center.

Die Voraussetzungen für den Einsatz von Media Portal

Fernseher ohne HDMI-Anschluss und Full-HD-Auflösung sind mittlerweile die Ausnahme. Beides ist wünschenswert, aber nicht zwingende Voraussetzung. Erforderlich dagegen ist für Online-Videos ein Internetanschluss. Wer im Wohnzimmer keinen Netzwerkanschluss hat, kann diesen über das Stromnetz per Powerline-Adapter zum Fernseher holen. Einfacher und preiswerter ist WLAN, sofern das Funknetz bis ins Wohnzimmer reicht.

Fehlen darf ferner nicht das Modul für den Fernsehempfang: Hier gilt es, die Bauart – intern oder extern – sowie die Art des Signals zu unterscheiden. Der folgende Abschnitt erklärt die Unterschiede und Anforderungen an den Empfänger. Eine separate Fernbedienung für das Empfangsmodul ist dagegen nicht notwendig, schließlich verfügen die meisten Home Theater PCs ohnehin über eine Fernbedienung, mit der sich alle Elemente steuern lassen. Ob Sie im Wohnzimmer-PC ein DVD- oder Blu-ray-Laufwerk benötigen, ist Ihre Entscheidung.

In Zeiten von Online-Videotheken, Youtube-Streams und Netzwerkfestplatten können Sie sich die Anschaffung eventuell sparen und zugleich auf ein kleineres Gehäuse zurückgreifen. Bauen Sie den TV-Empfänger in den Rechner ein oder schließen Sie ihn per USB an, und installieren Sie den Treiber. Weitere dem Empfänger beigelegte Software zum Fernsehen oder Aufnehmen am PC brauchen Sie dagegen nicht, in Media Portal steckt alles Wichtige bereits drin. Die Installation von Media Portal erfordert eine Internetverbindung und nimmt einige Minuten Zeit in Anspruch. Wählen Sie im Setup-Assistenten „Ja, ich möchte mit Media Portal fernsehen ➞ 1-Klick-Installation“, um die Installation zu starten.

Darauf kommt es beim TV-Empfänger an

Drei Aspekte sind beim TV-Empfänger besonders zu beachten: die Bauart (intern oder extern über USB), die Art des Empfangssignals sowie die Smartcard-Unterstützung. Während Sie in einen Desktoprechner eine TV-Karte über den PCI- oder PCI-Express-Schacht einbauen, können Sie bei kleinen Home Theater PCs meist einen USB-TV-Empfänger anschließen, in Form eines Sticks oder einer Box. Daneben ist die Art des TV-Signals wichtig: Schauen Sie über Kabel, Satellit, DVB-T oder Internet fern? Für den Kabelanschluss benötigen Sie einen Empfänger mit der Bezeichnung DVB-C-(HD), für Satellit einen mit DVB-S2, und für digitales terrestrisches Fernsehen ist eine DVB-T-Karte erforderlich.

Zum Fernsehen am PC benötigen Sie für alle Signale (abgesehen vom Fernsehen via Internet, IP-TV) einen zusätzlichen TV-Empfänger.
Foto: Terratec

Empfänger, die unterschiedliche Signale verarbeiten, werden häufig mit „Hybrid“ bezeichnet. Bei IP-TV benötigen Sie neben der Hardware vom TV-Anbieter keine weitere Empfangseinheit. Für den Empfang verschlüsselter Programme muss der Empfänger schließlich über ein CI-Modul verfügen, in das Sie die Smart- oder Decoderkarte einstecken. Externe Geräte mit CI-Schacht sind vergleichsweise selten. Kompliziert wird es bei der sogenannten Grundverschlüsselung der Privatsender in HD-Qualität über das „HD+“-Konsortium. Empfangsmodule für den PC mit „HD+“- oder auch mit „CI+“-Zertifizierung gibt es nicht.

Software installieren und Sender einstellen

Die Media-Center-Software installieren

Nach Abschluss des Setup finden Sie auf dem Desktop vier neue Symbole: „Media Portal“, „Media Portal Configuration“, „TV-Server Configuration“ und „Media Portal Extension Installer“. Die englischen Bezeichnungen betreffen nur die einmalige Konfiguration, die Bedienung der Programmoberfläche später ist komplett deutsch. Über das erste Symbol starten Sie Media Portal, das zweite dient zur allgemeinen Konfiguration, das dritte zum Einstellen der Fernsehsender und das vierte für die wichtigen Erweiterungen. Die folgenden Schritte führen Sie zunächst wie gewohnt mit Maus und Tastatur aus. Später können Sie beides dann zur Seite legen und alles mit der Fernbedienung Ihres Wohnzimmerrechners steuern.

Neue Fernseher mit Full-HD-Auflösung (1920 x 1080) gibt es schon für weniger als 300 Euro – hier ein Modell von Philips mit einer 32-Zoll-Displaydiagonale.
Foto: Philips

Zum Speichern der TV-Sender klicken Sie doppelt auf das Desktopsymbol „TV-Server Configuration“. Auf der Konfigurationsoberfläche sehen Sie links mehrere Rubriken, die einzelne Einstellungen zusammenfassen. Im ersten Eintrag „TV Servers ➞ TV-PC“ wählen Sie Ihren Empfänger aus, in unserem Beispiel den Kabeltuner. Beim Kabelanschluss stellen Sie daneben als Land „Germany“ ein, darunter Ihren Provider. Das Prinzip ist aber bei den anderen Empfangsarten identisch, nur die Felder unterscheiden sich etwas. Selbst IP-TV können Sie mit Media Portal über alle wichtigen Anbieter empfangen.

Die Fernsehsender suchen und einstellen

Den Sendersuchlauf starten Sie mit einem Klick auf „Scan for Channels“. Ist die Suche abgeschlossen, wechseln Sie in die Rubrik „TV Channels“ darunter. In der „Channels“-Liste sind die frei empfangbaren Sender grün, die verschlüsselten rot markiert. Diese Einträge können Sie mit „Delete“ unter „Encrypted Channels“ löschen. Möchten Sie einzelne Stationen aus der Liste entfernen, markieren Sie sie und fahren mit „Delete ➞ Ja“ fort. Über die Schaltfläche „Edit“ passen Sie Sendernamen an: Mit den Pfeiltasten nach oben und unten ändern Sie die Sortierung und damit die Nummerierung auf der Fernbedienung.

Erstmalige Konfiguration: Die Fernsehsender lassen sich bequem per Maus und Tastatur aussuchen, gruppieren und sortieren.

Beim Radioempfang („Radio Channels“) gehen Sie analog vor. Wichtig ist ferner der elektronische Programmführer, kurz EPG („Electronic Program Guide“). In der Rubrik „EPG ➞ TV EPG Grabber“ klicken Sie links auf „All“, um den EPG für alle Sender einzuschalten. Auch dies können Sie beim Radio-EPG wiederholen. Die Funktion „Recording“ fasst alle Aufnahmeeinstellungen zusammen, das Speicherverzeichnis wird in den „Folders“ eingestellt. „Timeshifting“ bezeichnet zeitversetztes Fernsehen, und über „Import/Export“ lassen sich Programmlisten speichern und wieder laden.

Sämtliche Musik, Videos und Bilder einbinden

Zu jedem Media Center im Wohnzimmer gehören Musik, Filme sowie Fotos. Für Media Portal spielt es keine Rolle, ob Sie die Inhalte auf dem HTPC lokal speichern oder auf einer NAS-Festplatte im Heimnetzwerk. So stellen Sie die Pfade ein: Starten Sie das Tool „Media Portal Configuration“ im „Standard Mode“, und wechseln Sie in die Rubrik „Videos ➞ Video Folder“. Hier aktivieren Sie gegebenenfalls das optische Laufwerk. Mit einem Klick auf die Schaltfläche „Add“ legen Sie weitere Pfade an, in denen Sie Videos gespeichert haben. Das können auch Netzwerkverzeichnisse sein, bei denen Sie Ihre Anmeldedaten eingeben und diese speichern. Über die weiteren Einstellungen in der Videorubrik lassen sich Ton und Zoommodus anpassen. Analog definieren Sie über „Music“ Ihre Musikordner und über „Pictures“ Ihre Bilderordner.

Alle drei Medientypen stehen damit auf dem Fernseher zum Abruf bereit. Sind die Pfade für Bilder, Videos und Musik einmal eingestellt, lassen sich sämtliche Inhalte bequem über den Fernseher abspielen. Damit Sie optimal mit Media Portal arbeiten können, empfehlen wir Ihnen noch drei Änderungen. Öffnen Sie erneut das Konfigurationsprogramm: In der Programmrubrik „General ➞ Startup Settings“ aktivieren Sie das Feld „Autostart Media Portal on Windows Setup“, damit der HTPC immer gleich mit der Media Center Software startet.

Sind die Pfade für Bilder, Videos und Musik einmal eingestellt, lassen sich sämtliche Inhalte bequem über den Fernseher abspielen. Eine Computertastatur benötigen Sie nicht, alles funktioniert mit einer gewöhnlichen Fernbedienung.

Die zweite Einstellung betrifft die Fernbedienung: In der Rubrik „Remote“ wählen Sie die passende Fernbedienung. Hier gibt es keine allgemein gültige Empfehlung: Haben Sie ein Modell, das zu Microsofts Windows Media Center kompatibel ist, aktivieren Sie die Option „Use Microsoft MCE remote or keyboard“. Ansonsten schauen Sie bitte in Foren nach oder fragen beim Hersteller-Support Ihres HTPCs nach. Die dritte Änderung nehmen Sie im Betriebssystem vor, genauer in den Energieoptionen der Systemsteuerung. Dort klicken Sie links auf „Auswählen, was beim Drücken des Netzschalters geschehen soll“ und stellen im folgenden Fenster unter „Energiespartaste“ – darauf reagiert nämlich die Fernbedienung – „Ruhezustand“ oder „Energie sparen“ ein. Damit ist Media Portal beim Starten viel schneller da, im Energiesparmodus sogar binnen zwei oder drei Sekunden.

Das Media Portal per Fernbedienung steuern

Von nun an können Sie Tastatur und Maus praktisch zur Seite legen, beides benötigen Sie nur noch, wenn Sie etwas nachkonfigurieren. Ihr Wohnzimmerrechner startet stets mit der Media Portal Oberfläche, die Sie bequem über die HTPC-Fernbedienung steuern. Am wichtigsten sind darauf die vier Pfeiltasten zum Scrollen im Menü, die Enter-Taste zum Bestätigen und „Zurück“, um zur nächsthöheren Ebene zurückzugelangen.

Je nach vorheriger Konfiguration stehen auf der Bedienoberfläche neben den Einträgen für TV, Radio, Musik, Bilder, Videos schon auf der Startseite Ihre persönlichen Erweiterungen zur Verfügung, ansonsten unter „Sonstiges“. Die TV-Funktionen von Media Portal gehen weit über das Live-Programm hinaus. So zeichnet der Videorekorder mit einem Tastendruck das laufende Programm auf („Jetzt aufnehmen“), zeigt einen Überblick über gespeicherte Sendungen auf der Festplatte („Aufnahmen“) und bietet zudem eine Aufnahmefunktion für Serien.

Haben Sie eine Sendung verpasst und möchten diese aus der Online-Mediathek aufrufen, empfehlen wir das Plug-in „Online Videos“. Über die Portale der privaten und öffentlich-rechtlichen TV-Sender finden Sie schnell das gewünschte Video. Die Aufzählung der nützlichen Funktionen über die vielen Erweiterungen lässt sich fast beliebig fortsetzen, ein Beispiel soll aber doch noch beschrieben werden: der „Fritzbox Manager“. Dieses Plug-in überwacht Ihre Fritzbox und zeigt unter anderem an, wer gerade anruft – so können Sie bei einem gemütlichen Filmabend auf der Couch entscheiden, ob Sie annehmen möchten oder nicht. Insbesondere über die Plug-ins gibt es viel zu entdecken, bei Fragen hilft die ausführliche englische Online-Dokumentation. Einzig die Erweiterung fürs Wetter funktioniert zurzeit nicht.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation PC-Welt.