Station Management als komplexe Sektion

FDDI-Standard läßt nach wie vor noch Wünsche offen

13.10.1989

MÜNCHEN - Zu den Entwicklungen, die Verkabelungskonzepte beeinflussen, gehören das Fibre Distributed Data Interface (FDDI) und der IBM Token-Ring-Adapter mit 16 MBit pro Sekunde. Martin Cooper, Supportleiter bei der BICC Data Networks GmbH aus München, befaßt sich mit beidem, zeigt aber auch noch bestehende Grenzen dieser Technologie auf.

In der heutigen Welt der Lokalen Netzwerke (LANs) existiert bislang nur ein einziger internationaler Standard für Glasfaserkabel in LANs: der "ISO 8802/3 Fibre Optic Inter Repeater Link (Foirl)-Standard" für IEEE 802.3 (Ethernet)-Netzwerke. In der Plenarsitzung des IEEE im November letzten Jahres wurden jedoch einige Fortschritte hinsichtlich weiterer Glasfaserstandards erzielt. Das IEEE akzeptierte die Empfehlungen der Fibre Optic Technical Advisory Group, zwei weitere neue Standards zu entwickeln; einen auf der Basis aktiver synchroner Hubs, den zweiten auf der Basis passiver Hubs. Zwei neue Standards deshalb, so wurde argumentiert, weil die Standards auf unterschiedliche

Applikationen zielen.

Ein von BICC stammender Vorschlag bei der IEEE, die Kompatibilität des bestehenden Foirl-Standards mit dem künftigen Active Synchronous Star-Standard sicherzustellen, wurde einmütig angenommen. Eine gute Nachricht für die zahlreichen Anwender, die gegenwärtig Foirl-Produkte einsetzen. Der synchrone Stern hat zwei technische Vorteile gegenüber Foirl. Einerseits ermöglicht er es, Hubs ohne Beschränkungen zu kaskadieren, und andererseits verbessert er die Signalübertragung zwischen Hubs und Transceivern.

Der vorgeschlagene passive Stern bietet einen ausfallsicheren passiven Hub. Er ist begrenzt auf Distanzen von weniger als 500 Metern und verfügt über eine geringere Anzahl Kanäle (32). Da der Hub nicht über eine eigene Stromversorgung verfügt - und das ist wichtig - bestehen natürlich auch weniger Möglichkeiten für ein Netzwerkmanagement.

Das erste Treffen des Ausschusses fand Anfang Februar statt und inzwischen wurde damit begonnen, die neuen Standards zu definieren. Diese sollen Ende des Jahres 1989 dem IEEE zur Stellungnahme vorgelegt werden.

Welche Auswirkungen werden diese neuen Standards auf bestehende Verkabelungskonzepte haben? Nun, sehr wenig, da sie nur geringe Vorteile gegenüber existierenden Foirl-Produkten haben und sicherlich nicht signifikant billiger sein werden.

Einer der Bereiche, der Auswirkungen auf die LAN-Verkabelung haben wird, ist das Fibre Distributed Data Interface (FDDI). Das X3.9T5-Komitee des American National Standard Institute (Ansi) arbeitet gegenwärtig an der vierten und letzten Sektion des FDDl-Standards. Das FDDI-Komitee wird regelmäßig von rund 80 Unternehmen besetzt. Hier zeigt sich ein Interesse, wie es bisher im Bereich der LANs noch nicht dagewesen ist. Das Station Management (SMT) ist die letzte Sektion, die standardisiert werden muß. Sie ist die komplexeste Sektion und betrifft die automatische Konfiguration und das Selbstmanagement der Knoten auf dem 100 Megabit pro Sekunde Dual Counter Rotating Ring von FDDI. Unabhängig davon, was mancher Anbieter heute verlautbaren läßt, ein Übereinkommen hinsichtlich SMT ist vorläufig noch nicht in Sicht.

Sehr optimistisch geschätzt, wird ein erster Standard frühestens Ende 1989 vorliegen. Ohne SMT können FDDI-Produkte nicht existieren, da sie lediglich Prestandards implementieren und nicht in der Lage sind, mit Produkten anderer Hersteller zu kommunizieren. Hinzu kommt, daß Upgrades nicht mehr reine Software-Upgrades abgeben, da neue Zeitgeber definiert werden, die auch Hardwareänderungen erforderlich machen werden. Dennoch - soweit es die Anwender betrifft - eine gute Neuigkeit: Der Bereich Physical Medium Dependent (PMD) ist nunmehr ein Standard (ISO DIS 9314-3). Das bedeutet, daß die Verkabelung nunmehr fixiert ist und sich von jetzt ab in jede neue Verkabelungsstrategie integrieren läßt.

Auch im Bereich außerhalb der Standards hat es einige Ereignisse gegeben, die Auswirkungen auf Verkabelungskonzepte haben werden. Das bekannteste dürfte der langerwartete 16-MBit/s-Token-Ring-Adapter von IBM sein, der auf die Verbindung von LANs untereinander - den Backbone-Markt - zielt. Dieser Adapter mit der Fähigkeit, beide Geschwindigkeiten zu verarbeiten, wird mit einem äußerst agressiven Preis (895 Dollar) angeboten, der lediglich 60 Dollar oder sieben Prozent über dem des "alten" "4-MBit/s-Adapter" liegt. IBM setzt den "16-MBit/s-Token-Ring" ein, um das Vertrauen in abgeschirmte verdrillte Leiter wieder herzustellen.

IBM fordert, daß Anwender von nicht abgeschirmten verdrillten Leitern Signalfilter einsetzen müssen, um die FCC-Regularien für Störstrahlemissionen zu erfüllen. Das wird wahrscheinlich die Zahl der Arbeitsstationen und die Gesamtlänge eines Token Rings begrenzen. Bei näherer Betrachtung der IBM-Statements heißt es dann: "Glasfaser wird jetzt in der Mehrheit aller Fälle für die Verbindung zwischen Netzwerken erforderlich."

Die wirklich für die Verkabelung wichtige Aussage ist nicht, welche Art verdrillte Leiter eingesetzt werden sollen, sondern die klare Aussage, daß bei Backbones Glasfaser zum Zuge kommen sollen.

Ein weiterer neuer Trend ist der, daß PC-Adapterkarten in der Lage sind, Ethernet nahezu mit der maximalen Geschwindigkeit zu unterstützen. Die neuen Isolan-PC-Adapterkarten von BICC Data Networks beispielsweise nutzen eine Technik, die als Bus Master bezeichnet wird. Diese Technik ist eines der Features von IBMs Micro Channel Architektur und des AT 286er-Busses. Der Bus Master ermöglicht es dem Adapter, die Kontrolle über den Bus zu übernehmen und direkt in den Speicher eines PS/2-Systems

oder ATs zu schreiben. Tests mit der neuen Isolan-Karte zeigten, daß ein Novell-Server damit virtuell 10 MBit/s an das Netz ausgeben kann. Ironie des Schicksals ist es wohl, daß die neue IBM "16-MBit/s-Karte" die Vorteile ihres eigenen Bus-Master-Konzeptes nicht nutzen kann.

Andere wichtige Entwicklungen sind der unerwartete Anstieg der Rechenleistung pro Arbeitsstation und deren zunehmende Nutzung für Grafikanwendungen wie Desktop Publishing und CAD/CAM. All diese Ereignisse führen zu dem unausweichlichen Schluß, daß weder vier noch zehn noch 16 MBit/s eine ausreichende Bandbreite bieten, um die LAN-Anforderungen in den 90er Jahren zu erfüllen.

Die Kosten sind kein Hemmschuh

Der naheliegende Schluß ist, daß Backbone-Netzwerke in den meisten Fällen auf Lichtwellenleitern basieren sollten und FDDI schon 1992 das vorherrschende Backbone-LAN sein wird. Doch wie sieht es mit der Glasfaserverkabelung einzelner Arbeitsplatzrechner aus?

Die meisten führenden Unternehmen bauen ihr Verkabelungskonzept auf strukturierter Verdrahtung auf. Strukturierte Verdrahtung und strukturierte Netzwerke sind wichtig, um ein Netzwerk so zu planen, daß das Design flexibel, leicht zu modifizieren, leicht zu managen und ausfallsicher ist. Die Rechtfertigung für strukturierte Verdrahtung basiert auf den geringen Kosten von Verlegung und Veränderung, der Fähigkeit, alle Informationsdienste schnell an jeden Arbeitsplatz bringen zu können und daran, daß das Netzwerk zumindest für einige Jahre aufgebaut wird. Führende Beratungsunternehmen würden sagen, daß die Netzwerkverkabelung als Teil der Infrastruktur eines Gebäudes betrachtet werden muß und deshalb für mehr als zehn Jahre geplant werden sollte.

Bis 1992 werden in vielen Unternehmen Hochgeschwindigkeits-Workstations auf Basis des Intel 486 und grafische Terminals von Anbietern wie HP, Sun Microsystems und Apollo eingesetzt. Gehen wir einmal davon aus, daß nur ein geringer Prozentsatz - vielleicht fünf Prozent - mit dem LAN verbunden sind. Lassen sie uns nun die drei Voraussetzungen betrachten, auf denen die meisten Verkabelungsstrategien beruhen: geringe Änderungskosten, schnelle Änderung und eine Verkabelung für mindestens zehn Jahre.

Selbst bei einem so geringen Prozentsatz dieser Hochgeschwindigkeitsterminals ist es unvorstellbar, daß diese Anwender ihre Arbeitsplätze als Folge der Reorganisation des Unternehmens verlegen würden, um Veränderungen ihrer Aufgaben besser entsprechen zu können. Solange Glasfaser nicht an jedem Arbeitsplatz verfügbar ist, so lange wird es dann ein teurer Spaß sein, die Workstations permanent hin und her zu bewegen.

Es wird sicher einige Zeit benötigen, die neuen Kabel zu installieren, die Büroarbeit wird brachliegen, eine äußerst auffällige Aktivität, die die DV-Abteilung in Verlegenheit bringen kann, die ja das Management für eine Lösung bezahlt, die für mindestens zehn Jahre geplant war. Die Dienste der DV für den Anwender werden fürchterlich darunter leiden, denn niemand liebt es, auf essentielle Dienstleistungen zu verzichten. Es ist natürlich einfach zu sagen, daß das oben beschriebene Szenario nicht passieren wird oder daß es zu kostenintensiv ist, um es jetzt zu betrachten. Es mag durchaus sein, daß es nicht 1992 passiert, aber es wäre verrückt, davon auszugehen, daß es nicht innerhalb der nächsten fünf Jahre passiert.

Zu den Kosten: Lichtwellenleiter sind nicht teuer und die Installation nichtabgeschirmter verdrillter Leiter und Glasfaserkabel für jeden Arbeitsplatzanschluß ist genauso billig wie die abgeschirmter verdrillter Leiter. Die Kosten können dadurch reduziert werden, daß die Glasfaserkabel solange nicht angeschlossen werden, bis sie letztendlich benötigt werden.

Doch was für ein Typ von Glasfaser soll installiert werden? Wie bereits oben gesagt, ist die FDDI Physical Medium Dependent Section nunmehr ein Standard. Er bezieht sich auf 62.5/125 Glasfaser, die in Amerika wesentlich gebräuchlicher ist als die 50/125 Glasfasern, die hier in Europa eingesetzt werden. FDDI wird jedoch auch von den 50/125 Glasfasern unterstützt. Der beste Rat besteht darin, die jeweiligen Anforderungen mit Unternehmen zu planen, die sich auf Glasfasernetzwerke spezialisiert haben, wie etwa Foss, Logical Networks, Oceonics oder BICC Network Systems, um nur ein paar zu nennen.