Tipps von SAP für SAP

Eskalationsinstanz schaffen, KPIs definieren

19.07.2010 von Johannes Klostermeier
Prozesse optimieren und standardisieren, SAP CRM 7.0 implementieren: Das sind nur einige der Aufgaben, die Oliver Bussmann im Rahmen der Initiative "SAP runs SAP"in letzter Zeit beschäftigten. Der SAP-CIO ist naturgemäß überzeugt von SAP-Lösungen - ein Glück für ihn, dass er das Produktentwicklungsteam bei der Implementierung von SAP CRM 7.0 gleich neben sich stehen hatte. Zwar wird das Kunden aus dem Dax nicht immer zuteil, trotzdem hat Bussmann wichtige Tipps parat.

Herr Bussmann, wie unterscheidet sich Ihr CIO-Job bei SAP von dem bei einem traditionellen DAX-Unternehmen?

Oliver Bussmann: In meiner Rolle als CIO war ich viele Jahre lang bei der Allianz tätig und muss ehrlich sagen, bei SAP habe ich viel engeren Kontakt zur gesamten Produktentwicklung. Wir sind mehr involviert, sei es beim Testen oder beim Ramp-up. Und wir führen auch viel früher mit den Geschäftsbereichen eine Diskussion, wie wir bei einer Software oder bei einer bestimmten Funktion den Nutzen erhöhen können. Letztlich heißt das, wir sind im Innovationszyklus viel früher eingebunden und geben Feedback, ob gewisse Funktionen den erwünschten Nutzen bringen oder wie man sie noch vereinfachen kann. Zudem kommt man sehr viel früher mit technischen Innovationen in Kontakt, etwa im Bereich mobile Anwendungen, Cloud-Technologien, Virtualisierung und bei Anwendungen zur Sicherung der Nachhaltigkeit.

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Wie stark nutzt SAP seine eigene Software?

Oliver Bussmann: Als ich zu SAP kam, habe ich festgestellt, dass das Unternehmen in der Tat eine "best run Company" ist, vor allem bezogen auf den hohen Nutzungsgrad der eigenen Software und die Zentralisierung der Anwendungssysteme. Alle geschäftskritischen Systeme, von einem ERP-, über ein HR-System bis hin zu einem Supply Relationship Management, sind weltweit zentralisiert, laufen auf einer einzigen Instanz. Wir können so weltweit ein Geschäftsmodell unterstützen, was hinsichtlich der Business- und IT-Prozesse uniform ist. Durch diesen hohen Zentralisierungsgrad und die Reduktion der Komplexität ist der Sicherheitsaufwand eher gering. Wenn wir Veränderungen im System durchführen, arbeiten wir zentral. Und das hilft, Veränderungen der Geschäftsprozesse und entsprechenden Systeme weltweit einheitlich durchzuführen. Die Anzahl der Anwendungslandschaften ist um ein Vielfaches geringer als in anderen Industrien und somit überschaubarer.

Implementierung von SAP CRM 7.0

Welche Lernkurve haben Sie beim Einsatz der eigenen Software, der weltweiten Implementierung des internen CRM-Systems auf SAP CRM 7.0, zurückgelegt?

Oliver Bussmann: SAP CRM 7.0 war ja nicht nur ein technisches Upgrade. Wir haben im vergangenen Jahr unter einem enormen Zeitdruck die Version 7.0 von SAP CRM weltweit und für alle Geschäftsbereiche von Marketing und Sales über die Consulting- bis hin zur Support-Organisation eingeführt. Alle Kundeninformationen, alle Vertriebsinformationen über alle Vertriebskanäle zu einem Kunden, sind an einer zentralen Stelle mit erheblich vereinfachtem User-Interface zusammengefasst. Wir bekommen jetzt nicht nur die Informationen aus den einzelnen Geschäftsbereichen. Auch die Informationen aus den Vertriebskanälen Internet, Callcenter oder dem stationärem Vertrieb werden zentral zusammengehalten. Wir verfügen damit über bessere Informationen für Entscheidungen und sorgen so gleichzeitig dafür, dass die unterschiedlichen Geschäftseinheiten auf dem gleichen Stand sind.

Niemand muss sich mehr Informationen in verschiedenen Support- und Abrechnungssystemen zusammensuchen. Ein Account Executive hat früher oft Stunden damit verbracht, vollständige Informationen über einen Kunden zu bekommen. Heute ist das nur noch eine Sache von Minuten. Wir haben die Sales-, Marketing- und Field-Service-Prozesse re-engineert und gleichzeitig in einer 360-Grad-Sicht alle Informationen über einen Kunden zusammengefasst. Wir haben zurzeit eine der weltweit größten CRM-Implementationen mit über 14.000 Nutzern.

Worauf haben Sie zu Beginn geachtet?

Oliver Bussmann: Dadurch dass wir sehr viele Interessenvertreter hatten, war es notwendig, alle an einen Tisch zu bekommen und uns eine vernünftige Projektsteuerung zu suchen, um die für das Projekt nötigen Voraussetzungen bezüglich der Funktionalität und der Datenbasis zu schaffen.

Wir haben Anfang vergangenen Jahres damit begonnen und sind im Herbst 2009 live gegangen. Jetzt liefern wir alle drei bis vier Monate Verbesserungen der Prozesse und Funktionalitäten. Das ganze Team ist nun so eingeschworen, dass jeder das gleiche Verständnis dafür hat und wir zu Entscheidungen gelangen, die den größten gemeinsamen Nutzen mit sich bringen. Das ist wichtig.

Tipps für andere CIOs

Welche Tipps können Sie anderen CIOs für die Einführung geben?

Oliver Bussmann: Fast das gesamte Unternehmen nutzt das System. Man braucht jedoch mit einem der Vorstände noch einen Sponsor als - sagen wir - Eskalationsinstanz, der im Zweifel die Richtung weist: rechts oder links herum. Man neigt gerne dazu, 130 Prozent an Informationen zu sammeln, um eine wichtige Entscheidung zu treffen. Der Sponsor kann dabei helfen, diese Entscheidungstrecken zu verkürzen. Zweitens ist es wichtig, die Geschäftseinheiten frühzeitig beim Prototyping einzubinden. Denn das User-Interface spielt eine ganz entscheidende Rolle bei der Akzeptanz. Wir haben uns immer gefragt: Was können wir für die Funktionalität und die Usability tun, und was für ein Nutzen ergibt sich daraus? Wir haben sehr viel über Key Performance Indicators (KPIs) diskutiert: Welche Erleichterungen im Umgang mit dem System kann ich messen? Wie viel Zeit hat es ohne das System gekostet? Und wie viel Zeit brauchten wir, um das System zu entwickeln und einzuführen? Diese Schritte haben wir gemessen. Das Ergebnis: Wir haben Millionen Euro an Einsparungen identifiziert, die wir nun im Tagesbetrieb realisieren

Profitieren nun auch die SAP-Kunden von Ihren eigenen Erfahrungen?

Oliver Bussmann: Die CRM-Produktentwicklung war bei der Implementierung dabei und hat einiges mitnehmen können: Wie schnell lässt sich das System technisch implementieren, und wie kann man das vereinfachen? Dann gab es bei der Abstimmung der einzelnen Vertriebsgebiete eine Komplexität, die wir bei unserer Implementierung erheblich reduziert haben. Und durch das Prototyping ist unsere Rückmeldung zur Nutzerfreundlichkeit des Systems wieder mit eingeflossen. Das war ein sehr schöner Zyklus. Dazu kommt: Die Value-Engeneering-Methode, also das Verfahren, wie wir Business Cases rechnen, geht in die Kundenimplementierung ein und steht so allen zur Verfügung. So können die Kunden auch KPIs für die Prozessverbesserung identifizieren, messen und Fallbeispiele für ihr Geschäft damit aufbauen und verfolgen. Das nennen wir Best Practices.

Die SAP-Nutzer sind also mit dem SAP-CRM-System zufrieden?

Oliver Bussmann: Davon dürfen Sie ausgehen. Das sehen wir auch daran, dass die Nutzerzahl seit der Einführung im November erheblich in die Höhe geschnellt ist. Genau das war unser Ziel. Denn ein CRM-System, das nicht über alle geschäftskritischen Funktionen verwendet wird, generiert nur einen eingeschränkten Nutzen. Es gibt jetzt eine viel höhere Genauigkeit darüber, was zum Beispiel in der Vertriebs-Pipeline ist und wo die Probleme der Kunden liegen. Insbesondere jetzt, in der Zeit nach der Finanzkrise, ist das sehr hilfreich.