Häufiger Irrtum bei Personalern

Es müssen nicht drei Abmahnungen sein

22.11.2011 von Renate Oettinger
Unter Umständen kann einem Arbeitnehmer bereits nach der ersten Abmahnung gekündigt werden. sagt Dr. Norbert Pflüger.

In deutschen Büroetagen und Werkshallen herrscht der weit verbreitete Glaube, dass der Arbeitgeber erst drei Mal abmahnen muss, bevor er verhaltensbedingt kündigen darf. Dies ist ein Irrtum. Schon nach der ersten Abmahnung kann ein erneuter Verstoß bereits mit einer Kündigung sanktioniert werden.

Es müssen nicht immer drei Abmahnungen sein. Manchmal reicht auch schon eine für die Kündigung.
Foto: Fotolia, FM2

Wichtig ist jedoch, dass weitere Verstöße "einschlägig" sind, das heißt einen vergleichbaren Sachverhalt betreffen. Wer etwa wegen einer Verspätung abgemahnt wurde, kann dann im Anschluss nicht wegen der übermäßigen Privatnutzung des dienstlichen Internetanschlusses gekündigt werden. Hier besteht zwischen dem abgemahnten Verhalten und dem Kündigungssachverhalt kein innerer Zusammenhang. Es kommt daher nicht auf die Menge der Abmahnungen, sondern vielmehr auf deren Inhalte an. Ein wiederholtes Zuspätkommen indes kann durchaus einen Kündigungsgrund darstellen.

Mahnt ein Arbeitgeber übermäßig oft ab, ohne dann eine arbeitsvertraglich spürbare Sanktion zu ergreifen, spricht man dagegen von einer inflationären Abmahnungssituation. Hier kann gelten: Wer wöchentlich wegen Verspätungen abgemahnt wird, muss am Ende des Tages nicht mehr mit einer Kündigung rechnen, da sich bereits eine Duldung des vertragswidrigen Verhaltens eingestellt hat. Auch Arbeitgeber, die unter Umständen auf Nummer Sicher gehen wollen und mehr als die irrtümlich geforderten drei Abmahnungen aussprechen, können somit Opfer eines arbeitsrechtlichen Irrtums werden. (oe)

Der Autor Dr. Norbert Pflüger ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied des VDAA Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte e. V. - www.vdaa.de

Kontakt:

Dr. Norbert Pflüger, c/o Pflüger Rechtsanwälte GmbH, Kaiserstraße 44, 60329 Frankfurt am Main, Tel.: 069 242689-0, E-Mail: info@k44.de, Internet: www.k44.de

Die fünf größten Irrtümer beim Thema Kündigung
Die fünf größten Irrtümer beim Thema Kündigung
Wann ist eine Kündigung rechtens und wann nicht. Wir klären über die fünf häufigsten Mythen zum Thema Kündigung auf.
Irrtum 1: Ein krankgeschriebener Arbeitnehmer kann nicht gekündigt werden.
Eine Krankheit kann den Ausspruch einer Kündigung nicht verhindern. Ein Arbeitgeber kann grundsätzlich auch während einer Krankschreibung eine Kündigung aussprechen; dies macht die Kündigung nicht "per se" unwirksam.
Irrtum 2: Jede Kündigung muss eine Begründung enthalten.
Eine Kündigung muss nicht begründet werden. Aus Arbeitgebersicht ist es sogar eher unklug, eine Begründung in die Kündigung aufzunehmen, da dies in der Regel "Angriffsfläche" in einem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess ergibt. Gekündigte Arbeitnehmer hingegen sollen unverzüglich um Rechtsrat nachsuchen, ob die ausgesprochene Kündigung auch wirksam ist.
Irrtum 3: Eine Kündigung kann auch mündlich ausgesprochen werden.
Arbeitsverträge kann man zwar mündlich abschließen, aber nicht beenden. Es bedarf nach dem Gesetz immer einer schriftlichen Kündigung. Vorsicht ist auf Arbeitgeberseite im Übrigen auch geboten bei Kündigungen per Mail oder per SMS, während Arbeitnehmer, die eine Kündigung in dieser Form erhalten, ebenfalls sofort um Rechtsrat nachsuchen sollten. Dies sollte unverzüglich erfolgen.
Irrtum 4: Vor der Kündigung muss immer drei Mal abgemahnt werden.
Eine sog. verhaltensbedingte Kündigung setzt nur eine Abmahnung voraus. Dabei gilt des Weiteren, was häufig verkannt wird: Ist in dem Betrieb ein Betriebsrat installiert, muss dieser einer Kündigung nicht etwa zustimmen; er muss nur angehört werden. Dieser kann der Kündigung zwar widersprechen. Dies führt aber nicht zu einer Unwirksamkeit der Kündigung.
Irrtum 5: Gekündigte Mitarbeiter haben stets einen Anspruch auf eine Abfindung.
Das Kündigungsschutzgesetz ist in erster Linie ein "Bestandsgesetz". Damit richtet sich der Schutz zunächst auf den Erhalt des Arbeitsplatzes. Zwar enden in der Tat tatsächlich viele Kündigungsschutzverfahren letztendlich mit dem Abschluss eines Abfindungsvergleichs. Bestehen allerdings Gründe für die Kündigung. greift diese rechtlich auch durch, und der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Abfindung zu zahlen.