Digital Natives

Erste Gehversuche mit der Generation Y

08.06.2010 von Hans Königes
Zugriff auf neueste Technologien und flexiblere Arbeitszeiten sind aus Sicht der Arbeitgeber das Wichtigste, was die Generation der nach 1980 Geborenen fordert. Das ergab eine Umfrage der COMPUTERWOCHE.

Unlängst erwähnte ein etwa 30-jähriger Professor beiläufig, dass er "zu seiner Zeit" noch per E-Mail verkehrt habe. In der jungen Generation gehöre das aber mittlerweile der Vergangenheit an. Instant Messaging, die direkte interaktive Kommunikation, sei das Gebot der Stunde. Eine Entwicklung, die Achim Berg, bis vor kurzem Microsoft-Chef in Deutschland und nun in die US-Zentrale abgewandert, unlängst in München bestätigte, als er erzählte, dass seine elektronische Kommunikation inzwischen zu 40 Prozent ebenfalls instant stattfinde und das Beantworten von Mails an Priorität verloren habe: "Diese Erledigung kann auch mal zwei Tage dauern." Harald Kiele, Director of Strategy & Marketing bei IBM, fragt sich sogar, "ob E-Mail noch eine passende Kommunikationsplattform" darstelle. So wie Twitter, Facebook und Blogs das private Kommunikationsverhalten beeinflussten, würden diese Techniken auch den Informationsaustausch im Unternehmen verändern.

Quelle: Fotolia, A. Rodriguez
Foto: Fotolia, A. Rodriguez

Vor diesem Hintergrund wollte die Computerwoche von Personalern und IT-Managern wissen, ob sie bereit sind für die Generation Y, also die nach 1980 Geborenen, die von einigen Experten auch als Digital Natives bezeichnet werden, weil sie mit dem PC und sonstigem IT-Equipment aufgewachsen sind.

Das erste eindeutige Ergebnis: Die Frage, ob die Digital Natives bestimmte Forderungen selbstbewusster als frühere Generationen artikulieren, bejahten die meisten Studienteilnehmer. 77 Prozent sagen, dass der Zugriff auf neueste Technologien dem Nachwuchs wichtiger sei als früher, eine Beobachtung, die zum Beispiel SAP-Personal-Managerin Christine Keiner oder Computacenter-Personalchef Thomas Leibfried bestätigen können. "Die Generation Y verzeiht es uns nicht, wenn der Arbeitsplatz nicht vom ersten Tag an perfekt ausgestattet ist", so Leibfried.

Nicht jeder darf in Facebook

Etwa die Hälfte der Befragten gab an, dass sie ihren Mitarbeitern die Kommunikation via Facebook und Co. während der Arbeitszeit ohne Einschränkung gewähren, aber immerhin 40 Prozent antworteten mit "Nein". Der Rest zeigte sich unentschieden. SAP-Personalfrau Keiner ist überzeugt: "Das können wir nicht verbieten." Für Arbeitgeber lasse sich, erst recht durch den Einzug von mobilen Geräten, nicht kontrollieren, was Mitarbeiter tun. Das Unternehmen müsse sich damit offensiv auseinandersetzen und Vertrauen aufbauen, Führung sei gefragt. Und Computacenter-Mann Leibfried sekundiert: "Wenn sich jemand stundenlang auf sozialen Plattformen aufhält, dann stimmt etwas im Betrieb nicht." Was das Surfen im Allgemeinen angeht, so erlaubt nur etwa ein Fünftel der Firmen den uneingeschränkten Online-Aufenthalt im Netz, immerhin die Hälfte genehmigt das eingeschränkte Surfen.

Keine klassische Karriere als Ziel

Ein weiteres Ergebnis: 73 Prozent der befragten CW-Studienteilnehmer geben an, dass das Interesse des Nachwuchses an flexiblen Arbeitszeiten gestiegen sei. Nie war der Wunsch der jungen Generation größer, so der Eindruck der Unternehmensvertreter, zu jeder Zeit und an jedem Ort arbeiten zu können, auch auf die Gefahr hin, dass Privates und Berufliches verschmelzen. Das sei aber kein Problem, meinen Firmen wie IBM oder Microsoft, wenn sich in der Unternehmenskultur seit Jahren ein Führen durch Ziele etabliert habe.

54 Prozent der Befragten sagen zudem, dass dem Nachwuchs die Vereinbarkeit von Beruf und Privatem wichtiger sei als früher. Ein Beweis dafür sei, so SAP-Frau Keiner, dass immer mehr Männer in Elternzeit gingen. Als weiteren Beleg nennt sie den Wunsch von Mitarbeitern, keine Karriere im klassischen Sinne einzuschlagen, sich also auf der Hierarchieleiter nicht ständig nach oben kämpfen zu müssen.

Auffallend in der CW-Untersuchung ist, dass gerade zu diesem Punkt im freien Kommentarfeld die meisten kritischen Kommentare zur Generation Y fielen. Nur einige Beispiele: "Die Generation Y wird völlig überbewertet! Statt Können und Wissen gibt es Lifestyle und Selbstdarstellung", oder "Sie haben hohe Verdienstansprüche und zeigen wenig Bereitschaft zu Überstunden, selbst wenn sie ausgeglichen werden", oder "Die Bereitschaft zu einer Reisetätigkeit sinkt".

Abgesehen von solchen negativen Kommentaren im Freifeld fallen die Ergebnisse für den Nachwuchs nicht schlecht aus. Das lässt sich etwa an den Antworten ablesen, wenn es darum geht, was die Chefs an älteren und an jüngeren Mitarbeitern besonders schätzen.

Bei den Digital Natives steht an erster Stelle der Ideenreichtum und die Innovationsfähigkeit, ein Kriterium, das bei den Erfahrenen an vorletzter Stelle rangiert. Umgekehrt wird dem Nachwuchs ein schlechtes Zeignis ausgestellt, wenn es um Kundenorientierung und Auftreten geht. Diese Kriterien belegen die beiden letzten Plätze. Was die Jungen allerdings auch auszeichnet, und damit widerspricht die Umfrage einigen Kommentaren, ist ihr Fleiß und Engagement - Eigenschaften, die am zweithäufigsten genannt wurden. Die Erfahrenen wurden am häufigsten für fachliche Kompetenz und Zuverlässigkeit gelobt, am unteren Ende der Skala steht Kritikfähigkeit.

Zufriedene Arbeitgeber

Insgesamt aber, das zeigte unlängst auch eine Veranstaltung von Management Circle zum Thema "Recruiting 2010", sind die Manager mit der neuen Generation zufrieden: Vielleicht etwas weniger mutig als ihre Vorgänger und etwas konservativer, dafür aber um Nachhaltigkeit und Glaubwürdigkeit stark bemüht, werde sie ihren Weg gehen.

Die Studie

An der Studie der COMPUTERWOCHE beteiligten sich rund 50 Prozent CIOs und IT-Chefs, ein Viertel Personalverantwortliche und nochmals rund ein Viertel sonstige Führungskräfte, die für IT-Personal zuständig sind. Insgesamt wurden 152 Fragebögen eingereicht.

Die Teilnehmer kamen zu rund einem Viertel aus dem Dienstleistungssektor, zu je einem Achtel aus dem Maschinen- und Fahrzeugbau sowie dem verarbeitenden Gewerbe und dem Handel, zu jeweils zehn Prozent aus der Finanzbranche und der IT-Industrie und zu fünf Prozent aus dem öffentlichen Dienst. Die Umfrage fand im Mai statt, Projektleiter war CW-Marktforscher Matthias Teichmann.

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