ERP-Anbieter AP AG will mit Consulting in den gehobenen Mittelstand

01.12.2006
Seit Juli 2006 beschäftigt sich das Softwarehaus mit der Neuausrichtung des Geschäfts. Das neue Management möchte sich verstärkt an den gehobenen Mittelstand aus Industrie und Handel wenden und dies mit Beratungsleistungen unterfüttern. Analysten beurteilen die Strategie jedoch kritisch.

Die Beteiligungsgesellschaft Frankfurt Capital Partners AG (FCP) ist als Investor bei der AP AG eingestiegen und hält nun 75 Prozent. Die restlichen Firmenanteile besitzen die beiden bisherigen Hauptgesellschafter und die Mitarbeiter.

FCP legt jedoch Wert darauf, nicht als klassische Investmentfirma angesehen zu werden, die Firmen kauft und dann wieder veräußert. Vielmehr brächten sich zwei Mitgründer und Partner des Investors, Michael Vogt und Reinhard Dilger, als Vorstände bei dem Softwarehaus ein.

Die in Karlsruhe beheimatete Firma AP entwickelt ERP-Software mit Schwerpunkt Anlagen- und Maschinenbau. Mit dem auf Microsofts .NET-basierenden "P2 Plus" arbeiten etwa 500 der insgesamt 1000 Kunden. Der Rest nutzt das ältere Windows-gestützte Produkt "P2".

Verändern wollen Dilger und Vogt sowohl die Ausrichtung der AP AG als auch den Geschäftsansatz. Demnach soll das Unternehmen vermehrt Kunden aus dem gehobenen Mittelstand ansprechen. Gemeint sind Firmen, die eine ERP-Lösung für 100 und mehr Endanwender einführen wollen. Dabei hat das Softwareunternehmen den Anlagen- und Maschinenbau, den Automobil- und Fahrzeugbau sowie Handel und Dienstleistungen als Kernbranchen definiert.

Der Neuausrichtung gingen einige Umstrukturierungen voraus: Seit dem Einstieg von FCP wurden Mitarbeiter entlassen und die Standorte in München und Hannover geschlossen.

Zum neuen Geschäftsansatz zählt die Beratung. Bisher, so Vogt, habe AP AG in erster Linie technische Produkte verkauft. Das neue Management will Kundenprojekte gezielter mit Consulting begleiten. Dies sei auch erforderlich, will man in den gehobenen Mittelstand. Der Geschäftsansatz verspreche zudem höhere Margen, als der reine Verkauf von Software in einem von Preiskämpfen geprägten Marktumfeld.

Die AP AG bietet mit "P2 Plus" eine auf .NET aufsetzende ERP-Umgebung an. Die Funktionen richten sich vor allem an den Maschinen- und Anlagenbau.

Vermeiden wollen Vogt und Dilger, dass - wie in der Vergangenheit geschehen - ungünstige Verträge zustande kommen. Beispielsweise seien zu viele Projekte zum Festpreis ausgemacht worden. Dilger zufolge spreche prinzipiell nichts gegen Fixpreisangebote, allerdings komme es künftig dazu erst nach einem 30tägigen Vorprojekt, in dem die Details des Vorhabens eruiert werden. Diese Beratungsleistung soll der Kunde bezahlen.

Beim Vertrieb sollen Partner helfen. Derzeit entfallen nur etwa fünf Prozent der Umsätze auf den indirekten Kanal. Für das laufende Geschäftsjahr (seit September 2006) rechnet das Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 16 und 17 Millionen Euro. Derzeit beschäftigt die AP AG 140 Mitarbeiter, davon sind 50 Entwickler und noch mal so viele Berater. Entwickelt wird zusätzlich in Slowenien. Vor allem Branchenpakete sollen dort entstehen.

Geplant ist, p2 Plus einerseits funktional zu erweitern und andererseits darauf aufsetzende Branchenpakete zu vermarkten. Hinzukommen sollen beispielsweise Controlling-Funktionen, die es Anwendern gestatten, Warenwerte in jeder Fertigungsstufe zu ermitteln. Festhalten will AP an der Strategie, das Rechnungswesen nicht über eigene Module abzudecken, sondern auf die Lösung von Varial und anderen Softwarepartnern zurückzugreifen.

Zu den Wettbewerbern von AP AG zählen unter anderem Unternehmen wie Proalpha, Abas, Infor, Microsoft Business Solutions und Sage Bäurer.

Christian Glas, Senior Consultant bei Pierre Audoin Consultants (PAC) in München, sieht Beratungsangebote im Mittelstand kritisch. "Prozessberatung ist im Mittelstand nicht gerade einfach zu verkaufen. Diese Firmen setzen kostenloses Consulting im Vertriebszyklus voraus." Ähnlich wie AP versuche eine Reihe von ERP-Anbietern derzeit, mit Unternehmen aus dem gehobenen Mittelstand ins Geschäft zu kommen, da die Projekte dort größer sind und Beratungsleistungen auch gezahlt werden. Allerdings würden diese Anbieter damit in verstärkten Wettbewerb mit SAP treten.

Auch Eric Scherer, Geschäftsführer des Beratungs- und Marktforschungsunternehmens Intelligent Systems Solutions (i2s) in Zürich, ist von der neuen AP-Strategie wenig überzeugt. "AP hatte extrem branchenerfahrene Experten im Anlagen- und Maschinenbau, doch die wichtigen Leute der alten Mannschaft sind weg." Nun versuche man, einen Beratungsansatz à la SAP einzuziehen. AP werde es jedoch kaum schaffen, so die Anzahl der Kunden auszubauen. Zu den Vorteilen der AP-Lösung gehörte bislang neben der bei den Kunden geschätzte Funktionstiefe im Maschinenbau die rasche Einführung ohne viel Beratung. Um im gehobenen Mittelstand Erfolg zu haben, fehle dem Anbieter eine integrierte Buchhaltung. Vor allem Firmen mit mehreren Standorten legten großen Wert darauf. Gleichwohl vermeldet AP jedoch, dass zum Beispiel mit dem TÜV Thüringen durchaus ein Kunde in mehreren Niederlassungen die Software eingeführt hat.

Ganz neu ist die Idee bei AP, das Geschäft mit Dienstleistungen auszubauen, indes nicht. Bereits vor mehr als einem Jahr hatte das Unternehmen - damals noch unter anderer Führung, dieses Ziel formuliert (siehe auch ERP-Anbieter AP will mehr mit Dienstleistungen umsetzen). (fn)