15 Altsysteme durch SAP abgelöst

Erfurt & Sohn rollt die IT-Landschaft neu auf

16.11.2012 von Andreas Schaffry
Der Raufaser- und Tapetenhersteller Erfurt & Sohn führt Daten und Prozesse jetzt in SAP ERP zusammen, die er jahrelang in getrennten Einzellösungen verwaltete.
Achim Nikolic, kaufmännischer Geschäftsführer beim Raufasertapetenhersteller Erfurt & Sohn, haben SAP ERP erfolgreich implementiert und 15 Altsysteme auf einen Schlag abgelöst.
Foto: Erfurt & Sohn

Achim Nikolic, kaufmännischer Geschäftsführer beim Tapetenhersteller Erfurt & Sohn KG, lächelt zufrieden. Gerade hat das Unternehmen SAP ERP als neue Geschäftslösung erfolgreich in Betrieb genommen - zusammen mit dem in die ERP-Anwendung integrierten Manufacturing-System MES CAT Suite des SAP-Systemhauses T.CON. Erfurt & Sohn hat mit diesem Schritt 15 Altsysteme auf einen Streich abgelöst und die IT-Landschaft sowie die Datenhaltung konsolidiert. "Wir haben die Grundlage geschaffen, um den Daten-, Prozess- und Wertefluss vom Auftragseingang über die Produktionshallen bis hinein in die Finanzbuchhaltung und das Controlling vollständig integriert IT-gestützt abbilden zu können", erläutert Achim Nikolic.

Erfurt & Sohn: Wände zum Wohlfühlen

Die Erfurt & Sohn KG, ursprünglich ein reiner Raufasertapetenhersteller, hat ihr Produktportfolio konsequent um Vliesfaser- und Papierprägetapeten erweitert und ist heute ein Komplettanbieter für überstreichbare Wandbeläge. Speziell für die Renovierung und die energetische Sanierung von Altbauten hat man energiesparende KlimaTec-Thermovliese zur Innenwandbeschichtung und ein patentiertes Fassadensystem entwickelt - ein Wachstumsmarkt. Das Unternehmen vertreibt seine Qualitätsprodukte an mehrere Tausend Handelskunden, also Bau- und Heimwerkermärkte und Malerfachgroßhändler, die sie wiederum an den Maler oder Endverbraucher verkaufen.

Die bislang heterogene, über die Jahre gewachsene IT-Landschaft hatte den Expansionskurs des inhabergeführten Familienunternehmens mit Sitz in Wuppertal nicht mehr unterstützen können.

Heterogene IT bremste Wachstum aus

"Es war schwierig, bisweilen unmöglich, neue Produkt- und Serviceangebote mithilfe neuer IT-Prozesse abzubilden", erläutert Achim Nikolic. "Die IT-Systeme, die auf einer IBM iSeries-Maschine liefen, waren zum Teil veraltet und hatten ihre Leistungsgrenzen erreicht." Das betraf neben dem zentralen ERP-/PPS-System, für das der Hersteller die Wartung eingestellt hatte, auch Lösungen für die Finanzbuchhaltung. Hinzu kamen diverse Subsysteme, etwa für die Betriebsdatenerfassung, Instandhaltung, das Kundenbeziehungsmanagement, die Bedarfsprognose oder die Bonusabrechnung mit Kunden.

Die Erfurt & Sohn KG muss ihre erweiterten neue Produkt- und Serviceangebote durch neue IT-Prozesse abbilden. Mit SAP geht das jetzt sehr effizient.
Foto: Erfurt & Sohn

Auch das betagte Betriebssystem auf der IBM-Maschine musste erneuert werden. Allerdings bestand dabei die Gefahr, dass das ERP-/PPS-Kernsystem ausfallen könnte - mit unabsehbaren Folgen. Dieses Risiko wollte die Geschäftsleitung nicht eingehen. Man wechselte daher auf die Geschäftslösung SAP ERP, die auf einer modernen, skalierbaren und hochverfügbaren Hardware-Plattform installiert ist.

Heute: Einblick in Kundendaten per Mausklick

Die vollständige Integration der einzelnen SAP-Module erleichtert den derzeit 120 Endanwendern die tägliche Arbeit. Die Mitarbeiter im Vertrieb erhalten mit einem Mausklick Einsicht in die Debitoren-Stammdaten und damit in offene Forderungen, Zahlungsbedingungen und -verhalten, die Kreditwürdigkeit oder die Rabatte und Bonusvereinbarungen eines Kunden.

Im ERP-System sind auch Boni und Frachtkosten als erlösmindernde Faktoren hinterlegt und fließen automatisch in die mehrstufige Kundendeckungsbeitragsrechnung ein. Auf Basis der Erlösminderungen und der Netto-Netto-Preise, die das ERP-System durch Rückrechnung ermittelt, lassen sich Kunden- und Produkt-bezogene Deckungsbeiträge transparent darstellen.

Schnittstellen eliminiert

Auch die Frachtkostenabrechnung hat sich vereinfacht: Anhand der im ERP-System gespeicherten Tarife für Speditionen und Lieferanten können Transportpreise automatisch im Voraus ermittelt werden. "Bei Hunderten von An- und Auslieferungen pro Tag ist das eine echte Arbeitserleichterung. Früher mussten wir diese Preise manuell berechnen", so Achim Nikolic.

Weil heute auch betriebliche Instandhaltungs- und Wartungsprozesse nicht in mehreren Parallelsystemen, sondern ausschließlich in SAP erledigt werden, entfielen sechs Schnittstellen.

Darüber hinaus sorgen SAP-Business-Workflows für elektronische Abläufe bei der Anlage und Verwaltung von Artikelstammdaten, der Rechnungseingangsverarbeitung und der Freigabe von Bedarfsanforderungen und Bestellungen. Nicht zuletzt agieren die Fachbereiche unabhängiger von der IT-Organisation, denn die Key-User können zum Beispiel Abfragen und Auswertungen eigenständig durchführen.

ERP und Shop-Floor direkt verbunden

Die Maschinenbediener in den Werkshallen profitieren ebenfalls. Sie können über spezielle Terminals auf die MES-Lösung zugreifen und per Knopfdruck die Fertigungsaufträge für ihre Anlage aus dem SAP-System abrufen. Im Gegenzug fließen Leistungskennzahlen aus dem Shop Floor direkt in die ERP-Lösung ein. Das MES ist an die Maschinensteuerungen angebunden und erfasst vollautomatisch das Gewicht, den Durchmesser und die Laufmeter von Papierrollen, Maschinendefekte, Stückzahlen, Zeiten oder Qualitätsdaten.

"Allen Beteiligten war von Beginn an klar, dass dieses strategisch wichtige IT-Projekt nur dann ein Erfolg wird, wenn das Vorgehen klar strukturiert ist und genau nach einem vorab festgelegten Drehbuch erfolgt", verdeutlicht Achim Nikolic. Möglich war dies durch eine straffe interne Projektorganisation mit fest definierten Aufgabenbereichen, Verantwortlichkeiten und abgestimmten Kommunikationsprozessen. Ebenso wichtig war, dass die Geschäftsführung das IT-Projekt von Beginn an aktiv gefördert hat.

Vier Schritte zum neuen ERP-System

Die Auswahl und Einführung des neuen ERP-Systems erfolgte in vier eng aufeinander abgestimmten Schritten. Zuerst definierte man mit Unterstützung einer externen Beratungsfirma die Prozessanforderungen und erstellte ein Lastenheft für die Anbieterpräsentationen. Von sieben vorausgewählten ERP-Systemen, die zu dem Leistungsvergleich antraten, schafften es drei in die engere Auswahl, darunter SAP ERP vorgestellt von der T.CON.

Nach abschließenden Eignungstests fiel die Wahl dann auf SAP. "Bereits mit den SAP-Standardfunktionen konnten wir viele Geschäftsprozesse abdecken, die ERP-Lösung ist außerdem Multisite-fähig", begründet Achim Nikolic die Entscheidung. Und über die MES CAT Suite ließen sich die fertigungsnahen Systeme nahtlos mit der ERP-Welt verbinden.

Gleichzeitig konnte man die späteren Anwender durch die Schulung an dieser "Software zum Anfassen" frühzeitig ins Boot holen. Der letzte Schritt war die ERP-Einführung, die innerhalb von neun Monaten abgeschlossen werden konnte.

Der Produktivstart erfolgte planmäßig Anfang Juli 2012 und in der zugesagten Qualität. "Wir stehen noch am Anfang, doch unser Ziel, Prozesse langfristig weiterzuentwickeln und zu verbessern, haben wir fest im Blick", erläutert Achim Nikolic.

Prozesse langfristig verbessern

Künftig will man mithilfe der Anwendung SAP NetWeaver Business Warehouse (SAP NetWeaver BW) die Planung von Absatzzahlen und Umsätzen bis auf Kunden- und Produktebene effizienter machen und Plan-Ist-Abweichungen genauer analysieren.

Um Intercompany-Prozesse zu automatisieren, ist der SAP-Roll-out für die Vertriebsgesellschaften in Polen, Ungarn und Russland sowie am Produktionsstandort in Großbritannien geplant. Ebenso sollen Endverbraucher über einen in die ERP-Lösung integrierten Web-Shop individuell digital bedruckte Tapeten oder glatte Vliese ordern können.