ECM in der Legal-Industry

Enterprise Content Management ist Anwalts Liebling

11.09.2012 von David Schmoldt
Wachsende Dokumentenberge und scharfe Compliance-Vorschriften erfordern in Deutschlands großen Sozietäten ausgefeilte Enterprise-Content-Management-Systeme (ECMS). Worauf es in der Legal-Industry ankommt und welche Anbieter den Markt dominieren, hat eine Studie herausgefunden.
ECM in der Legal-Industry.
Foto: Flickr Creative Commons

Dokumente zu bearbeiten und zu verwalten, ist neben der Zeiterfassung und Abrechnung der wichtigste Kernprozess in einer Wirtschaftssozietät. Eine Großkanzlei hortet nicht selten einen Dokumentenbestand von mehreren Millionen Dokumenten. Da digitale Unterlagen selten gelöscht beziehungsweise archiviert werden, wachsen die Datenberg meist unaufhaltsam an. Schriftsätze werden erstellt, per Mail an den Mandanten oder die Gegenpartei versendet und in der Regel mehrfach, bis hin zu einer finalen Version, überarbeitet.

Lesen Sie mehr zum Thema ECM:

Häufig finden auf diesen Wegen Konvertierungsprozesse wie zum Beispiel die Umwandlung in PDF oder auf Papier für den Fax-Versand statt. Um PDF-Dokumente weiter bearbeiten zu können, werden diese oft mit Hilfe von geeigneten Tools von Spezialanbietern dann wieder in ein Word-Dokument zurück konvertiert. In einem weiteren Schritt gilt es darüber hinaus, regelmäßig Versionsvergleiche vorzunehmen, um Änderungen in umfangreichen Vertragswerken sofort erkennen zu können. Auch hier sind meist spezielle Lösungen wie zum Beispiel die Produkte von Workshare im Einsatz, die dem in Microsoft Word bereits enthaltenen Dokumentenvergleich überlegen sind. Ausschließlich auf Papier vorliegende Schriftsätze werden gescannt und mittels OCR-Schrifterkennung wiederum als bearbeitbare Word-Dokumente in die Kanzleiprozesse eingestellt. All diese Abläufe machen deutlich, wie vielfältig die Prozesse rund das Management von Dokumenten in Kanzleien sind und vor welchen Herausforderungen die Verantwortlichen stehen, diese Prozesse effizient und vor allem rechtssicher abzuwickeln.

Vom File-System über DMS zum ECM

In den 90er Jahren gab es wohl kaum ein Unternehmen ohne einen umfangreichen Dokumentenbestand auf dem File-System. Das berüchtigte X-Laufwerk - X steht für einen beliebigen Laufwerksbuchstaben, wie G, H, etc. - diente in der Vergangenheit oft als alleiniger Ablageort für Office-Dokumente. Wirtschaftssozietäten wählten zumeist eine einfache hierarchische Struktur nach Mandant und Akte. Dokumente erhielten je nach Anwender mehr oder weniger sinnvolle Namen. Einheitliche Standards konnten im Grunde nicht durchgesetzt werden.

Neben dem File-System wurden Dokumente zusätzlich per Email in Exchange gespeichert und dort in einer persönlichen Ordner-Struktur abgelegt, dabei vielfach dupliziert und teilweise sogar im Sinne eines Archivs archiviert. Nicht selten gab und gibt es Postfächer, die weit mehr als die von Microsoft empfohlene Maximalgröße von zirka 2 GB besitzen und über 10 GB oder mehr Speicher beanspruchen.

Um dem Chaos Herr zu werden begannen einige Sozietäten ein Profiling der Office-Dokumente einzuführen. Das funktionierte zumeist über mittels VB-Macros programmierte Dialoge, die beim Öffnen oder Speichern in den Dokument-Metadaten Informationen wie Mandantenname beziehungsweise Akten-ID hinzufügten und den jeweiligen Dokumenten eindeutige Dateinamen zuwiesen. Allerdings ließen sich hiermit nur selbst erstellte Dokumente strukturiert ablegen. Dokumente, die per Email empfangen wurden, oder Emails an sich, wurden mit diesen Werkzeugen nicht erfasst. Da der Email-Verkehr gegen Ende der 90er Jahre dramatisch im Volumen zugenommen hat, war für die großen Kanzleien der Schritt in Richtung Enterprise-Content-Management-Systeme (ECMS) nicht mehr weit.

Fünf Stufen zur optimalen Dokumentenverwaltung
Spezifische Bedarfsanalyse
Eine spezifische Bedarfsanalyse sollte am Anfang eines jeden Informations- und Dokumentenmanagement-Prozesses stehen. Heutzutage haben auch kleinere und mittelständische Unternehmen mit explodierenden Informations- und Datenmengen zu kämpfen. Für Verantwortliche ist es nicht immer leicht, den Überblick zu behalten, und die wichtigen Informationen so zu archivieren, dass alle schnell zugreifen können und gesetzliche Richtlinien befolgt werden.
Sicherheit
Auf der zweiten Stufe der Dokumentenpyramíde verortet Iron Mountain die Sicherheit. Diese ist während des gesamten Dokumentenmanagement-Prozesses von zentraler Bedeutung. Die Daten sollten stets sicher und auffindbar sein - ob bei der Lagerung, Digitalisierung oder Archivierung. Laut Iron Mountain kann ein externer Dienstleister helfen, mehr Sicherheit zu gewährleisten.
Hybridlösungen
Auf die dritte Stufe der Pyramide stellt Iron Mountain Hybridlösung. Bei diesen werden die Dokumente kostensparend ausgelagert und an ihrem Aufbewahrungsort digitalisiert. So können Unternehmen Schwierigkeiten umgehen, die daraus resultieren, dass Daten in digitaler und nicht-digitaler Form, in verschiedenen Formaten und an unterschiedlichen Orten aufbewahrt werden.
Ortsunabhängiger Zugriff
Der schnelle Zugriff aller Mitarbeiter auf die von ihnen benötigten Dokumente bildet die vierte Stufe der Dokumentenpyramide. Wurden die Informationen ausgelagert, helfen Dokumenten-Scans und Management-Tools dabei, den Zugriff sicherzustellen - unabhängig davon, wo sich die Mitarbeiter befinden.
Dokumentenmanagement-Lösung
Die fünfte Stufe und damit den Gipfel der Dokumentenverwaltung stellen laut Iron Mountain Dokumentenmanagement-Lösungen. Diese sollen vor allem in großen Unternehmen den Informationsprozess steuern. Mithilfe solcher Management-Lösungen können Berechtigungen, Zuständigkeiten und Benutzerrollen genau festgelegt werden. Damit wird ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet. Auch erfüllen Dokumentenmanagement-Lösungen die Anforderungen an gesetzeskonforme Indizierung, Klassifizierung sowie Archivierung und Vernichtung von Dokumenten.

ECMS sorgen für Ordnung

Moderne ECMS integrieren sich nahtlos mit Outlook und Exchange und können beliebige Dokumenttypen aufnehmen. Hinzu kommen Add-On Module um Content über Browser oder auf dem Blackberry oder Offline auf dem Notebook verfügbar zu machen. Auch die Erweiterung in ein Extranet, um den gesichertem Zugriff für Mandanten zu ermöglichen, haben diese Systeme im Griff. Interessanterweise werden heutzutage meist weder die mobile Integration noch die Extranet-Erweiterung umfangreich von den Sozietäten genutzt. Die Sicherheitsbedenken, insbesondere bei einer Extranet-Erweiterung, sind kaum zu überwinden. Schließlich kann mit einem einzigen Mausklick ein Dokument versehentlich ins Extranet übertragen und weltweit zugänglich gemacht werden.

Eine komplexe Transaktion, wie ein M&A-Deal kann aus tausenden von Dokumenten bestehen. Hinzu kommen unzählige Emails, die Informationen und Anlagen in jedweder Form enthalten. Dabei sollen Emails nur einmal abgelegt werden, auch wenn diese an mehrere Teammitglieder gleichermaßen adressiert waren. Zudem sollen alle Emails erkennbar der richtigen Akte zugeordnet sein und nicht in irgendeinem Postfach in Vergessenheit geraten. Und das möglichst automatisiert oder zumindest durch wenige Mausklicks ohne aufwendige Nacharbeit.

Idealerweise werden alle Quellen konsistent und zusammen an einem Ort in einer für die Beteiligten nachvollziehbaren Struktur zusammen gehalten. Der Bestand der so genannten digitalen Akte soll zudem in den weltweit verteilten Standorten einer Sozietät und den gleichermaßen verteilten Teammitgliedern zugänglich gemacht werden. Volltextsuche und Metadatensuche über alle Dokumente und Dokumenttypen sind dabei selbstverständlich.

So gelingen DMS-Projekte
Aufgaben- und Zieldefinition
Das Vorhaben resultiert in der Regel aus einem konkreten Anlass oder Missstand, für den eine Lösung gesucht wird. Diese Situation ist zu beschreiben und konkreten, messbaren Zielen gegenüberzustellen. Die Beschreibung kann als Steckbrief erfolgen und umfasst erfahrungsgemäß etwa zwei bis drei Seiten. Genannt werden sollten ein Zeitplan, die Zahl der betroffenen Abteilungen oder Mitarbeiter, unsichere Punkte und die Ziele.
Bestimmung von Begriffen und Inhalten
Damit ein Projektteam ein gemeinsames Verständnis vom Vorhaben hat, sollte zunächst der Begriff "Dokumenten-Management" eindeutig bestimmen werden. <br/><br/> Als Ausgangspunkt bietet sich eine Definition an, die der Verband Organisations- und Informationssysteme (VOI) im Rahmen einer Erhebung unter knapp 900 Unternehmen im Jahr 2007 erarbeitet hat: "Das Dokumenten-Management umfasst die klassische (revisionssichere) Archivierung von Unterlagen sowie die Verwaltung lebender Dokumente". In diesem Kontext steht auch die Automatisierung der Dokumentenverteilung. Bei der entsprechenden Software spricht man folgerichtig von einem Dokumenten-Management-System (DMS). <br/><br/> Begriffe wie "Content-Management" oder "Enterprise-Content-Management" sind bei den Anwendern hingegen eher unbekannt. Der Begriff des Dokuments beschränkt sich nicht auf Papier, sondern umfasst Dateien, gescannte Papierdokumente und E-Mails.
Situationsanalyse erstellen
Die Einführung eines Dokumenten-Managements gleicht einer Reise, von der man Start und Ziel und in groben Zügen auch den Weg kennt. Das Ziel sollte im Steckbrief genannt werden, der Startpunkt entspricht der Situationsanalyse. <br/><br/> Sie sollte entweder den Umfang einer Vorstudie oder den einer konkreten Ist-Analyse haben. Wesentlich für die Ist-Analyse ist es, folgende Fragen zu beantworten: <br/><br/> - Welche Dokumente liegen vor? <br/> - Woher kommen die Dokumente? <br/> - Welche Ablagesystematiken gibt es? <br/> - Wie viele Dokumente und Dateien werden im aktuellen Blickfeld aufbewahrt, und um welche Mengen wächst der Bestand? <br/> - Welche Verbesserungen sind möglich? <br/> - Wer hat von welchen Standorten aus Zugriff auf die Dokumente, wer liefert überhaupt welche?
Fachkonzept erstellen, Inhalte abstimmen
Der Steckbrief formuliert das Ziel, das Fachkonzept gestaltet es aus. Hier wird beschrieben, wie die angestrebte Lösung fachlich aussehen und welchen Nutzen sie bringen soll. Das Konzept soll den Rahmen für die Umsetzung bilden und den Grund für das Projekt spezifizieren. Das Fachkonzept sollte folgende Punkte klären: <br/><br/> - Fachliche Beschreibung des künftigen Zustands (etwa digitale Akte). <br/> - Technische Auswirkungen des Vorhabens, nötige Maßnahmen. <br/> - Definierte Aktenstruktur mit Dokumenten und Metainformationen. <br/> - Relevante Abläufe und Vorgänge. <br/> - Zugriffsberechtigungen. <br/> - Gegebenenfalls das Vorgehen (zum Beispiel Stufenplan) und den Zeitplan. <br/> <br/> Wer einen Zeitplan möchte, sollte ein größeres Vorhaben in Teilprojekte gliedern, die jeweils maximal ein Jahr dauern. Das hilft, Lerneffekte festzuhalten und später zu nutzen. Der Rückblick auf produktive Lösungen belegt die Machbarkeit und motiviert für die bevorstehenden Aufgaben.
An Standards orientieren
Ein weiterer Schlüsselfaktor bei der Konzeption ist die Orientierung am Standard. Ausnahmen sind so weit als möglich zu reduzieren, auszuklammern oder auf wenige Varianten zu begrenzen, die sich jedoch nahe am Standard orientieren. Bisherige Projekte haben gezeigt, dass die letzten zehn Prozent der Dokumente und Abläufe, die automatisiert und digitalisiert werden sollen, einen unverhältnismäßig hohen Aufwand verursachen. <br/><br/> Ihre Bearbeitung im Rahmen des Projekts erbringt häufig kein vernünftiges Kosten-Nutzen-Verhältnis mehr. Hier ist mutiges Vorgehen angeraten und die Bearbeitung bei Bedarf auf Papier zu belassen. Oft kommen später von Mitarbeitern pragmatische Vorschläge, wie auch die Ausnahmen einfach digital unterstützt werden können. <br/><br/> Der Schwerpunkt der Vorarbeiten sollte der fachlichen Konzeption gelten, allerdings darf auch die technische Konzeption nicht vernachlässigt werden. Sie muss eine Anforderungsbeschreibung beinhalten, die die bestehende Systemlandschaft aufgreift. Zu den Eckpunkten, die darin beschrieben werden, zählen die vorhandene Infrastruktur samt Schnittstellen, Leitungskapazitäten, PC- und Bildschirmausstattung. <br/><br/> Aus der Summe dieser Anforderungen wird - soweit noch keine Lösung im Einsatz ist - ein Kriterienkatalog für die Produktauswahl erstellt. Dieser Kriterienkatalog ist demnach anforderungsspezifisch. Folglich sind auch Standardkriterienkataloge nur bedingt verwendbar. Sie sind auch deshalb ungeeignet, weil sich die DMS-Produkte im Lauf der Jahre und mit fortgeschrittener Reife funktional sehr ähneln.
Systematische Produktwahl
Die Entscheidung für eine Lösung folgt der klassischen Produktauswahl, soweit noch kein DMS vorhanden ist. In vielen mittelständischen Unternehmen ist jedoch schon eine Lösung im Einsatz oder die Basis für eine Weiterentwicklung vorhandener Lösungen vorhanden. SAP-Anwender können beispielsweise auf den "SAP Content Server" oder das "Records Management" zurückgreifen. <br/><br/> Oft sollten sich daher die Erhebungen darauf konzentrieren, ob die bereits vorhandene Lösung auch für das aktuelle Vorhaben geeignet ist. Ist die Auswahl offen, helfen zwei wesentliche Komponenten bei der Suche nach der richtigen Lösung: die <b>Kriterienbewertung</b> und ein <b>"Challenge Day"</b>. Beide ergänzen sich, denn nicht alle Produkteigenschaften lassen sich in einem akzeptablen Kriterienkatalog abbilden. Zwar ermöglicht der Kriterienkatalog die funktionale Bewertung, doch die Komposition und Benutzerfreundlichkeit eines Produkts lassen sich besser bei der Präsentation mittels eines Fallbeispiels belegen. <br/><br/> Hierfür kommt der Challenge Day ins Spiel. An einem Tag präsentieren die besten zwei oder drei Anbieter eine kleine Lösung. Das hilft bei der Bewertung von weichen Kriterien wie Benutzerfreundlichkeit, Fachkompetenz des Anbieters und dem gegenseitigen Verständnis.
Umsetzung, Test, Pilotierung
Der fachliche Ansatz wird durch die Pilotierung erstmalig "erprobt". Sinnvoll ist es, die einwandfreie Umsetzung beziehungsweise Einrichtung durch systematische Tests in Zwei-Stufen-Form zu gewährleisten, indem fachliche und technische Testfälle methodisch zusammengestellt und durch entsprechend verantwortliche Mitarbeiter betrieben werden. <br/><br/> In einem zweistufigen Verfahren werden zunächst im Projektteam alle Anwendungsfälle in einer Testumgebung geprobt, bevor Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen die gesamten fachlichen Tests betreiben. Die "Vortests" des Projektteams filtern erfahrungsgemäß die gröbsten Fehler heraus, die bei den Fachanwendern auf großes Unverständnis stoßen. Als hilfreich hat es sich erwiesen, das systematische Vorgehen durch entsprechende Werkzeuge zu unterstützen.
Betrieb: intern oder extern?
In der Regel verantworten die Anwender ihre Dokumenten-Management-Systeme selbst, um sich das Know-how zu sichern. Doch die Lösungen genießen selten Priorität im Kerngeschäft, so dass einige Unternehmen sich nicht mit Betrieb und Wartung belasten möchten. Eine Teilauslagerung des IT-Betriebs führt zu einer Kunden-Lieferanten-Beziehung, die für manche Anbieter Neuland bedeutet: Aufgaben müssen rasch erledigt und dokumentiert werden, zudem muss es eine klare organisatorische Regelung der verschiedenen Aktivitäten geben. <br/><br/> Neben einem ausgewogenen Vertrag basiert eine erfolgreiche Zusammenarbeit vor allem auf regelmäßigen Besprechungen. Hier sollten der aktuelle Stand (Betriebsfragen, Support-Calls etc.) erörtert sowie bevorstehende Projekte der Anwender und des Anbieters abgestimmt werden. Gibt es keine besonderen Vorkommnisse, genügen halbjährliche Treffen.
Vorsicht mit dem Prototyping
Das Projekt-Management greift in derartigen Vorhaben oft auf festgelegte Methoden zurück. Dabei fallen häufig zwei Fehler auf: <br/><br/> Die <b>Methodik</b> wird gelegentlich ungeachtet der Projekt- oder Unternehmensgröße angewendet. Erfolg verspricht ein Vorhaben jedoch dann, wenn das Vorgehen den Unternehmensbelangen angepasst wird. Gerade das breite Spektrum im Mittelstand erfordert eine flexible Handhabung der Methoden. <br/><br/> Nach wie scheint das <b>"Prototyping"</b> modern zu sein. Beim "evolutionären Prototyping" werden alle Versuche, Fehlversuche und Tests gemeinsam vom Anwender und Anbieter verfolgt. Der Aufwand ist entsprechend groß. Prototyping kann hilfreich sein, um die Technik zu erproben. Wenn Ziel und Konzept aber ohnehin bekannt sind, gibt Prototyping keinen Sinn, da sich das Verfahren in einem Try-and-Error-Verfahren einer Lösung anzunähern versucht. <br/><br/> Abgesehen davon erfordert es von allen Beteiligten Abstraktionsvermögen, denn der Prototyp muss auf eine reale Situation übertragen werden. Insgesamt ist daher von dieser Vorgehensmethode abzuraten.
Übernahme in den Produktivbetrieb
Nach der erfolgreichen Umsetzung steht dem Rollout der Lösung für alle Anwender nichts mehr im Wege. Zudem lassen sich nun weitere Dokumente, Akten oder Vorgänge im Dokumenten-Management-System abbilden. <br/><br/> <b>Fazit:</b> Die beschriebenen Erfolgskriterien können mit wenigen Abstrichen die Einführung eines Dokumenten-Managements gewährleisten. Dazu bedarf es neben einer einwandfreien Vorgehensweise, einer entsprechenden Planung und entschlossenem Handeln auch Fingerspitzengefühls beim Umgang mit den Anwendern. <br/><br/> Hier entscheiden sich die Akzeptanz und der Erfolg der Digitalisierung der Arbeit: Die Nutzer sollten maßgeblich an der Ist-Analyse und der Konzeption wie auch an den Tests und der Abnahme beteiligt sein.

"Chinese Walls" vermeiden Interessenskonflikte

In den meisten Kanzleien gibt es keine Berechtigungsstruktur in den Dokumentenbeständen. Das heißt jeder Partner und jede Sekretärin kann alle Dokumente lesen, bearbeiten und ändern. Wenn kein DMS mit Versionierung eingesetzt wird, ist diese Offenheit natürlich hochproblematisch. Während die Sicherheit im Außenverhältnis mit den Mandanten sehr hoch eingestuft wird ist der Umgang mit Dokumenten innerhalb einer Kanzlei häufig recht offen.

Dabei gibt es insbesondere in großen Sozietäten durchaus Szenarien, bei denen eine unzulässige Ausnutzung von Insiderwissen, vor allem bei Börsen- oder Banktransaktionen, denkbar ist. Um hier mögliche Interessenskonflikte zu vermeiden, bedarf es komplexer Berechtigungsstrukturen innerhalb des Systems. Es muss sichergestellt werden, dass die Inhalte einer digitalen Akte nur einem eingeschränkten Personenkreis zugänglich sind. Die Identifikation der erforderlichen Strukturen und die Pflege dieser so genannten "Chinese Walls" stellt eine oft unterschätzte Herausforderung dar.

Eine weitere wichtige im Bereich Compliance angesiedelte Funktion betrifft die elektronische Archivierung, das heißt die unveränderbare, langzeitige Aufbewahrung elektronischer Informationen. Hier bieten die führenden Hersteller Add-On Module oder Schnittstellen zu den bekannten Archivsystemen an. Bereits ein einfaches Feature wie das Brennen einer CD mit dem Bestand einer digitalen Akte sind keine Selbstverständlichkeit.

Kanzleien machen Milliardengeschäfte

Die Top 50 der Branche setzen alleine in Deutschland über 3,6 Milliarden Euro um. In Deutschland sind etwa 150.000 Rechtsanwälte tätig. Davon arbeiten über 7700 Anwälte und damit etwas mehr als fünf Prozent in den 50 größten Wirtschaftskanzleien. Die Top 50 der Branche setzten im Jahr 2008 laut dem Juve Handbuch 2009/2010 alleine in Deutschland ca. 3,6 Mrd. € um.

Die großen Wirtschaftssozietäten fungieren als Rechtsanwälte der Unternehmen und sind somit juristische Unternehmensberater und nicht zu verwechseln mit den unzähligen kleineren und kleinen Kanzleien. Bei den größten Kanzleien in Deutschland arbeiten mehr als 500 Berufsträger (Partner, Anwälte, Associates) und haben unter Einbeziehung aller Supportfunktionen fast 2000 Mitarbeiter. Werden in diese Betrachtung auch die im Ausland tätigen Anwälte einbezogen, dann beraten in der größten Sozietät derzeit etwa 4000 Anwälte mit insgesamt über 10.000 Mitarbeitern.

Der Markt der Enterprise Content Management Systeme

Der Markt der Enterprise Content Management Systeme hat sich in den vergangenen Jahren erheblich konsolidiert. So hat beispielsweise Hummingbird im Jahr 1999 PCDocs gekauft. Hummingbird seinerseits wurde dann in 2006 von OpenText übernommen. Ein weiteres Beispiel ist das mit dem Namen iManage bekannt gewordene DMS. iManage wurde im Jahr 2003 von Interwoven akquiriert, die dann wiederum in 2009 von Autonomy aufgekauft wurden.

Es tummeln sich nur wenige große Anbieter im "Leaders Quadrant" rechts oben im Magic Quadrant für ECMS von Gartner. Dazu gehören neben den oben genannten Anbietern auch IBM/FileNet, Oracle/UCM, Microsoft/SharePoint 2010 und EMC/Documentum.

Insbesondere Microsoft mit seinem SharePoint 2010 sehen viele Experten als Herausforderer für die seit vielen Jahren etablierten Anbieter. SharePoint bietet in seiner neuen Version alle wichtigen Vorrausetzungen für die Umsetzung eines DMS, hierzu zählen vor allem die weitgehende Office-Integration mit dem ebenfalls neuen Office 2010 sowie die Email-Integration in Outlook und Exchange 2010. Außerdem bietet die SharePoint Plattform viele über ein DMS hinausgehende Funktionen im Bereich Knowledge Management, die zunehmend auch für Wirtschaftssozietäten interessant werden dürften.

Wenige Anbieter dominieren den deutschen ECM-Markt der Legal-Industry

Im Rahmen einer Befragung der Top 50 Wirtschaftskanzleien in Deutschland (Statistiken aus JUVE Handbuch 2009/2010) wurden folgende Informationen abgefragt:

Top 50 der DMS-Hersteller.

Bis auf wenige Ausnahmen haben alle angesprochenen Sozietäten die genannten Fragen beantwortet. Bezogen auf die Anzahl der in Deutschland tätigen Berufsträger und damit indirekt der Anzahl der PC-Arbeitsplätze wurden somit über 93 Prozent der Top 50 erfasst. Das sind die wichtigsten Ergebnisse.

Immerhin 11 Kanzleien haben bis heute kein DMS in Betrieb. Allerdings haben davon fast alle darauf hingewiesen entweder bereits ein Einführungsprojekt gestartet zu haben oder in Kürze eines initiieren zu wollen.

Die Verteilung der eingesetzten Produkte und Hersteller bezogen auf die Anzahl der deutschen Berufsträger und damit PC-Arbeitsplätze zeigt folgendes Bild:

Erstaunlicherweise gibt es bei den großen Kanzleien keine einzige Implementierung der weiteren im Leaders Quadrant führenden Anbieter wie IBM/FileNet, Oracle/UCM beziehungsweise EMC/Documentum.

Bezogen auf alle Partner, also auch die außerhalb von Deutschland ansässigen Berufsträger, ergibt sich ein noch eindeutigeres Bild. Autonomy führt mit 65 Prozent, gefolgt von OpenText mit 32 Prozent. Die weiteren Anbieter spielen mit drei Prozent Marktanteil faktisch keine Rolle mehr. Die Lösungen von DATEV und die anderen integrierten Lösungen sind ohnehin nur im deutschen Markt anzutreffen.

Auch in Sachen Zufriedenheitsgrad mit den verwendeten Lösungen ergibt sich ein klares Bild. DATEV führt hier das Ranking mit der Note 1,5 an, dicht gefolgt von Autonomy mit 2,3. Alle anderen Anbieter kommen lediglich auf Befriedigend (Note 3,0).

Gutes User Interface - zufriedene Nutzer

Der Grad der Zufriedenheit orientiert sich primär an einem möglichst einfachen und intuitiven Umgang mit Dokumenten und Emails, und ist damit stark von den im User-Interface umgesetzten Prozessen abhängig. Nicht nur die Berufsträger, sondern vor allem die Sekretariate müssen daher in ihren Arbeitsprozessen optimal unterstützt werden. Einige Klicks mehr oder weniger zur Bewältigung einer Aufgabe, wie. Zum Beispiel dem Zuordnen von Anlagen zu einer Akte oder zur Archivierung von Emails können über Erfolg oder Misserfolg einer Systemeinführung entscheiden. Führende Anbieter bieten aus diesen Gründen mittlerweile intelligente Mechanismen an, um die Arbeit mit ihren Systemen zu erleichtern. Beispielsweise ist es sinnvoll eingehende Emails aufgrund bereits zugeordneter Mails des gleichen Absenders automatisch zu erkennen und einen Vorschlag für die Ablage zu einer Akte anzubieten.

Ein weiterer wichtiger Punkt stellt die Integration mit dem Practise-Management-System (PMS) dar. Im PMS werden neue Mandate und Akten angelegt, die daraufhin zeitnah im DMS bei den zuständigen Partnern und Sekretariaten erscheinen müssen. Darüber hinaus müssen das PMS und andere Systeme wie Active Directory und das Intranet eine Vielzahl relevanter Metadaten an das DMS liefern. Somit ist es nicht verwunderlich, dass DATEV als integrierte Gesamtlösung besonders gut abschneidet.

Der Herausforderer - Microsoft SharePoint 2010

Die Umfrage hat ergeben, dass derzeit eine Großkanzlei die Funktionalität von Microsoft SharePoint in der Version 2010 als Basis für ein DMS evaluiert. Entsprechende Add-On Lösungen von Microsoft-Partnern sind seit kurzem verfügbar. Beispielsweise hat die niederländische Epona ein DMS auf Basis SharePoint 2010 mit dem Namen DMS4Legal in den Markt gebracht. Allerdings wird es Microsoft vermutlich schwer fallen die etablierten und teilweise mit guten Noten versehenen Anbieter kurzfristig zu verdrängen.

Auch die Möglichkeit, Share-Point als Cloud- beziehungsweise Software-as-a-Service-Lösung (SaaS) zu betreiben, wird vermutlich kaum eine Sozietät dazu bewegen können, den Anbieter kurzfristig zu wechseln. Generell sind Wirtschaftskanzleien sehr darauf bedacht, alle Daten auch physisch im eigenen Unternehmen zu halten. Die Möglichkeiten in der Public Cloud werden wahrscheinlich eher durch kleinere Kanzleien aufgegriffen, die zunehmend die Komplexität und den hohen Betreuungsaufwand einer eigenen IT scheuen.

Lesen Sie mehr zum Thema Sharepoint:

Man darf jedoch gespannt sein, ob und in welcher Geschwindigkeit es Microsoft und seinen Partnern gelingen wird, die Marktverhältnisse für ECMS in der Legal-Industry und in anderen vertikalen Märkten zu verändern.