Der Markt für Storage-Systeme

EMC, HP und Netapp sind am stärksten

27.09.2010 von Kriemhilde Klippstätter
Die digitalen Datenberge wachsen seit Jahren kontinuierlich mit Steigerungsraten von jährlich über 50 Prozent. Besonders die Menge an unstrukturierten Informationen wie E-Mails, Film- und Fotodateien nimmt zu.

Die Anzahl der 2009 insgesamt verkauften ECB-Systeme erhöhte sich laut Gartner von rund 58.500 Stück im Jahr 2008 um knapp 4000 auf jetzt 62.426 Einheiten. Diese Zahl sagt wenig über das Volumen des deutschen Gesamtmarktes aus, weil hier kostengünstige Einstiegsysteme für 5000 Euro genauso zählen wie teure Highend-Speicher für eine Million Euro oder mehr.

Der Jahresvergleich nach Stückzahlen ist dennoch interessant, weil sich an der Spitze einiges verändert hat. Lag 2008 Fujitsu-Siemens mit verkauften rund 6600 Systemen und einem Marktanteil von über elf Prozent noch an der Spitze, findet sich das mittlerweile komplett von der japanischen Fujitsu übernommene Unternehmen ein Jahr später mit gut 3000 abgesetzten Einheiten und einem Marktanteil von unter fünf Prozent nur mehr auf Rang vier.

Helmut Beck, Vice President Storage Business von Fujitsu, erklärt den Rückgang mit der kompletten Neuausrichtung des Unternehmens im vergangenen Jahr: "Als Fujitsu-Siemens kauften wir mit Ausnahme der Eigenentwicklung "Centricstore" die besten Produkte einer Speicherklasse von anderen Herstellern zu. Jetzt promoten wir mit der "Eternus"-Serie hauptsächlich unser eigenes Portfolio."

TOP 8 Der Markt für Externe Speichersysteme (ECB) 2009 in Deutschland (nach Stückzahlen)

Hersteller

Stückzahlen

Marktanteil in Prozent

1. EMC

6.296,0

10,1

2. HP

5.340,0

8,6

3. Netapp

3.235,0

5,2

4. Fujitsu

3.073,0

4,9

5. IBM

1.938,6

3,1

6. Dell

1.743,0

2,8

7. Sun Microsystems

1.378,0

2,2

8. Hitachi Data Systems

619,0

1,0

Neben diesen acht Anbietern gibt es diverse andere, die insgesamt rund 38.804 ECB-Systeme verkauften. (Quelle: Gartner, Mai 2010)

Es dauere immer einige Zeit, bis eine so gravierende Umstellung des Angebots von den Kunden akzeptiert werde, meint der Manager, zumal die Neuausrichtung nicht nur die Produktpalette betraf, sondern auch territoriale Änderungen zur Folge hatte: Während Fujitsu-Siemens hauptsächlich im Verkaufsgebiet Europa, mittlerer Osten und Afrika (Emea) tätig war, ist die neue Fujitsu laut Beck weltweit ausgerichtet. Das Unternehmen sei aber auf einem guten Kurs, versichert der Speicherchef, der im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahrs (1. April 2010 bis 30. Juni 2010) in seinem Bereich zweistellige Steigerungsraten verzeichnen konnte.

EMC in der Pole-Position

EMC behauptet 2009 nicht nur nach verkauften Stückzahlen sondern auch nach Umsatz die Spitzenposition. Der Speicherriese aus Hopkinton, Massachusetts, setzte 2009 laut Gartner Speicher für gut 206 Millionen Dollar ab und sicherte sich 19,81 Prozent vom deutschen Markt. IBM hat sich in puncto Marktanteil im vergangenen Jahr auf 16,82 Prozentpunkte verbessert. Damit rangiert Big Blue auf einem stabilen zweiten Platz.

Die neue Nummer drei heißt Netapp, das mit Hewlett-Packard den Platz getauscht hat. Dabei konnte sich der NAS-Spezialist fast drei Prozent mehr vom Speicherkuchen abschneiden (2009: 13,64 Prozent). Netapp bestätigt den Trend, wonach die Menge an unstrukturierten Daten stärker wächst als die der strukturierten Informationen, wie sie etwa Datenbanken liefern. NAS-Systeme sind für solche Files eben die besseren Speicher.

Weltweite Morgenröte

Nach dem schweren Einbruch 2008 und 2009 scheint sich die Branche insgesamt wieder zu erholen. Gartner hat für das erste Quartal 2010 weltweit eine Umsatzsteigerung von über 18 Prozent im Vergleich zum selben Quartal 2009 errechnet. Der Wert des Markts für externe Controller-basierende Festplattenspeicher (ECB) lag in der Dreimonatsperiode 2010 bei knapp 4,5 Milliarden Dollar und übertraf damit sogar die 4,2 Milliarden Dollar vom ersten Quartal 2008. Im Vorjahr wurden im gleichen Zeitraum nur Waren im Wert von fast 3,8 Milliarden Dollar verkauft.

Auch die neueste weltweite Dreimonatsstatistik führt EMC mit einem Marktanteil von 27,2 Prozent an der Spitze vor IBM mit 11,7 Prozent. Neuer Dritter ist aber mit 10,4 Prozent Anteil auch weltweit der NAS-Spezialist Netapp, im Vorjahr nur auf Rang sechs. Netapp erzielte im Dreimonatsvergleich auch die höchste Steigerungsrate: 44, 8 Prozent.

Clustered NAS-Storage

Besonders die Speicher mit File-basierendem Zugriff sorgten im ersten Quartal 2010 also für Wachstum. Dem jungen Markt für Clustered NAS-Storage - Anbieter derzeit Netapp, HP und IBM - wird dementsprechend eine große Zukunft vorhergesagt. Geräte mit Block-basierendem Speicherzugriff legten hingegen nicht zu.

Wo der Schuh drückt

Die Anwender profitieren vom Preisverfall kaum, weil die anfallenden Kapazitätserweiterungen auch mehr Aufwand für Stromversorgung und Kühlung in den Rechenzentren erfordern. In Städten mit teuren Büromieten sorgt auch der größere Bedarf an Stellfläche der neuen Speicher- und Backup-Anlagen für erhöhten Kostendruck.

Dazu fehlt, was der Industrie insgesamt abgeht: Fachkräfte. Der ordnungsgemäße Umgang mit Daten ist kompliziert, insbesondere wenn es um die wichtigen Themen Verfügbarkeit und Recovery geht. Die Migration von Daten - unter Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, die auch deren Löschung beeinhaltet - muss kontinuierlich geschehen, so dass keine Informationen vergessen und damit für das Unternehmen "verloren" werden. Damit einher geht die Wartung älterer Geräte, die sich nicht in neue Konzepte einbinden lassen und einen teuren Spezialservice erfordern.

Ein Dauerbrenner, was die Probleme mit Daten angeht, ist deren Sicherheit. Welchem Speicherverantwortlichen wird nicht mulmig zumute, wenn er von gestohlenen Bankdaten aus Schweizer oder Liechtensteiner Banken liest? Aber auch externe Anbieter kämpfen vielfach gegen Datenverluste. Der Grund hier ist oft menschliches Versagen, sprich Schludrigkeiten im Umgang mit sensiblen Informationen oder schlichtweg das Sparen, wenn nicht in sichere Infrastruktur investiert wird. Selbst wenn in Unternehmen sorgfältig auf Datensicherheit geachtet wird, lauern die Gefahren überall: Externe Rechner und mobile Kommunikationsgeräte sind ebenso in die Backup-Routine einzubinden wie RFID-Daten oder Images. Solche Informationen entstehen irgendwo verteilt im Unternehmen und sind allein deshalb schon schwierig zu schützen.

Die Suche nach relevanten Informationen

Ein weiteres Problem nimmt mit den wachsenden Datenbergen zu: Die Suche nach den jeweils relevanten Informationen. Unter dem Stichwort "E-Discovery" bietet die Industrie seit einiger Zeit Lösungen zum Wiederauffinden wichtiger Dokumente, etwa geschäftsrelevanter E-Mails, an.

Dieses Thema gewinnt auch deshalb an Bedeutung, weil in Gerichtsprozessen zunehmend elektronische Dokumente geprüft werden und dann auch vorliegen müssen. Man erinnert sich an die hohen Geldbeträge, die etwa die US-Börsenaufsicht immer wieder gegen Investmentfirmen verhängt, die handelsrelevante E-Mails nicht oder nicht rechtzeitig beibringen können.

Die wachsende Möglichkeit, schwerwiegende Fehler beim Umgang mit Daten zu machen oder gegen Gesetze zu verstoßen, weckt bei immer mehr Anwendern den Wunsch nach Komplettangeboten: Die passende Hardware soll möglichst mit den notwendigen Programmen für Archivierung, Snap-Shots, Deduplizierung, Embedded Continous Data Backup, E-Discovery und dergleichen geliefert werden, natürlich mit integrierter Virtualisierung und mehrstufigem (Tiering) Speicherausbau. Das existiert in der Form noch nicht - die Industrie ist gefordert.

Was die Zukunft bringt

"Raid 1 und Raid 5 sind am Ende", verkündet Speicheranalyst Josh Krischer auf die Frage nach den technischen Umwälzungen. Das Problem damit ist, dass die Wiederherstellung von defekten Platten immer länger dauert, weil deren Speicherkapazitäten permanent steigen. Deshalb müssen zukünftige Drives schon beim Auftauchen einer gewissen Anzahl von Fehlermeldungen damit beginnen, die Daten auf ein anderes Medium zu kopieren. "Der Kopiervorgang dauert vielleicht zwei Stunden, das Wiederherstellen kann Tage in Anspruch nehmen", gibt der ehemalige Gartner-Analyst zu bedenken. Krischer nennt das Verfahren "Copy on Exceeding Error Thresholds". Bereits heute nutzen dieses Verfahren Hewlett-Packard im altgedienten "EVA"-Speicher sowie Hitachi Data Systems für seine Systeme.

Flash-Drives spielen für Krischer jetzt und auch in Zukunft eine weniger große Rolle, als der Hype suggeriert. "Es gab vor einigen Jahren Stimmen aus der Speicherindustrie, die für 2010 den Sieg der Flash-Speicher über die herkömmliche Festplattentechnik vorhergesagt haben, aber das stimmt natürlich nicht", erklärt der Analyst. Das liege zum einen daran, dass die Preise für Flash-Speicher weniger stark gefallen seien als erwartet, im Gegenteil: Wegen der großen Nachfrage aus dem mobilen Bereich reicht das Angebot kaum aus. Andererseits liege es auch daran, dass Flash-Speicher nicht überall seinen Geschwindigkeitsvorteil ausspielen können. Als Einsatzgebiete sieht Krischer "Cache-unfreundliche Dateien, die sonst ein System verlangsamen".

"Cloud-Storage ist wie Teenager-Sex"

"Manche machen es, manche nicht, viele reden darüber", urteilt Krischer über Storage aus der Cloud, ein Hype, der die Branche umtreibt. Und weiter: "Cloud-Computing ist nichts anderes als Outsourcing übers Internet, und das ist nichts Neues." Der Vorteil, gerade für kleinere Unternehmen mit wenig internem Know-how, liege darin, dass man statt investieren zu müssen gleichbleibende Mieten zu zahlen habe. Ein Nachteil sei aber, dass man sich an einen Anbieter binde. Erst kürzlich hat EMC seine Kunden mit der Ankündigung vor den Kopf gestoßen, sich aus dem Cloud-Geschäft zurückziehen zu wollen. Kunden sollen sich an EMC-Partner wenden. Externes Cloud-Computing ist laut Krischer allenfalls für kleine Betriebe oder Kanzleien geeignet, für die die Datev seit Jahren solche Dienste anbietet. Für große Unternehmen rechne sich das nicht, die sollten Private-Cloud-Ansätze verfolgen, rät der Analyst.

TOP 8 Der Markt für Externe Speichersysteme (ECB) 2009 in Deutschland (nach Umsatz)

Hersteller

Umsatz in Millionen Euro

Marktanteil in Prozent

1. EMC

206,8

19,8

2. IBM

175,6

16,8

3. Netapp

142,4

13,6

4. HP

137,2

13,1

5. Hitachi Data Systems

64,0

6,1

6. Fujitsu

61,9

5,9

7. Sun Microsystems

58,7

5,6

8. Dell

53,9

5,2

Diese anderen Anbieter machten 2009 in Deutschland mit ECB-Speichersystemen gut 143 Millionen Euro Umsatz (Quelle: Gartner, Mai 2010)