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E-Government & Wegfall der Schriftform

29.08.2016 von Michael Rath und Simone Bach  
Während elektronische Kommunikation aus dem modernen Wirtschaftsleben längst nicht mehr wegzudenken ist, fällt es der öffentlichen Verwaltung teilweise schwer, ihre Abläufe zu modernisieren.

Oft sind Begehren der Bürger nach wie vor ausschließlich in Schriftform, das heißt auf postalischem Wege, oder mit dem Gang zum Amt zu erledigen. Hieran hat sich auch mit der im Jahre 2001 eingeführten Möglichkeit, die gesetzlich angeordnete Schriftform durch eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz zu ersetzen, jedenfalls faktisch kaum etwas geändert - das umständliche Zertifizierungsverfahren wurde von der Allgemeinheit nie richtig angenommen.

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E-Government-Gesetze

Um die elektronische Kommunikation mit der Verwaltung zu erleichtern und Verwaltungsvorgänge einfacher, nutzerfreundlicher und effizienter zu gestalten, hat der Bund bereits im Jahr 2013 das "Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung" verabschiedet. Da dieses (vorrangig) nur für Bundesbehörden gilt, ziehen nun nach und nach die einzelnen Bundesländer mit eigenen E-Government-Gesetzen nach. So hat zuletzt etwa Nordrhein-Westfalen ein eigenes E-Government-Gesetz verabschiedet. Das E-Government-Gesetz NRW ist am 16. Juli 2016 in Kraft getreten. Die Gesetze sind bis auf wenige Ausnahmen deckungsgleich.

Mit der Zeit soll die elektronische Kommunikation nicht nur neben die herkömmliche schriftliche Kommunikation treten, sondern die elektronische Kommunikation mit und innerhalb der öffentlichen Verwaltung zum Regelfall werden. In NRW sind Behörden daher angehalten, spätestens bis zum 1. Januar 2021 die Durchführung ihrer Verwaltungsverfahren mit Bürgerinnen und Bürgern oder Unternehmen auf elektronischem Weg anzubieten.

Auch Behörden müssen online erreichbar sein

Die E-Government-Gesetze des Bundes und der Länder verpflichten die Behörden dazu, nach einer Übergangsfrist einen Zugang für die Übermittlung von Dokumenten auf elektronischem Weg zu eröffnen. Dabei sollen sämtliche Bereiche des Verwaltungsverfahrens, von der ersten Kontaktaufnahme über das Ausfüllen relevanter Formulare und die Bescheidung bis hin zur Bezahlung anfallender Kosten und Gebühren, umfasst sein. Allerdings gibt es einige ausgenommene Bereiche, wie die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten oder im Sozial- und Abgabenrecht. Umgekehrt besteht für den einzelnen Bürger keine Pflicht, einen elektronischen Zugang gegenüber der Behörde zu eröffnen.

Nutzungsbarrieren für E-Government
Mangelnde Datensicherheit
Vor allem die deutsche Nutzer sorgen sich um ihre Daten. Generell zeigt sich: Je älter die Befragten, desto größer die Sorgen.
Keine durchgängigen Angebote
Auch hier zeigen sich die Deutschen besonders kritisch. Sie bemängeln häufige Medienbrüche im E-Government-Angebot.
Unübersichtliche Dienste
Den E-Government-Services fehlt es offenbar vielerorts an Struktur. Das überfordert die Nutzer.
Komplizierte Verfahren
Behördenkontakte sind für die meisten Bürger selten, es fehlt ihnen daher an Erfahrung. Einfache Bedienung ist daher besonders wichtig.
Mißtrauen
Mangelndes Vertrauen in die Behörden ist nicht zwingend nur ein Online-Thema, bremst aber die Akzeptant der E-Government-Dienste.
Wenig Hilfe
Weil Verfahren oft kompliziert sind und selten genutzt werden, ist Hilfestellung erforderlich. Die vermissen jedoch viele Befragte.
Unpersönliche Dienste
Die Online-Abwicklung ist Vielen zu unpersönlich. Sie bevorzugen den Gang zum Amt.
Unsicher Datenübertragung
Die Datenübertragung erscheint besonders deutschen Nutzern als unsicher.
Umgang mit Daten
Das Vertrauen in den sorgsamen Umgang der Behörden mit persönlichen Daten ist besonders unter deutschen Bürger mäßig.
Transparenter Bürger
Auch hier spiegelt sich die deutsche Vorsicht vor den übergriffigen Behörden wieder. Viele fürchten, zu viele Informationen preisgeben zu müssen.
Datendiebstahl
Zudem besteht die Sorge, dass die auf Behördenrechnern gespeicherten Daten geklaut werden könnten.

Die Schriftform stört - normale E-Mail reicht nicht

Das generelle Vorhaben, Verwaltungsverfahren zu digitalisieren, erscheint zunächst als Schritt in die richtige Richtung, wäre da nicht eine zweite Hürde: das Schriftformerfordernis und die damit verbundene Identifizierung. Für viele Verwaltungsangelegenheiten besteht ein solches Schriftformerfordernis. Zwar kann die gesetzlich angeordnete Schriftform grundsätzlich durch die elektronische Form ersetzt werden, eine einfache E-Mail reicht hierfür jedoch nicht. Die gesetzlich anerkannte Alternative der qualifizierten elektronischen Signatur hat sich bislang nicht durchgesetzt. Dasselbe gilt für die Versendung einer De-Mail oder die Nutzung der eID des neuen Personalausweises (nPA) zur elektronischen Identifizierung. Dass die qualifizierte elektronische Signatur zum gesellschaftlichen Standard wird, daran glaubt mittlerweile nicht einmal mehr die Bundesregierung, wie der Gesetzesbegründung zum E-Government-Gesetz zu entnehmen ist.

Die Bundesregierung hatte sich daher beispielsweise bereits in der "Digitalen Agenda 2014 - 2017" das grundsätzliche Ziel gesetzt, verwaltungsrechtliche Schriftformerfordernisse zu überprüfen und abzubauen. Hierzu hat die Bundesregierung nun Anfang August 2016 auch einen entsprechenden Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, wonach das Schriftformerfordernis in rund 500 Verwaltungsangelegenheiten entweder komplett abgeschafft oder erleichtert wird. Darunter finden sich indes zahlreiche "exotische" Verwaltungsangelegenheiten, wie die Donauschifffahrtspolizeiverordnung oder das Satellitendatensicherheitsgesetz, die nur geringe Auswirkungen auf die tägliche Verwaltungspraxis haben dürften. Die ursprünglich angedachte Möglichkeit, Wohnungen elektronisch an- und abmelden zu können, wurde hingegen nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen. Es bleibt abzuwarten, ob die zahlreichen gesetzlichen Initiativen ihr Ziel erreichen werden, die Digitalisierung der Verwaltung in naher Zukunft zu verwirklichen. (fm)

Digitalisierung - der Status quo nach Branchen
Diese Branchen wurden befragt
Zehn vertikale Märkte wurden untersucht.
Strategische Bedeutung
Dass die Digitalisierung zu einem wichtigen Thema wird, wissen die meisten Unternehmen inzwischen.
Investitionen werden eingeplant
Erstaunlich viele Betriebe legen kein Geld für die digitale Transformation zur Seite.
Strategische Steuerung
Entweder die Geschäftsführungen werden tätig oder es gibt Initiativen in den Fachbereichen.
Nachholbedarf beim Change Management
Das Change Management beschränkt sich meist auf einzelne Organisationsbereiche.
Papierdokumente noch im Einsatz
Fast 30 Prozent der Befragten wickeln ihre Geschäfts- und Produktionsprozesse zu mehr als 50 Prozent auf Papier ab.
Medienbrüche bleiben ein Thema
immerhin sagt fast ein Drittel, die Zeit der Medienbrüche sei vorbei.
Mobile Business im Kommen
Mobile Arbeitsprozesse sind in zwei von drei Unternehmen ein Thema.
Das Social Web bleibt Randthema
Im Kommunikationsmix der Unternehmen spielt das Social Web eine Rolle. Sonst weniger.
Digitale Geschäftsmodelle werden wichtiger
Knapp 23 Prozent geben Vollgas in Sachen digitale Geschäftsmodelle.
ITK-Branche mit Vorsprung
Die ITK-Branche ist bei der digitalen Transformation viel weiter fortgeschritten als etwa die Logistiker.