Gastkommentar

Dominanz kommt nicht von selbst

13.02.1998

Microsoft ist aufregend. Nicht nur weil Bill Gates so erfolgreich war und, soweit das softwaretechnisch möglich ist, die ganze Welt in den Griff bekommen hat. Auch nicht unbedingt wegen seiner Intuition, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Märkte zu besetzen. Ein anderer Aspekt macht ihn spannend, nämlich das Klima der Widersprüchlichkeit, in dem er sich von Erfolg zu Erfolg hangelt: einerseits das Tönen über seinen bösen Monopolismus, auf der anderen Seite aber hieven ihn die Klagenden durch ihr Kaufverhalten auf ein immer höheres Siegerpodest. Man wird nicht müde, Microsoft Fehler vorzuwerfen, ordert aber im nächsten Moment MS-Produkte.

Immerhin konnte Gates seinen Siegeszug nur deshalb so grandios gestalten, weil private und professionelle Anwender seine Produkte fleißig gekauft haben. Tun sie das mit der geballten Faust in der Tasche und einem alternativlosen Markt im zornigen Blick, oder spielt nicht doch auch Bequemlichkeit eine Rolle?

Das aktuelle Beispiel ist Windows NT, das Unix mehr und mehr den Rang abläuft und dazu beiträgt, daß die Microsoft-Präsenz in den Unternehmen noch stärker wird. Ein wachsendes Standardisierungsinteresse der Anwender führt damit fast zwangsläufig zu einem Gates-Monopol im eigenen Hause.

Die Kritik an der Marktmacht von Microsoft ist nur soviel wert, wie sie sich in opponierendem Handeln ausdrückt. Aber daran mangelt es, statt dessen tragen die meisten Anwender zum Wachstum des Softwaregiganten bei und leugnen implizit ihre Mitverantwortung dafür. Wer sich über Eingriffe in die eigene Entscheidungsfreiheit beschwert, gleichzeitig aber, und das ist nur ein Beispiel für viele, Windows NT einer offenen Unix-Lösung vorzieht, macht sich unglaubwürdig.