Plattner, Hopp, Kagermann oder Apotheker

Diese Männer haben SAP geprägt

28.12.2012 von Martin Bayer
Nachdem rund 30 Jahre lang die SAP-Gründer die Fäden in der Hand hielten, kam in den vergangenen Jahren deutlich mehr Bewegung in die Vorstandsetage. Hier sind die Manager, die dem größten deutschen Softwarekonzern das Gesicht gegeben haben.

Hasso Plattner

Hasso Plattner beim Tennistournier zum 15. Geburtstag von SAP.
Foto: SAP

Der studierte Nachrichtentechniker gehört zu den Gründervätern der SAP. Bis 2003 leitete der gebürtige Berliner als Vorstandsvorsitzender die Geschicke des Softwarekonzerns - in seinen letzten Amtsjahren gemeinsam mit dem Zögling Henning Kagermann. Nach seinem Rückzug aus dem operativen Geschäft übernahm Plattner (* 21. Januar 1944) den Vorsitz im Aufsichtsrat. Abgemeldet war er deswegen aber noch lange nicht. Viele Branchenexperten sehen in Plattner immer noch die graue Eminenz im Hintergrund.

Spürbar wurde dies Anfang 2010, als der ungeschickt agierende SAP-Vorstandsvorsitzende Léo Apotheker mehr und mehr den Rückhalt bei den Kunden und den eigenen Mitarbeitern verlor. Plattner zog die Notbremse, verabschiedete Apotheker und setzte mit Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe eine neue Doppelspitze ein. Seine Leidenschaft für Technik lebt Plattner am von ihm 1998 gegründeten Hasso-Plattner-Institut in Potsdam weiter. Hier entstanden beispielsweise die Grundlagen für SAPs In-Memory-Datenbank-Appliance HANA.

1995: Hasso Plattner an der Gitarre.
Foto: SAP

Der SAP-Gründer gilt als Mann, der mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält und dabei auch vor dem eigenen Unternehmen nicht haltmacht. Legendär sind seine Auftritte mit der E-Gitarre auf verschiedenen Kundenveranstaltungen und die Rivalität mit Oracle-Boss Lawrence Ellison. Dem soll der segelbegeisterte SAP-Mitgründer einmal auf hoher See das blanke Hinterteil gezeigt haben, weil Ellison angeblich nach einen Mastbruch keine Hilfe leisten wollte.

Dietmar Hopp & Henning Kagermann

Dietmar Hopp

1976 - Dietmar Hopp bei einem Fußballturnier.
Foto: SAP

SAP-Gründer Dietmar Hopp (* 26. April 1940), der wie Plattner Nachrichtentechnik studiert hatte, zog sich bereits 1998 aus dem Vorstand zurück. Den Vorsitz des Aufsichtsrats behielt "Vadder Hopp" bis 2003, um dann Platz für seinen Kollegen Plattner zu machen. Hopp blieb noch zwei weitere Jahre im Gremium. In den vergangenen Jahren machte der in Heidelberg geborene Manager vor allem durch seine Sponsorships im Sport auf sich aufmerksam. Hopp steckte mehr als 200 Millionen Euro in den Fußballverein TSG 1899 Hoffenheim.

Er baute dem Club, in dem er schon als Kind kickte, ein neues Stadion und führte ihn bis in die 1. Bundesliga. Während SAP-Mitgründer Klaus Tschira in den vergangenen Jahren wiederholt die wirtschaftliche Entwicklung SAPs kritisierte und mit Spekulationen über einen Verkauf des Unternehmens für Unruhe in Investorenkreisen sorgte, hielt Hopp seiner SAP stets die Stange. Mitte vergangenen Jahres betonte er demonstrativ, er sei hochzufrieden und werde alles dafür tun, dass SAP unabhängig bleibe.

Deutsche IT-Gründer
Wer sind die wichtigsten Gründer in der deutschen IT?
Die COMPUTERWOCHE präsentiert eine Auswahl der Gründer, die die hiesige IT-Szene jahrelang prägten.
August-Wilhelm Scheer, IDS Scheer
Solche Multitalente gibt es wenige: Scheer arbeitete sehr erfolgreich als Wissenschaftler, gründete ein florierendes Beratungs- und Softwarehaus, heute mischt er sich als Bitkom-Präsident mutig in Politik- und Standortdiskussionen ein. Seine Leidenschaft gilt dem Saxophon-Spiel.
Lars Hinrichs, Xing
Der Sohn einer Hamburger Unternehmerfamilie ist der wohl erfolgreichste Web-Gründer der letzten Jahre. Unter anderem wurde er als "Young Global Leader" vom World Economic Forum ausgezeichnet. Sein Online-Netzwerk für Business-Kontakte Xing fand weltweit Nachahmer.
Dietmar Hopp, SAP,
trieb den Aufstieg der SAP von der kleinen Softwareschmiede zum Weltmarktführer für betriebswirtschaftliche Anwendungssoftware voran. Der 70-Jährige lenkte die Firma von 1988 bis 1998 als Vorstandschef. Als Mäzen unterstützt er auch seinen Jugendverein TSG 1899 Hoffenheim.
Andreas von Bechtolsheim, Sun Microsystems,
entwarf als Student in Stanford einen leistungsstarken Tischcomputer, den er mit Kommilitonen vermarkten wollte. 1982 war Sun geboren, später einer der größten Server-Hersteller. Der Milliardär investiert in Startups und gehört zu den ersten und wichtigsten Geldgebern von Google.
Ernst Denert, sd&m
Der 67-jährige Honorarprofessor der TU München gründete eines der erfolgreichsten Softwarehäuser, sd&m. Software-Engineering ist seine Leidenschaft. 2001 initiierte er die legendäre Software-Pioneer-Konferenz, auf der er die weltweit wichtigsten Entwicklergrößen versammelte.
Winfried Materna, Materna
So wünscht man sich einen Unternehmer: Seit 30 Jahren führt der promovierte Informatiker erfolgreich sein Beratungshaus, engagiert sich in der Region (sieben Jahre Präsident der IHK Dortmund) und ist Mitglied in diversen kulturellen und sozialen Einrichtungen im Ruhrgebiet.
Klaus Christian Plönzke, IT-Unternehmer
Mit dem Start seines EDV-Studios im Jahre 1969 gehörte er zu den IT-Gründern der ersten Stunde - und zu den erfolgreichsten. Noch heute gibt er im Rahmen des von ihm initiierten "Forums Kiedrich" sein Wissen an den Nachwuchs weiter und ist an zahlreichen Startups beteiligt.
Georg Nemetschek, Nemetschek AG,
setzte als einer der ersten Computerprogramme für Konstruktion und Planung ein. Sein 1963 gegründetes Ingenieurbüro baute er zu einem der größten Hersteller für Konstruktionssoftware in Europa aus. Der 76-Jährige lehrte als Professor an der Fachhochschule München.
Ulrich Dietz, GFT,
verkörpert das Bild des klassischen Mittelständlers: engagiert in Unternehmen und Verbänden, risikobereit, klare Ansagen. Der 52-jährige Maschinenbauingenieur gründete 1987 seine GFT, die heute über 1100 Mitarbeiter beschäftigt - ein Gründer aus dem Lehrbuch.
Leopold Stiefel, Media Markt
Vom Radioverkäufer zum Chef der größten Elektrokette Europas: Als Mitgründer des Media Marktes schrieb Stiefel bis 2006 eine der schillernsten Erfolgsgeschichten, auch wenn die Banken seine Idee des großflächigen Elektromarkts auf der grünen Wiese belächelten.
Peter Schnell, Software AG
320.000 Zugriffe pro Sekunde verkraftet Adabas, bis heute die schnellste kommerziell verfügbare Datenbank. Basierend auf dem Konzept des Physikers war sie das erste Produkt der 1969 von Schnell mit gegründeten Software AG. Seit 1992 engagiert er sich als einer der größten Stifter des Landes.
Hans Zehetmaier, msg systems,
steuert als Gründer seit mehr als 30 Jahren das IT-Beratungs- und Systemintegrationshaus. Er baute auf finanzielle Unabhängigkeit und organisches Wachstum und entwickelte msg systems zu einem der wichtigsten IT-Dienstleister mit einem Umsatz von 364 Millionen Euro und 2900 Mitarbeitern.

Henning Kagermann

Ex-Bundeskanzler Helmuth Schmidt, Kagermann und Plattner (v.l.)
Foto: SAP

Als Henning Kagermann (* 12. Juli 1947) 2003 nach dem Rückzug von Plattner zum alleinigen Vorstandssprecher aufrückte, vollzog sich ein Generationenwechsel in der SAP-Vorstandsetage: Erstmals stand keiner der Gründerväter mehr an der Spitze des Unternehmens. Der habilitierte Physiker war 1982 zu SAP gestoßen und 1991 in den Vorstand aufgerückt. 1998 rief Plattner den gebürtigen Braunschweiger als stellvertretenden Vorstandssprecher an seine Seite.

Dem im Vergleich zu seinem Ziehvater Plattner immer etwas hölzern wirkenden Kagermann fiel es zu, SAP in das neue Service-orientierte Softwarezeitalter zu führen. 2009 zog sich der Manager aus Walldorf zurück. Seitdem beschäftigt er sich als Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel und treibt als Leiter der nationalen Plattform Elektromobilität die Entwicklung von Elektroautos voran.

Léo Apotheker

Mit Léo Apotheker (* 18. September 1953) stand erstmals in der SAP-Geschichte ein Manager ohne technischen Hintergrund an der Unternehmensspitze. Der Vertriebsexperte rückte im April 2008 zum Vorstandschef von Europas größtem Softwarehersteller auf - zunächst gleichberechtigt neben Henning Kagermann. Ab Mai 2009 führte er den deutschen Softwarekonzern dann allein. Apotheker hatte dem SAP-Vorstand zuvor schon seit 2002 angehört.

2009: Auf der CeBIT mit Léo Apotheker, Arnold Schwarzenegger, Angela Merkel und Henning Kagermann (v.l.).
Foto: SAP

Davor leitete er unter anderem die Region Europa. Zwischen 1988 und 1991 war er Geschäftsführer und Gründer von SAP Frankreich und SAP Belgien. Mit dem in Aachen geborenen Manager wehte im Krisenjahr 2009 ein neuer, schärferer Wind durch die Büros in Walldorf. Mit der Entscheidung, die SAP-Belegschaft auszudünnen, und der ungeschickt kommunizierten Erhöhung der Wartungsgebühren machte sich Apotheker intern und extern keine Freunde. SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp kritisierte damals offen die harten Einschnitte: Sie hätten für zu viel negative Stimmung im Konzern gesorgt.

Dem in Paris lebenden und manchmal arrogant wirkenden Apotheker gelang es in der Folge nicht mehr, die Stimmung zu seinen Gunsten zu drehen. Nach nicht einmal einem Jahr erklärte der Aufsichtsrat im Februar 2010, den Vertrag nicht verlängern zu wollen. Apotheker trat daraufhin mit sofortiger Wirkung zurück. Auch bei seinem folgenden Engagement hatte Apotheker kein glückliches Händchen. Als Chef von Hewlett-Packard blieb er kein Jahr im Amt. Seine Versuche, die PC-Sparte abzustoßen und den Konzern auf Softwarekurs zu trimmen, scheiterten. Im September 2011 verschwand Apotheker - stattlich entlohnt - von der IT-Bühne.

Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe

Die SAP-Co-CEOS Bill McDermott (l.) und Jim Hagemann Snabe.
Foto: SAP AG

Mit dem amerikanisch-dänischen Manager-Gespann kehrte SAP im Februar 2010 zum Modell der Doppelspitze zurück. Als treibende Kraft hinter den ersten nichtdeutschen SAP-Vorstandssprechern gilt Plattner. Bill McDermott (* 18. August 1961) trat dabei nicht zum ersten Mal in die Fußstapfen von Ex-Chef Apotheker. Der in New York geborene Manager hatte 2008 Apothekers Posten als Vertriebsvorstand bei den Walldorfern übernommen, als dieser an die SAP-Spitze aufrückte.

McDermott, der zuvor unter anderem bei Gartner und dem CRM-Spezialisten Siebel Systems gearbeitet hatte, kam 2002 zu SAP und leitete zunächst das Geschäft in den Vereinig-ten Staaten und Lateinamerika. Als ausgewiesener Marketier und Vertriebsmann ergänzt McDermott den Techniker Snabe (* 27. Oktober 1965). Der Däne und studierte Mathematiker gehört seit 1990 zur SAP-Mannschaft - von 1994 bis 1996 legte er allerdings zwei Jahre beim Computerkonzern IBM ein. Snabe, der in Kopenhagen lebt, kümmert sich seit 2008 im SAP-Vorstand um Technik und Produktentwicklung.

Dem zum Start oft als Übergangslösung belächteten Duo ist es gelungen, das Vertrauen von Kunden und Mitarbeitern zurückzugewinnen und den Konzern wieder in die Spur zu setzen. Das hat sich auch persönlich gelohnt. Für das vergangene Geschäftsjahr 2011 stieg das Salär der Co-CEOs im Vergleich zum Vorjahr um 46 Prozent auf 12,1 Millionen Euro - McDermott bekam 6,6 Millionen Euro, Snabe 5,5 Millionen Euro. Außerdem wurden die Vorstandsverträge beider Manager erst kürzlich bis 2017 verlängert.