CW-Anwenderstudie IT-Kompass - Teil 2

Die wichtigsten IT-Themen 2011

28.02.2011 von Wolfgang Herrmann
Virtualisierung, Konsolidierung und die Migration auf neue Business-Anwendungen stehen bei deutschen IT-Anwendern auch 2011 auf der Agenda. Das zeigt die Anwenderstudie IT-Kompass von COMPUTERWOCHE und IDC.
IT-Kompass 2010
Foto: Fotolia, Jörg Vollmer

Wer den Zustand der IT in deutschen Unternehmen ermessen will, fängt am besten mit der Infrastruktur an. Das wichtigste Hardware-Thema heißt für IT-Verantwortliche nach wie vor Server-Konsolidierung und -Virtualisierung. Im Vergleich zum IT-Kompass 2010 haben einschlägige Projekte sogar noch an Bedeutung gewonnen (siehe Bilderstrecke unten: "Die wichtigsten IT-Themen 2011"). Ähnliches gilt für Vorhaben zur Storage- und Desktop-Virtualisierung, auch wenn letzterer Bereich mit 25 Prozent der Nennungen noch nicht zu den bedeutendsten IT-Aufgaben zählt.

Beim Standardisieren der Hardwarelandschaft sind IT-Manager im vergangenen Jahr ebenso vorangekommen wie beim Senken der Hardwarekosten allgemein. Diese Themen rangieren im IT-Kompass 2011 nicht mehr unter den Top 3, auch wenn sie sie noch immer zu den besonders wichtigen Aufgaben auf der Agenda der IT-Chefs zählen. "Im Bereich der Standardisierung sind bei vielen Unternehmen inzwischen etliche Projekte abgeschlossen und die Potenziale erschöpft", kommentiert IDC-Analyst Joachim Benner die Ergebnisse. "Kostensenkung war gerade im vergangenen Jahr aufgrund der Krise sehr bedeutsam, aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage hat hier der Druck aber merklich nachgelassen."

Nicht nachgelassen hat das Wachstum der anfallenden Daten und damit der Bedarf an Speichersystemen. Obwohl sich mit Konzepten wie Deduplizierung, Tiering oder eben Virtualisierung noch einiges aus den vorhandenen Storage-Systemen herausholen lässt, bleibt die Anpassung der Hardwarelandschaft an steigende Datenvolumina für deutsche Unternehmen ein drängendes Problem, das sich nach den aktuellen Daten eher noch verschärft hat. Neben solchen Baustellen in der "Backend IT" müssen sich IT-Abteilungen künftig verstärkt um das Einführen neuer mobiler Endgeräte kümmern, so ein weiteres Ergebnis der Studie.

Für die Hardwareanbieter sind das gute Nachrichten. Sie dürfen sich zudem über eine anhaltend hohe Zufriedenheit ihrer Kunden freuen. Im Vergleich zu Software- und Serviceanbietern erzielen sie wie schon im Vorjahr die höchsten Zustimmungswerte. Die Qualität der Produkte stufen die Anwender unterm Strich als gut ein. "Das unterstreicht die Entwicklung der vergangenen Jahre, bei der sich die Produktqualität der Hersteller in vielen Hardwarebereichen stark angeglichen hat", erklärt Benner dazu. Im Bereich Service und Kundendienst könnten die Hersteller aber durchaus noch besser werden.

(Bildquelle: Rittal)

Die wichtigsten IT-Themen 2011
IT zwischen Hoffen und Bangen
Die IT-Abteilungen investieren wieder - auch in Innovationen. Aber die Entscheider sind vorsichtig geworden: Budget- und Personalwachstum halten sich in Grenzen. Das legt die von COMPUTERWOCHE und IDC Deutschland vorgenommene Anwenderbefragung "IT-Kompass" nahe.
Die wichtigsten Hardwarethemen
Server-Virtualisierung hat für IT-Verantwortliche weiter höchste Priorität.
Gute Noten für die Qualität
Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Hardwarelieferanten im Hinblick auf die folgenden Punkte?
Die wichtigsten Softwarethemen
Der Bedarf an neuen Business-Anwendungen hat in einigen Unternehmen nachgelassen.
Lizenzen ärgern die Kunden
Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Software- und Servicelieferanten im Hinblick auf die folgenden Punkte?
Die wichtigsten Servicethemen
Wie schon im Vorjahr wollen IT-Verantwortliche vor allem die Service-Levels der internen IT verbessern.
Unflexible Serviceanbieter
Wie zufrieden sind Sie mit den Angeboten Ihrer IT-Dienstleister im Hinblick auf die folgenden Punkte?
Bedarf an IT-Experten
Ein Großteil deutscher Unternehmen hat Schwierigkeiten, IT-Fachkräfte zu rekrutieren. Vor allem Spezialisten für Business-Anwendungen wie BI oder ERP sind weiterhin rar, obwohl der Druck im Vergleich zum Vorjahr etwas nachgelassen hat.

Business-Anwendungen weitgehend modernisiert

Der Modernisierungsbedarf im Bereich klassischer Business-Anwendungen wie ERP, CRM oder Business Intelligence (BI) hat gegenüber dem Vorjahr deutlich nachgelassen. Dazu passt, dass der Austausch eigenentwickelter Programme durch Standardsoftware ebenfalls an Bedeutung verloren hat. Auch das Einführen kollaborativer Software-Tools halten deutlich weniger IT-Manager als im Vorjahr für ein wichtiges Softwarethema. Eine größere Rolle für die Befragten spielen hingegen branchenspezifische Applikationen.

Der Dauerbrenner Software-Wartungskosten steht auch 2011 auf der Agenda deutscher Unternehmen. Das lässt sich nicht zuletzt an den Zufriedenheitswerten für die Softwarehersteller ablesen. Obwohl sich die hitzige Diskussion um die Erhöhung der SAP-Wartungsgebühren im abgelaufenen Jahr etwas beruhigt hat, sind IT-Entscheider nach wie vor unzufrieden mit der Lizenz- und Preispolitik der Softwarehersteller. Insgesamt bewerten die Anwender Softwareprodukte und Anbieter mit einer mäßigen Note von 2,76. Diese schneiden damit deutlich schlechter ab als Hardware- und Servicelieferanten.

Mit dem verstärkten Einsatz von Software aus der Cloud, sprich Software-as-a-Service (SaaS), könnte die Lizenz- und Preispolitik der Hersteller mittel- bis langfristig klarer werden, erwartet IDC-Analytsin Lynn Thorenz. Insbesondere nutzungsabhängige Bezahlmodelle würden dazu beitragen. Die Umstellung Richtung Cloud-Services bedeute indes nicht nur für IT-Anbieter Veränderungen ihrer Geschäftsmodelle. Thorenz: "Auch IT-Entscheider müssen langfristig ihre Budgets ganz anders kalkulieren." Beispielsweise sollten sie bei TCO-Berechnungen für Softwareinvestitionen auch andere Faktoren wie den Wegfall der zugehörigen Infrastruktur oder Wartungskosten einbeziehen.

Vorteile der Cloud noch unverstanden

Die schnell wachsende Bedeutung von Cloud-Konzepten in der IT-Branche spiegelt sich im IT-Kompass 2011 erst in Ansätzen wider. Das wichtigste IT-Servicethema sehen die Befragten nach wie vor in einer Steigerung des IT-Service-Levels der internen IT. Im Vergleich zum Vorjahr hat dieser Aspekt sogar noch an Relevanz gewonnen. Auch die Grundfunktionen Helpdesk und Support spielen für die IT-Verantwortlichen weiter eine herausragende Rolle. Demgegenüber halten lediglich 13 Prozent Cloud Computing oder Uitility Computing für ein wichtiges Servicethema. Mit 14 Prozent schneidet der Punkt "Reduzierung der Fertigungstiefe / IT-Outsourcing" kaum besser ab.

Nach Einschätzung des IDC-Analysten Matthias Kraus beschäftigen sich die IT-Abteilungen immer noch zu sehr mit operativen IT-Aufgaben und schenken Themen wie Outsourcing oder Cloud Computing zu wenig Aufmerksamkeit. Dabei biete eine Reduzierung der Fertigungstiefe die Möglichkeit, sich von IT-Aufgaben, die wenig Mehrwert bieten, zu trennen. Auf diese Weise ließen sich interne Ressourcen auf Maßnahmen konzentrieren, die einen größeren Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten. Kraus: "Cloud Computing bietet zusätzlich den Nutzen, dass sich IT viel günstiger und flexibler beziehen lässt. Damit kann die IT nicht nur wesentlich schneller neue Anforderungen der Geschäftsbereiche umsetzen, sondern sich auch einem veränderten Bedarf agil anpassen." Cloud Computing erfülle damit eine der Anforderungen, die sich aus den Erkenntnissen der vergangenen Wirtschaftskrise ziehen lasse: Der Fixkostenblock der IT müsse reduziert werden, die IT viel mehr "atmen".

Gefragt nach den geplanten Arten des Outsourcings , gaben im IT-Kompass 2011 nur noch 62 Prozent an, gar keine Auslagerungsprojekte zu verfolgen. Im Vorjahr lag der Wert noch bei 67 Prozent. Diejenigen Unternehmen, die ihre Fertigungstiefe reduzieren wollen, denken dabei insbesondere an IT-Infrastruktur. Aus der Sicht von IDC handelt es sich dabei nur um "die erste Stufe auf der Wertschöpfungskette des Outsourcing", die Unternehmen von operativen Aufgaben entlaste. Rund 12 Prozent der Betriebe wollen ihre Anwendungen extern betreiben. Das Application Hosting bilde eine Vorstufe von Cloud Computing, merkt IDC-Experte Kraus dazu an. Er wertet die Ergebnisse als Beleg dafür, dass Cloud-Services zu den stärksten Wachstumstreibern der nächsten Jahre zählen werden.

Unterm Strich aber planen wie schon im letzten Jahr rund zwei Drittel der Befragten noch keinen Einsatz von Cloud-Diensten. IDC beobachtet, dass in vielen Firmen nach wie vor Unklarheit darüber herrsche, was Cloud Computing bedeute. Dessen ungeachtet gebe es kaum ein Unternehmen, das sich nicht mit dem Thema beschäftige; die Verantwortlichen planten nur noch nicht konkret. Klassische Hürden wie Sicherheitsbedenken, der befürchtete Kontrollverlust über Daten oder gesetzliche Vorgaben erklären nach Einschätzung der Analysten die Zurückhaltung deutscher Unternehmen. In benachbarten Regionen wie Großbritannien hätten sich die Anwender mit diesen Aspekten schon intensiver befasst. Der Markt sei dort schon deutlich weiter entwickelt als hierzulande. Aktuelle IDC-Erhebungen zeigten zudem, dass gerade mittelständische Unternehmen mit Hilfe von Cloud Computing auch ihr Sicherheitsniveau erhöhen könnten.

Wenig zufriedene Servicekunden

Mit ihren Serviceanbietern sind die Interviewten insgesamt nur mäßig zufrieden. Vereinbarte Service-Level-Agreements (SLAs) werden zwar in der Regel erfüllt, die IT-Dienstleister reagieren aber noch immer nicht flexibel genug auf Änderungswünsche der Kunden. Auch die Preisgestaltung erntet Kritik. Infolge des harten Wettbewerbs und der zunehmenden "IT-Industrialisierung" erwartet IDC allerdings weiter stark sinkende Preise.

Das schwache Interesse an Outsourcing-Themen passt zu den Erwartungen zur künftigen Bedeutung der IT-Abteilung. Mehr als die Hälfte der Befragten geht davon aus, dass diese zunehmen wird. Ein Drittel rechnet sogar mit einer wachsenden strategischen Bedeutung der internen IT. Der IDC-Analyst Matthias Kraus sieht diese Haltung kritisch: "Der IT-Leiter und sein Team können diese Erwartungen nur dann erfüllen, wenn sich das Selbstverständnis weiter wandelt. Vom reinen Kosten-Center, das ausschließlich am IT-Budget gemessen wird, hin zum echten Partner der Geschäftsbereiche." Dazu müsse die IT aktiv auf die Fachbereiche zugehen, um deren Bedarf besser zu verstehen und diesen durch intelligente IT-Lösungen zu decken. Auf diese Weise könne die IT tatsächlich zu einem strategisch bedeutenden Erfolgsfaktor werden und einen größeren Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens leisten.

Die Softwaretrends 2011

IDC-Analystin Lynn Thorenz sieht zwei große Softwaretrends in den nächsten Jahren: Cloud Computing und Virtualisierung. In diesem Kontext werde "eine neue Generation von On-Premise Enterprise-Software" entstehen, die speziell auf die Cloud zugeschnitten sei. IDC erwartet in diesem Kontext auch integrierte Appliances aus Hardware und Software von Anbietern wie IBM, Oracle oder Microsoft/HP. Darüber hinaus würden weitere "Cloud-ready"- Versionen von E-Mail-, Collaboration-, ERP-, CRM- und anderen Enterprise-Lösungen auf den Markt kommen.

Als nach wie vor kleinen und jungen Markt wertet IDC das Segment "Social Platform Software", das 2011 in Deutschland ein Volumen von sechs Millionen Euro erreichen soll. Bis 2014 werde der Markt aber um durchschnittlich 33 Prozent pro Jahr wachsen, so die Auguren.