Die Software-Riesen verbreitern den Markt

30.09.2005
Der Markt für Enterprise Content Management (ECM) wird nach Einschätzung der Marktforscher von Forrester Research in den nächsten Jahre überproportional wachsen. Die Analysten rechnen damit, dass der Einstieg großer Software-Anbieter wie Oracle und Microsoft in das ECM-Geschäft neue Käuferschichten und bisher unterversorgte Marktsegmente erschließen wird.

Ein umfassendes Dokumenten-Management ist noch die Ausnahme. Bisher sind es vor allem Großunternehmen, die auf ECM-Lösungen setzen - und gute Erfahrungen damit machen. „Besonders bei Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Dollar Umsatz setzt sich die Erkenntnis durch, dass eine umfassende ECM-Lösung erforderlich ist, um Compliance, Governance und effiziente Prozesse für die Dokumentenverwaltung sicher zu stellen“, sagt Kyle McNabb, Research Analyst bei Forrester und Autor der ECM-Studie „ECM Growth Outpaces The Overall Software Market“ vom Juli dieses Jahres.

Kyle McNabb, Senior Research Analyst bei Forrester Research.

„Die meisten Unternehmen haben aber noch keine oder nur Insellösungen im Einsatz, um unstrukturierten Content - wie Office Dokumente, E-Mails, Papierdokumente - zu managen“, fügt McNabb hinzu. Die wichtigsten Gründe, die Unternehmen über die Einführung von ECM-Lösungen nachdenken lassen, seien effizientere unternehmensinterne Prozesse sowie die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben.

Nach Einschätzung des Forrester-Analysten wird sich einiges tun. Er hat mehr als 200 IT-Entscheider befragt: Danach wollen 38 Prozente der amerikanischen und immerhin 18 Prozent der europäischen Unternehmen in diesem Jahr eine ECM-Lösung einführen. Vor allem US-Regierungsbehörden und die britische Verwaltung haben in Dokumenten-Technologie investiert. Mit Ausgaben zwischen zweieinhalb und 5 Millionen Dollar für ECM-Lösungen kommt ihnen eine Vorreiterrolle zu. Analyst McNabb geht davon aus, dass Großunternehmen diesem Trend zunehmend folgen werden. Auf 19 Prozent schätzt er das jährlich Wachstum des ECM-Markts bis zum Jahre 2008.

ECM-Systeme werden vor allem eingesetzt, um unstrukturierte Dokumente besser in den Griff zu bekommen. Oben auf der Liste stehen Imaging-Funktionen wie Scannen und Texterkennung (OCR - Optical Character Recognition), Dokumenten-Verwaltung und Archivierung. Denn ein besserer Zugriff auf unstrukturierte Daten, die Vermeidung redundanter Datenhaltung und schlankere Verwaltungsprozesse sind unabdingbare Voraussetzung, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.

Einen weiteren Schub soll nach Ansicht der Forrester Analysten das wieder zunehmende Interesse der Unternehmen an ihrem Web-Auftritt auslösen. Eine andere Forrester Umfrage vom Anfang des Jahres („Customers Will Get More Attention In 2005”) hatte ergeben, dass 80 Prozent der amerikanischen Unternehmen ihr Kundenakakquise und -bindung verbessern wollen. „Die Kundenansprache über das Web rückt besonders für Unternehmen, die wachsen wollen, wieder in den Fokus“, sagt McNabb. Deshalb denken CIOs und IT-Architekten vermehrt über Tools nach, die mit möglichst geringem IT-Aufwand Verteilung und Management von Content ermöglichen. „Für viele Unternehmen heißt das, Eigenentwicklung in diesem Bereich durch Standard Content-Management Systeme zu ersetzen“, vermutet McNabb.

Auf der ECM-Anbieterseite sieht der Forrester-Analyst ein langsames Ende der Konsolidierungsphase kommen - und ein gutes Angebot an verfügbarer Lösungen. „Die Anbieter haben mit der Integration ihrer strategischen Akquisitionen und der Überarbeitung ihrer Suiten jetzt Lösungen im Angebot, die das umfassendes Management unstrukturierten Contents ermöglichen“, sagt McNabb. Auf der anderen Seite seien die kleineren Nischenanbieter dabei, ihre Produkte im Hinblick auf spezielle Funktionen oder Branchenanforderungen zuzuschneiden.

Besonderes Gewicht habe aber der Eintritt der großen Software-Unternehmen in den ECM-Markt. „Die dominierenden IT-Anbieter wie EMC, IBM, Microsoft oder Oracle ECM sehen ECM als Wachstumsmarkt“, sagt McNabb. Diese Unternehmen seien mit ihrer Expertise in IT-Infrastruktur, ihrer Marktmacht und einer großen installierten Basis sehr gut in der Lage, ECM-Lösungen in einem breiten Markt zu etablieren. Den Anwender soll es freuen: „Wenn diese großen Anbieter miteinander konkurrieren, werden die Preise fallen - wohl deutlich unter 100 Dollar für eine User-Lizenz“, vermutet Analyst McNabb. Und das würde einen weiteren Schub für die Verbreitung con ECM-Lösungen bedeuten, weil auf diesem Preisniveau Dokumenten-Management-Systeme für kleinere Unternehmen interessant - und auch erschwinglich - würden.

Für die Studie „ECM Growth Outpaces The Overall Software Market“ haben die Analysten von Forrester die Umsätze von 17 ECM Anbietern aus den Jahren 2003 bis zum 1. Quartal 2005 ausgewertet. Darunter waren sowohl die Anbieter von ECM-Suiten als auch von Nischenanbietern wie Web Content Management, Document Management, Digital Asset Management und Records Management. Weitere Erkenntnisse lieferten Interviews mit 60 ECM-Anwendern, die Anfang 2005 durchgeführt wurden. .