Wenn die Leistung nicht stimmt

Die Schuld der Chefs

19.01.2009 von Thomas Dick
Es ist leicht, dem Mitarbeiter eine gute Leistung zu bescheinigen. Ungleich schwieriger wird es, Minderleistung anzusprechen und den Ursachen auf den Grund zu gehen. Nicht selten erweist sich Low Performance als Folge mangelhafter Führungsleistung.

Eigentlich war Nadine Meyer guter Dinge gewesen. Seit rund drei Jahren war sie als Recruiterin in der Personalabteilung eines Softwarehauses tätig. Beurteilungsgespräche mit der Personalleiterin enthielten keine Beanstandungen, sondern bescheinigten durchschnittliche und sogar gute Arbeitsleistung. Vier Monate nach dem Wechsel der Personalleiterin eröffnete die neue Vorgesetzte Frau Meyer, ihre Ergebnisse seien völlig unzureichend. Es würden viel zu wenige Einstellungsgespräche geführt und diese seien nicht ausreichend dokumentiert, Initiativbewerbungen würden nicht zeitnah beantwortet und Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes habe sie gar nicht umgesetzt.

Foto: BananaStock

Aufgrund dieser gravierenden Mängel sehe man keine Perspektive für eine weitere Zusammenarbeit und wolle sich von ihr trennen. Meyer ist überrascht: Derartige Mängel wurden nie ernsthaft angesprochen. Lediglich beim letzten Mitarbeitergespräch wurde am Rande der Umgang mit Initiativbewerbungen moniert. So wie Nadine Meyer, geht es vielen Arbeitnehmern. Wer nicht genau weiß, was der Chef von ihm erwartet, steht plötzlich als Low Performer da. Entwicklung persönlicher Potenziale - Fehlanzeige.

Jeder Einzelne steht unter Beobachtung

In einem wirtschaftlichen Umfeld, das durch Personalabbau und Effizienzsteigerung geprägt ist, muss aber die Führung von Mitarbeitern mit schwacher Leistung einen besonderen Stellenwert im Personalwesen erhalten. Bei dünner Personaldecke fällt die Arbeit jedes einzelnen stärker ins Gewicht, Führungskräfte selbst sind im Umgang mit Low Performern viel stärker gefordert.

Fakten, Fakten, Fakten und an das operative Ergebnis denken, könnte das Motto für Performance in vielen Betrieben lauten. Lieber werden Gespräche mit High Performern geführt, als Low Performer auf schlechte Leistung anzusprechen und zu besseren Ergebnissen zu bringen. Schwammige Leistungsbeurteilungen und Bauchgefühle sind noch viel zu häufig die Grundlage, um Low Performer zu erkennen. Und dann, wie sag ich´s meinem Mitarbeiter? Entweder gar nicht oder anhand von nicht erreichten Vorgaben. Das ist rational, leicht quantifizierbar und einfach zu verstehen. Das Prozedere im Low Performance Management gleicht der Notenvergabe in der Schule: Meyer vortreten - sechs.

Schwammige Leistungsbeurteilung

"So genannte Performance Programme scheitern in den meisten Fällen an der Qualifikation des Personalverantwortlichen selbst", so Robert Stögbauer, Interim Manager für Personalführung auf Zeit. Seiner Ansicht nach liegt das schon am Ausbildungsweg der betreffenden Personen. "Führungskräfte sind nach wie vor in ihrem Fachgebiet meist super ausgebildet, aber bei der Personalführung häufig sich selbst überlassen. Wie aber sollen sie gerade schwierige Mitarbeiter führen, ohne die notwendigen Fähigkeiten, wie soziale Kompetenz und Konfliktmanagement, erlernt zu haben?"

Robert Stögbauer, Interims-Manager: Low-Performance-Programme scheitern an der Qualifikation der Personaler.

Wenn er einem Low Performer kündigen will, muss der Arbeitgeber aber nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der Leistung angemessen beurteilen können. Konkret bedeutet das: Sage mir nicht nur, wie viele Bewerbergespräche du geführt hast, sondern auch, wie die Gespräche verlaufen sind. Nur wenn der Vorgesetzte stichhaltig nachweisen kann, dass es ständig an der Güte der Leistung hapert, könnte eine Kündigung wirksam sein. Nach dem Urteil der Bundesarbeitsrichter in Erfurt (Az. 2 AZR 536/06) kommt es auf das subjektive Leistungsvermögen des Mitarbeiters an. Er muss tun, was er soll, und zwar so gut wie er kann. Für eine wirksame verhaltensbedingte Kündigung ist daher nur ausschlaggebend, ob der Arbeitgeber dem Mitarbeiter nachweisen kann, dass er qualitativ schlechter oder quantitativ weniger arbeitet, als er könnte.

Nackte Zahlen helfen nicht weiter

Genau hier ist der springende Punkt: Um genau zu wissen, ob jemand nicht arbeiten kann oder aber nicht will, müssen Führungskräfte sich außer mit den nackten Zahlen auch mit dem Verhalten des Arbeitnehmers, seinen Stärken und Schwächen, auseinandersetzen. Es gilt, die emotionale Bindung zum Unternehmen herzustellen und zu festigen. Laut Gallup Institut sehen immerhin neun von zehn Arbeitnehmern (88 Prozent) keine echte Verpflichtung mehr ihrer Arbeit gegenüber.

Daran sollten Vorgesetzte gleich zu Beginn des Arbeitsverhältnisses etwas tun. Sie müssen versuchen, genau diese emotionale Bindung herzustellen, denn Motivation und Leistung stehen in unmittelbarem Wirkungszusammenhang. Personalchefs müssen realistische Ziele definieren und dem Mitarbeiter persönliche Entwicklungschancen aufzeigen. Ein fachlicher Vorgesetzter muss zudem sorgfältig analysieren, was der Angestellte überhaupt erwartet. Nur im permanenten vertrauensvollen Dialog mit dem Mitarbeiter können Personalverantwortliche einer späteren Schlechtleistung vorbeugen. Performance Programme dürfen nicht nur dazu genutzt werden, Minderleister herauszufiltern: In erster Linie dienen sie dazu, das Erreichen des roten Drehzahlbereichs von Anfang an zu vermeiden. Wenn allerdings alle Anstrengungen scheitern, müssen sie auch eine Trennungsentscheidung möglichst rechtssicher vorbereiten.

Schwierige Frage: Er wollte oder er konnte nicht

Werden Low Performer (die Leistung liegt dauerhaft rund ein Drittel unter der durchschnittlichen Leistung der Kollegen) identifiziert, muss der Vorgesetzte die Ursachen herausfinden, um schließlich beurteilen zu können, ob Meyer nicht konnte oder nicht wollte. Hierfür braucht der Arbeitgeber eine lückenlose Dokumentation der bisherigen Leistungen seines Mitarbeiters sowie der vergleichbaren Kollegen. Liegt diese nicht vor, wird ein neuer Posten oder die nächste Fortbildung fällig. Kündigung kommt in den seltensten Fällen in Frage. Lieber wegloben, heißt die Devise, das erspart lange Erklärungen für mangelnde Leistungsbeurteilungen und ist ohnehin viel einfacher.

Thomas Dick, Arbeitsrechtler: Arbeitgeber müssen Quantität und Qualität der Leistung beurteilen können.

Anstatt viel zu spät arbeitsrechtliche Schritte gegen den Low Performer einzuleiten und ihn in seinen schwachen Leistungen zu brandmarken, sollte die Führungskraft die Performance des Mitarbeiters von Anfang an in den Mittelpunkt stellen. Das birgt nicht nur große Potenziale in der Arbeitsqualität und der Mitarbeitermotivation, sondern fördert auch das Ansehen des Unternehmens. Schließlich hilft es, die Risiken und Kosten dennoch notwendiger Kündigungsentscheidungen zu reduzieren.

Sieben Schritte zum erfolgreichen Low- Performance-Management

  1. Qualifizierte Personalauswahl: Halten Sie die wichtigsten Persönlichkeitsmerkmale und Anforderungen schriftlich fest. Überprüfen Sie gründlich und setzen Sie mehrere Interviewer ein. Schließen Sie mit Assessments, Tests, strukturierten Interviews oder Probetagen an. Und begreifen Sie Probezeit als wirkliche Phase der Erprobung.

  2. Klare Ziele und laufende Kontrolle: Machen Sie Leistungen transparent und überwachen Sie laufend Fortschritte. Dann können Sie im Zweifel schneller reagieren, wenn einmal etwas schief läuft.

  3. Mängel ansprechen: Zeigen Sie jederzeit unmissverständlich Fehler auf und beschreiben Sie Lösungswege. Sprechen Sie Konsequenzen an, falls die gewünschten Leistungen nicht eintreten.

  4. Frühzeitige Entscheidung: Probleme mit Low Performern resultieren oft aus nicht rechtzeitig getroffenen Entscheidungen. Bringen Sie den Mut auf, rechtzeitig eine Entscheidung bezüglich des Arbeitsverhältnisses mit dem Low Performer zu treffen. Entscheiden Sie, ob sich die Investition gelohnt hat oder nicht.

  5. Konkrete Maßnahmen verabschieden: Vereinbaren Sie Verbesserungsmöglichkeiten anhand von konkreten Maßnahmen mit dem Low Performer. Halten Sie diese schriftlich fest und überwachen Sie eng. Darüber hinaus braucht der Mitarbeiter auch Hilfe bei der Steuerung seines Verhaltens: zum Beispiel Anerkennung bei kleinen Fortschritten.

  6. Führung fordert Zeit: Ein Low Performer wird nicht mit einem zeitlichen Aufwand von täglich fünf Minuten zum Top Performer. Er beansprucht Zeit, weil Fehler auszubügeln sind und der negativen Stimmung im Team entgegengearbeitet werden muss. Die Kontrolle seines mangelhaften Verhaltens erfordert zeitliches Investment.

  7. Der Realität ins Auge schauen: Hier ist die Fairness oberstes Gebot. Wenn alle Anstrengungen nicht zu den gewünschten Ergebnissen führen, sollten Sie sich vom Low Performer trennen. (Quelle: www.deventus.de)