Business Intelligence

Die Lage bei Cognos nach dem Kauf durch IBM

20.10.2008 von Sascha Alexander
Erstmals hat der Hersteller unter neuem Eigentümer Weiterentwicklungen seiner Produkte für Business Intelligence vorgestellt. Sie versprechen eine bessere Integration, mehr Bedienkomfort und endlich eine einfachere Migration. Derweil gibt sich die Cognos User Group optimistisch.

Mit Cognos hatte IBM im November 2007 für fünf Milliarden Dollar einen der größten Anbieter von Business-Intelligence-Software (BI) vom Markt gekauft. Während vergleichbare Übernahmen wie die des BI-Konkurrenten Business Objects durch SAP für Kritik und Unsicherheit im Markt sorgten, sahen Marktbeobachter in der Ehe Cognos-IBM von Beginn an eine sinnvolle Kombination von Produkten und Ressourcen. Dennoch gab es auch Befürchtungen, das BI-Geschäft und die technische Entwicklung von Cognos könnten aufgrund der bereits bestehenden Produktvielfalt an Software und Hardware sowie der komplexen Konzernstrukturen der IBM an Schwung verlieren.

Berichte von Cognos PowerPlay einfacher migrieren

Das bereits zweite Release-Update der BI-Plattform "Cognos 8 BI" in nur acht Monaten - und das erste unter Leitung der IBM - soll nun zeigen, dass die Produktentwicklung unvermindert weitergeht. Es kommt in diesem Quartal als Version 8.4 auf den Markt und bringt eine Reihe wichtiger Neuerungen. Vor allem für Anwender, die bisher nicht den Umstieg von der Vorgängerarchitektur "Cognos Series 7" auf die seit Ende 2005 gebotene Plattform Cognos 8 BI gewollt oder gewagt haben, eröffnet IBM erstmals einen praktikablen Migrationspfad. Ließen sich bisher mit dem viel genutzten Olap-Server "Cognos Powerplay" entwickelte Berichte nur mit erheblichen Anpassungen auf Cognos 8 BI überführen, ist nun eine laut Anwendern weitgehend problemlose Migration möglich.

Rund 500 Teilnehmer verzeichnete die diesjährige Kundenveranstaltung Cognos Performance.

Der Grund hierfür liegt unter anderem in der Integration des Powerplay-Werkzeugs "Powerplay Studio" in Cognos 8 BI, das nun bei der Übernahme bestehender Berichte hilft. Für Berichte, die mit dem früheren Reporting-Server "Cognos Impromptu" erstellt wurden, steht allerdings derzeit noch keine vergleichbare Lösung zur Verfügung.

Cognos-Kunden halten an Series 7 fest

Auch betonten jetzt Mitglieder der Cognos User Group (Deutschland, Österreich, Schweiz) auf der Kundenveranstaltung "Performance 2008" in Mainz, dass nach ihren Schätzungen immer noch mehr als die Hälfte aller Cognos-Kunden hierzulande auf Series 7 arbeiten und auch nicht unbedingt an einen Umstieg denken. Dies hatte Cognos vor einiger Zeit dazu gezwungen, die bereits abgekündigte Wartung und Weiterentwicklung der BI-Suite zurückzunehmen.

Self-Service-Funktionen und Dashboards

Ein weiteres Highlight ist laut Matthias Kratz, Director Presales Germany bei Cognos, das "Cognos 8 Go! Dashboard". Schon mit Version 8.3 hatte der Hersteller erste Self-Service-Features etwa den individuelle Versand von Zahlen beim Erreichen eines Schwellenwerts eingeführt. "Doch bleib für uns ein Dashboard bis dato ein aufgehübschter Bericht, der in der Fachabteilung gebaut wurde und eher statischen Charakter hatte".

Jetzt hingegen würden Dashboards dynamischer und basieren auf Adobe Flash. Anwender können nun vorhandene Berichte an ihre Bedürfnisse anpassen, indem sie beispielsweise Elemente per Drag-and-drop verschieben oder Filter setzen. "Jeder kann jetzt ohne IT-Wissen sein Dashboard aus vorhandenen Berichten anpassen und auch publizieren". Die Sicherheitsfunktionen des BI-Servers blieben dabei bestehen. Ein neues Frontend hat zudem "Cognos Planning 8.4" erhalten. Neben dem Download eines Active-X-Plugins auf den Client kann der Anwender nun auch ein Java-Applet mit mehr Funktionen/Logik verwenden. Dies entlaste den Server.

Was wird aus der Cognos User Group?

Mit dem Übergang der Cognos GmbH in die IBM-Organisation muss sich auch die Cognos User Group (CUG) neu orientieren. Der Verein mit seinen rund 100 Firmenmitgliedern führt hierzu laut Vorsitzendem Kai Noack, Geschäftsführer der BI-Solutions Noack in Hamburg, Gespräche mit den IBM-Anwenderorganisation GSE und IDUG und will künftig mit diesen kooperieren. Zu einer Integration in die IDUG und damit Auflösung der CUG soll es aber vorerst nicht kommen. Eine Fusion hätte laut Noack zwar wirtschaftliche und organisatorische Vorteile, doch wollen die viele Mitglieder ihre Unabhängigkeit bewahren.

Man werde sich daher anders als Cognos weiterhin länderübergreifend für die Belange der Anwender in Deutschland, Österreich und die Schweiz einsetzen und Themen auch kontrovers diskutieren. Wichtigstes Thema bleibe die Migration von Cognos Series 7 auf Cognos 8 BI. Zudem seien Dashboards, vereinfachte Berichtsfunktionen und das Thema Unterrnehmensplanung derzeit von großem Interesse.

Dimensionen zentral verwalten

Eine neu entwickelte Komponente in Version 8.4 stellt ferner "Business Viewpoint" dar. Mit ihr können Anwender erstmals Dimensionen etwa von Kostenstellen- oder Unternehmensstrukturen zentral verwalten. Bisher sei es in der Praxis üblich, dass Dimensionen in verschiedenen BI-Lösungen jeweils aufgebaut und gepflegt würden.

Nun könne man mit Business Viewpoint einen Workflow für den Dimensionsaufbau (nicht des Datenmodells) schaffen, um zu einheitlichen Vorgaben zu kommen. Neuerungen finden sich zudem in der Suchmaschine "Cognos Go! Search". Diese generiert nun bei einer natürlichsprachigen Suche in Cognos-Datenhaltungen und an Cognos angebundener Datenquellen automatisch anhand der Eingaben einen Standardbericht zu der vermeintlichen Thematik, der sich vom Nutzer weiter anpassen lässt.

Wie passen TM1, PowerPlay und Cognos Planning zusammen?

Laut Kratz erklärt sich der kurze Release-Zyklus zwischen Version 8.3 und 8.4 vor allem dadurch, dass man jetzt die Integration zwischen der kürzlich vorgestellten Version 9.4 der multidimensionalen Analysedatenbank "IBM Cognos TM1 9.4" erreicht habe. Letztere stammt vom Anbieter Applix, den Cognos im September 2007 noch kurz vor der IBM-Übernahme erworben hatte. Obwohl Cognos mit TM1, Cognos Powerplay (PowerCube) beziehungsweise den Olap-Funktionen in Cognos 8 BI sowie der Planungsanwendung "Cognos Planning" über mehrere Engines für Online Analytical Processing (Olap) verfügt, betont der Hersteller stets, dass sich die Produkte an unterschiedliche Anwendergruppen richteten und sich ergänzten. Eine Zusammenführung der Techniken sei laut Kratz bisher nicht geplant. Auch spreche man lieber über eine "Olap-Strategie" als über einzelne Produkte

So wird TM1 auch weiterhin separat vermarktet und als flexible Lösung für die Finanzplanung und Simulation auf Abteilungsebene und im Mittelstand positioniert. TM1-Kunden fehlte aber bisher eine "vernünftige" Reporting-Komponente, um Analyseergebnisse nicht nur als Excel-Sheet, sondern auch als formatierte Reports per E-Mail oder per "Bursting" verschicken zu können, sagte Kratz. Diese Option sei nun durch eine Integration von Cognos 8 BI Version 4 gegeben. Ebenso lässt sichTM1 nun über das Cognos-Portal integrieren.

Offline arbeiten und flexible Finanzplanung

Verglichen mit TM1 richte sich Cognos Powerplay zwar auch an Abteilungen würde sich aber zugleich vor allem durch seine Offline-Fähigkeiten unterscheiden: "Die meisten Powerplay-Kunden nutzen die Cubes heute für Offline-Analysen, TM1 hingegen für große Datenmengen und zur Planung". Auch zwischen Cognos Planning und TM1 will Kratz keine Überschneidungen sehen. TM1 sei eine hochflexible und strategische Planungs- und Simulationslösung. Cognos Planning sei hingegen auf eine unternehmensweite operative Planung mit starker Betonung der dazu nötigen Workflows ausgerichtet und verfüge nur über begrenzte Simulations-Funktionen.

Die Spitze der Cognos User Group: Erik Purwins, Schatzmeister, Unit Manager Business Intelligence PPI AG, Kai Noack, erster Vorsitzender, Geschäftsführer BI-Solutions Noack in Hamburg, Martin Otto, zweiter Vorsitzender, Gesellschafter NOW! Consulting in Bremen.

Für unternehmensweite Data-Warehous-Lösungen setzt Cognos hingegen auf das IBM "Infosphere Warehouse". So lassen sich mit Cognos 8 BI 8.4 nun Daten der neuen IBM InfoSphere Warehouse Cubing Services bereits verwenden. Letztere sind die Nachfolgertechnik der bisherigen "Cube Views" und darauf ausgelegt, eine mehrdimensionale Sicht von Daten bereitzustellen, die in einer relationalen Datenbank gespeichert sind. Für Kratz ist die tiefe Integration zwischen den Produkten ein Beispiel für eine beschleunigte Entwicklungsarbeit, die seit der Übernahme durch IBM möglich geworden ist. "Die Integration hätte ansonsten vielleicht ein Release länger gedauert". Ein anderes Beispiel für Synergien sei die erstmalige Portierung von Cognos 8 BI auf das System-z-System der IBM und damit auf einen Mainframe, an der beide Hersteller allerdings schon vor dem Merger gearbeitet hatten.

Information on Demand und Data Warehousing

Zugleich betont IBM immer wieder, Kunden nicht auf die eigenen Angebote zwingen zu wollen, sondern im Rahmen seiner Information-on-Demand-Produktstrategie (IOD) ebenso mit Oracle oder Teradata zusammenzuarbeiten. Wir sind nicht "blau" und nur auf DB2 und Filenet konzentriert, betonte Kratz gegenüber der COMPUTERWOCHE. Cognos übernehme mit seinen Produkten in der IOD-Strategie die Optimierung von Geschäftsinformationen und das Performance-Management, bleibe aber auch für andere Umgebungen offen.

Diesen Eindruck hat auch Martin Otto, zweiter Vorsitzender der CUG und Gesellschafter der NOW! Consulting in Bremen. "Wir können bisher keine Bevorzugung von IBM-Produkten erkennen". Kunden könnten aber jetzt den ganzen "Stack" für BI, Performance-Management und Data Warehousing aus einer Hand beziehen. IBM verfolge etwa bei den Data-Warehouse-Appliances ein "kluges Bundling" von Produkten. Insgesamt sehe man in der CUG, die rund 100 Firmen mit 300 Mitgliedern vertritt, nur Vorteile durch die Fusion der Hersteller.

Optimistisch ist auch Olaf Scamperle, Geschäftsführer Cognos GmbH. Man habe auch nach der Übernahme in der alten Mannstärke weiterarbeiten können. Der wachsende Markt hierzulande sei derzeit stark umkämpft und durch eine immer aggressivere Preispolitik geprägt. Doch profitiere man beispielsweise von den Unruhen in der SAP-Kundschaft. Insbesondere bei den Finanzanwendungen für Planung und Konsolidierung gebe es Interesse.

Cognos-Geschäftsführer Olaf Scamperle sieht dank der Unruhe bei SAP und Oracle gute Chancen für sich im Markt.



Gut aufgestellt sieht man sich anders als der Wettbewerb auch im Mittelstand: "Was SAS Institute mit seinen drei Partnern und SAP/ Business Objects da machen ist doch reine Augenwischerei". Cognos habe heute eine gewachsene Partnerstruktur von über 200 Partnern (Dienstleister, OEM und Reseller), davon 65 Reseller. Jedes Jahr kämen rund 500 Neukunden im Mittelstand über Partner hinzu, was inetwa 20 Prozent des Umsatzes entspräche. "Diese Qualität und Branchenorientierung muss der Mitbewerber erst einmal erreichen".

Cognos GmbH wird aufgelöst

Zum ersten Januar erfolge nun auch der formelle Übergang von Cognos in die IBM-Organisation und deren Information Management Group. Damit einher geht die Auflösung der hiesigen Cognos GmbH. Scamperle bleibt aber auch im Integrated-Market-Team der IBM für Services, Pre-Sales, Vertrieb, Marketing und Sales zuständig- allerdings nur noch für Deutschland. Grundsätzlich sei die Zusammenarbeit mit IBM bereits enger geworden in den letzten Monaten. Das bringe Vorteile: "Wir können Kunden nun von mehreren Seiten bedienen (Solutions) und über eine "Information Agenda" sprechen. Auch mit IBMs Dienstleistungsarm IBM Global Services arbeite man wie bisher zusammen. "IGS wird auch künftig kein Reselling von Cognos-Produkten machen, sondern als Systemintegrator auftreten und auch andere BI-Produkte unterstützen."

Umbau der Partnerorganisation

Scamperle erwartet auch im Verhältnis zu anderen Partnern keine großen Veränderungen aus der Umstellung: "Unsere Partnerverträge bleiben im Wesentlichen erhalten, wenn sich auch Etwas in einzelnen Modulen ändern könnte". So wird das Cognos-Partner-Programm durch "ValueNet Plus Programm" der IBM ersetzt. Laut Erik Purwins, Schatzmeister der CUG und Unit Manager Business Intelligence PPI AG, bedeutet dies, dass IBM sämtliche Partnerverträge, die üblicherweise jedes Jahr erneuert werden, auslaufen lässt und durch eigene ersetzt. "Bisher wissen wir nicht, wie das aussehen wird. Es gibt aber Gerüchte, dass IBM Reseller künftig besser stellen will".