Digitaler Wandel

Die IT-Budgetierung folgt neuen Gesetzen

19.03.2018 von Bernd Worlitzer
Viele Unternehmen sind dabei, sich im Zuge der digitalen Transformation neu zu erfinden. Dabei verwenden die IT-Finanzverantwortlichen aber oftmals noch Budgetierungs-Tools und -Prozesse von gestern. Es ist Zeit umzudenken.

Die IT-Budgetierung ist ein zeitaufwendiger und nervenaufreibender Vorgang. Oft wird das IT-Budget lediglich aus den Vorjahreszahlen fortgeschrieben, ausgehandelt und übers Jahr strikt verfolgt. Dabei stehen hier zunehmend Aspekte des Unternehmenserfolgs sowie mitunter gewaltige Geldsummen auf dem Spiel. Folgende Ansätze helfen, die IT-Budgetierung zu modernisieren.

Die Bestandteile einer zukunfstfähigen IT-Budgetierung.
Foto: Catenic AG/PMCS.helpline

1. Erstellen und Verwalten eines verständlichen IT-Servicekatalogs

Oft erschwert ein komplexes Netzwerk aus Interaktionen und gegenseitigen Abhängigkeiten unnötig die Nutzung von IT-Produkten und -Services. Geräte, Software und Lizenzen sind über zahlreiche Workstations in unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen verteilt. Sie erzeugen Kosten, ohne dass ihr Nutzen für das Unternehmen nachweislich geklärt ist. Um aus dieser Sackgasse herauszufinden und überflüssige Ausgaben zu vermeiden, ist eine detaillierte Analyse der genutzten IT ein wichtiger Schritt.

Ein IT-Servicekatalog, in dem sämtliche IT-Produkte und -Services detailliert und verständlich aufgelistet sind, hilft, das Angebot übersichtlich für interne und externe Anwender zu bündeln. Er dient dazu, alle IT-Services - inklusive Kosten - transparent darzustellen, so dass alle Abteilungen und Stakeholder sämtliche relevanten Informationen entnehmen und verarbeiten können. Mit Blick auf das IT-Budget bedeutet dies, dass eventuelle Über- oder Unterdeckungen schnell erkannt und beseitigt werden können. Zudem lassen sich Chancen für eine nutzenorientierte Budgetierung besser wahrnehmen und ergreifen. Der Katalog bietet eine verlässliche Grundlage, um entsprechende Anpassungen vorzunehmen.

2. Wahl eines geeigneten Budgetierungsansatzes

Finanzmanagern kommt im IT-Budgetprozess eine hohe Verantwortung zu. Die Leistungen der unterschiedlichen Abteilungen müssen auf gemeinsame Ziele ausgerichtet sein und die Ausgaben entsprechend geplant werden. Hier ist die Wahl des Budgetierungsansatzes entscheidend. Die erste Frage, die geklärt werden muss, lautet: Gehen sämtliche Entscheidungen vom zentralen, hierarchisch weit oben angesiedelten (Finanz-)Management aus oder können einzelne Abteilungen, Sub- und Tochterunternehmen bezüglich ihrer Vorgänge autonom entscheiden? Ausgehend von der Antwort lassen sich alle Unternehmen auf einer Skala von zentral bis dezentral einordnen.

Abhängig vom Ergebnis kommt einer der drei folgenden Budgetierungsansätze in Frage:

Dieser Ansatz ist der vielversprechendste, doch er braucht mehr Ressourcen als die beiden anderen; außerdem ist der Kommunikationsbedarf zwischen Abteilungen und Management hoch. Aufgrund des Potenzials sind iterative Budgetierungsprozesse erstrebenswert, tatsächlich gibt es aber keinen notwendigerweise richtigen oder falschen Ansatz. Wichtig ist vielmehr eine detaillierte Analyse der eigenen Unternehmensstrukturen, um darauf aufbauend die geeignete Strategie zu finden.

3. Priorisierung des IT-Budgets

Nachdem der IT-Servicekatalog steht und ein passender Ansatz zur Budgetierung der IT-Services und Produkte gewählt wurde, geht es um die Budgetverteilung selbst. Allgemein lassen sich die IT-Kosten in zwei oder drei Kategorien einteilen. Häufig spricht man von:

Die erste Kategorie umfasst Kosten, die zur Instandhaltung laufender Geschäftsvorgänge notwendig sind. Die beiden letzteren beziehen sich auf Wachstum beziehungsweise Veränderungen derselben. Es kommt immer wieder vor, dass "Growing" und "Transforming" zu der Kategorie "Grow" zusammengefasst werden - manchmal ist auch von "Change" die Rede. In den folgenden Erläuterungen werden wir uns auf die Unterscheidung von Run- und Grow-Kosten beschränken.

Die erste Herausforderung bei der Budgetierung von Run- und Grow-Kosten in der IT ist das Kategorisieren aller IT-Services und -Produkte. Meist teilt man den Run-Kosten all das zu, was dazu beiträgt, dass die Geschäfte durchgängig weiterlaufen, also im Kern die Betriebskosten. Im Gegensatz dazu beziehen sich Grow-Kosten auf IT-Projekte, die für Wachstum und Veränderung sorgen sollen. Dies sind sehr grobe Richtlinien, jedoch ist es wichtig, firmenintern detailliert festzulegen, welche Services und Produkte zu welcher Kategorie gehören und warum.

Alle IT-Services im Unternehmen sollten am Ende einer der beiden Kategorien klar zugeordnet worden sein. Geschieht das nicht, können auf lange Sicht Probleme in Form "technischer Schulden" entstehen. Zusätzliche Mittel werden dann im Bereich Run oder Grow nötig, weil der IT-Einsatz für bestimmte Aufgaben nicht korrekt kalkuliert und das notwendige Budget fälschlicherweise an anderer Stelle verplant wurde.

Im Durchschnitt verwenden die Unternehmen heute rund 70 Prozent ihrer IT-Investitionen für den Run-Bereich und 30 Prozent für Grow-Initiativen. Das kann allerdings je nach Branche variieren. Tatsächlich besteht aber weitgehende Einigkeit darin, dass die Mittel für den Grow-Bereich wachsen sollten. Eine 50-zu-50-Aufteilung wird oft als Idealwert angesehen.

Es gibt auch Unternehmen, die mit einer Budget-Aufteilung von 30 Prozent Run zu 70 Prozent Grow Erfolge aufweisen. Das gilt vor allem für Startups, die auf schnelles, aggressives Wachstum aus sind. Eine perfekt passende Budgetaufteilung für alle gibt es jedoch nicht. Finanzverantwortliche müssen sich in jedem neuen IT-Budgetierungszyklus gut überlegen, welche Chancen und Risiken mit ihren Entscheidungen verbunden sind, welche Ressourcen zur Verfügung stehen und vor allem, welche Unternehmensziele verfolgt werden.

4. Szenario-basierte Planung und der Nutzen von ITFM-Tools

Selbst wenn die beschriebenen Vorüberlegungen gemacht wurden, müssen sich Budgetverantwortliche fragen, anhand welcher Daten und Fakten sie ihre Entscheidungen treffen wollen und wie sich alles aussagekräftig und effizient dokumentieren und kommunizieren lässt. Hier können Software-Tools für das IT Financial Management (ITFM) unterstützen, die diese Prozesse optimieren und teilweise auch automatisieren. Eine solche Software kann beispielsweise Benchmarks und sonstige Kennzahlen nutzen, um daraus automatisch einen auf die Anwender zugeschnittenen, transparenten IT-Servicekatalog zu erstellen und zu aktualisieren. Das entlastet Finanzverantwortliche, die sich nicht mehr mit zeitaufwendigen, fehleranfälligen Excel-Tabellen arrangieren müssen.

ITFM-Tools helfen auch, Budgets abteilungsübergreifend zu priorisieren. Durch den Einsatz standardisierter Kennzahlen sowie Daten vergangener Geschäftszyklen lassen sich Abteilungswachstum und IT-Entwicklungskosten berechnen. Des Weiteren werden Analysen derjenigen Grow-Projekte möglich, die sich mit der Zeit in den Run-Betrieb integriert haben.

Eine besonders hilfreiche Funktion solcher Tools ist die so genannte Szenario-basierte Planung: ausgehend von vorhandenen Finanzdaten und Budgetierungsüberlegungen wird dabei ein Planszenario für das IT-Budget des zukünftigen Verrechnungszeitraums erstellt. Von diesem Ausgangspunkt aus lassen sich dann gegebenenfalls viele weitere davon abgeleitete Szenarien erstellen und prüfen, um mögliche Konsequenzen für Kostenentwicklungen, Gewinnspannen und Wertgenerierung zu untersuchen.

Beispielsweise kann schnell hochgerechnet werden, wie sich außerplanmäßige Entwicklungen auf die IT-Kosten auswirken oder sich das Budget verändert, wenn Services in die Cloud verlegt werden. Sichtbar wird zudem, was geschieht, wenn Lieferpreise eines IT-Services ansteigen. Vor allem in der Umsetzung agiler Projekte kann die Szenario-basierte Planung wertvolle Einsichten liefen. Oft ist bei solchen Vorhaben eine verlässliche Wirtschaftlichkeitsrechnung nicht möglich, da sie systembedingt mit Risiken verbunden sind. Das Durchspielen verschiedener Resultate kann hier für mehr Flexibilität und Voraussicht sorgen - vor und während der Projektumsetzung.

In vielen Unternehmen ist IT heute nicht mehr nur ein unterstützendes Element der Geschäftsabläufe, sondern Dreh- und Angelpunkt sämtlicher Unternehmensprozesse. Ob es sich um Hardware, Software oder Netzwerke handelt: Business ohne IT lässt sich nicht mehr denken. Deshalb ist es sinnvoll, die IT-Budgetierung den neuen Zeiten anzupassen. Der Einsatz von IT-Servicekatalogen und ITFM-Software sowie eine umfassende Analyse und Kommunikation von Budgetierungsansätzen, Budget-Splits und dazugehörigen Kennzahlen können helfen, die IT-Budgetierung von Grund auf zu erneuern.