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Die ersten Jobs der Chefs

18.11.2010 von Alexandra Messmer
Sie arbeiteten auf dem Bau, am Fließband, in der Putzkolonne und lernten daraus für ihr Leben: IT-Manager erinnern sich an ihren ersten Job.

Young Professional wollte von IT-Managern wissen, womit sie ihr erstes Geld verdient und was sie daraus gelernt haben. Herausgekommen sind 14 ganz unterschiedliche Geschichten, die eines zeigen: Die meisten haben sich schon früh engagiert und dabei wichtige Erfahrungen gesammelt.

1. Michael Kranz: Der Programmierer

Michael Kranz leite das Informations-Management beim Abfüllanlagenhersteller Krones. Seine Liebe zur IT entdeckte der 48-Jährige Ende der 70er Jahre. Als Schüler jobbte er in einem Bremer Systemhaus. "Ich habe dort in Pascal programmiert und an einem Vokabeltrainerprogramm mitentwickelt, das auf einer frühen CeBIT das Licht der Öffentlichkeit erblicken durfte - Standdienst inbegriffen", erinnert sich Kranz. Seine Programmierfähigkeiten brachten den damals 20-Jährigen 1982 bis in den niedersächsischen Endausscheid des Wettbewerbs "Jugend forscht", wie dieses Bild zeigt.

2. Peter Meyerhans: Tuner und Akrobat

Peter Meyerhans arbeitet seit 1998 als CIO beim Stuttgarter Spezialisten für Projekt-Management, Immobilienberatung und Engineering Drees & Sommer. Davor war er im Maschinen- und Anlagenbau tätig, davon drei Jahre im internationalen Automobilrennsport. Die Liebe zum Auto begann sehr früh. Denn bereits ab der siebten Klasse half Meyerhans drei Jahre lang in einer Autowerkstatt aus. Damals verdiente er 20 Schweizer Franken in der Woche. Die Neigung zu vielen PS setzte sich auch in der ersten beruflichen Ausbildung fort, denn der Schweizer absolvierte eine Lehre als Maschinenmechaniker. Unter seinen Freunden war er sehr beliebt, denn er verstand sich auf das Tunen von Mofas, was ihm in der Lehrzeit ein zusätzliches Taschengeld einbrachte.

Ab dem 18. Lebensjahr versuchte er sich als Skiakrobat und Skilehrer, überlegte sogar kurzfristig, hauptberuflich als Wintersportler tätig zu sein. Schließlich besann er sich wieder auf seine naturwissenschaftlichen Begabungen und studierte zunächst Informatik mit Abschluss und setzte dann ein Wirtschaftsingenieurstudium drauf.

3. Angelika Gifford: Allein unter Pferden

Angelika Gifford, Mitglied der Geschäftsleitung von Microsoft Deutschland, verfolgte ihre Ziele schon immer konsequent. Als Reiterin fand sie zu Studentenzeiten einen Nebenverdienst, wo sie Talent und Interesse einbringen konnte: Für die Lufthansa begleitete sie Pferdetransporte von Houston nach Frankfurt. "Es war sehr spannend, bei den Tieren im Transportraum zu sitzen, ausgestattet mit Sauerstoffflasche und Beruhigungsspritzen. Letztere hatte ich für den Fall in der Tasche, wenn es einem Pferd in 10.000 Metern Höhe nicht mehr so gut gefiel." Dadurch konnte sie nicht nur ihren Lieblingstieren nahe sein, sondern bekam noch Gelegenheit, ihre Sprachkenntnisse in den USA zu vertiefen. "Das Arbeiten war eine kleine Herausforderung, denn jedes Tier reagierte bei seiner Verladung anders. Damals habe ich gelernt, dass verschiedene Wege ans Ziel führen, " sagt die 45-Jährige.

4. Markus Grimm: Und es hat bumm gemacht

Als studentische Hilfskraft arbeitete Grimm, heute CIO des DKV Euro Service, beim Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik in Stuttgart. Er sollte herausfinden, wie Material für schusssichere Westen mit Niederdruckplasma beschichtet werden kann. "Der Aufbau bestand aus vier Kammern. Jede war an eine Vakuumpumpe angeschlossen. Das Material wurde per Flaschenzug von einer zur anderen Kammer transportiert." Die erste Kammer diente zum Einbringen des Materials und zum Druckausgleich, dann öffnete sich eine Klappe zur nächsten Kammer, in der im Niederdruckplasma getrocknet wurde. In der dritten Kammer erfolgte die Beschichtung im Plasma. Dabei entstanden herrliche Farben, zartes Rosa bis dunkleres Violett. Die vierte Kammer war zum Ausgleich des Drucks und Ausbringen des Materials gedacht. "

Die Pumpen und Ventile wurden per PC gesteuert. "Der Testlauf ging gründlich schief! Ein Kammerventil öffnete zu früh, während der Druckausgleich noch nicht gegeben war. Es gab einen Riesenknall. Die Anlage im Ausmaß zwei mal drei mal fünf Meter hob sich um zehn Zentimeter. Meine Lernkurve lag hoch: Ein Zeitpuffer könnte nicht nur Vorteile, sondern auch Ruhe in den Prozess bringen", erinnert sich Grimm. Schlussendlich war das Verfahren sehr erfolgreich, Grimm durfte am Tag der offenen Tür die Anlage erklären - im geliehenen Anzug. "Es hat mir viel Spaß gemacht: ein Projekt von Anfang an zu planen und am Ende vorzustellen. Mit der Verbindung von IT und Business wurde mir klar, welchen Mehrwert die IT (hier die Steuerung der Anlage) für den Erfolg bieten kann. Aus der IT wollte ich nicht mehr weg."

5. Ulrich Dietz: Ein ausdauernder Schrauber

Ulrich Dietz gründete GFT 1987 und ist heute Vorstandschef der Unternehmensgruppe mit 1.300 Mitarbeitern. Mit der Restaurierung einer Harley Davidson Baujahr 1940 konnte er im Alter von 16 sein Taschengeld erheblich aufbessern. Über einen Zeitraum von zwei Jahren zerlegte er ein Motorrad in seine Einzelteile und baute es wieder zusammen. Der Kunde, ein Schmuckunternehmer aus Pforzheim, hatte im Laufe der Zeit den Spaß an seinem Hobby verloren. Dies wurde Dietz in der Endphase der Restaurierung klar. Also beschloss er, das Interesse des Schmuckunternehmers erneut zu wecken. Mit intensiver Kommunikation, präziser Arbeit und mehreren Probefahrten konnte er ihn doch "bei der Stange halten". "Dieser erste Job machte mir klar, dass es wichtig ist, sehr sorgfältig zu arbeiten und dabei sein Umfeld zu beobachten. Natürlich war es erfreulich, dass die Arbeiten nach Zeit und Aufwand bezahlt wurden - so zahlte sich die Mühe dann auch aus."

6. Astrid Fey: Die Zielstrebige

Astrid Fey leitet seit sechs Jahren das IT-Referat des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. Sie hat in Politikwissenschaften promoviert und vor zwei Jahren ihr nebenberufliches Masterstudium in Informatik abgeschlossen. Dass sie studieren und einen Doktor machen würde, wusste die Zielstrebige schon mit zwölf Jahren. "Meine Großmutter bestärkte mich in meinem Plan", erinnert sich die 46-Jährige. Die andere Seite des Berufslebens lernte Fey kennen, als sie mit 19 Jahren für eine Reinigungsfirma jobbte und in Banken, Schulen und Krankenhäusern putzte. Sie war als Springerin eingesetzt und kam dort zum Einsatz, wo eine Putzfrau ausgefallen war. Eines Tages begegnete ihr eine Vorarbeiterin, die nach der Schicht von Mann und Kind abgeholt wurde. Die Frau kam Fey bekannt vor. Sie konnte ihr Alter schlecht einschätzen, da ihr schon Zähne fehlten. Schließlich kamen die beiden Frauen darauf, dass sie in der Grundschule gemeinsam eine Klasse besucht hatten.

7. Goy Hinrich Korn: Muskelkater am Förderband

Goy Hinrich Korn leitet den Bereich Organisation / EDV der Krone Gruppe, zu der das Fahrzeugwerk Bernard Krone, Hersteller von LKW-Anhängern und Sattelaufliegern, gehört: Mit Fahrzeugen kam der Informatikstudent nach dem zweiten Semester in Berührung.

Sein Ferienjob führte ihn 1985 ins VW-Werk nach Wolfsburg. Dort war es seine Aufgabe, Autofelgen von einem Förderband abzuhängen und auf ein anderes Förderband zu legen. "Am Anfang bekam ich Muskelkater. Nach einer Woche habe ich die Arbeit mit zwei Fingern erledigt," erinnert sich Korn. Da das zweite Förderband tiefer als das erste gelegen war, musste Korn nur die Schwerkraft ausnutzen: "Ich habe sozusagen meinen Arbeitsprozess optimiert."

8. Jürgen Renfer: Als die Berater noch Jeans trugen

Jürgen Renfer ist IT-Leiter beim Bayerischen Gemeindeunfallversicherungsverband und der Landesunfallkasse. Als Schüler und später als Chemiestudent war er als freier Berater für "EDV- Lösungen" auf Fachmessen
unterwegs: Ohne Anzug, ganz leger, wie es Anfang 1980 üblich war. Gern erinnert sich Renfer an diese "Goldgräberzeit" zurück: " Man konnte bequem Geld verdienen und viel Spaß dabei haben. Man hatte den Eindruck, auf einem riesigen Feld mit vielen weißen Flecken auf der Landkarte zu agieren, die es zu erforschen galt. Man lernte Maschinen und Systeme kennen, die heute andere Assoziationen wecken würden: Osborne 1 ist kein Musiker und PET kein Haustier." Renfer lernte viele interessante Menschen kennen, die Kontakte haben teilweise bis heute gehalten.

9. Thomas Henkel: Schule des Lebens

Henkel verantwortet als Vice President die globale IT des Sportartikelkonzerns Amer Sports. Mit 15 machte er Eisenbahnerwohnheime sauber, später putzte er auf einer Kinderkrebsstation. "Das half mir, meine Probleme in Relation zu diesen Schicksalen zu sehen. Ich denke heute oft an diese sechs Wochen: abends mit Freunden im Biergarten und am nächsten Tag die Verzweiflung, aber auch Stärke der Familien, deren Kinder unheilbar erkrankt waren." Später jobbte er bei einer Baufirma, im Arzneimittelgroßhandel, als Taxifahrer, in einer Versicherungsagentur, als VIP-Chauffeur, im Catering und Consulting. Diese Jobs halfen ihm, nicht nur das Studium zu finanzieren, sondern auch sein "Weltbild" zu entwickeln. "Man erkannte deutlich den Unterschied zwischen elternfinanzierten und selbstfinanzierten Studenten", sagt Henkel. "Auch wenn ich es oft gern etwas bequemer gehabt hätte, bin ich sehr froh, durch diese ‚Schule des Lebens` gegangen zu sein."

10. Bert Bloß: Ein Großrechner für den Ostblock

Zu Beginn seiner Technikerkarriere in der DDR lernte der heutige IT-Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung, findig im Nachbauen zu sein. 1986 war Bloß als Inbetriebnahme-Ingenieur verantwortlich für einen Großrechner von Robotron. Dieses Einheitliche System Elektronischer Rechentechnik (ESER) war mit dem IBM System/390 weitgehend baugleich. Bloß lernte, "Ziele in kurzer Zeit unter schwierigen Bedingungen zu erreichen und sich sorgfältig vorzubereiten. Was man in Bulgarien oder der UdSSR nicht mithatte, konnte man nicht über Internet bestellen." Von den Erfahrungen profitiert er bis heute. Er lernte Teamarbeit und persönliche Kontakte schätzen, entwickelte die Fähigkeit, "schnell und richtig auf unvermittelt eintretende Probleme zu reagieren". Da er die kopierte Technik kannte, war er nach der Wende "sofort in der IBM-Welt zu Hause".

11. Sebastian Saxe: Auch Norddeutsche lieben Skifahren


Sebastian Saxe verantwortet als CIO die IT der Hamburg Port Authority, die für die behördlichen Belange des Hamburger Hafens zuständig ist. Während seines Mathematikstudiums trieb Saxe viel Sport und verband das Angenehme mit dem Nützlichen: "Über den Hamburger Skiverband habe ich ein Alpin-Skilehrer-Patent beim DSV erworben und begleitete Jugend- und Studentenreisen als norddeutscher Skilehrer. In Hamburg gibt es unheimlich viele Skifahrer, so dass ich in den Semesterferien regelmäßig die Gelegenheit hatte, Urlaub und Arbeit auf sehr angenehme Weise miteinander zu verknüpfen. Heute unterrichte ich nicht mehr, fahre aber noch sehr gerne Ski und zwar mit den klassischen, geraden Brettern, die eine gute Technik erfordern. "

12. Thomas Roessler: Geld und Anspruch

Dass der IT-Leiter des Medienhauses Südhessen im Beruf Herausforderung und Abwechslung sucht, wurde ihm als Schüler bewusst: Sein erstes Geld verdiente er auf dem Bau, und zwar 15 Mark pro Stunde. "Das war für die 80er Jahre ein gut bezahlter, aber extrem langweiliger Job. Die eintönige Arbeit war die Hölle für mich", erinnert er sich. Seine Ausbildung zum Industriekaufmann bot ihm interessante Aufgaben in der Produktionsplanung und -steuerung. Sein technischer Leiter sagte zu ihm: "Sie sind wirklich sehr gut in Ihrer Arbeit, aber mehr Geld kann ich Ihnen nicht zahlen, denn sie haben ja nur eine Ausbildung!" Ein Jahr später studierte Roessler und arbeitete für zwei Monate in seinem alten Beruf - nun zu einem höheren Stundenlohn.

13. Horst Westerfeld: Mittagspause um Mitternacht

Der CIO des Landes Hessen absolvierte eine Lehre als Maschinenschlosser bei Mercedes-Benz: "Als Student jobbte ich dort in der Motorenventil-Fertigung, in den Semesterferien, alternierend je 50 Stunden wöchentlich in der Tag- und Nachtschicht. Weil ich mich auskannte, wurde ich als Springer eingesetzt und lernte den Produktionszyklus kennen. Die Nachtschicht habe ich als sehr schön in Erinnerung. Mittagspause war um Mitternacht. Mit Kollegen saß ich draußen vor den Fertigungshallen, alle Maschinen ausgeschaltet. Es hatte etwas Friedvolles, sich eine Auszeit von der körperlichen Arbeit zu nehmen und bei Bildzeitung, Brötchen und Fleischwurst die warme Sommernacht zu genießen. "

14. Frank Mang, Der Aufstieg in die Bettwäscheabteilung

Frank Mang, bei Accenture als Executive Partner für über 1200 Mitarbeiter im Bereich Technology Solutions verantwortlich, ging als Informatikstudent in die USA. In San Fernando Valley in Canoga Park arbeitete er zwei Monate in einem Marshals Department Store - für 3,45 Dollar in der Stunde in der Schuhabteilung: "Theoretisch sollte ich Schuhe verkaufen, praktisch habe ich aber nur Waren eingeräumt, anprobierte Schuhe wieder in die Regale gestellt und Preise ermittelt. Die Kunden haben oft die Preistags abgerissen und dann gehofft, die Schuhe billiger zu bekommen. Das hat aufgrund einer ausgeklügelten Codierung nicht geklappt, mir aber Arbeit gemacht." Mang machte seinen Job aber so gut, dass er nach fünf Wochen aufstieg und als Urlaubsvertretung in der Bettwäscheabteilung landete: "Seitdem weiß ich, dass King und Queen Bettgrößen sind."

Die Geschichten sammelten die CW- und CIO-Redakteure Manfred Bremmer, Alexander Dreyssig, Horst Ellermann, Joachim Hackmann, Patrick Hagn, Simon Hülsbömer, Hans Königes, Alexandra Mesmer und Stefan Ueberhorst.