Green-IT

Die Effizienz von Rechenzentren lässt sich messen

15.01.2008 von Gabriele Wehner
Beim Auto ist die Sache klar: Gemessen wird der Durchschnittsverbrauch auf 100 Kilometern. Eine vergleichbare Kennzahl für Rechenzentren bisher (noch) nicht.

Steigende Energiepreise bei gleichzeitig wachsendem Kapazitätsbedarf im Rechenzentrum machen den verbrauchten Strom zu einem wichtigen Kostenfaktor. Während seiner Lebensdauer verursacht beispielsweise ein durchschnittlicher x86-Einstiegs-Server mittlerweile Stromkosten, die seinem Anschaffungspreis entsprechen.

Für die Optimierung der Energieeffizienz ist dabei immer der Blick auf das Gesamtsystem wichtig. Denn nicht nur die Server sollten sparsam sein, gerade auch Kühlung und die sonstige RZ-Infrastruktur verursachen hohe Energiekosten. Und richtig eingesetzt kann auch die entsprechende Management-Software dabei helfen, Energie zu sparen.

Kennzahlen für die Energieeffizienz im Rechenzentrum

Damit bestimmt werden kann, wie energieeffizient ein Rechenzentrum arbeitet, hat das Konsortium The Green Grid zwei Kennzahlen entwickelt: Power Usage Effectiveness (PUE) und ihr Gegenstück Data Center Infrastructure Efficiency (DCiE) beschreiben, welcher Anteil des Energieverbrauchs im Rechenzentrum für die eigentliche Datenverarbeitung genutzt wird. Je höher dieser Anteil, desto effizienter arbeitet das Rechenzentrum.

Die Kennzahlen sind wie folgt definiert:

Dabei versteht das Konsortium unter Total Facility Power den Stromverbrauch der gesamten Einrichtung. Hierzu zählt auch die unterstützende Infrastruktur wie Stromversorgung, Kühlungssysteme und zum Beispiel die Beleuchtung. Die Total Facility Power wird am oder nahe beim Stromzähler gemessen und ist normalerweise problemlos zu bestimmen. Vorsicht ist allerdings geboten bei Gebäuden mit gemischter Nutzung, in denen außer dem Rechenzentrum beispielsweise auch noch Büros untergebracht sind. Hier ist es wichtig, dass tatsächlich nur der Stromverbrauch des Rechenzentrums erfasst oder im Notfall abgeschätzt wird.

Um den Energieverbrauch zu senken, werden Lösungen sowohl auf Seiten der RZ-Infrastruktur als auch der IT benötigt.

"IT-Equipment Power" hingegen ist ausschließlich die Energie für die Geräte, die Daten im Rechenzentrum verwalten, verarbeiten, speichern oder weiterleiten. Dazu gehören die Rechner, Speicher und die Netzwerkausrüstung sowie KVM-Switches, Monitore und Workstations für die Steuerung des Rechenzentrums.

Für die Messung der IT-Equipment Power muss eine Stelle gewählt werden, die hinter allen Stromumrichtern, Switches und Kühlungsgeräten kurz vor der eigentlichen IT-Ausstattung liegt. Ein geeigneter Punkt ist hierfür in den meisten Rechenzentren am Ausgang der Power Distribution Units im Rechnerraum zu finden.

Im Ergebnis kann die Kennzahl PUE zwischen 1 und unendlich liegen, wobei das Rechenzentrum umso effektiver arbeitet, je näher die Zahl sich der 1 annähert. Umfassende Vergleichsstudien liegen bisher zwar noch nicht vor, das Green-Grid-Konsortium geht aber davon aus, dass die meisten Rechenzentren eine PUE von etwa 3,0 oder höher erreichen. Durch Verbesserungen des Rechenzentrums-Designs sollten aber Werte von etwa 1,6 erreichbar sein.

Kennzahlen in der Praxis

Dass die recht einfach zu bestimmenden Kennzahlen PUE und DCiE praxistauglich sind, bestätigt Thomas Tauer, Director Site and Facilities Services bei IBM. "Das Thema Energieeffizienz kommt bei den meisten Anwendern jetzt erst so langsam auf die Tagesordnung", so der Manager. "Seit vermehrt Techniken mit hoher Leistungsdichte auf wenig Raum zum Einsatz kommen, wird die Optimierung der Energieeffizienz aber für viele Anwender wichtig."

Tauer überprüft mit seinem Team die Effizienz von Rechenzentren und bestimmt dafür zunächst die Green-Grid-Kennzahlen. "Auf dieser Basis können wir dem Anwender dann Sofortmaßnahmen sowie mittel- und längerfristige Veränderungen vorschlagen, um die Effizienz zu verbessern. Oft lässt sich mit einfachen Veränderungen zum Beispiel im Doppelboden des Rechenzentrums bereits eine spürbare Verbesserung der PUE erreichen." Dabei eignen sich die Kennzahlen vor allem, um innerhalb eines Rechenzentrums Verbesserungen zu erreichen und zu überprüfen. Ein Vergleich von RZs mit unterschiedlichen Anforderungen, beispielsweise an die Verfügbarkeit, ist allerdings noch schwierig.

Das "Drei-Liter-Rechenzentrum"

Das Green Grid Consortium arbeitet deshalb weiter an den Metriken. Ziel ist es, eine Kennzahl zu entwickeln, mit deren Hilfe die Produktivität des Rechenzentrums gemessen werden kann. Diese Zahl müsste aus einem Quotienten der tatsächlichen produktiven Arbeit und des gesamten Stromverbrauchs errechnet werden ? wobei noch definiert werden muss, wie sich die produktive Arbeit zahlenmäßig darstellen und messen lässt.

Darüber hinaus arbeiten auch andere Organisationen an der Messbarkeit der Energieeffizienz von Hardware. So haben die US-amerikanische Environmental Protection Agency (EPA) und die Standard Performance Evaluation Corporation (SPEC) Ende letzten Jahres einen Benchmark für die Energieeffizienz auf Server-Ebene herausgebracht. Für Anfang dieses Jahres plant die EPA außerdem die Zertifizierung von Servern mit dem Energy Star.

IBM-Manager Tauer weist darauf hin, dass viele Anwender derzeit noch nicht detailliert wissen, wer in ihrem Rechenzentrum wie viel Strom verbraucht. Das wird sich ändern ? der Energieverbrauch wird jetzt als Teil des IT-Budgets aufgefasst, und damit steigt das Interesse daran, Stromfresser zu eliminieren. Die Arbeit an den entsprechenden Kennzahlen sollte es bald möglich machen, energieeffiziente Hardware und Rechenzentren auf einen Blick zu erkennen ? wie das "Drei-Liter-Auto" als Ideal des sparsamen PKW. (kk)

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