Energiekosten im Data Center

Die effizientesten Server im Test

01.11.2010 von Christian Vilsbeck
Die Energiekosten der Server im Data Center entwickeln sich zum gewichtigen Kostenfaktor. Ein Ranking der effizientesten Rack-Server mit Intel-Xeon- oder AMD-Opteron-CPUs hilft bei der Kaufentscheidung.

Die vollmundigen Herstellerversprechen in Sachen Green IT stoßen bei Data Center-Managern allzuoft auf taube Ohren. Ihnen geht es nicht um Hype-Themen sondern um nüchterne Zahlen. Können Sie gegenüber dem Business-Management belegen, dass ein neuer Server bei einer gegebenen oder sogar höheren Performance weniger Energiekosten als ein installiertes Modell verursacht, ist die Investition schnell genehmigt. Entscheidend ist deshalb wieviel Leistung pro Watt ein Server bietet.

Nach Berechnungen von IDC arbeiten 70 Prozemt sämtlicher x86-Server heute mit zwei Prozessoren. Auf der Suche nach einem passenden Modell stoßen IT-Entscheider schnell auf die geeignete CPU-Plattform: Die besten Leistungswerte liefern Server mit Intels Xeon-5600-Familie. Ausgestattet mit Hexa-Core-Techniken sind sie in vielen Bereichen der Benchmark. Zur Auswahl stehen in diesem Kontext indes auch noch AMDs Opteron 6100-CPUs mit zwölf Kernen. Wie aber steht es um die Energieeffizenz dieser Systeme?

CPU-Vergleich reicht nicht aus

Besitzt ein Server mit Xeon- oder AMD-Prozessoren möglichst identische Komponenten, so lässt sich die Frage, welche Plattform die beste Energieeffizienz bietet, schnell anhand der gewählten CPUs beantworten. Lesen Sie hierzu den Artikel Neue Generation im Test - AMD Opteron 6174 mit 12 Kernen; darin finden Sie die Energieeffizienz verschiedenster Prozessoren bei möglichst identischen Komponenten im Vergleich.

In der Praxis wird es bei den angebotenen Servern von Dell, FTS, HP, IBM, Sun und Konsorten schon schwieriger, denn die Systeme diversifizieren und positionieren sich gerade durch unterschiedliche Komponenten. Rückschlüsse auf die Energieeffizienz des Servers nur anhand der verbauten CPUs zu ziehen wird schwierig.

Doch es gibt Abhilfe: Das herstellerunabhängige Benchmark-Konsortium SPEC stellt seit Anfang 2008 mit dem SPECpower_ssj2008 den ersten Industrie-Standardtest für die Evaluierung der Performance- und Energiecharakteristika von Standard-Servern zur Verfügung. Die bekannten Server-Hersteller veröffentlichen auf SPEC für ihre Systeme die Energieeffizienz mit SPECpower. Dabei achten die Hersteller darauf, die bestmöglichen Resultate zu erreichen - mehr Energieeffizienz ist nicht drin!

In diesem Artikel präsentieren wir Ihnen die Rechenleistung pro Watt der besten Server mit zwei Prozessorsockeln. Neben der Energieeffizienz finden Sie zusätzlich die Performance sowie den Energieverbrauch der Server im Leerlauf und unter Volllast. Wenn Sie auf der Suche nach der besten Virtualisierungslösung sind, lesen Sie den Artikel "Die Top-Server für Virtualisierung".

Standardisierter Benchmark für Energieeffizienz

SPECpower_ssj2008 wurde vom Benchmark-Konsortium SPEC gemeinsam mit AMD, Dell, Fujitsu-Siemens (dem heutigen FTS), Hewlett-Packard, Intel und Sun entwickelt. SPECpower_ssj2008 simuliert Lastzustände von 0 bis 100 Prozent in Zehn-Prozent-Schritten. Dabei ermittelt der Benchmark sowohl die Performance als auch den dazugehörigen Energieverbrauch des Systems.

SPECpower_ssj2008 basiert auf dem Java-Server-Benchmark SPECjbb2005 von SPEC. Somit wird der Workload des Energieeffizienztests über eine typische Client-Server-Anwendung emuliert. Die Server-Leistung mit Java ermittelt der Benchmark über XML-Processing sowie aufwendige Dezimalberechnungen. SPECpower_ssj2008 unterstützt Multithreading und skaliert sehr gut mit der Anzahl der Prozessoren in einem Server. Für die Performance bei SPECpower_ssj2008 sind neben den CPUs und deren Caches die Speicherhierarchie und das Bus-System zwischen den Prozessoren verantwortlich. Die Leistungsfähigkeit des Storage-Subsystems fließt in die Performance des Benchmarks nicht mit ein.

SPECpower_ssj2008: Der Benchmark kontrolliert über einen Controller-PC den Java-Workload auf dem Testsystem (SUT = System under Test). Der Workload lastet das System von 0 bis 100 Prozent stufenweise aus. Der Controller sammelt die Performance-Werte sowie die zugehörigen Energieverbräuche und ermittelt daraus die Energieeffizienz des Testsystems. (Quelle: SPEC)

Entscheidend für die erreichbare Leistung mit SPECpower_ssj2008 ist die Wahl der installierten Java-VM. Hier liegt auch der Nachteil des SPEC-Benchmarks. Die am weitesten verbreitete JVM stammt zwar von Sun, sie wird aber bei SPECpower_ssj2008 kaum verwendet. Stattdessen basieren fast alle bei der SPEC gemeldeten SPECpower_ssj2008-Ergebnisse auf die JVM JRockit von Bea. JRockit zeichnet sich bei diesem Benchmark durch teilweise um den Faktor zehn höhere Java-Performance aus. JRockit lässt sich zudem durch eine Vielzahl von Parametern feintunen. Erlaubt ist dabei alles, solange es dokumentiert ist.

Als Ergebnis gibt SPECpower_ssj2008 eine lastabhängige Performance/Watt-Kurve aus. Für jeden Lastzustand (Zehn-Prozent-Schritte) gibt es die ssj_ops als Leistungs-Angabe sowie den zugehörigen Energieverbrauch des Systems. Zusätzlich generiert SPECpower_ssj2008 einen gemittelten Gesamtwert, mit dem die Energieeffizienz eines Systems zum Ausdruck gebracht werden soll.

Energieeffizienz Performance/Watt

Der Gesamtwert von SPECpower_ssj2008 steht für die Energieeffizienz des Systems. Der Benchmark gibt die gemittelte Rechenleistung pro Watt an, die über alle Lastzustände von 10 bis 100 Prozent gemessen wird.

Die CPU-Energiesparoptionen SpeedStep (Intel) und PowerNow! (AMD) zum dynamischen Regeln von Taktfrequenz und Core-Spannung je nach CPU-Auslastung sind bei den SPECpower-Benchmark aktiv.

Im folgenden Diagramm zeigen wir die von den Server-Herstellern jeweils effizientesten Zwei-Sockel-Systeme:

32-nm-Phalanx: Die Server mit Intels Xeon-5600-Serie sind mit Abstand die effizientesten Modelle. Gefertigt werden die Hexa-Core-CPUs im 32-nm-Verfahren. Nur durch den Wechsel der CPUs von 5500er auf 5600er Modelle steigt bei Servern wie dem Dell PowerEdge R710 die Energieeffizienz um 54 Prozent. Einzig der Zwei-Sockel-Server HP ProLiant DL385 G7 mit AMDs 12-Core-CPU Opteron 6174 kann in der Effizienz halbwegs mit den Xeon-5600-Systemen mithalten.

Alle aufgeführten Server sind auf einen geringen Energieverbrauch optimiert und verfügen über die Grundausstattung. Entsprechend sind die Modelle nicht mit Vollbestückung bezüglich DIMMs, Festplatten und einem optionalen zweiten Netzteil ausgerüstet.

Interessant ist der Vergleich des HP ProLiant DL385 G6 mit dem DL385 G7. Die Energieeffizienz des Servers steigt durch den Plattformwechsel vom Opteron 2435 (Hexa-Core) auf Opteron 6174 (12-Core) um satte 69 Prozent.

Welchen Einfluss Low-Voltage-CPUs auf die Energieeffizienz haben, zeigt der Vergleich des Dell PowerEdge R710 mit Xeon L5530 (2,4 GHz / 60 Watt TDP) und Xeon X5570 (2,93 GHz / 95 Watt TDP). Trotz 13 Prozent geringerer Performance besitzt der Server mit dem Xeon L5530 eine drei Prozent höhere Effizienz.

Apples Xserve schneidet aufgrund der gewählten Java-Engine von Sun vergleichsweise schlecht ab. Der Xserve benötigt auch deutlich mehr Energie als die Konkurrenten, und die Java-Performance ist um zirka 58 Prozent langsamer als bei einem Dell PowerEdge R710 mit ebenfalls zwei Xeon X5570. Durch diese zwei Faktoren landet der Apple-Server auf dem letzten Platz - trotz effizienter CPUs.

Maximale Java-Performance

SPECpower_ssj2008 ermittelt bei 100 Prozent Prozessorauslastung die maximale Java-Leistung des Systems. Die Java-Engine lässt sich frei wählen. Fast alle Server-Hersteller verwenden bei SPECpower_ssj2008 die Java-Engine JRockit von Oracle/Bea in der 64-Bit-Version. JRockit zeichnet sich durch seine hohe Java-Performance aus. Nur IBMs J9 JVM führt Java-basierte Berechnungen noch etwas schneller durch. Chancenlos in der Performance ist die Java-Engine HotSpot von Sun.

Durch die Multi-Thread-Fähigkeit der Java-Engines werden bei den Zwei-Sockel-Servern alle vorhandenen Kerne voll ausgenutzt.

Java-Performance: Bei identischer Java-Engine von Oracle/Bea liegen die Server mit Xeon-5600-CPUs geschlossen in Führung. IBMs System x3650 M3 setzt sich durch die noch flinkere IBM J9 JVM innerhalb der Server mit Xeon X5670 an die Spitze. HPs ProLiant DL385 G7 mit 12-Core-Opterons liegt allerdings nur minimal zurück.

Wie sehr die Java-Performance von der gewählten Java-Engine abhängt, zeigt Apples Xserver mit Xeon-X5570-CPUs. Während alle Systeme mit den 2,93-GHz-Nehalem-Xeons und Oracle/Bea/IBM-Java-Engine an der Spitze liegen, muss sich der Apple-Server durch die verwendete Java-Engine von Sun mit dem letzten Platz begnügen.

Minimaler Energieverbrauch

SPECpower_ssj2008 führt neben den Lasttests zusätzlich Kalibrierungsmessungen über den Energieverbrauch im Leerlauf durch. Dabei wird der minimale Energiebedarf des Systems ermittelt.

Im folgenden Diagramm zeigen wir den minimalen Energieverbrauch der effizientesten Zwei-Sockel-Systeme der Server-Hersteller. Die Prozessoren nutzen ihre Power-Management-Features SpeedStep (Intel) und PowerNow! (AMD) aus:

Sparfüchse: Im Leerlauf macht es kaum einen Unterschied, ob im Server zwei Xeon L5530, X5570 oder X5670 verbaut sind. Dies zeigt sich sehr schön am Beispiel des Dell PowerEdge R710, der in allen drei CPU-Konfigurationen aufgeführt ist. Aus der Reihe fällt Apples Xserve. Das System besitzt zwar ein 750-Watt-Netzteil und ist mit mehr DIMMs ausgestattet, den Mehrverbrauch rechtfertigt dies jedoch nicht.

Maximaler Energieverbrauch

SPECpower_ssj2008 ringt dem Testsystem im Lastzustand 100 Prozent den maximalen Energieverbrauch ab. Alle Kerne der Prozessoren sind voll ausgelastet. Die aktiven JVMs fordern zusätzlich den Arbeitsspeicher der Systeme.

Unter Last: Am Beispiel des Dell PowerEdge R710 zeigt sich der Vorteil von LV-CPUs. Mit zwei Xeon L5530 (60W TDP) ist der Server 48 Watt genügsamer als mit zwei Xeon X5570 (95W TDP). Sind zwei Xeon X5670 mit ebenfalls 95 Watt TDP verbaut, so steigt der Energiebedarf auf 236 Watt. Die Hexa-Core-CPUs reizen den TDP-Wert mehr aus als die X5570-Modelle.

Alle Testdaten der Server

Das Benchmark-Konsortium SPEC verlangt bei jedem veröffentlichten Ergebnis von SPECpower_ssj2008 eine genaue Beschreibung des Testsystems und der Umgebung. Außerdem muss der getestete Server zum Veröffentlichungszeitpunkt auf dem Markt verfügbar sein.

Nachfolgend finden Sie die Testprotokolle der in unseren Balkendiagrammen enthaltenen Zwei-Sockel-Rack-Server:

Fazit

Wer einen besonders effizienten neuen Server sucht, kommt an Modellen mit Intels Xeon-5600-Prozessoren nicht vorbei. Die Kombination der hohen Performance bei moderatem Energieverbrauch macht die 32-nm-Hexa-Core-Xeons derzeit zur ersten Wahl bei Zwei-Sockel-Servern. Einzig Server mit AMDs Zwölfkern-CPU Opteron 6100 sind eine Alternative, allerdings bereits mit merklichen Abstand.

Steht nicht höchste Rechenleistung im Fokus, sondern ein möglichst geringer Energiebedarf, so empfiehlt sich ein Server mit einem Low Power Xeon. Mit den 60-Watt-CPUs (TDP) agieren die Server besonders unter Volllast konkurrenzlos sparsam mit der Energie.

Die Überprüfung der Energieeffizienz macht bei fast allen Servern eines sehr deutlich: Höhere Taktfrequenzen sorgen nicht für eine entsprechend höhere Performance pro Watt. Wenn somit nicht das letzte Quäntchen Leistung benötigt wird, sollten zugunsten besserer Performance/Watt-Werte energiesparende Xeons oder Opterons zum Einsatz kommen.

Die höchste Performance pro Watt bieten die Server allerdings unter Volllast, wie die Ergebnisse von SPECpower_ssj2008 bei allen Modellen deutlich zeigen. Deshalb sollten schon aus Gründen der Energieeffizienzsteigerung unausgelastete Server durch parallel arbeitende virtuelle Maschinen mehr Arbeit bekommen. (wh)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation TecChannel.de