Klarheit statt Begriffschaos

Die drei Gesichter der Cloud

16.04.2010 von Karin Quack
Wenn Begriffe wie Cloud Computing oder Software as a Service fallen, ist oft nicht klar, was damit gemeint ist. Hier gilt es, fein zu unterscheiden.
Die Cloud kann unterschiedliche Ausprägungen zeigen. Quelle: Pixelio/Joujou
Foto: Pixelio/Joujou

So ist das mit den Marketing-Begriffen: Jeder nutzt sie, aber kaum jemand kann genau sagen, was sie bedeuten. Walter Brenner, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Universität St. Gallen, will Ordnung in dieses Begriffschaos bringen: "Wir müssen uns erst einmal darüber klar werden, welche Modelle es für Cloud Computing und Software as a Service gibt und für welche Unternehmen sie sich jeweils eignen."

Im engeren Sinn bedeute Cloud Computing, Services von Dritten auf der Basis "neuzeitlicher" Zahlungsmodelle, beispielsweise Pay-as-you-use, zu kaufen, so der Wirtschaftsinformatiker. Dabei spiele es keine Rolle, ob diese Services in kompletten Applikationen beständen oder in infrastrukturnahen Leistungen wie dem Bereitstellen von Speicherplatz. Als Anbieter treten hier neben etablierten IT-Service-Providern wie T-Systems auch neue Anbieter auf, zum Beispiel Amazon oder Google.

Warum Anwender die Cloud meiden

Als Mitorganisator des "IT Operations Day 2010" hat der St. Gallener Professor im deutschsprachigen Raum nach Referenten gesucht, die bereits Erfahrungen mit neuen Anbietern wie Amazon oder Google vorzuweisen hätten. Aber bislang hat er kein Unternehmen gefunden, das bereit wäre, darüber zu sprechen.

IT Operations und die Cloud

  • Die Bereitstellung von Services im Sinne von Cloud Computing oder Software as a Service wird die interne Struktur der Rechenzentren und des IT-Betriebs spürbar verändern, prognostiziert Brenner.

  • Diese Veränderungen sind Gegenstand vieler der Vorträge auf dem diesjährigen "IT Operations Day".

  • Er wird am 6. Mai 2010 im Ernst-Reuter-Haus in der Nähe der Technischen Universität Berlin stattfinden.

  • Details finden Sie unter: http://www.it-operations-day.com.

Nicht nur Brenner stellt sich die Frage, warum sich die Unternehmen Themen wie Cloud Computing und Software as a Service so vorsichtig nähern. Seine Antwort: Die Firmen schrecken vor diesen Konzepten zum Teil aus Gründen der Strategie und der Architektur beziehungsweise wegen Datenschutz-Bedenken zurück. Auf der anderen Seite seine, so räumt der Wirtschaftsinformatiker ein, die Systeme von professionellen Anbietern wie Google seien vermutlich besser gesichert, als es sich mittlere und auch manch größere Unternehmen leisten könnten. Aber wer wolle das schon wahrhaben?

Neben diesem klassischen Cloud-Ansatz gibt es auch andere. Zum Beispiel solche, "wie die IBM sie propagiert - unter dem Begriff Private Cloud", fährt Brenner fort. Hier gehe es darum, das eigene Rechenzentrum als konzernweiten Dienstleister zu etablieren. Ein solches Projekt sei eng mit einem anderen großen Trend der IT verwandt, der sich allerdings leichter eingrenzen lasse: der Virtualisierung.

Ungeklärte Outsourcing-Fragen

Professor Walter Brenner, Hochschule St. Gallen
Foto: Andreas Schaffry

Ein drittes Gesicht des Cloud Computing hat der St. Gallener Professor auch im eher konventionellen Outsourcing geortet. Er nennt das "die Optimierung der Wertschöpfungskette". In den nächsten Jahren würden immer mehr Unternehmen ganz unterschiedliche Teile ihrer Services, beispielsweise im Sinn eines Business-Prozess-Outsourcing, nach außen verlegen. Dazu könnten auch Leistungen gehören, deren Fremdvergabe heute als gewagt gelte. "Es gibt aber noch eine ganze Reihe von ungeklärten Punkten", erinnert Brenner. Die Unternehmen müssten sich folgende Fragen stellen:

  1. Was will und muss ich selbst machen? Hier könnte eine Antwort lauten, dass Speichern und Basisbetrieb keine Kernkompetenz der IT mehr sind.

  2. Wie groß muss ein Rechenzentrum sein, damit es von den Economies of Scale profitieren kann? In dieser Diskussion dürfte die Energieeffizienz eine immer größere Rolle spielen.

  3. Wie tief will oder soll ein Unternehmen in die Wertschöpfungskette einsteigen? Vor allem im Hinblick auf Commodities muss diese Frage heute neu beantwortet werden.

Erst auf der Grundlage der Antworten kann ein Unternehmen eine valide Cloud- und Software-as-a-Service-Strategie entwickeln, so Brenners Fazit.

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