Trends im Kunden-Management

Die CRM-Branche wächst und wandelt sich

12.10.2009 von Frank Niemann
E-Service, Social Media und Software-as-a-Service geben dem Customer-Relationship-Management neue Impulse.

Während die Umsätze mit Software allgemein rückläufig sind, behaupten sich Lösungen für Customer-Relationship-Management (CRM) in der Krise ganz gut. Zudem haben Spezialanbieter nach wie vor ihr Auskommen. Vermehrt fragen Unternehmen Analysefunktionen nach (analytisches CRM). Nach wie vor dominieren aber Funktionen für operatives CRM das Geschehen. Diese und andere Themen diskutierte Ed Thompson, Vice President und Distinguished Analyst beim Marktforschungs- und Beratungshaus Gartner, mit der COMPUTERWOCHE.

Gute Nachricht Nullwachstum

Nach Einschätzung von Thompson dürfte es im Jahr 2009 praktisch kaum ein Wachstum im CRM-Markt geben, was verglichen mit anderen Marktsegmenten für Unternehmenssoftware schon eine gute Nachricht ist. Zu den Gewinnern zählten Firmen wie etwa Salesforce.com und Microsoft, während SAPs Geschäfte leicht rückläufig seien. Die Einnahmen von Oracle (Siebel) blieben dagegen auf gleichem Niveau wie im Vorjahr. Wesentlich besser als den großen Anbietern gehe es kleineren Spezialisten. Dazu gehörten Anbieter etwa von Kundenbindungssystemen (Loyality-Management) oder Kundendatenanalyse.

E-Services: Kunden zur Selbstbedienung drängen

In Krisenzeiten denken die Firmen ans Sparen. Dementsprechend verschieben sich die mit CRM verfolgten Ziele etwas. Thompson zufolge suchen die Unternehmen nach Wegen, Kosten etwa beim Marketing einzusparen. Nicht zuletzt deshalb investierten sie in Internet-Angebote, etwa E-Commerce-Lösungen und Kundensupport-Portale. Der Kunde soll sich selbst bedienen: Wer auf seine Fragen die passenden Antworten im Web findet, so das Kalkül, ruft nicht im Call-Center an.

Best-of-Breed versus CRM-Suite

Manche Unternehmen überdenken derzeit ihre CRM-Strategie. Sie wägen dabei auch ab, ob sie weiter in den Ausbau einer schon vorhandenen CRM-Suite investieren oder besser einen Best-of-Breed-Ansatz fahren sollen.

Anbieter von kompletten CRM-Suiten haben laut dem Gartner-Experten gute Aussichten bei Anwendern, die die Software bereits in mehr als einem Land eingeführt haben. Solche Firmen tendierten dazu, ihre CRM-Prozesse weltweit auf dieser Lösung zu standardisieren.

Nutzten Firmen dagegen nur ein Modul einer CRM-Suite, können sie es durch eine günstigere Anwendung ersetzen.

Operationales CRM dominiert

CRM-Systeme bieten heute eine Fülle an Funktionen. Doch in erster Linie (Gartner zufolge sind es 90 Prozent) nutzen Firmen diese Programme für operative Aufgaben: Kampagnen-Management, Kontaktverwaltung und Beschwerdeabwicklung.

Funktionen, mit denen sich Kundendaten auswerten sowie das Kaufverhalten vorhersagen lassen sollen (analytisches CRM), machen Gartner zufolge zehn Prozent aus.

CRM und soziale Netzwerke

Über kollaboratives CRM oder Social CRM, sprich die Einbindung von sozialen Netzwerken, werde zwar viel geredet, doch fielen die mit solchen Lösungen erzielten Umsätze noch kaum ins Gewicht. Hier rechnet Thompson allerdings mit einem enormen Wachstum. Zudem dürften die etablierten CRM-Anbieter sich bemühen, Spezialisten in diesem Segment zu übernehmen.

Mit der Einbindung von Social-Media-Services wie Facebook, Xing.com und Twitter in CRM-Prozesse sollen Firmen unter anderem in die Lage versetzt werden, Diskussionen über ihre Produkte und Dienstleistungen zu analysieren. Zu den Spezialisten zählt beispielsweise Buzzmetrics, das von dem Marketing-Konzern Nielsen übernommen wurde. Viele CRM-Hersteller arbeiten an Erweiterungen ihrer Produkte, so dass diese Verbindungen zu Twitter und Co. herstellen können. Andere Systeme erlauben es Unternehmen, Communities im Web zu errichten, etwa für die eigenen Kunden.

Individualentwicklungen nach wie vor stark

Trotz des vielfältigen Angebots an CRM-Lösungen lassen viele Unternehmen immer individuelle Kunden-Management-Systeme entwickeln. Bei rund 50 Prozent aller von Firmen genutzten CRM-Programmen handelt es sich nach Überzeugung Thompsons um kundenspezifische Entwicklungen. Dies sei unter anderem bei Außendienstlösungen der Fall, mit denen Firmen die Termine ihrer Servicetechniker organisieren und deren Routen planen.

SaaS-Anwendungen breiten sich aus

Ed Thompson von Gartner ist weltweit anerkannter Experte für den CRM-Markt.

CRM-Funktionen als Software as a Service führen schon lange kein Exotendasein mehr. Gartner beziffert deren Anteil am gesamten Markt auf mittlerweile 18 Prozent (Stand: Ende 2008). Die Bedeutung der Mietangebote werde stetig wachsen, so dass sie nach den Vorhersagen der Analysten im Jahr 2020 insgesamt 56 Prozent des Markts ausmachen sollen. Allerdings täten sich in diesem Umfeld Anbieter von CRM-Software (On-Premise) vergleichsweise schwerer als die SaaS-Spezialisten wie Salesforce.com und Rightnow. Die Vertriebs- und Vermarktungsstrukturen beispielsweise von SAP und Oracle seien noch zu stark auf den klassischen Lizenzverkauf ausgerichtet.

Zunehmend würden SaaS-Systeme in bestehende Applikationen integriert. Viele Projekte begännen zunächst ohne Anbindung beispielsweise an das Auftrags-Management, diese folge aber später.

Nachholbedarf bei CRM-Beratung

Nicht weniger wichtig als gute Software sind geeignete Berater. Für operatives CRM beziehungsweise für Applikationen von Amdocs, SAP und Oracle gibt es Thompsons Ansicht zufolge bereits ausgereifte Beratungsangebote. Im Bereich des analytischen CRM sei dies noch nicht der Fall.