Ausstellerzahl eingebrochen

Die CeBIT ächzt unter der Wirtschaftskrise

25.02.2009
Die Zeichen der Krise sind allgegenwärtig. Auch die CeBIT in Hannover als größte Computermesse der Welt bleibt in diesem Jahr von der globalen Wirtschaftsflaute nicht verschont.

Bereits vor einigen Jahren hatte - auch bedingt durch den wachsenden Wettbewerb mit anderen großen Messen - ein langsamer Ausstellerschwund eingesetzt. In diesem Jahr spitzte sich die Lage allerdings dramatisch zu. Insgesamt wird die Zahl der CeBIT-Aussteller um 25 Prozent einbrechen, lauten die jüngsten Schätzungen der Deutschen Messe AG. Die Ausrichter hoffen nun, für die Branche ein Signal des Aufbruchs zu setzen und Wege aus der Krise aufzeigen zu können.

Angesichts der Weltwirtschaftskrise seien auch 4300 Aussteller immerhin ein noch Erfolg, heißt es aus Hannover. Das Gros der Aussteller, die der Messe in diesem Jahr fernbleiben, seien vor allem kleinere Hersteller aus Asien. Die wichtigsten großen Unternehmen würden aber wieder nach Hannover kommen. Allerdings bleiben der Messe in diesem Jahr tatsächlich auch Schwergewichte wie Samsung oder Toshiba fern. Zugleich wollen die CeBIT-Macher unter dem Stichwort "Webciety" (Kunstwort aus "Web" und "Society") auch kleine und größere Unternehmen aus der Internet-Branche anlocken, die bislang nicht zu den traditionellen Ausstellern zählen.

"Die Hightech-Industrie steht im Vergleich zu vielen anderen Branchen noch recht gut da", sagt Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands BITKOM. Der Informationstechnologie- und Kommunikationsbranche komme bei der Bewältigung der Krise derzeit auch eine Schlüsselrolle zu. Viele kleine und große Unternehmen investierten gerade jetzt in neue IT-Systeme, um Kosten zu senken und in der angespannten Geschäftssituation weiter konkurrenzfähig zu bleiben.

Auch wenn die ITK-Industrie anders als andere Branche wie etwa die Automobil-Industrie bislang weitgehend von drastischen Einbrüchen verschont blieb, sehen die Prognosen allerdings nicht überall rosig aus. Im weltweiten PC-Markt waren die Wachstumsraten zum Beispiel nach Erhebungen von Marktforschern im vierten Quartal 2008 drastisch eingebrochen. In der Unterhaltselektronik wird trotz eines weiter guten Weihnachtsgeschäfts für das laufende Jahr zumindest eine Delle erwartet. Nach Einschätzung von Rohleder dürfte auch die Telekom-Industrie wegen Investitionen in neue Netze mit einem kleinen Minus rechnen.

Mit neuen Themen gegen die Krise

Der Markt für IT-Infrastruktur wird sich nach Einschätzung des Marktforschungsinstituts Gartner dank der anhaltenden Investitionsbereitschaft in Unternehmen trotz Krise weiter gut entwickeln. Von öffentlichen Institutionen wird dabei der stärkste Zuwachs bei den IT-Ausgaben erwartet. Die Branche werde unter anderem von Investitionen in das Gesundheitswesen profitieren, schätzt Gartner. Eine weltweite Umfrage unter mehr als 3600 IT-Verantwortlichen in Unternehmen ergab allerdings auch, dass die geplanten Ausgaben für Informationstechnologie in diesem Jahr voraussichtlich in etwa auf dem Niveau des Vorjahres bleiben werden.

Mit den Themenschwerpunkten Green IT, elektronische Gesundheitssysteme ("eHealth"), IT-Sicherheit und "Webciety" will sich die CeBIT in diesem Jahr auch in der Krise behaupten. Die Messe hatte bereits im vergangenen Jahr versucht, ihr Profil als reine Business-Messe zu schärfen und ist mit einem runderneuerten Konzept gegen den wachsenden Wettbewerb anzutreten. Die Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas, die Mobilfunk-Messe Mobile World Congress in Barcelona und nicht zuletzt die inzwischen jährlich stattfindende IFA in Berlin hatten sich in der Vergangenheit immer mehr zur Konkurrenz im Kampf um die Gunst der Aussteller erwiesen.

Unter dem Stichwort "Webciety" sollen in diesem Jahr erstmals auch Unternehmen aus der wachsenden Internet-Wirtschaft eingebunden werden. Wirtschaft sei heute ohne das Netz ebenso wenig denkbar wie Bildung, Infrastruktur oder Verwaltung, so die Messe-Ausrichter. Mit einem flexiblen Konzept soll dabei auch kleineren Unternehmen eine Messe-Präsenz ermöglicht werden. Erstmals werden auch der Internet-Konzern Yahoo! sowie Vertreter der inzwischen zu Google gehörenden Video-Plattform YouTube in Hannover erwartet. Aus dem diesjährigen Partnerland Kalifornien wurde der Gouverneur Arnold Schwarzenegger eingeladen.

Im CeBIT-Partnerland Kalifornien ziehen dunkle Wolken auf

Kalifornien, das Partnerland der CeBIT 2009, erscheint den Machern der weltgrößten Computermesse als eine Art gelobtes Land. "Kalifornien hat es geschafft, das Silicon Valley über lange Zeit hochinnovativ zu halten", sagt August-Wilhelm Scheer, Präsident des BITKOM. "Dort entstehen neue Technologien, die unser Leben verändern - wenn wir an Unternehmen wie Google denken oder in der Web-2.0-Ära Unternehmen wie Facebook." "Kalifornien als Partnerland kann für eine Aufbruchstimmung sorgen", betont Ernst Raue, der im Vorstand der Deutschen Messe AG für die CeBIT zuständig ist. Der CeBIT-Chef schwärmt von der "unglaublichen Dynamik", die mit der Kommerzialisierung des Web 2.0 entstanden sei.

Kernland des kalifornischen Technologie-Booms ist das Silicon Valley südlich von San Francisco. Als Geburtsort des High-Tech-Mekkas gilt die sprichwörtlich gewordenen Garage von William Hewlett und David Packard, die hier 1939 das Weltunternehmen Hewlett-Packard gründeten. In den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts trieben Halbleiterunternehmen wie Intel den Aufstieg des Silicon Valley voran.

Das waren noch Zeiten: Die Gründer von Sun (1982)
Foto: Sun Microsystems Inc.

Forschungseinrichtungen wie das legendäre Xerox PARC in Palo Alto und Apple in Cupertino begründeten dann in den 80er Jahren die PC-Industrie. Zur einzigartigen Melange im Valley trugen aber auch Elite-Universitäten wie die Stanford University sowie Risikokapitalgeber wie Sequoia Capital oder Kleiner Perkins bei. So wurden Google und Sun Microsystems von Stanford-Absolventen gegründet.

Inzwischen ziehen aber über dem kalifornischen High-Tech-Wunderland auch dunkle Wolken auf. In den USA wird offen diskutiert, ob das Silicon Valley nicht seine Magie verloren habe. Angeheizt wurde die Debatte durch eine Titel-Story des Wirtschaftsmagazins "BusinessWeek", in der Technologie-Reporter Steve Hamm nach einer mehrwöchigen Tour im Valley von einem Niedergang der amerikanischen Vorzeigeregion berichtete.

Als Kronzeugen für seine These bot Hamm keinen geringeren als Andy Grove auf, den ehemaligen Chef des Chip-Giganten Intel. In dem Interview mit Hamm regte sich Grove insbesondere über den Begriff "Exit-Strategie" auf, mit dem viele Gründer von Start-up-Unternehmen ein Ausstiegsszenario beschreiben, das in der Regel aus einer Übernahme durch einen größeren Marktteilnehmer besteht. "Intel hatte nie eine Exit-Strategie. In diesen Tagen schustern die Leute irgendwas zusammen. Es gibt kein Kapital. Keine Technologie." Maßstab sei allein die erzielte Reichweite und die damit verbundenen Werbeeinnahmen. "Und dann wollen sie es wieder loswerden. Auf diesem Mischmasch kann man kein Imperium aufbauen. Man kann es noch nicht einmal versuchen."

Marc Andreessen sieht die Krise als Chance

Die Attacke von Grove auf die Web-2.0-Ökonomie löste im Silicon Valley ein kleines Erdbeben aus. Schließlich hat der 72 Jahre alte Intel-Mitbegründer in der High-Tech-Branche noch immer den Status, den in Deutschland ein Franz Beckenbauer im Fußball genießt. Zur Erschütterung trug dann noch eine aktuelle Studie bei, wonach die Rezession Ende 2008 auch das Silicon Valley erreicht hat: Dem "Silicon Valley Index" zufolge sank in der High-Tech-Region Beschäftigung und Durchschnittseinkommen erstmals seit Jahren. Angesichts der Krise stand auch deutlich weniger Risikokapital für Start-ups zur Verfügung, das nicht genannte Volumen sank um 7,7 Prozent.

Mittlerweile melden sich aber auch andere Meinungsführer zu Wort, die davor warnen, das Silicon Valley und eine ganze Branche schlecht zu reden. Marc Andreessen, der Gründer von Netscape und heute ein wichtiger Risikokapitalgeber in Kalifornien, warnte eindringlich davor, die aktuelle Wirtschaftskrise mit dem Platzen der Internet-Blase im Jahr 2001 gleichzusetzen.

"Damals liefen wir vorweg, waren quasi die Nase des Hundes. Wir waren vielleicht der Grund, aber zumindest ein Haupt-Katalysator des Börsencrashs. Heute bilden wir den Schwanz des Hundes. Wir sind bislang am wenigsten von der Krise betroffen", sagte Andreessen in einem viel beachteten TV-Interview mit dem PBS-Journalisten Charlie Rose. Das liege vor allem daran, dass Silicon-Valley-Unternehmen in der Regel nicht kreditfinanziert seien, sondern über die Vergabe von Unternehmensanteilen.

"Die große Rezession, die durch die Finanzmarktkrise ausgelöst wurde, wird aber natürlich auch Auswirkungen auf uns haben", meinte Andreessen. Gleichzeitig liege in der Krise aber auch eine Chance. "Die Innovation wird andauern." Und nach einem wirtschaftlichen Aufschwung, wann immer der auch wieder einsetzten werde, würden diese Innovationen dann auch sichtbar. "Genau das ist auch das letzte Mal passiert. Google entwickelte Innovationen während des Crashs, Facebook hat das getan, YouTube auch." (dpa/tc)