Provider-Ranking

Die besten Outsourcing-Anbieter für Infrastruktur

28.12.2011 von Werner Kurzlechner
Laut Forrester bleibt IBM der Top-Anbieter für Infrastruktur-Outsourcing - hat aber starke Wettbewerber wie Capgemini, HP oder CSC. Die zufriedensten Kunden indes hat TCS.
Verteilte gemeinsam mit seinem Kollegen Bill Martorelli insgesamt gute Noten: Forrester-Analyst Wolfgang Benkel.
Foto: Forrester Research

Die Qual der Wahl haben Unternehmen, wenn sie einen Outsourcing-Partner für ihre IT-Infrastruktur suchen. Forrester Research untersuchte die weltweit führenden Anbieter nach 36 Qualitätskriterien und fand ein starkes Feld vor. Als Nummer Eins schälte sich IBM heraus, gefolgt von zehn Konkurrenten, die die Studienautoren Bill Martorelli und Wolfgang Benkel ebenfalls in die Gruppe der Marktführer einstuften. Dahinter drängen acht weitere „strong performer“ mit ihren spezifischen Stärken nach vorne.

Forrester sieht nach dem Dämpfer durch die globale Wirtschaftskrise einen wachsenden Markt für IT-Infrastruktur-Management, der durch das Streben der Anwender nach Kosteneffizienz gepusht wird. Nach einem Minus um 2,8 Prozent 2009 stiegen die weltweiten IT-Outsourcing-Umsätze im vergangenen Jahr wieder in gleichem Maße auf 237 Milliarden US-Dollar an. Für das laufende Jahr prognostizieren die Analysten ein Wachstum um 7,1 Prozent auf 254 Milliarden Dollar.

Infrastruktur-Management und Cloud-Lösungen verschmelzen

Das aber ist allein die nackte nachfragebedingte Seite. Die Bewegung im Markt resultiert aus einer Handvoll weiterer Trends, die zu veränderten Positionierungen der Anbieter führen. Cloud Computing beispielsweise: Forrester beobachtet eine allmähliche Verschmelzung der noch separierten Bereich Infrastruktur-Management und Cloud-Lösungen. Anbieter, die frühzeitig dieser Konvergenz-Entwicklung folgen, sind gegenüber der Konkurrenz im Vorteil. Allein deshalb, weil die Anwender der Attraktivität von Cloud-Services immer weniger widerstehen können.

Erfolgsstrategien beim Outsourcing-Vertrag
Erfolgsstrategien beim Outsourcing-Vertrag
Nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Cloud-Lösungen gewinnt Outsourcing wieder an Bedeutung. Die Verhandlung entsprechender Verträge ist eine Herausforderung für Anbieter und Anwender. Beide Seiten müssen genau wissen, was sie voneinander wollen.
1. Die Ausschreibung
Der Ausschreibungsprozess legt den Grundstein für den Erfolg eines Outsourcing-Projekts. Wer IT-Leistungen auslagern will, muss zuerst die fachlichen Anforderungen definieren und in der Ausschreibung wiedergeben, also ein Lastenheft erstellen. Die Projektverantwortlichen sollten sich fragen, welche Leistungen aus technischer, prozessökonomischer und wirtschaftlicher Sicht extern bezogen werden sollen, um betriebliche Prozesse zu beschleunigen, deren Qualität zu verbessern oder sie ökonomischer zu gestalten.
2. Die Vergabe
Die Auswahl des richtigen Anbieters kann vor allem in Cloud-Projekten mit vielschichtigen unternehmerischen Anforderungen komplex sein. Häufig ist ein Anbieter allein nicht in der Lage, alle IT-Leistungen zu erbringen und wird Dienstleistungen eines oder mehrerer Subunternehmer hinzukaufen, zum Beispiel für die Bereitstellung der IT-Infrastruktur. Der Auftraggeber sollte unbedingt die Erfüllung des Lastenheftes durch die Unterauftragnehmer abfragen und das Ergebnis in seine Vergabeentscheidung einbeziehen.
3. Die Leistungsbeschreibung
Der zentrale Inhalt des Outsourcing-Vertrags ist die Leistungsbeschreibung. Sie muss so konkret wie möglich formuliert sein, denn der Detaillierungsgrad entscheidet maßgeblich über den Erfolg des Projekts. Je nachdem, ob der Auftraggeber nur eine bestimmte Anwendung oder beispielsweise eine gesamte IT-Infrastruktur beziehen will, sehen die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung unterschiedlich aus. Die Art der Leistung entscheidet außerdem über den Vertragstyp ( Werkvertrag, Dienstvertrag, Miete) sowie über das anwendbare Gesetzesrecht.
4. Service-Level-Agreements
Die Service-Level-Vereinbarung definiert die Leistung über qualitative und quantitative Leistungskriterien, auch KPIs genannt (Key Performance Indicators). Sie sieht Verfahren vor, mit denen sich prüfen lässt, ob die Service-Levels erfüllt sind. Zudem regelt sie die Folgen der Nichterfüllung. Jedem Auftraggeber dürfte daran gelegen sein, die ausgelagerte Leistung wie vereinbart zu erhalten. Nicht- oder Schlechterfüllung sollte die Ausnahme sein. Kommt es aber doch zu einer mangelhaften Leistung, so ist es aus Sicht des Auftraggebers wichtig, dass er sich vom Vertrag ganz oder teilweise lösen kann, um die Leistung selbst zu erbringen oder einen anderen Service-Provider zu beauftragen.
5. Vergütung
Vergütungsmodell und Leistung müssen aufeinander abgestimmt sein. Für Cloud-Verträge kommen insbesondere Fixpreis (feste Zahlung pro Abrechnungseinheit) und "Pay-per-Use" (Zahlung für die abgerufene Leistung) in Betracht. Sie lassen sich auch unternehmensspezifisch kombinieren. Allgemein gilt: Je länger die Laufzeit eines Projekts, desto flexibler die Vergütungsregelungen.
6. Benchmarking
In Verträgen über langfristige Outsourcing-Projekte darf die Benchmarking-Klausel nicht fehlen. Der Begriff Benchmarking bezeichnet hier ein standardisiertes Verfahren zur Überprüfung und Anpassung des Vertrags während seiner Laufzeit. Auf diese Weise lässt sich die Wettbewerbsfähigkeit der vereinbarten Leistung im Verhältnis zur Vergütung über einen längeren Zeitraum sicherstellen.
7. Haftung
Die Haftung ist meist der kritischste und sensibelste Punkt in der Verhandlung eines IT-Outsourcing-Vertrags. Hier ist Fingerspitzengefühl gefordert. Der Outscourcing-Provider will sein unternehmerisches Risiko minimieren und wird deshalb regelmäßig darauf drängen, Beschränkungen oder gar Ausschlüsse der Haftung im Outsourcing-Vertrag durchzusetzen. Die Interessen des beauftragenden Unternehmens sind entgegengesetzt. Das Verhandlungsziel sollte also ein interessengerechtes Haftungsregime sein, das für beiden Seiten akzeptable Haftungsbeschränkungen vorsieht.
8. Nutzungsrechte und Schutz des geistiges Eigentums
Der Outsourcing-Vertrag sollte die bestehenden geistigen Eigentumsrechte (Urheberrechte, Markenrechte, Patente etc.) vor unbeabsichtigter Übertragung schützen. Die Vertragsparteien müssen demzufolge sicherstellen, dass die gegenseitig eingeräumten Rechte nicht über das zur Vertragserfüllung erforderliche Maß hinausgehen. Gleichzeitig ist es notwendig, gewisse Nutzungsrechte einzuräumen, ohne die eine Vertragserfüllung nicht möglich ist. Wichtig sind hier insbesondere Nutzungsrechte an Software.
9. Exit-Management
Eine gute Planung berücksichtigt bereits zu Beginn eines Projektes dessen Ende. Gerade im Zusammenhang mit Cloud-Services ist es unverzichtbar, Rechte und Pflichten der Parteien im Fall einer Vertragsbeendigung - sei es durch Zeitablauf oder Kündigung - detailliert zu regeln. Um dem auslagernden Unternehmen eine reibungslose Übertragung der Leistungen auf einen anderen Anbieter oder eine Rückführung in den eigenen Betrieb zu ermöglichen, muss der Provider Unterstützung erbringen.

Weitere Aspekte machen den Unterschied. So sind nach Einschätzung der Analysten nicht viele Anbieter in der Lage, ihren eigenen Anspruch an Innovationskraft und ständiger Optimierung mit den geschäftlichen Bedürfnissen der Kunden in Einklang zu bringen.

Globale Präsenz ist ein weiteres Kriterium, das an Bedeutung zunimmt. Forrester sieht hier einerseits die bisher führenden Anbieter, die ihre Präsenz in Niedriglohnländern ausbauen, andererseits die Vendors aus Indien, die ihrerseits den Fuß in die Tür möglichst vieler regionaler Märkte bekommen wollen. Den Anwendern kommt der verschärfte Wettbewerb gewiss zu Gute. Allerdings ist nicht jeder Anbieter überall gleich stark aufgestellt. Und so hängt die Partnerwahl auch an der eigenen Standortpolitik.

Multisourcing gewinnt an Bedeutung

Foto: Fotolia/Tom Denham

Multisourcing erscheint nach Einschätzung Forresters ebenfalls als differenzierender Faktor. Weil immer mehr Unternehmen auf eine Vielzahl von Outsourcing-Partnern zurückgreifen, lohnt sich für die Anbieter die Positionierung als Service-Integrator – also als Primus, der die einzelnen Aktivitäten koordiniert.

Nach diesen und weiteren Gesichtspunkten zeichneten Martorelli und Benkel die aktuelle Provider-Landschaft – geordnet nach aktuellem Angebot, strategischer Ausrichtung und Marktpräsenz. IBM erscheint deshalb als Sieger, weil man sich offenkundig nicht auf der aktuellen Spitzenstellung an Umsatz ausruht. Das aktuelle Angebot wertet Forrester als sehr gut, wenngleich eine Handvoll Konkurrenten – allen voran CSC – es noch übertreffen. Dafür marschiert in der Riege der Schwergewichte IBM strategisch voran und wird an Geschwindigkeit nur von den kleineren Wettbewerbern HCL und Capgemini übertroffen.

In der dreistufigen Kategorisierung durch Forrester zählen neben IBM noch HCL, Capgemini, Wipro, Infosys, TCS, Accenture, HP, CSC, Siemens SIS sowie Cognizant zur Gruppe der Marktführer. Ein starke Performance attestieren die Analysten Fujitsu, Mahindra IT & Business Services, Getronics Workspace Alliance (GWA), ACS, Unisys, Dell, Logica und CGI. Die darunter angesiedelten Kategorien der Herausforderer und Risikowetten bleiben immerhin unbesetzt.

Dieses Panorama stellt sich bei genauerem Hinsehen aber wesentlich buntscheckiger dar. Mit Infosys behauptet sich neben HCL und Capgemini ein weiterer eher kleiner Player in der Spitzengruppe. Fujitsu hingegen verfügt über eine deutliche größere Marktmacht, kann sich mit aktuellem Angebot und Perspektive aber nicht im Spitzenfeld behaupten. Mit Logica, CGI und Dell positionieren sich vergleichsweise kleine Anbieter qualitativ besser, als man erwarten würde.

Die Stärken und Schwächen der Anbieter sind individuell höchst unterschiedlich. Letztlich kann sich jede der genannten Firmen abhängig vom Anforderungsprofil als idealer Partner entpuppen. Bemerkenswert erscheint, dass TCS mit den besten Kundenreferenzen aller Anbieter aufwarten kann. Für eine Platzierung ganz vorne im Ranking fehlt es noch an weltweiter Mitarbeiterpräsenz.

So wechseln CIOs den Outsourcing-Partner
Lohnt sich der Outsourcing-Partner-Tausch
Bei Unzufriedenheit unbedacht den Dienstleister zu wechseln ist gefährlich. Zu prüfen sind unter anderem Laufzeit, Folgekosten und Optionen wie Multisourcing.
1. Die Gründe für das Outsourcing nochmals überprüfen:
"Rufen Sie sich die Gründe dafür zurück, warum Sie sich ursprünglich zum Auslagern entschieden haben", rät Edward J. Hansen von der Anwaltskanzlei Baker & McKenzie. Wenn diese Gründe immer noch gelten, reicht es, sich einen neuen Dienstleister zu suchen. Falls nicht, muss die ganze Strategie überdacht werden - und das Unternehmen entschließt sich möglicherweise zum Insourcing.
2. An die Vertragslaufzeiten denken:
Wer den Anbieter wechseln will, tut das am Besten, wenn das bisherige Abkommen ausläuft. Die Zusammenarbeit während der Laufzeit zu beenden, ist nur in dringenden Fällen ratsam.
3. Den Vertrag genau studieren:
Es kann Streit ums Geld geben, wenn ein Vertrag vorzeitig beendet werden soll. Schon aus diesem Grund muss der bestehende Vertrag genauestens unter die Lupe genommen werden. Wer geschickt ist, baut in künftige Abkommen ein, in welcher Weise ein Dienstleister den Kunden bei einem Provider-Wechsel unterstützen muss.
4. Wiederverhandeln kann sinnvoller sein als Aussteigen:
Ein Anbieterwechsel kann sich kompliziert gestalten. Wer das vermeiden will, sollte den bestehenden Vertrag lieber neu verhandeln. Entscheider müssen die eigenen Motive für den Wunsch nach einem Wechsel überprüfen.
5. Den bestehenden Dienstleister durchleuchten:
Dieser Punkt knüpft an den vorhergehenden an. Wenn der Grund für den Wechsel-Wunsch darin liegt, dass der Dienstleister schlechte Qualität liefert, muss sich auch der Kunde nach den Gründen dafür fragen. Ein offenes Gespräch kann in Neu-Verhandlungen statt im Wechsel enden.
6. Es wird Ärger mit dem Faktor Mensch geben:
Wenn Mitarbeiter des neuen Dienstleisters ins eigene Unternehmen kommen, kann es zu zwischenmenschlichen Reibereien kommen. Das darf nicht unterschätzt werden.
7. Beim Wechsel mit unproblematischeren Teilen beginnen:
Rechenzentrum-Services oder Disaster Recovery bieten sich als Erstes an, wenn der Dienstleister gewechselt werden soll. Generell gilt: Nicht mit dem Kompliziertesten anfangen!
8. Die Kosten eines Wechsels kalkulieren:
Wer durch den Wechsel des Anbieters Kosten senken will, muss bedenken, dass die Neu-Organisation des Outsourcings selbst auch Geld kostet. Diese Ausgaben müssen gegen mögliche Einsparungen abgewogen werden.
9. Multisourcing als Alternative:
Wer das bisherige Abkommen auflösen will, zielt meist auf Multisourcing ab, statt sich wieder für einen einzigen Anbieter zu entscheiden. Das ist zumindest die Beobachtung von Jeffrey Andrews (Anwaltskanzlei Thompson & Knight). Entscheider sollten sich des damit verbundenen Zeitaufwandes bewusst sein.
10. Aus den eigenen bisherigen Fehlern lernen:
Das vielleicht Wichtigste ist, die eigenen Erfahrungen festzuhalten, um beim nächsten Mal daraus zu lernen.

Capgemini und Atos als Nearshore-Partner

Das gilt auch für die Anbieter mit der konsequentesten Cloud-Strategie: das stark auf den indischen Subkontinent ausgerichtete HCL und Capgemini als europäisches Pendant. Capgeminis frühzeitige Cloud-Allianzen mit Google und Amazon wertet Forrester ebenso als Pluspunkt wie die Gesamtstrategie des Anbieters. Der limitierende Faktor in diesem Fall ist alleine die Geographie.

Für Anwender, die Nearshoring-Partner in Europa suchen, erscheint Capgemini indes ebenso als interessanter Provider wie der der französische Wettbewerber Atos, der seit Sommer 2011 durch die Fusion von Atos Origin und Siemens IT Solutions and Services (SIS) entstanden ist. Das Forrester-Ranking führt SIS allerdings noch als Schlusslicht in der Führungsgruppe. Die Erhebung wurde vor dem Zusammenschluss mit Atos Origin erstellt.

Die Studie „The Forrester Wave: Global IT Infrastructure Outsourcing, Q1 2011” ist bei Forrester Research erhältlich. Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO. (mhr)