Open Source Awards 2010

Die beste Enterprise-Software

07.09.2010 von Patrick Hagn
Neun Business-Applikationen haben 2010 einen Bossie-Award für die besten Open-Source-Produkte erhalten. Unter den Gewinnern sind unter anderem Lösungen für CRM und ERP, Content- und Dokumenten-Management sowie BI und Reporting.
Infoworld präsentiert die Gewinner in der Kategorie Enterprise-Software.

Jedes Jahr ermitteln die Experten unserer US-amerikanischen Schwesterpublikation "Infoworld" die beste quelloffene Software. Bossie steht dabei für "Best of Open Source Software". Auch in diesem Jahr haben es viele interessante Vertreter dieser Gattung auf das Treppchen geschafft. Mit dabei sind alte Bekannte wie SugarCRM oder Pentaho. Aber auch Neulinge wie Tiki Wiki oder Apache Solr dürfen sich über die begehrten Preise freuen.

Für Unternehmen bietet Open-Source-Software angesichts des stetig wachsenden Funktionsumfangs eine ernstzunehmende Alternative zu den etablierten aber auch teuren Angeboten großer Softwarehersteller wie Microsoft, SAP oder Oracle. In den meisten Fällen kostet auch Open-Source Software Geld. Für lau gibt es in der Regel nur Community-Versionen mit abgespecktem Funktionsumfang. Gerade im Business Einsatz stößt man damit schnell an Grenzen. Aber es gibt ja noch die Professional- oder Enterprise-Versionen. Diese sind zwar nicht mehr kostenlos, können aber durch den frei zugänglichen Programmcode flexibler an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden, als vorgefertigte Komplettlösungen.

Alumni

Hier finden Sie die Gewinner in der Kategorie Enterprise-Software aus den vorangegangenen Jahren:

Darüber hinaus beinhalten diese meist auch den für Anwenderunternehmen erforderlichen Service und Support. Fehlt dieser, kann man immer noch auf die Anwendergemeinschaft zählen. Hier herrscht reger Erfahrungsaustausch und nicht zuletzt werden zahllose Erweiterungen, die Plug-Ins oder Addons programmiert, die das eigene Herumwerkeln im Quellcode der Programme überflüssig machen können.

Open Source Awards 2010: Anwendungen
Open Bravo ERP
Open Bravo ERP vereint Module für Finanzen, Sales, Einkauf und Inventarisierung in einem ERP-Paket. In Version 3.0 wurde vor allem die Navigation aufgepeppt.<br/><br/>Lizenz: Openbravo Public License
SugarCRM
Der Open-Source-Pionier in Sachen Business Software spielt immer noch in der obersten Liga. SugarCRM bietet Salesforce-Automation und ist über Plug-Ins erweiterbar.<br/><br/>Lizenz: SugarCRM Public License
Pentaho BI Suite
Die Pentaho BI Suite bietet ETL, OLAP, Reporting und Dashboards in der Gratisversion – die Vollversion kann noch mehr. Mittlerweile ist die BI-Lösung bei Version 3.6 angelangt.<br/><br/>Lizenz: GPL v2
Alfresco
Das ECM-System Alfresco braucht den Vergleich mit Lizenzsoftware nicht zu scheuen und macht sowohl bei Dokumenten-Management als auch bei Web-Publishing eine gute Figur. <br/><br/>Lizenz: GPL v2
Drupal
Das Content Management System Drupal glänzt mit ausgereiften Funktionen zum Verwalten von Web-Auftritten und einer Vielzahl an möglichen Erweiterungen durch Addons. <br/><br/>Lizenz: GPL v2
WordPress
WordPress war eigentlich für Blogs gedacht. Allerdings lassen sich damit auch komplette Web-Auftritte realisieren. Mit Version 3.0 findet Multiuser-Unterstützung den Weg in den Programm-Code. <br/><br/>Lizenz: GPL
LogicalDoc
LogicalDoc ist ein Java-basiertes Dokumenten-Management-System. Damit lassen sich Dokument-Bibliotheken zügig über eine Browser-basierte Suche durchforsten. <br/><br/>Lizenz: LGPL v3
Tiki Wiki CMS Groupware
Tiki Wiki CMS Groupware verwaltet Wikis, Groupware, Blogs und unterstützt Mehrsprachigkeit. Im unterschied zum klassischen Wiki-Modell können Nutzerrechte viel granularer gestaltet werden. <br/><br/>Lizenz: LGPL
Apache Solr
Wer eine eigene Suchfunktion implementieren will, sollte Solr genauer unter die Lupe nehmen. Einzige Voraussetzung – die Plattform muss Java unterstützen. <br/><br/>Lizenz: Apache License 2

Openbravo ERP

Openbrave ERP 3.0 glänzt mit einfacher Bedienbarkeit.

Das ERP-System Openbravo der gleichnamigen spanischen Open-Source-Firma vereint Module für Finanzen, Sales, Einkauf und Inventarisierung in einem ERP-Paket. Zum Ausprobieren reicht die Gratisversion, Anwender mit höheren Ansprüchen können auf die kostenpflichtigen Business-Versionen zurückgreifen. Die Plug-In-Architektur von Openbravo ERP ermöglicht ein einfaches Setup mit vorkonfigurierten Templates. Dadurch spart man sich die eine oder andere schwierige Anpassung im Code.

In Version 3.0 wurde die Navigation aufgepeppt. Es gibt jetzt Schnellstart-Shortcuts und Panels mit Reitern, mit denen Nutzer mehrere Aufgaben gleichzeitig überwachen können. Neue rollenspezifische Portalseiten und Dashboards erleichtern es zudem, das ERP-System für bestimmte Aufgabenbereiche im Unternehmen anzupassen.

Beim ERP-Setup haben die Entwickler Wert auf leichte Bedienbarkeit gelegt und stellen zudem vorkonfigurierte Versionen für UbuntuServer und die Amazon Cloud zur Verfügung. Die ERP-Lösung erscheint unter der Openbravo Public License.

SugarCRM

Dauergast auf dem Siegertreppchen: Sugar.

Sugar setzt Maßstäbe bei Open-Source-CRM-Lösungen und ist derzeit das meistgenutzte quelloffene CRM-System. SugarCRM gibt es in vier Varianten: Enterprise, Professional, Express und einer Community Edition. Gratis gibt es nur die Community Edition. Aber auch diese bietet bereits ausgereifte CRM-Funktionen für Vertrieb, Marketing und Service. Allen gemeinsam ist die Salesforce-Automation, Kundensupport und Unterstützung einer Vielzahl an Plug-Ins. Die kommerziellen Varianten bieten ausgefeiltere Reports, Workflow-Automation, ein Kunden-Portal und mobilen Zugang. Bei der Community-Version lässt sich dies durch gezielten Plug-In-Einsatz teilweise kompensieren. Fairerweise sollte man erwähnen, dass ausgefallenere Plug-Ins auch alle etwas kosten.

Die neue Version 6 vom Juli diesen Jahres wartet mit schlankeren Menüs und einer Shortcut-Leiste auf. Damit lassen sich die wichtigsten Aufgaben mit nur einem Klick aufrufen. Weitere Pluspunkte für SugarCRM sind das breite Einsatzspektrum, die Social Media-Anbindung sowie Service Feeds aus der Cloud wie zum Beispiel von LinkedIn und Hoovers. Die CRM-Lösung erscheint unter der SugarCRM-Public-Licence.

Pentaho BI Suite

Auch Pentaho konnte seine Position behaupten.

"Die beliebteste Open Source BI Suite weltweit" preist der Hersteller auf seiner Homepage die Business-Intelligence-Lösung an. Bereits die Gratis-Version der Pentaho BI Suite bietet ETL, OLAP, Reporting und Dashboards. Die Enterprise-Version wartet mit weitergehender Funktionalität, professionellem Support und Software-Wartung auf. Dank Drag-and-Drop-Funktionalität soll das Erstellen von Reports laut Herstellerangaben schnell und leicht von der Hand gehen.

Die aktuelle Version 3.6 bietet einfachere Reports, da sich der Prozess vom zugrunde liegenden OS abkoppeln lässt. Auf diese Weise können Reports für jeden Drucker angepasst werden. Zudem wurde die Anpassung von Reports für größere Gruppen vereinfacht. Data-Mining-Funktionen stehen über das integrierte Open-Source-Tool "Weka" zur Verfügung.

Ebenfalls neu ist der Zugang zum BI-Server. Damit können Anwender Ihren Bericht direkt auf dem BI-Server veröffentlichen, um Ihren Partnern sofortigen Zugang zu nötigen Informationen zu gewähren. Pentaho BI Suite gibt es unter der GPL-v2-Lizenz.

Alfresco

Alfresco 3.3 ist jetzt CMIS-kompatibel.

Alfresco ist ein ECM-System (Enterprise Content Management), das ein virtuelles Dateisystem für die Dokumentenablage bereitstellt. Dieses kann Daten automatisch beispielsweise in ein XML-Format oder PDF umwandeln. Neu ist die Kompatibilität für CMIS-1.0. CMIS ist ein Standard, der die Interoperabilität zwischen ECM-Systemen erhöhen soll. Dabei teilt ein herstellerneutrales Web-Interface Daten mit anderen Plattformen wie zum Beispiel Drupal oder Outlook.

Die aktuelle Version 3.3 bietet ein Regelwerk für das automatische Management von Inhalten und stellt dynamischere Suchoptionen bereit. Eine weitere Neuerung ist das Web-Editor-Framework. Dabei handelt es sich um ein client-seitiges, JavaScript-getriebenes Interface, mit dem Anwender Content-Updates direkt auf der Web-Seite durchführen können. Wie der Hersteller verspricht, soll dies intuitiv zu erlernen sein. Ebenfalls neu ist der Support für IBM Lotus Notes und Google Docs. Intalio, der Infoworld-Gewinner in der Kategorie BPM, kann übrigens Alfresco-Assets verarbeiten. Alfresco steht unter der GPL-v2-Lizenz.

Drupal

Drupal 7 erfreut sich einiger prominenter Anwender.

Das Content-Management-System (CMS) Drupal wurde einst vom belgischen Informatiker Dries Buytaert ersonnen. Inzwischen hat es sich neben Konkurrenten wie Typo 3 und Joomla! einen festen Platz in der Riege der PHP-basierten Open-Source-CMS erobert. Drupal ist ein ausgereiftes Web-CMS, mit dem Blogs, Content-Syndizierung, Foren und Community-Funktionen leicht zu managen sind. Erwähnenswert bei Drupal ist die ebenso große wie aktive Gemeinschaft hinter dem Projekt. So gibt es tausende von Addons, um den Funktionsumfang zu erweitern. Prominente Einsatzgebiete sind Leserkommentare auf der Website der Wochenzeitung "Die Zeit" sowie seit Herbst 2009 die Webpräsenz des Weißen Hauses in Washington.

Die aktuelle Version 7 von Drupal bringt einige Neuerungen an den Start. Dazu gehören ein überarbeitetes Admin-Layout, einfachere Verwaltung von Rechten und verbesserte RDF-Fähigkeiten (Resource Description Framework). Drupal begeistert den Experten zufolge in erster Linie mit seiner Einfachheit und schier endlosen Ressourcen. Drupal 7 erscheint unter der GPL-v2-Lizenz.

WordPress

WordPress erfreut sich auch in Version 3 ausufernder Beliebtheit.

Bei WordPress sind alle Hauptversionen nach Jazzmusikern benannt. Mittlerweile ist man bei Version 3 "Thelonious" angekommen. WordPress gehört zu den am weitesten verbreiteten Weblog-Systemen. Vom Download des Pakets bis zum fertigen Blog sollen Anwender nach Herstellerangaben meist weniger als 5 Minuten benötigen. Obwohl der Installations-Dialog in Wordpress 3.0 erweitert wurde, sei dies weiterhin unter der 5-Minuten-Grenze möglich.

Mit Version 3 findet erstmals Multiuser-Unterstützung den Weg in den Programm-Code. Damit wird es leichter, mehrere WordPress-Seiten auf einer einzelnen Installation zu hosten. Ebenfalls neu ist das konfigurierbare Navigations-Menü. Darüber hinaus bietet Version 3 vorgefertigte Typen für Einträge. Außerdem soll es mit der neuen Version viel einfacher sein, WordPress-Seiten einen individuellen Stempel zu verpassen. Wer seine Seite mit eigenen Hintergründen, Headern und Fußleisten versehen will, kann dies nun wesentlich komfortabler tun. Auch für Wordpress gibt es eine Unmenge Plug-Ins, die einem die tägliche Arbeit erleichtern. WordPress erscheint unter der GPL-Lizenz.

LogicalDoc

LogicalDoc: Weniger ist oft mehr.

LogicalDoc ist ein Java-basiertes Dokumenten-Management-System. Damit lassen sich Dokument-Bibliotheken zügig über eine Browser-basierte Suche durchforsten. Keyword-Drilldowns und eine mit Anmerkungen und Hinweisen angereicherte Versionsübersicht erleichtern die Arbeit. Neu an Bord sind Such-Lesezeichen, E-Mail-Katalogisierung und eine Workflow-Historie.

Für sich genommen ist LogicalDoc ein leichtgewichtiges Tool ohne viel Schnickschnack, das seine Aufgabe gut meistert. Doch sollten sich Anwender nicht von der Einfachheit täuschen lassen. Unter der Oberfläche werkelt die Apache-Lucene-Suchmaschine, die mit hoher Leistungsfähigkeit und Skalierbarkeit zu beeindrucken weiß. Die jetzige Oberfläche mag noch etwas klobig wirken, aber Bilder von der kommenden Version 6 zeigen ein aufpoliertes User Interface, das auf dem Google Web Toolkit basiert. Logical Doc kann als Web-Service von anderen Anwendungen aufgerufen werden (SOAP/MTOM). Die Lizenz ist LGPL v3.

Tiki Wiki CMS Groupware

Wenn nicht jeder im Wiki basteln dürfen soll, empfiehlt sich Tiki Wiki.

Die web-basierte Tiki Wiki CMS Groupware ist ein quelloffenes Content-Management-System. Das Projekt ist bei SourceForge untergebracht und hauptsächlich in PHP geschrieben. Es benutzt aber auch JavaScript. Es kann Websites, Portale, Intranets und Extranets komfortabel gestalten und verwalten. Wer nach guter Unterstützung für Mehrsprachigkeit sucht, sollte hier auf jeden Fall einen zweiten Blick riskieren.

Tiki Wiki ist nicht so weit verbreitet wie Media Wiki, bietet sich aber insbesondere für Seiten an, die vom klassischen Wiki-Modell abweichen. Für den Fall, dass nicht jeder Inhalte verfassen und ändern können soll, bietet Tiki Wiki die Option, Nutzerrechte viel granularer zu gestalten. Es ist beispielsweise möglich, auf einer Seite Leserkommentare zu erlauben, das Anlegen von Artikeln oder Bewerten von Kommentaren den Administratoren vorzubehalten. Versions-Tracking ist standardmäßig eingeschaltet und kann über ein Workflow-System erweitert werden. Als Lizenz kommt LGPL zum Einsatz.

Apache Solr

Apache Solr bietet eine eigene Suchtechnologie, die zum Beispiel bei Wikipedia eingesetzt wird.

Solr ist eine Such-Engine für Unternehmen aus dem Apache Lucene Projekt und läuft auf Java-Plattformen. Zu den Hauptfunktionen zählen Volltextsuche, Treffer-Markierung, dynamisches Clustering und Datenbankintegration. Außerdem kommt es mit Rich-Document-Formaten wie beispielsweise Word oder PDF klar.

Solr ist hochskalierbar und unterstützt Distributed Search. Das bedeutet, wenn ein Index zu lang für ein System wird oder eine einzelne Suche zu lange dauert, wird der Index in mehrere Teile gesplittet. Diese kann Solr durchsuchen und die einzelnen Teile als solche erkennen. Ein prominenter Anwender der Suchtechnologie ist zum Beispiel Wikipedia. Solr basiert auf der Apache-2.0-Lizenz.