Die 25 größten Systemhäuser in Deutschland

Die 25 größten Systemhäuser in Deutschland 2005: Aufstiege und Abstürze

14.10.2005 von von Ronald
Das Jahr 2004 verlief für die deutsche Systemhausszene recht turbulent. Gleich vier Unternehmen, die noch im vergangenen Jahr zu den 25 größten Dienstleistern der Szene gehört hatten, mussten den Gang zum Insolvenzrichter antreten.

Der Wechsel an der Spitze der deutschen Systemhäuser hatte sich bereits in den vergangenen zwei Jahren angedeutet, 2004 war es dann so weit: Bechtle ist Deutschlands größtes Systemhaus. Die Schwaben setzten im Vorjahr 1,0881 Milliarden Euro um, wohingegen das seit sieben Jahren an der Spitze stehende Computacenter, früher Compunet, nur genau die Umsatzmilliarde erreichte.

Dass Bechtle 2004 tatsächlich die Spitze erobern würde, zeichnete sich bereits im ersten Quartal ab: Da setzten die Schwaben eine Viertelmilliarde Euro um. Im Laufe des Jahres wuchs das Geschäft weiter an, so dass am Ende Bechtle fast 300 Millionen Euro mehr einnahm als 2003. Schon allein dieser Anstieg übersteigt das gesamte jährliche Geschäftsvolumen des viertgrößten Systemhauses Comparex!

Die neue Nummer zwei, Computacenter, konnte im Vorjahr ihren Umsatz in Deutschland zwar auch ausweiten - immerhin um über 50 Millionen Euro. Im Endeffekt sprang dabei 2004 aber ein Erlös heraus, der nur geringfügig über dem aus dem Jahr 1997 lag. Im Vergleich dazu konnte Bechtle im gleichen Zeitraum seinen Umsatz um sage und schreibe fast 850 Prozent erhöhen.

Um immerhin fast 19 Prozent legte der Drittplatzierte, PC-Ware AG, gegenüber 2003 bei seinem Umsatz zu. Der Software-Vermarkter durchbrach seinen Negativtrend und erwirtschaftete 35 Millionen Euro mehr als 2002, dem bis dato besten Jahr der Konzerngeschichte. Dass die Ada-Has AG ihre Platzierung aus dem Vorjahr (vierter Platz) nicht halten konnte, lag nicht daran, dass sie 2004 etwa 20 Millionen Euro weniger umsetzte als 2003. Sie verlor ihren Rang an einen „new entry“. Die Comparex Deutschland GmbH konnte glaubhaft machen, dass sie mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit reinen Wiederverkaufsgeschäften erzielt. Damit kann Comparex als Systemhaus im indirekten Vertrieb gelten.

Massive Probleme

Comparex gehört sogar zu den wenigen Häusern, die ihr Handelsgeschäft ausbauen konnten. Denn üblicherweise fahren fast alle der von uns beobachteten Firmen ihren Dienstleistungsanteil hoch.

Die Aachener Firma Arxes ist beispielsweise ein Unternehmen, das sich vornehmlich auf Beratung konzentriert. Ähnliches gilt für die Haitec AG, die ebenfalls nicht mehr als Systemhaus gelten kann. Die Münchner hatten überdies noch ganz andere, massive Probleme: Ihr Umsatz fiel auf 13,3 Millionen Euro. Im Vergleich dazu: Im Jahr 2000 hatte Haitec noch über 100 Millionen Euro eingenommen.

Während die Bayern nach massiven Entlassungen und kompletter Umstellung ihres Geschäftsmodells den Konkurs noch knapp abwenden konnten, mussten in den vergangenen zwölf Monaten gleich vier der 25 größten Systemhäuser Deutschlands den Gang zum Insolvenzrichter antreten.

Vor einem Jahr stellte Ibex, bisher Nummer Zwölf der Systemhausrangfolge, Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Die Augsburger hatten bereits 2003 einen Umsatzeinbruch von 27 Prozent erlitten. Man gliederte die für Privat-PCs und gebrauchte Hardware zuständigen Geschäftsbereiche aus und gab auch das Netzwerk- und Security-Business auf. Führende Manager verließen das Unternehmen.

Bereits einen Monat später fanden sich aber ein Investor und auch ein neuer Geschäftsführer, so dass das Unternehmen unter dem Namen Ibex Systeme AG fortbestehen konnte. Anfang 2005 eröffnete Ibex sogar noch eine weitere Niederlassung in Dortmund. Doch die Ereignisse überstürzten sich: Geschäftsführer Andreas Lechner und Vorstandsvorsitzender Dieter Wagner verließen das Unternehmen, 65 Ibex-Mitabeiter warteten zwei Monaten lang auf ihre Gehälter und hofften auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

Missglücktes Weihnachtsgeschenk

Die Mitarbeiter der Taskarena AG, im Jahr 2001 immerhin noch auf Platz 14 der deutschen Systemhäuser, erfuhren einen Tag vor Weihnachten 2004 vom drohenden Konkurs. Im Februar 2005 hatte der Aufsichtsrat den als Retter gehandelten Vorstand Thomas Spruth gefeuert.

Die ECS AG aus Hamburg, 2003 noch die Nummer 15 der größten deutschen Systemhäuser, meldete völlig überraschend Ende Februar 2005 Insolvenz an. Angeblich war das Unternehmen mit einer Schuldenlast von zehn Millionen Euro belastet. Da half auch der Verkauf der Tochtergesellschaft ECS Computerpartner GmbH an das ehemalige Apple-Systemhaus Cancom IT Systeme AG einen Monat zuvor nicht weiter.

Eine andere ECS-Tochter, die Spider LCM GmbH, wurde im April 2005 von den beiden Geschäftsführern in Form eines Management-Buyouts übernommen und agiert seitdem selbständig. Im Mai dieses Jahres bediente sich Cancom weiterer Reste des insolventen Unternehmens und erwarb die Frankfurter ECS-Niederlassung.

Der Sechste des neuen Rankings konnte sich offenbar diese Käufe leisten, denn nach einem dramatischen Verlust von 22,1 Millionen Euro 2003 schloss Cancom das Kalenderjahr 2004 mit einem kleinen Gewinn in Höhe von 178 000 Euro ab. Gleichzeitig erhöhte Cancom den Umsatz auf knappe 207 Millionen Euro. Die Eigenkapitalquote der sparsamen Schwaben stieg von 36,5 auf 41,5 Prozent an.

Prominentes Insolvenzopfer

Auf Platz sieben folgt mit einem respektablen Abstand von über 50 Millionen Euro Umsatz die Becom GmbH. Der IBM-Partner konnte damit seine Position vom Vorjahr halten, da die bisher davor liegende Morse GmbH auf den zehnten Platz abstürzte. 30 Millionen Euro weniger Geschäftsvolumen machen sich in dem 100-Millionen- Bereich deutlich bemerkbar. Die Reihenfolge nach Becom blieb gegenüber dem Vorjahr unverändert.

Prozentuell etwas mehr verlor die Comline AG, so dass die Hamburger diesmal aus den Top Ten herausfielen. Die letztjährige Nummer elf, BOG, ist das jüngste und prominenteste Insolvenzopfer. Kurz vor Ostern 2005 mussten die Geschäftsführer des Systemhauses beim Amtsgericht Münster Insolvenz beantragen. Das traf nicht nur die 400 Mitarbeiter, sondern auch Microsoft hart. Immerhin galt BOG am Markt als mit Abstand umsatzstärkster Navision-Partner in Deutschland. Sechs Mal, zuletzt Ende 2004, erhielten die Münsteraner die Auszeichnung „Navision-Partner des Jahres“.

So konnten sich selbst Insider diese Insolvenz nicht erklären. Denn BOG hat zahlungskräftige Gesellschafter wie die GE-Capital Equity (USA) und 3i (England) im Rücken. 6 000 Kunden und über 20 000 installierte Lösungen lassen eigentlich auf eine gesunde Geschäftsbasis schließen. Zwar nahm bereits 2003 der Umsatz von 100 auf 90 Millionen Euro ab, doch die BOG fühlte sich noch so stark, dass sie sich eine Mehrheitsbeteiligung am Konkurrenten Navigate aus Erlangen leistete. Das 2001 von BOG übernommene Stuttgarter Systemhaus Raber + Märcker ist aber gerettet - durch ein Management- Buyout.

Mit einem Umsatz von geschätzten 100 Millionen Euro macht Dimension Data das Dutzend voll. Auch die Mannheimer können nachweisen, mehr als 50 Prozent ihres Umsatzes mit reinem Handelsgeschäften zu generieren.

Den 13. Rang belegte wie im Vorjahr Software Spectrum - dank eines Umsatzsprungs um über 23 Prozent, gefolgt von dem dritten Neuling, Controlware. Auch die Hessen behaupten, mehr als die Hälfte ihrer Erlöse mit reinen Wiederverkaufsgeschäften bestreiten zu können, ja, dieser Anteil soll sogar im Vorjahr gestiegen sein. Das ist wirklich eine Überraschung.

Auf Platz 15 folgt MR Datentechnik mit einem beachtenswerten Umsatzanstieg um fast ein Viertel. Den größten Sprung nach vorne machte aber Fritz & Macziol Software und Computervertrieb GmbH: von Platz 23 auf 16 dank 60 Prozent mehr Umsatz. Das Ulmer Systemhaus gewann im Vorjahr 200 neue Kunden hinzu und stellte 70 zusätzliche Mitarbeiter ein. Im aktuellen Jahr rechnet Firmenchef Heribert Fritz mit 100 Millionen Euro Umsatz. Damit könnte Fritz & Macziol 2006 sogar unter die Top 10 gelangen.

Mitarbeiterzahl vedoppelt

Die auf Rang 17 (Vorjahr: 15) platzierte Ratiodata GmbH konnte ein Umsatzplus von 23 Prozent für sich verbuchen. Auf den Plätzen 18 und 19 folgen die Neuzugänge Pandacom und Carus. SCC konnte sich dank eines um ein Viertel höheren Umsatzes um drei Plätze verbessern.

Systemhaus Bissinger fiel auf Rang 21 zurück, gefolgt von Kumatronik. Das Systemhaus vom Bodensee verlor gleich sechs Plätze gegenüber dem Vorjahr, genauso viele wie NK Networks & Services einen Rang dahinter. Den vorletzten Platz belegt PP 2000. Damit übergaben die Stuttgarter das Schlusslicht der 25 größten Systemhäuser in Deutschland an Datalog, das im Vorjahr noch 20. war.

Noch nicht unter die Top 25 schaffte es die Deutschland- Niederlassung des österreichischen Systemhausriesen ACP. Dennoch: 13,9 Millionen Euro Umsatz 2003 nach gerade mal 2,8 Millionen im Jahr davor lassen aufhorchen. Gleichzeitig verdoppelten die Österreicher die Anzahl ihrer Mitarbeiter in Deutschland auf 85.Und mit einem Konzernumsatz von 255,8 Millionen Euro würde ACP im deutschen Ranking einen hervorragenden fünften Platz belegen.

* Der Autor RONALD WILTSCHECK ist Redakteur bei „Computerpartner“. [r.wiltscheck@computerpartner.de]