Top-CIOs bestätigen Trend

Dezentral hat ausgedient

26.11.2009 von Karin Quack
Wie bereiten sich die CIOs auf das Ende der Krise vor? Sie räumen erst einmal gründlich auf und zentralisieren, wo es geht.
Bildquelle: Fotolia/Kica Henk
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Der Trend ist eindeutig: Die Zeit der dezentralen IT-Architekturen ist - zumindest fürs Erste - abgelaufen. In den Bewerbungsunterlagen zum "CIO des Jahres" fragten COMPUTERWOCHE und "CIO" auch nach der generellen IT-Ausrichtung der Informationstechnik, also beispielsweise, ob die IT eher zentral oder dezentral organisiert sei. Auf einer Skala von 1 (weitgehend zentral) bis 5 (ausgespochen dezentral) kreuzte die überwältigende Mehrheit der Bewerber (81 Prozent) eine 1 oder 2 an. Vier von fünf CIOs richten also ihre IT zentral aus. Das bedeutet meist konsolidieren, häufig auch virtualisieren. In den mittelständischen Unternehmen ist diese Tendenz derzeit noch stärker ausgeprägt als in den Großunternehmen.

Geteilter Ansicht waren die CIOs hinsichtlich der Frage, ob Standardsysteme oder "Best-of-Breed"-Applikationen die bessere Wahl seien. Dass mit einem Hang zur Zentralisierung auch eine deutliche Präferenz für konfektionierte Anwendungen einhergehen müsse, ließ sich nur teilweise bestätigen. Sicher drehen sich viele der von den Bewerbern beschriebenen Projekte um Einführung oder Erweiterung von Standard-ERP-Systemen (auch im Mittelstand häufig auf der Basis von SAP-Software). Aber allmählich setzt sich offenbar wieder die Erkenntnis durch, dass spezielle Geschäftsbedingungen auch einer individuellen Unterstützung bedürfen. Einer der CIOs führt derzeit sogar ein selbstentwickeltes ERP-System ein.

Auch die Vermutung, dass die harte wirtschaftliche Lage viele Unternehmen zur Auslagerung ihrer IT-Services bewegen würde, ließ sich anhand der Fragebögen nicht belegen. Die Tendenz geht eher in Richtung weniger Outsourcing - sowohl im Mittelstand als auch in den Großunternehmen. Dennoch fließt durchschnittlich etwa ein Drittel der IT-Budgets auf die Konten von externen Dienstleistern: im Mittelstand 30 Prozent, in den Großunternehmen sogar 35 Prozent.

Investitionen trotz Krise

Sparen ja, aber nicht so stark wie angenommen.

Die IT-Budgets haben sich gegenüber dem Vorjahr verringert, allerdings nicht so stark, wie zu erwarten gewesen wäre. Mehr als ein Drittel der Bewerber konnte heuer mehr ausgeben als im vergangenen Jahr. Vor allem im Mittelstand ist eine Reihe von umfangreichen Projekten (an-)gelaufen - unter anderem SAP-Einführungen oder komplette Neuausrichtungen der IT-Landschaft -, die teilweise erhebliche Budgetsteigerungen mit sich brachten. Nur jeder zweite CIO aus einem kleinen oder mittleren Unternehmen hatte Einschnitte in sein Budget hinzunehmen. Allerdings haben die jetzigen Investitionen zu einem großen Teil Einsparungen in den kommenden Jahren zum Ziel.

In den Großunternehmen sah die Situation zudem etwas ungünstiger aus. Hier mussten zwei Drittel der CIOs den Gürtel enger schnallen. Teilweise sind die Projekte, mit denen sich die laufenden Kosten senken lassen, aber dort schon in den vergangenen Jahren unternommen worden, so dass die Unternehmen jetzt die Früchte ernten können.

Wer sich um den Titel "CIO des Jahres" bewirbt, wird sich vermutlich nicht darauf beschränken, den IT-Betrieb aufrechtzuerhalten. So weisen die Fragebögen denn auch einen relativ hohen Budgetanteil für innovative Projekte aus. Allgemein gehen Unternehmensberater von weniger als einem Fünftel Budgetanteil für Neuprojekte aus. Die Top-CIOs verfügen hingegen über deutlich mehr "freie" Mittel. In den Großunternehmen sind es durchschnittlich 29 Prozent, im Mittelstand sogar 33 Prozent.

Jeder Dritte berichtet an den CFO

Zwei Drittel der IT-Abteilungen sind Cost Center.
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Rechtfertigen muss oder darf der CIO seine Ausgaben meist gegenüber der Geschäftsführung. Wie die Fragebögen ausweisen, berichten in den kleineren Unternehmen 60 Prozent der CIOs direkt an die Unternehmensspitze. In den Großunternehmen sind es allerdings nur 47 Prozent. Immer noch (oder wieder) recht häufig ist eine Konstellation anzutreffen, wo der CIO dem Finanzchef gegenüber zum Rapport verpflichtet ist. Auch von den Spitzen-CIOs muss durchschnittlich jeder dritte dort antreten. Mit 36 Prozent liegt dieser Prozentsatz in den Konzernen etwas höher als in den kleinen und mittleren Betrieben (32 Prozent).

Dazu passt, dass zwei Drittel der IT-Abteilungen als Cost-Center und Serviceabteilung organisiert sind. Nur etwas mehr als 13 Prozent der Bewerber definieren ihren Zuständigkeitsbereich als Profit-Center, wobei der Mittelstand die Nase vorn hat. Allerdings sagt die Form der IT-Organisation nicht zwangsläufig etwas über die Innovationsfähigkeit der IT aus. Viele der diesjährigen Preisträger sehen sich selbst als Leiter eines Cost-Centers.

Immer mehr Unternehmen betreiben ihre IT aber auch im Rahmen einer Shared-Service-Organisation. Den CIO-Bewerbungen zufolge trifft das bereits auf jede fünfte Organisation zu - oder detaillierter betrachtet: auf 14 Prozent der Mittelständler und 26 Prozent der Großanwender.

Kommunikation kostet Zeit

CIOs kommunizieren einen Großteil ihrer Arbeitszeit.

Einen Einblick in den Arbeitsalltag der CIOs vermitteln die Antworten auf die Frage, wie viel ihrer Zeit die IT-Chefinnen und -Chefs mit welchen Aufgaben zubringen. Vor allem die Top-CIOs widmen einen Großteil ihres Berufslebens der Kommunikation. Nicht selten sehen sie mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit dafür vor.

Namentlich mit den Fachbereichen reden die IT-Verantwortlichen oft und ausdauernd. Geht man von einem zehnstündigen Arbeitstag aus, verbringen sie im Durchschnitt täglich mehr als zwei Stunden, um sich mit ihren internen Kunden abzustimmen. Das gilt für die Konzern-CIOs wie für die IT-Verantwortlichen mittelständischer Betriebe gleichermaßen.

Für die Kommunikation mit der Firmenleitung planen die CIOs dagegen etwas weniger Zeit ein: Die IT-Chefs von Großunternehmen widmen dieser Aufgabe - eigenen Angaben zufolge - etwa 15 Prozent ihrer Arbeitszeit, während die Mittelstands-CIOs dafür nur elf Prozent ihres Tages aufwenden.

Es gibt eine Aufgabe, die den meisten CIOs offenbar wichtiger ist als das Gespräch mit dem Vorstand oder der Geschäftsleitung: Die Personalführung beansprucht im Durchschnitt 17 bis 18 Prozent der CIO-Zeit - im Großunternehmen naturgemäß etwas mehr als im Mittelstand.

Die Dienstleister im Griff

Im Durchschnitt 16 Prozent ihrer Arbeitszeit denken die IT-Chefs über das nach, was nach landläufiger Auffassung ihre Hauptaufgabe sein sollte: die strategische Planung. Übrigens veranschlagen die CIOs mittelständischer Unternehmen hierfür mehr Zeit als ihre Standeskollegen aus Großunternehmen.

Der Outsourcing-Trend ist wohl fürs Erste gestoppt, doch das Dienstleister-Management bleibt wichtig. Denn eine Vielzahl kleinerer Verträge zu handhaben verlangt mehr Aufmerksamkeit als ein einziges Mammutabkommen zu beobachten. In kleineren wie in größeren Unternehmen bringt der CIO damit etwa elf Prozent seiner Arbeitszeit zu. Ähnlich viel Zeit benötigt er für die Routine-Aufgaben, die mit der Verwaltung einer Abteilung zusammenhängen.

Unter dem Punkt "Sonstiges" wurden eine Reihe von unterschiedlichen CIO-Aufgaben subsumiert. Im Mittelstand zählt dazu häufig die Leitung großer strategischer Projekte, die in größeren Unternehmen meist einem dedizierten Projektleiter anvertraut wird.