IBM Deutschland exportiert Know-how

Deutsches IT-Wissen weltweit gefragt

31.03.2012 von Joachim Hackmann
Das IT-Know-how hiesiger Experten ist weltweit gefragt, ob in Dubai, China oder Südamerika. IBM Deutschland möchte seine IT-Berater zu Exporteuren ihres eigenen Fachwissens machen.
Ob in Dubai, China oder Südamerika: Überall ist hiesiges IT-Know-how gefragt.
Foto: Cherkas/Fotolia.de

In der Geschäftsführung von IBM Deutschland arbeiten zwei Manager, die ihre Meriten in schnell wachsenden Auslandsmärkten verdient haben. Gregor Pillen, seit November 2010 Leiter des hiesigen IBM Beratungszweigs IBM Global Business Services, kam aus Dubai, wo er zuletzt das Consulting-Geschäft in vielen Ländern Afrikas und des Nahen Ostens aufgebaut hat. In Dubai arbeitete er Tür an Tür mit Christian Noll, damals für die Entwicklung des Geschäfts mit Outsourcing und Maintenance bei IBM im Nahen Osten zuständig. Im September 2011 kam Noll als Chef des IBM-Servicearms Global Technology Services nach Deutschland. Für ihn, das sei am Rande bemerkt, ist dies das erste berufliche Engagement unter IBM-Dach in seinem Heimatland, bislang war er nur im Ausland tätig.

Gregor Pillen leitet IBM Global Business Services in Deutschland.
Foto: IBM

Beide Manager wechselten innerhalb des Geschäftsbereichs, in dem sie seit Jahren Management-Funktionen bekleiden, doch inhaltliche Kontinuität bot der Karrieresprung nur auf dem ersten Blick: "In den Emerging Markets können Sie Techniken auf grünen Wiesen installieren", schildert Pillen die Unterschiede. "Anwender und Berater müssen sich selten mit Altlasten befassen. Das ist interessant, aber nicht sonderlich spannend. In den reifen Märkten müssen sie mit neuen Techniken grüne Wiesen erschaffen: IT kann helfen, neue Partner und Kunden zu erschließen. Das ist eine Herausforderung."

Viele deutsche Firmen wollen ins Ausland expandieren

Christian Noll ist Chef des IBM-Servicearms Global Technology Services.
Foto: IBM

Dennoch: Das in Deutschland mögliche Wachstum ist begrenzt und muss hart erarbeitet werden. Enorme Entfaltungsmöglichkeiten suchen hiesige Kunden in den Wachstumsmärkten, denen Pillen und Noll soeben erst den Rücken gekehrt haben. "Ich kam mit der Erwartung nach Deutschland, das Geschäft in einem reifen Markt voranzutreiben, doch sehr viele Gespräche mit unseren Kunden drehen sich um die Wachstumsmärkte in Osteuropa und Asien, insbesondere in China", wundert sich Noll nach seiner Ankunft im Stuttgart. Viele Konzerne und mittelständische Firmen suchen nach Eintrittsmöglichkeiten in die prosperierenden Länder und benötigen für diese Expansion eine verlässliche IT. "Man ist glaubwürdiger, wenn man gegenüber Kunden eigene Geschäftskontakte in den Länder vorweisen und darüber hinaus noch sagen kann: ´Ich war da!´", betont Noll.

Karrieresprungbrett Auslandserfahrung
Wolf Carlo, Geschäftsführer von Cisco Deutschland,...
...arbeitete einige Jahre in Norditalien und Österreich.
Kadir Dindar, geboren in Istanbul, aufgewachsen in Deutschland...
...ist Head of Strategy (u.a. für Asien) bei SAS.
Sabine Bendiek, Geschäftsführerin von EMC Deutschland, ...
...absolvierte einen Master-Studiengang in den USA.
Reiner Prechtl, HR-Director bei Insight, ...
...besucht regelmäßig seine Personalerteams in Paris, Madrid oder Moskau.

Zum Handwerkszeug gehört es, kulturelle Eigenheiten richtig einschätzen zu können. "Wenn sich ein erstes Geschäftsessen in Saudi Arabien ausschließlich um Familie dreht, dient das dazu, sich gegenseitig kennen zu lernen und Vertrauen zu schaffen", sagt Noll. "Geht man ohne konkretes Ergebnis auseinander, mag das für Unwissende wie ein Fiasko erscheinen. Ein lokaler oder erfahrener Kollege weiß: Das Treffen war erfolgreich, wenn man wieder eingeladen wurde", sagt Noll.

Fähigkeiten deutscher IT-Profis auf dem Weltmarkt gefragt

Nicht zuletzt wegen solcher Erfahrungen strebt Pillen in seiner Organisation eine Job-Rotation an, die ständig zehn Prozent seiner Berater in den aufstrebenden Märkten beschäftigt. In Projekten mit schnell wachsenden Kunden können sie lernen, wie es ist, Märkte zu besetzen, bevor Wettbewerber das tun. Hier können sie Netzwerke knüpfen, die sie später in heimischen Projekten gewinnbringend nutzen können oder die ihnen helfen, ihr eigenes Know-how in weltweiten Vorhaben zu vermitteln. "Die Welt ändert sich, es geht gar nicht mehr ausschließlich darum, Arbeiten ins Ausland zu verlagern, um Lohnkosten zu sparen". schildert Pillen eine Entwicklung, von der hiesige Experten profitieren. "Immer häufiger können wir das Wissen und die Fähigkeiten unserer deutschen Kollegen auf dem Weltmarkt verkaufen."

Deutsche SAP-Spezialisten stehen hoch im Kurs

Segmente, in denen deutsches Know-how weltweit nachgefragt wird, sind etwa sämtliche Projekte rund um SAP-Software, um das Internet der Dinge sowie viele Aspekte des Asset-Managements. Auch für das Boom-Thema Business-Analytics scheint die deutsche IT-Industrie gerüstet, weil Universität im weltweiten Vergleich sehr gut ausgebildete Absolventen in den Markt entlassen und wirtschaftswissenschaftliche Institutionen Brücken zur Praxis schlagen. Im Windschatten der starken heimischen Fertigungsindustrie hat die IT-Branche zudem enormes Fachwissen rund um das Product Lifecycle Management (PLM) angesammelt, das weltweit seinesgleichen sucht.

"Kunden in Brasilien, die ein PLM-Projekt anstreben, wollen erfahren Fachleute. Die finden sie in Deutschland", weiß IBM-Manager Pillen. Wer als Entwickler, Berater und Architekt sowohl die Fach- als auch die IT-Seite kennen gelernt habe, sein Können international darstellen und auf neue Kundensituation übertragen kann, dem öffnet sich der gesamte Weltmarkt. Die Kommunikationstechniken und Collaboration-Tools, mit denen indische Kollegen in hiesige Projekte eingebunden werden, können ebenso gut deutsche Entwickler für indische Projekte nutzen. "Es gibt Parallelen zur Fertigungsindustrie: Große Hersteller haben zwar Produktionsstätten im Ausland aufgebaut, nicht jedoch das Know-how und die Kernkompetenz verlagert", betont Pillen. "Die IT-Dienstleistung wird sich stärker als bisher zu einem Import-, aber auch zu einem Exportgut entwickeln."