Java, SOA, Portale

Details zu Oracle Fusion Middleware 11g

06.07.2009 von Sascha Alexander
Konkurrenz für SAP und IBM - Oracle vereint seine Tools und Techniken für die Java-Entwicklung, Prozessmodellierung, Portalaufbau und Governance zu einer mächtigen Infrastruktur-Suite.

Oracle Fusion Middleware 11g ist das erste große Release der hauseigene Infrastrukturprodukten seit Abschluss der Übernahme des Java-Spezialisten Bea Systems. Es verspricht eine tiefere Integration zwischen den zahlreichen Funktionen und Tools und wartet mit neue Komponenten auf, die zusammenl ein möglichst durchgängiges Arbeiten bei der Anwendungsentwicklung und Prozessgestaltung sowie IT-Governance ermöglichen sollen. Dabei definiert Oracle Middleware als ein Verbund wieder verwendbarer und an Standards orientierter Services, die zwischen den Business-Anwendungen à la Oracle Applications (die vermutlich zum Herbst kommen) und der Datenbank plus Hardware vermitteln.

Auch legt Oracle mit der Ankündigung ein deutliches Bekenntnis zum Java-Standard und Java-Technologien ab, die sich insbesondere über die integrierte Entwicklungsumgebung "JDeveloper" und den Java-Applikations-Server "WebLogic" nutzen lassen. Zudem sei das Portfolio laut John Aisien, Vice President Product Management Oracle Fusion Middleware, für die hauseigene Datenbank optimiert worden, sei aber andererseits als "offene Plattform", konzipiert die sich auch mit Anwendungen anderer Hersteller kombinieren lasse. Wie Rivale IBM hoftt Oracle mit diesem Ansatz insbesondere SAP-Anwendern eine Alternative zur SAP-Netweaver-Plattform schmackhaft machen zu können.

Für einen ersten Überblick über das komplexe Middleware-Portfolio ordnet Oracle dieses in fünf Suiten, deren Bestandteile in verschiedenen Editionen vorliegen können. Nachfolgend seien die Pakete kurz vorgestellt und einige Highlights sowie Neuheiten in der Oracle Fusion Middleware 11g genannt:

Oracle SOA Suite 11g

Sie dient dem gemeinsamen Entwurf und der Integration von System-, Personen- und Dokumenten-zentrierter Prozesse sowie dem Aufbau Service-orientierter Architekturen (SOA). Dabei sieht sich Oracle als erster Anbieter, der die Spezifikationen einer Service Component Architecture (SCA) nativ unterstützt. SCA ist ein Vorschlag führender Java-Unterstützer zur Implementierung Infrastrukturunabhängiger Services.Wichtiges HIlfsmittel ist dabei der neue "SCA Designer" der eine Drag-and-drop-Umgebung für die Prozessgestaltung sowie zur Zusammenarbeit von Entwicklern und Architekten bereitstellt (einen Überblick über die SOA Suite finden Sie hier).

Kurze Übersicht zu den Bestandteilen der Oracle Fusion Middlware 11g. Quelle: OTN
Foto: Oracle

Des Weiteren sollen Unternehmen mit der SOA Suite 11g auch das Softwarearchitekturmuster einer Event Driven Architecture (EDA) umsetzen können, bei der das Zusammenspiel der Komponenten durch Ereignisse (Events) gesteuert wird. Weitere Highlights sind Tracking-Funktionen im Administrationswerkzeug "Oracle Enterprise Manager", für ein detailliertes Auditing von Prozessen und verteilter Anwendungen, integrierte Features für SOA-Governance, Policy-Management sowie eine Business-Rules-Engine zur Prozessteuerung.

Oracle WebLogic Suite 11g

Herzstück ist der Java-Applikations-Server "Oracle WebLogic Server" in Version 10.3, der laut Hersteller zusätzliche Möglichkeiten zur Überwachung und Automatisierung des Betriebs bietet (zum Beispiel Oracle WebLogic Operations Control). Neue Funktionen sind zum Beispiel "Oracle Fusion Middleware GridLink für Oracle Real Application Clusters" (RAC) und die auf dem Java Message Service von WebLogic basierende Messaging-Technik "Oracle Fusion Middleware Enterprise Grid Messaging", die für eine höhere Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Server sorgen sollen. Der Oracle Fusion Middleware ActiveCache gestattet zudem eine schnelle Skalierung, um auf wechselnde Anwendernachfragen und Systemlast zu reagieren.

Ebenfalls zur Suite gehört "Oracle Coherence" (früher Tangosol), eine laut Hersteller Memory-Data-Grid-Lösung, die Kunden die vorhersagbare Skalierung unternehmenswichtiger Anwendungen durch schnellen Zugriff auf häufig verwendete Daten ermöglicht. Überarbeitet wurden auch die Java Virtual Machine "JRockit", die zum Beispiel deterministische Garbage Collection-Funktionen erhalten hat, ferner die JDeveloper (siehe Seite drei) sowie das bereits genannte Management-Tool Oracle Enterprise Manager.

Oracle WebCenter Suite 11g; Portal und Social Software

Das Portal Oracle WebCenter bietet wieder verwendbare Komponenten, die sich laut Hersteller in nahezu jede Art von Portal wie zum Beispiel Intranets, Composite Applications oder Web-basierende Communities einbinden lassen und Funktionen für Social Networking und Produktivität umfassen. Neu ist der "Oracle Composer", ein nach Angaben des Herstellers selbsterklärendes Browser-basierendes Tool, mit dem Endanwendern und Entwicklern Anwendungen, Portale und sozialen Webseiten entwickeln, teilen und personalisieren können.

John Aisien, Vice President Product Management Oracle Fusion Middleware, betonte beim Launch, dass die Middleware offen sei für Anwendungen anderer Hersteller. Quelle: Sascha Alexander

Ebenfalls neu sind "Oracle WebCenter Spaces", die vorgefertigte Social Networks (Group Spaces und Personal Spaces) enthalten, die von Endanwendern aufgebaut und verwaltet werden können, um ihre Produktivität, Kommunikation und Effizienz zu erhöhen. Ferner sind mit den "Task Flows" rund 50 vorgefertigte Portal-Komponenten erhältlich, die sich als funktionale Portlets in die Portalumgebung einbinden und anpassen lassen (einen Überblick über alle neuen Features in Oracle WebCenter 11g finden Sie hier).

Oracle Identity Management 11g

Sie enthält nach Angaben des Hersteller die ersten Komponenten einer voll integrierten Identity Management Suite und verfügt über eine verbesserte Integration mit anderen Oracle Fusion Middleware Lösungen. Dazu gehören neue Funktionen wie Deployment Accelerators, Universal Federation Framework sowie eine Benutzerschnittstelle, die auf Oracle Application Development Framework (ADF) basiert. So umfasst die "Oracle Identity Access Management Suite" folgenden Funktionen:

Oracle JDeveloper, ADF und Lifecycle-Management

Wichtiger Bestandteil und immer enger verzahnt mit den übrigen Produkten der Oracle Fusion Middleware 11g sind Oracles Entwicklungswerkzeuge. Hierzu gehören die Java-IDE Oracle JDeveloper, die nun in der Version 11.1.1.1 vorliegt, ferner das Persistenz-Framework Oracle TopLink für eine objekt-relationale Datenspeicherung sowie das Oracle Application Development Framework (ADF). Letzteres stellt Oracle Implementierung des Java-Server-Faces-(JSF)-Framework dar und steht für einen visuellen und deklarativen Ansatz in der Java-Entwicklung, den Oracle gegenüber dem bisherigen "hard coding" mittlerweile favorisiert. Zudem implementiert ADF Java-Design-Patterns und folgt dem Model-View-Controller-(MVC)Konzept.

Laut Oracle seien die Werkzeuge für die Entwicklung und das Deployment unterschiedlichster Server- und Client-Anwendungen geeignet (beispielsweise Rich Internet Applications = RIA, Java Enterprise Edition 5, Web 2.0 und Asynchronous JavaScript and XML =AJAX), und man habe für die bessere und sichere Projektverwaltung Funktionen wie ein einheitliches Metadaten-Management und Application-Lifecycle-Management (ALM) zu bieten.

Zugleich betonte der Hersteller seinen Ansatz bei der Entwicklung von Web-Anwendungen: Während Microsoft bei der Web-Entwicklung auf Silverlight, Adobe vor allem auf Flex und wieder andere auf "Open Web"-Techniken wie JavaScript und DHTML setzten, betone Oracle den Aspekt der Abstraktion und JSF als das darunter liegende Komponentenmodell, erklärte Ted Farrell, Chief Architect und Senior Vice President Tools and Middleware bei Oracle. "JSF orientiere sich an der traditionellen MVC-Architektur." In puncto ALM ist nun die Software "Team Productivity Center" mit der Oracle Fusion Middleware 11g erhältlich. Sie unterstützt Entwickler-Teams bei Fehlersuche und gemeinsamen Nutzung von Code: "Entwickler können direkt mit anderen chatten ohne die IDE verlassen zu müssen, sagte Farell. Auch könnten sie andere ALM-Produkte wie die Software zur Versionskontrolle "Subversion" verwenden.

100 Tage bis zu den Oracle Applications

Laut Marktbeobachtern sei Oracle Bekenntnis zu Java eine gute Nachricht für die Java-Gemeinde. Diese ist seit der Übernahme des Java-Erfinders Sun Microsystems durch Oracle besorgt, wie es mit der Weiterentwicklung und Offenheit des Java-Standards weitergeht. Mit dem JDeveloper könnten Entwickler Anwendungen und Dienste für verschiedene Applikations-Server und damit nicht nur für WebLogic erstellen, warb der Hersteller. Zudem wolle man die Open-Source-Gemeinde stärker einbeziehen, indem sie Werkzeuge der MIddleware-Suite über das bereits letztes Jahr vorgestellte "Oracle Enterprise Pack for Eclipse" in das quelloffene Eclipse Framwork einbinden können. Offen bleibt hingegen die Zukunft der Java IDE NetBeans, die Sun Microsystems bislang favorisiert hatte.

Anlässlich des Launch der Oracle Fusion Middleware 11g kündigte Produkt-Manager Aisien zugleich an, dass Oracle in den "kommenden 100 Tagen" weitere Neuheiten seines laut Insidern auf 7000 Produkten geschätzten Portfolios präsentieren werde. Dieser Marathon soll bis zur nächsten Kundenveranstaltung "Oracle Open World" in San Franzisko anhalten, auf der dann offenbar die lang angekündigten auf Fusion basierenden Business-Anwendungen "Oracle Applications" vorgestellt werden.

Einen Überblick zur Oracle Fusion Middleware 11g finden Sie auch im Oracle Technology Network.