Facebook und die Folgen

Der transparente Mitarbeiter

05.02.2011 von Alexandra Mesmer
Wenn der Chef einem die Freundschaft anbietet, ist das in Zeiten von Facebook und Co. nicht nur von Vorteil. Ein CW-Gespräch mit dem Arbeitsrechtler Professor Peter Wedde über die Tücken im Umgang mit sozialen Netzen und arglose Mitarbeiter.

CW: Laut Social Media Report HR 2010 haben die meisten deutschen Firmen noch keine Richtlinien zur Nutzung von Social-Media-Diensten in Unternehmen. Sind sie besser beraten, diesen Umgang zu regeln?

'Die Menschen verlieren das Gefühl dafür, wie transparent sie im Netz sind.' Peter Wedde, Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft, ist Direktor der Europäischen Akademie der Arbeit in der Universität Frankfurt am Main.

WEDDE: Viele Firmen haben den Umgang mit sozialen Netzen weder als Problem noch als Chance erkannt. Dabei wären Unternehmen gut beraten, ihn klar zu regeln. Halten Firmen ihre Mitarbeiter etwa dazu an, sich zu Marketing- oder Vertriebszwecken in sozialen Netzwerken zu bewegen, ist das ein Teil der beruflichen Aufgabe. Dann ist die Nutzung während der Arbeitszeit auch kein Problem. Anders sieht es aus, wenn die intensive Kommunikation über Twitter, Facebook und Co. die Arbeit behindert.

CW: Welche sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Regelungen für solche Richtlinien?

WEDDE: Wir brauchen nach der Netiquette auch eine Social Etiquette. Die wichtigste Handlungsempfehlung für Mitarbeiter sollte lauten: "Macht Euch klar, was Ihr schreibt. Man kann nicht wissen, wer es liest." Firmeninterna oder Betriebsgeheimnisse per Twitter in die Welt zu posten ist absolut tabu. Generell darf man nichts über andere Mitarbeiter seines Unternehmens schreiben. Wer sich über seinen Chef aufregt oder sich über die Beförderung des Kollegen freut, verletzt deren Persönlichkeitsrechte. Eine weitere Empfehlung ist es, möglichst wenig Privates von sich preiszugeben, insbesondere nicht wenn es der Karriere schaden könnte. Ein Flughafenmitarbeiter, der sich privat gegen den Ausbau des Flughafens engagiert, sollte dies nicht im Netz kundtun. Mich erstaunt es auch, wie unreflektiert Menschen ihre Fotos in soziale Netzwerke stellen: Partyfotos, Urlaubsfotos in Badeshorts oder einfach unvorteilhafte Bilder haben in einem Online-Profil nichts zu suchen, wenn man damit auch geschäftliche Kontakte knüpft.

Fotos
Zähne zeigen
Dieses Foto wäre perfekt, wenn der Herr Zähne zeigen würde. Denn, so Bewerbungsexpertin Svenja Hofert: "Gute Fotos zeigen Zähne. Diese sind auch im Miniaturformat sichtbar."
Ungünstiger Hintergrund
Hier stimmt gar nichts. Das Foto wirkt zu verspielt und ist sehr unprofessionell. Offenbar liegt die Dame zu Hause auf dem Bett, was vor allem am Hintergrund zu erkennen ist. Wer sein Bild zu Hause macht, sollte darauf achten, dass der Hintergrund neutral ist. Svenja Hofert rät: "Tapeten gehören ins Wohnzimmer, nicht zu Xing. Hintergründe sind neutral, ohne Muster und am besten hell."
Dunkel auf Hell
Apropos Hintergrund: Der sollte also hell sein. Am besten zieht man dazu etwas Dunkles an mit möglichst wenig Muster. Im abgebildeten Foto ist das schon ganz gut. Der Herr sollte jetzt nur noch direkt in die Kamera blicken, dann wäre es perfekt.
Werbeberater
Kleiden Sie sich branchengerecht, wie der Werbeberater auf diesem Foto! Werber sehen nun einmal anders aus als Banker und sollten das auch zeigen.
Ganzkörper-Foto
Ganzkörper-Fotos sind absolut tabu. Ins Internet mit seinen Miniaturbildern gehören nur Porträts vom Gesicht.
Private Fotos
Private Fotos gehören ins Fotoalbum: Xing ist ein Netzwerk für Business-Kontakte.
Fußporträt
Bleiben Sie erkennbar! Nasen- oder Fußporträts sind etwas für StudiVZ oder andere Fun-Plattformen, haben aber im Business-Internet nichts verloren.

Facebook und Twitter während der Arbeitszeit

CW: Welche Risiken birgt die intensive Nutzung von Facebook, Twitter und Co. während der Arbeitszeit ?

WEDDE: Das Risiko für den Arbeitgeber ist, dass bezahlte Arbeitszeit verschwendet wird. Nur Unternehmen, die Vertrauensarbeitszeit haben und über Zielvereinbarungen führen, müssen die Nutzung während der Arbeitszeit akzeptieren. Für die Arbeitnehmer besteht das Risiko, dass sie sich in den sozialen Netzwerken regelrecht verlieren können, wenn sie zwischen privaten und geschäftlichen Informationen nicht mehr trennen und sie nicht mehr wahrnehmen, welche arbeitsrechtlichen Folgen diese Vermischung haben kann. Wer etwa einen Tag vor der Bilanzpressekonferenz über betretene Gesichter in der Vorstandsetage twittert, riskiert eine Kündigung.

CW: Viele Unternehmen bewegen sich selbst in sozialen Netzwerken, um es für ihre Zwecke ( Recruiting , Marketing, etc.) zu nutzen. Welche Regeln sollten sie dabei beachten?

WEDDE: Diese Unternehmen sollen die sozialen Netze offen nutzen. Wenn sie etwa die Profile von Bewerbern in sozialen Netzen ohne deren Zustimmung recherchieren und überprüfen, müssen sie die Betroffenen nach Paragraf 33 Bundesdatenschutzgesetz hierüber informieren. Wenn der Mitarbeiter dagegen seinen Chef als Freund etwa bei Facebook akzeptiert, sollte es ihm klar sein, dass der Chef seine digitalen Spuren nachvollziehen kann.

CW: Kann ein Mitarbeiter, der auf seine Privatsphäre bedacht ist, die "Freundschaft" seines Chefs eigentlich ablehnen?

WEDDE: In der Praxis wohl kaum, dafür ist der Gruppendruck zu hoch. Eine Ablehnung würde die Frage "Was hat der Mitarbeiter zu verbergen?" provozieren und wäre wahrscheinlich der Karriere nicht gerade förderlich. Ich rate darum, das eigene Profil zu bereinigen, bevor man sich dem Chef zum Freund macht. Wer auf seine Privatsphäre Wert legt, sollte sich im Netz besser zwei Identitäten zulegen. Eine für die geschäftlichen und eine für die privaten Kontakte. So wie die meisten Menschen inzwischen getrennte private und geschäftliche Mail-Adressen haben.

CW: Mitarbeiter wurden schon gekündigt, da sie während der Krankschreibung auf Facebook unterwegs waren. Ist das eine übertriebene Reaktion eines Arbeitgebers oder kann die private Nutzung sozialer Netzwerke auch den Job gefährden?

WEDDE: Solche Kündigungen dürften vor Arbeitsgerichten keinen Bestand haben. Schließlich kann man einem Arbeitnehmer, der mit gebrochenem Bein oder einer Bronchitis zuhause sitzen muss, nicht verbieten, ins Internet zu gehen. Wer allerdings während der Krankheit vor Langeweile im Netz über den Chef lästert oder Firmeninterna preisgibt, gefährdet seinen Job.

CW: Was halten Sie davon, wenn Unternehmen den Zugang zu sozialen Netzwerken sperren? Schrecken sie dadurch nicht gerade junge Bewerber ab?

WEDDE: Ich kann Firmen verstehen, wenn sie den Zugang zu sozialen Netzen sperren. Vor allem dann, wenn die Arbeit ständig unterbrochen wird, und die Kommunikation über diese Netzwerke mit dem eigentlichen Beruf nichts zu tun hat. Verbote schrecken zwar einige Bewerber möglicherweise ab, aber manchmal muss man Mitarbeiter auch vor sich selbst schützen. Schon heute sind viele per Mail beinahe rund um die Uhr erreichbar und können auch in ihrer Freizeit nicht loslassen. In den sozialen Netzwerken wird die permanente Erreichbarkeit noch übersteigert: Steht der Chef auf meiner Freundesliste, kann er alles verfolgen, wie ich im Netzwerk agiere und was ich über mich preisgebe. Viele Menschen machen sich das nicht klar und sehen auch keinen Zusammenhang zwischen dem eigenen Tun in sozialen Netzen und arbeitsrechtlichen Konsequenzen.

Der richtige Umgang mit sozialen Netzen

Wer sich in sozialen Netzen nicht nur privat, sondern auch beruflich bewegt, sollte folgende Grundregeln beachten: