Der Speichermarkt: Über die Lust und die Last, Daten zu sammeln

27.09.2006
Viele Unternehmen sitzen auf einem Berg von Daten, die nur ungenügend genutzt werden und den IT-Abteilungen Kopfzerbrechen bereiten: Mit steigenden Speicherkapazitäten erhöhen sich auch Komplexität und Kosten der Datenhaltung.

Bis 2010 wächst nach einer Prognose der Marktforscher von IDC die Menge an gespeicherter Information jährlich um mehr als 50 Prozent. Verantwortlich dafür sind nicht zuletzt die verstärkten Bemühungen der Firmen, Informationen über ihre Außenkontakte, Stichwort Lead-Generierung, zu sammeln, auszuwerten und damit zusätzlichen Umsatz zu generieren. Generell tragen das Internet und der wachsende E-Mail-Verkehr sowie die mehrfache Speicherung (Replikation) eines identischen Inhalts zum Datenwachstum in den Unternehmen bei. Manchmal ist die Datenreplikation gewollt, etwa um gesetzliche oder sicherheitsrelevante Anforderungen zu erfüllen, manchmal passiert sie einfach, etwa wenn jeder Nutzer in einem Unternehmen dieselbe E-Mail abspeichert.

Die IT-Hersteller bemühen sich mit cleveren Lösungen darum, diese Datenmengen möglichst klein zu halten. Ausgefeilte Snapshot-Konzepte speichern nur die Veränderungen eines Datensatzes, und moderne E-Mail-Archivlösungen legen die Nachricht nur einmal zentral ab, statt sie für jeden Anwender einzeln zu sichern. trotzdem gelingt es nicht, die Datenmengen klein zu halten. So werden neue Geräte angeschafft. Techconsult aus Kassel schätzt, dass in diesem Jahr in Deutschland 2,19 Milliarden Euro für Storage ausgegeben werden. Das wäre ein Wachstum von knapp 7,5 Prozent gegenüber 2005.

Top 8: Externe Speichersysteme Deutschland 2005

(Marktanteil nach gelieferten Einheiten in Prozent)

  1. HP 12,3

  2. Fujitsu-Siemens 11,9

  3. Sun 8,4

  4. Netapp 6,6

  5. IBM 4,8

  6. Dell 4,7

  7. EMC 3,8

  8. Hitachi 1,1

  9. Andere 46,3

Zum Markt der externen Speichersysteme gehören nach der Definition der Unternehmensberatung Gartner sowohl SAN-, DAS-, NAS- als auch CAS-Systeme. Quelle: Gartner

Der Speicher als Asset

Im Zuge neuer Management-Prinzipien wie der Service-Orientierung geraten auch die Speicherinfrastrukturen auf den Prüfstand. Die Industrie nennt die Strukturmaßnahmen im Speicherbereich "Information-Lifecycle-Management" (ILM). ILM stellt nach einer Definition des Branchenverbands Bitkom "eine Kombination aus Technologien und Prozessen dar". Die Storage Networking Industry Association (Snia) hat einen fünfstufigen Fahrplan entworfen, der, von kleinen Änderungen abgesehen, als allgemeinverbindlich auf dem Weg zu ILM gilt.

Phase eins der Roadmap fordert die Einführung von vernetzten Speichern, also die Trennung von Rechner und Speicher. Die seit Jahren propagierte Einführung von Speichernetzen (SANs) oder in das LAN eingeklinkten Speichern (Network attached Storage = NAS) lässt eigentlich vermuten, dass die Mehrzahl der Unternehmen diese Hürde bereits genommen hat. David Hitz, Chef von NAS-Spezialist Network Appliance, erklärte in einem Interview mit der COMPUTERWOCHE aber, dass immer noch rund ein Drittel der neu angeschafften Speicher direkt mit einem Rechner verbunden sind. Hitz hofft, dass mit iSCSI diese Speicher zu vernetzen sind, damit Stufe zwei von ILM - standardisierte Daten- und Speicherdienste - erreicht werden kann.

Mittlerweile sind immerhin mehrstufige Speicherlandschaften (tiered storage) anzutreffen, die wenigstens grobe Prioritäten für den Wert einer Information setzen: Nur mehr die unternehmenskritischen Daten dürfen auf den teuren Fibre-Channel-Arrays abgelegt werden, weniger Wichtiges oder in die Jahre Gekommenes wird auf billigeren SATA-Festplattensystemen verwahrt. Mehrstufige Speicherkonzepte beeinhalten meist auch gleich den Vorteil, bei Backup und Restore Zeit zu sparen, da die Backup-Daten auf Platte geschrieben und erst später ins Bandarchiv geschoben werden.

Disk-Boom sorgt für "Band unter"

Wie stark diese Strategie schon umgesetzt wird, verdeutlich der jüngst erschienene Freeman-Report zum Markt für Bandlaufwerke und -archive: Seit fünf Jahren werden jährlich weniger kompakte Bandlaufwerke, das sind hauptsächlich die mittelgroßen Formate LTO, DLT und SAIT, verkauft. Der Rückgang von 2004 auf 2005 betrug nach Stückzahlen neun Prozent und bescherte der Industrie eine Umsatzeinbuße von drei Prozent auf 1,7 Milliarden Dollar. Nachdem die Freeman-Analysten schon im vorigen Jahr vergeblich eine Trendumkehr prognostizierten, soll sich die Wende nun in diesem Jahr vollziehen und den Markt bis 2011 jährlich um sechs Prozent wachsen lassen.

Neben dem mehrstufigen Speicheraufbau hat sich eine andere Technik durchgesetzt: die Virtualisierung. Sie trennt den physischen vom logischen Speicher und dient insbesondere dazu, die Ressourcen besser auszulasten. Virtuelle Speicherpools, die sich dynamisch verändern lassen, sollen dem Speicherbedarf eines jeden Servers gerecht werden. Und mit der Virtualisierung soll auch der Speicheradministrator entlastet werden, denn einige Routineaufgaben wie die Provisionierung der Server mit entsprechendem Speicherplatz lassen sich in die Applikation verlagern.

Die Verwaltung der Speicherressourcen wird mit steigendem Einsatz von SAN-Inseln und NAS-Verbünden für die Verantwortlichen immer komplexer, weshalb in jüngster Zeit Werkzeuge dafür auf den Markt kamen. Die Analysten der Experton Group untersuchten den Einsatz von SRM-Werkzeugen in deutschen Unternehmen: Ende 2005 hatten von den befragten 199 Firmen nur knapp 19 Prozent ein entsprechendes Projekt bereits umgesetzt, aber weitere 40 Prozent planen ein solches.

Was das Daten-Management über heterogene Systeme hinweg angeht, setzte bislang ausschließlich die Branchenorganisation Snia die Standards. IBM hat zusätzlich das Open-Source-Projekt "Aperi" ins Leben gerufen, das unter anderem die Branchengrößen Computer Associates, Emulex, Fujitsu, McData und Netapp unterstützen. Sun war ursprünglich auch mit an Board, hat sich dann aber verabschiedet, angeblich wegen zu großer Distanz der Aperi-Bemühungen zur Snia.

Sun, durch die Übernahme von Storagetek zur Speichergröße aufgestiegen, geht auch in puncto zukünftige Speicherarchitektur einen Sonderweg: Statt ILM verfolgt der Hersteller das "Information Management Maturity Model" (IM3). Statt des Fünf-Phasen-Modells kommt Sun mit vier Schritten aus: Alles braucht eine Kennung, alles muss virtualisiert, gesichert und integriert werden. An diesem Punkt treffen sich IM3 und ILM wieder, denn das Ziel beider Initiativen ist das globale Speichernetz, das als eine Einheit zu verwalten ist. Bis dahin dürfte aber noch einige Zeit verstreichen.
von Kriemhilde Klippstätter (Redakteurin bei der Computerwoche)

Top 7: Speichersysteme weltweit 2. Quartal 2006

(Externe Speichersysteme: Marktanteile nach gelieferten Einheiten in Prozent)

  1. EMC* 23,8

  2. IBM 14,6

  3. Hewlett-Packard 14,6

  4. Hitachi/HDS** 8,3

  5. Sun Microsystems 7,6

  6. Dell 7,5

  7. Network Appliance 7,5

  8. Andere 15,9

* EMC-Anteile enthalten nicht die OEM-Umsätze von Dell und Fujitsu-Siemens. ** Hitachi/HDS-Anteile enthalten nicht die OEM-Umsätze von HP und Sun Microsystems. Quelle: Gartner