Der Notebook-Markt trotzt der PC-Flaute

01.10.2002 von Sabine Prehl
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Notebooks werden immer beliebter. Vor allem in Deutschland und hier speziell im Consumer-Geschäft ist es den Anbietern gelungen, den generellen Abwärtstrend im PC-Markt teilweise abzufangen. Im Business-Segment leiden die Hersteller jedoch nach wie vor unter der Investitionszurückhaltung der Unternehmen.

Der hiesige Notebook-Markt ist heiß umkämpft. Den etablierten Herstellern machen vor allem lokale Anbieter wie Gericom zu schaffen.

Die PC-Flaute hält an. Wegen der anhaltend schwachen Nachfrage haben die Analysten von IDC ihre Prognosen erneut nach unten korrigiert. Demnach wird der weltweite PC-Markt in diesem Jahr nur um 1,1 Prozent zunehmen. 2003 werde das Wachstum bei 8,4 Prozent liegen. Im Juni hatten die Marktforscher noch mit Steigerungsraten von 4,7 in diesem Jahr beziehungsweise 11,1 Prozent 2003 gerechnet. „Vor Mitte nächsten Jahres wird die Nachfrage weder im Business- noch im Privatkundengeschäft nennenswert anziehen“, prophezeit IDC-Analystin Loren Loverde.

Wachsender Anteil des Laptop-Geschäfts

Einziger Lichtblick ist derzeit das Notebook-Geschäft: Laut Gartner gingen im zweiten Quartal dieses Jahres weltweit 6,9 Millionen mobile Rechner - das sind 6,1 Prozent mehr als 2001 - über die Ladentheke. Während der Anteil der Tragbaren am weltweiten PC-Geschäft 1998 noch bei durchschnittlich 16,7 Prozent lag, sind es mittlerweile fast 24 Prozent. Und die Auguren halten bis 2006 sogar eine Steigerung auf 30 Prozent realistisch - vorausgesetzt, die Investitionszurückhaltung der Unternehmen finde bald ein Ende.

Neben den USA, wo im zweiten Quartal 9,3 Prozent mehr mobile Rechner abgesetzt wurden als im Vorjahr, konnte vor allem der deutsche Markt dem Abwärtstrend in der PC-Branche trotzen: Rund 403.000 Portables - das sind 24,7 Prozent mehr als im Vorjahr - wurden zwischen April und Juni hierzulande verkauft. Das Plus im mobilen Segment bewirkte laut IDC, dass der gesamte PC-Markt in Deutschland um 0,2 Prozent gewachsen sei, während die Einnahmen im europäischen Durchschnitt um 4,7 Prozent schrumpften.

Vor allem im Consumer-Segment steigt die Nachfrage. Während bisher hauptsächlich größere Unternehmen zu den klassischen Kunden zählten, finden Portables immer mehr Anhänger unter kleinen Firmen und privaten Anwendern. Gartner prophezeit dem Soho-Bereich (Small und Home Office) für das dritte Quartal ein Wachstum von 17,7 Prozent. Der Markt für Business-Notebooks soll hingegen nur um 7,2 Prozent zulegen.

Notebook statt Desktop

Experten zufolge mausern sich die mobilen Rechner zunehmend zum Desktop-PC-Ersatz. Offenbar sehen auch Anwender, die das Gerät nicht unbedingt zu mobilen Zwecken benötigen, im Notebook eine gleichwertige Alternative zum Tischrechner. Gründe dafür gibt es genug: Laptops sparen Platz auf dem Schreibtisch und sehen besser aus als ihre bulligen Desktop-Pendants. Zudem können sie mit diesen inzwischen auch in Sachen Leistung und Ausstattung mithalten. Schnelle, stromsparende Prozessoren sorgen für Performance und längere Akkulaufzeiten. Bei Festplatten ist man im Profi-Bereich schon bei 60 GB Kapazität angelangt. Sony hat kürzlich sogar ein Notebook mit eingebautem DVD-Brenner vorgestellt.

Das entscheidende Kriterium für den Vormarsch der Laptops im Soho-Bereich ist jedoch die wachsende Verfügbarkeit preiswerter Modelle. Der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zufolge sind derzeit 82 Prozent aller Consumer-Notebooks für unter 2000 Euro zu haben. 2001 waren es noch 78 Prozent. Vor allem das Einstiegssegment mit Preisen von 1500 bis 1600 Euro ist begehrt, so Thomas Kissel-Müller, Marketing-Direktor bei Toshiba.

Hintergrund des zunehmenden Angebots an günstigen Modellen ist neben Preissenkungen bei mobilen CPUs und LC-Displays vor allem der hohe Wettbewerbsdruck in Deutschland, der den Preiskampf unter den Herstellern verschärft hat. Ähnlich wie im Desktop-PC-Markt machen lokale und No-Name-Anbieter, die Kaufhäuser und Discounter mit Billig-Notebooks beliefern, den etablierten Playern zu schaffen. Speziell Gericom hat den Consumer-Markt fest im Griff. Der österreichische Hersteller, der seine Notebooks unter anderem über Handelsketten wie Lidl und Mediamarkt vertreibt, steigerte seine Einnahmen im zweiten Quartal um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr und liegt zurzeit mit 10,5 Prozent Marktanteil auf Platz zwei in Deutschland, im Consumer-Segment ist er sogar Marktführer.

Experten führen Gericoms Aufstieg im Notebook-Markt vor allem auf die kostengünstige Produktion zurück, die auch von Actebis (Marke „Targa“) mit Erfolg praktiziert wird: Die Hersteller bauen in ihre Portables normale Desktop-CPUs ein, die wesentlich billiger sind als spezielle Notebook-Chips.

Billig-Notebooks im Trend

Zwar kam es dadurch anfänglich zu einer Überhitzung der für die Laptop-Gehäuse überdimensionierten Prozessoren, was laut Gartner-Analystin Meike Escherich eine „unglaublich hohe“ Fehlerrate zur Folge hatte; auch die Akkulaufzeit der Geräte ging in den Keller. Doch seit die Desktop-CPUs in 13-Mikrometer-Wafer-Technik gefertigt werden und über Stromsparfunktionen verfügen, gehören diese Probleme der Vergangenheit an. Mittlerweile wird das kostengünstige Verfahren im Consumer-Segment von fast allen großen Herstellern kopiert.

Auch Markenhersteller wie Toshiba setzen verstärkt auf Billig-Notebooks. Der Marktführer, der mehr als 90 Prozent seiner Umsätze mit mobilen Rechnern erzielt, positioniert sich zwar nach wie vor als Anbieter von Business-Notebooks. Von den 46500 tragbaren Rechnern, die das Unternehmen im zweiten Quartal in Deutschland abgesetzt hat, gingen 34000 an Firmenkunden. Doch neben seinen Highend- und Lifestyle-Modellen der „Portege“-Serie setzt der japanische Konzern im B-to-C-Geschäft auf Volumina. „Wir müssen hier die Stückzahlen steigern, um die geringeren Margen aufzufangen“, so Kissel-Müller. Ein sinnvoller Schritt, meint Analystin Escherich: „Momentan kann man der Konjunktur nur mit Massenaktionen im Niedrigpreissegment trotzen.“

Mit der neuen Strategie ist es Toshiba gelungen, den Marktanteil im zweiten Quartal dieses Jahres auf 11,5 Prozent leicht auszubauen und seinen Rivalen Gericom, 2001 noch Marktführer in Deutschland, vom ersten Platz zu verdrängen. In den Cash-and-Carry-Bereich, will Toshiba allerdings nicht einsteigen. „Das passt nicht zum Image, zudem wollen wir unseren Fachhändlern die Treue halten, mit denen das Geschäft planbarer ist als One-Shot-Aktionen wie bei Aldi und Co.“, so Marketing-Direktor Kissel-Müller.

Markenhersteller holen auf

Dadurch, dass die Big Player immer stärker im Consumer-Markt mitmischen, wird die Luft für B-Brand-Anbieter dünner. „Für die Großen ist es ja viel einfacher, beim Komponentenkauf Mengenrabatte auszuhandeln und dadurch billiger zu produzieren“, so Analystin Escherich. Ihrer Ansicht nach muss sich Gericom neue Nischen suchen - etwa Allwetter-Notebooks für das Militär - und dabei seine Flexibilität und seinen Mut nutzen: „Gericom wagt auch einmal etwas völlig Neues - und darin liegt seine Chance.“

Auch für Markenhersteller warten neue Herausforderungen im Notebook-Geschäft. Noch leichtere und flachere Modelle liegen im Trend. „Format und Design werden immer wichtiger“, hat Escherich beobachtet. Zudem gewännen die neuen Tablet-PCs an Bedeutung. Felix Rümmele, Direktor PC Marketing für IBM Deutschland, Österreich und die Schweiz, sieht das ähnlich: „Gefragt sind flache und leichte Geräte, die drahtlos Daten übertragen und über die notwendigen Sicherheitsfunktionen verfügen.“

Vor allem von der Funknetztechnik nach dem 802.11b-Standard, Wireless LAN (WLAN), erhofft sich die Branche neue Impulse im schwächelnden Business-Segment. Einer Studie von Gartner zufolge wird der weltweite Markt für WLAN-Produkte in diesem Jahr um 26 Prozent auf 2,1 Milliarden Dollar und 2002 auf 2,8 Milliarden Dollar wachsen. Getrieben werde diese Entwicklung neben sinkenden Preisen für die WLAN-Hardware von den steigenden Connectivity-Anforderungen der User.

WLAN-Notebooks im Kommen

Nachdem für UMTS bislang weder die technische Infrastruktur noch geeignete Endgeräte vorhanden sind und auch Bluetooth nur langsam anläuft, rechnen die Gartner-Experten mit einer steigenden Nachfrage nach Notebooks und Handheld-PCs mit integriertem Funknetzmodul. Im vergangenen Jahr waren etwa neun Prozent der aktuellen Notebook-Modelle WLAN-fähig. Ende 2002 sollen es bereits 50 Prozent und 2007 über 90 Prozent sein. Auch Intel setzt mit seinem kommenden Notebook-Prozessor „Banias“ auf die neue Technik. Der mobile Chip, der bei 1,5 Gigahertz Takt so schnell wie ein 2-Gigahertz-Pentium-4 sein und trotzdem nur einen Bruchteil an Strom verbrauchen soll, wird laut Firmenvertretern nächstes Jahr bereits mit integriertem Funknetzmodul an die Hersteller geliefert.

Weltweites Wachstum

Weltmarktführer bei mobilen Rechnern ist Dell. Der PC-Direktanbieter, der 28 Prozent seines Gesamtumsatzes mit Notebooks erzielt, konnte den Absatz im zweiten Quartal um 10,6 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres auf insgesamt rund 1,03 Millionen Stück steigern. Damit hält Dell 14,9 Prozent des weltweiten Notebook-Markts, dicht gefolgt von HP neu mit 1,01 Millionen verkauften Einheiten und einem Marktanteil von 14,7 Prozent. Entgegen dem Trend hat das fusionierte Unternehmen im zweiten Dreimonatszeitraum 0,4 Prozent weniger Notebooks als im Vorjahr verkauft, was in erster Linie auf die Konsolidierung der Produktlinien von Hewlett-Packard und Compaq zurückzuführen ist. Auf Platz drei liegt Toshiba mit einem Marktanteil von 12,8 Prozent. Der japanische Hersteller setzte zwischen April und Juni dieses Jahres weltweit 885000 Laptops ab und legte mit 11,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr am stärksten zu. Komplettiert werden die Top Five von IBM mit 737000

verkauften Einheiten und Sony (489000 Stück). Die meisten der weltweit verkauften Tragbaren stammten allerdings von lokalen Herstellern und No-Name-Anbietern. Mit insgesamt 2,75 Millionen Geräten - das sind sieben Prozent mehr als im Vorjahr - entfielen auf sie im zweiten Quartal nahezu 40 Prozent des Marktes.

Im Wachstumssegment Consumer-Notebooks geht es vorrangig um die sonstige Ausstattung. Laut Toshiba-Mann Kissel-Müller sind Komponenten gefragt, die speziell privaten Anwendern am Herzen liegen - ein schneller Internet-Zugang, Grafikchips für Spiele sowie CD-RW- oder Combo-Laufwerke. Allerdings sind solche Features nicht in einem Notebook für 1600 Euro zu haben. Anspruchsvolle User und Spielefreaks müssen schon etwas tiefer in die Tasche greifen, wenn ihr tragbarer Rechner als vollwertige Desktop-PC-Alternative dienen soll.

Es ist daher fraglich, ob die Hersteller ihre Wachstumsraten im Consumer-Segment weiter in dem erhofften Maße steigern können. Entscheidend für die Zukunft der Branche ist zudem, dass das margenträchtige Großkundengeschäft wieder anzieht. Die meisten Firmen sehen laut Analystin Escherich jedoch wenig Anlass für einen Austausch: „Der Lebenszyklus von PCs und Notebooks wird immer länger. Für die meisten Anwendungen reichen die vor ein paar Jahren gekauften Geräte aus.“

Neue Gehäuse-Designs und Prozessoren werden nach Escherichs Einschätzung „vielleicht einige Firmen zur Anschaffung neuer Laptops bewegen“. Vor allem Intels Banias-CPU „könnte den Markt anschieben“. Eine nennenswerte Markterholung erwartet die Expertin jedoch nicht so bald.