Lotus Notes 8

Der neue Notes E-Mail-Client im Überblick

12.10.2007 von Martin Kuppinger
Die Version 8 ändert die technische Basis und das Konzept für Lotus Notes grundlegend. IBM will trotz Nutzung einer Eclipse-Plattform die Bedienung, Funktionen und Übersichtlichkeit des E-Mail-Clients für den Anwender beibehalten. Der Artikel gibt einen ersten Überblick über das neue Lotus Notes 8.

Die unter dem Codenamen ?Hannover? entwickelte neue Version von Lotus Notes/Domino hat zunächst für einiges an Aufsehen gesorgt. Immerhin war klar, dass sich das technische Konzept des Lotus-Notes-Clients grundlegend verändern würde. Inzwischen ist aber auch klar, dass sich für den Endanwender nicht viel ändern muss, wohl aber viel ändern kann.

Neu: Auf der Seite Getting started werden Informationen zu den wichtigsten Neuerungen geliefert.

Das zeigt sich schon gleich nach dem Start. Lotus Notes sieht zwar etwas verändert aus, der Anmeldedialog ist aber, wenn man vom Logo absieht, unverändert geblieben. Nach der Anmeldung werden beim ersten Start in gewohnter Weise einige Anpassungsmöglichkeiten angeboten. Beim nächsten Start findet man die beiden Register Home und Getting started.

Die Seite Getting started ist schon deshalb interessant, weil sie zu den neuen Elementen der Benutzerschnittstelle von Lotus Domino informieren. Hier sind vor allem der Open-Button am oberen Rand und die Sidebar auf der rechten Seite interessant.

Der Open-Button ? Das Startmenü von Notes

Schnellstart: Das Startmenü hinter dem Open-Button gibt schnellen Zugriff auf die Funktionen von Lotus Notes.

Der Open-Button bietet Zugriff auf die Inhalte. Er ist am einfachsten mit den Favoriten bei einem Browser zu vergleichen. Sobald man ihn öffnet, kann man einerseits auf die Standardfunktionen wie Mail, Kalender oder Kontakte sowie die Lesezeichen (Bookmarks) zugreifen. Zum anderen kann man aber ? je nach installierter Funktionalität ? auch andere Anwendungen wie den Domino Administrator oder die IBM Applications nutzen, die unter anderem einen Texteditor, ein Präsentationsprogramm und eine Tabellenkalkulation umfassen.

Mit der Suchfunktion im oberen Bereich kann man in längeren Menüs auch nach Inhalten suchen. Allerdings ergibt es mehr Sinn, die Navigationsstruktur so aufzubauen, dass sie übersichtlich bleibt.

Die Sidebar

Die zweite auffällige Neuerung bei der Oberfläche von Lotus Notes 8 ist die Sidebar am rechten Rand. Dort finden sich standardmäßig vier Funktionen:

Die Sametime-Kontakte enthalten die Liste der Kontakte, mit denen man direkt über Sametime, also die Instant-Messaging-Dienste von Lotus, kommunizieren kann. Das setzt voraus, dass man eine Sametime-Infrastruktur aufgebaut hat.

Übersichtlich: Der Notes 8-Client stellt wichtige Funktionen direkt in der Sidebar zur Verfügung.

Die Aktivitäten wurden bereits mit dem IBM Lotus Workplace eingeführt und haben nun auch Eingang in den Lotus Notes-Client gefunden. Dahinter steckt ein Konzept, das sich in ähnlicher Weise bei Microsoft Groove oder dem Collanos Workplace findet. Man kann Arbeitsbereiche aufbauen, auf die mehrere Benutzer Zugriff haben. Über diese kann man Dokumente, Aufgaben, Links, Nachrichten und andere Informationen gemeinsam nutzen.

Bei Day At-a-glance findet man die wichtigsten Informationen über den aktuellen Tag insbesondere aus dem Kalender. Man kann hier ? wie bei den anderen Funktionen ? über das Kontextmenü viele wichtige Aufgaben direkt durchführen.

Schließlich lassen sich bei den RSS-Feeds noch Abonnements von Websites konfigurieren.

Die Seite Home

Wenn man über die Register oder durch Schließen von Getting started auf die Seite Home wechselt, findet man dort in der Standardansicht Schnittstellen zu den wichtigsten der installierten Funktionen wie Mail, Kalender oder eben auch dem Textverarbeitungsprogramm. Mit New lassen sich jeweils neue Mails, Kalendereinträge, Dokumente und so weiter erstellen.

Anpassbar: Das Aussehen der Homepage von Lotus Notes 8 lässt sich ? wie bisher auch ? flexibel anpassen.

Im oberen Bereich gibt es den Eintrag Click here for Home Page options. Wenn man diesen auswählt, kann man einerseits zwischen verschiedenen Standardvarianten für die Homepage wählen und andererseits mit Return to first-time setup zu der Schnittstelle wechseln, die beim ersten Start für die Gestaltung der Homepage angezeigt wurde.

Die Menüstrukturen sind weitgehend gleich geblieben, wenn auch mit einer gewichtigen Änderung: Notes-Datenbanken nennen sich nun nicht mehr Datenbank, sondern Anwendung. Auch sonst gibt es einige Anpassungen bei den verwendeten Termini. Obwohl diese meist logisch sind, müssen sich die Benutzer doch umstellen. Das muss man bei der Rollout-Planung für Notes 8 berücksichtigen ? ohne Schulungen der Benutzer wird sich die Migration kaum erfolgreich bewerkstelligen lassen.

Replikation

Wesentliche Verbesserungen gibt es im Bereich der Replikation. Im Menü File findet sich nun der Punkt Make Available Offline. Wenn man diesen auswählt, gelangt man direkt zu einem Dialogfeld, in dem man eine lokale Replik der aktuellen Anwendung ? um den neuen Begriff anstelle von Datenbank zu verwenden ? erzeugen kann.

Lokal replizieren: Lokale Repliken lassen sich über einen Menüpunkt erstellen ? und deutlich einfacher verwalten als bisher.

Die Repliken können gleich oder bei der nächsten planmäßigen Replikation erstellt werden. Die Replikationszeitpläne können dabei direkt ausgewählt und verwaltet werden. Wenn man mit einem geeigneten Standardwert arbeitet, lässt sich die Erstellung von lokalen Repliken bei Notes 8 auf zwei Mausklicks reduzieren.

Um alle Repliken zu verwalten, kann man den Bereich Replication im Open-Menü auswählen. Es wird eine Liste der lokalen Repliken angezeigt. Über die Befehle und Menüs im oberen Bereich lassen sich diese einfach verwalten. Dort können beispielsweise auch allgemeine Präferenzen für die Replikation gesetzt werden.

Neuer integrierter Browser: Lieber ignorieren

Der integrierte Browser gehörte bisher sicherlich nicht zu den Stärken von Lotus Notes. Das zeigt sich auch daran, dass nur ein Bruchteil der Zugriffe im Internet über den Lotus-Notes-Browser erfolgt. Notes 8 erhält zwar einen neuen Browser, den Sie aber auch nur dann verwenden sollten, wenn Sie nur sehr einfache Seiten besuchen. Vor allem Java scheint der Browser nicht zu kennen. Als wir im Test auf die AJAX-basierte Messenger-Seite Meebo surften, stürzte der komplette Notes-Client ab. Zudem vermisst man grundlegende Funktionen aktueller Browser, etwa Tabs oder Erweiterungen.

Lieber etwas anderes: Über die Präferenzen kann auch der Browser, der auf Betriebssystemebene genutzt wird, als Standard gewählt werden.

Falls man nicht mit dem integrierten Browser arbeiten möchte, kann man aber über File ? Preferences auf die Konfigurationseinstellungen von Notes 8 zugreifen und dort bei Web Browser den Standardbrowser auf Betriebssystemebene auswählen.

Beim Domino Designer kann man darüber hinaus auch andere Browser nutzen, um Webanwendungen mit verschiedenen Browsern testen zu können. Interessant ist generell der Blick auf die Präferenzen. Dieses Dialogfeld ist nun grundlegend anders gestaltet und wesentlich übersichtlicher als die bisherige Lösung.

Der Abschied vom NAB

Neues gibt es auch vom NAB, dem Namens- & Adressbuch früherer Notes-Versionen. Denn dieses heißt nun Contacts oder Kontakte und ist auch in der Nutzung deutlich optimiert worden. Das beginnt damit, dass man nun weitere Informationen bis hin zu Fotos bei den einzelnen Kontakten ablegen kann. Die Kontakte kann man sich auch in einer Visitenkartenansicht anzeigen lassen.

Auch die Standardansichten für Kontakte wurden erweitert. Dabei ist insbesondere Recent Contacts zu erwähnen. Hier werden die Kontakte aufgeführt, mit denen man zuletzt zu tun hatte ? zumindest, soweit man für die Zusammenarbeit Lotus Notes genutzt hat. An dieser Stelle wird das generelle Bemühen von IBM Lotus deutlich, die Nutzung des Produkts stärker kontextsensitiv zu gestalten und dazu beispielsweise zu analysieren, welche Informationen zuletzt verwendet wurden.

Mail und Kalender

Optimiert: Bei Notes 8 ist die Oberfläche für die Mail- und Kalenderfunktionen deutlich verbessert worden.

Bei den Mail- und Kalenderfunktionen gibt es einiges an Neuerungen. So können nicht akzeptierte Anforderungen für Meetings nun im Kalender in spezieller Weise dargestellt werden, sodass sie sofort erkennbar sind. Einträge mit sehr kurzer Zeitdauer werden etwas größer und damit leserlich angezeigt. Und auch abgesagte Meetings können nun klarer dargestellt werden.

Sowohl für die Mail- als auch die Kalenderfunktionen gilt, dass die Oberfläche überarbeitet wurde und sich Präferenzen nun einfacher setzen lassen. Bei den Mail-Funktionen sind einerseits die Anzeige von Mail-Threads, also zusammengehörigen Nachrichten, und andererseits der verbesserte Out-of-Office-Dialog erwähnenswert. Bei diesem sollen zukünftig auch die Abwesenheiten stundengenau angegeben werden können ? eine Funktion, die in der Beta 3 aber noch fehlte.

Innerhalb einer Domino-Infrastruktur gibt es außerdem die Möglichkeit zum Rückruf von Mails, soweit diese noch nicht ausgeliefert wurden. Das setzt allerdings eine Notes/Domino-8-Infrastruktur und eine Aktivierung dieser Funktionalität voraus.

Hilfefunktionen

Übersichtlich: Die neue Hilfefunktion von Notes 8 ist deutlich angenehmer in der Nutzung als die bisherige Lösung.

Wer sich bisher über die Hilfefunktionen von Lotus Notes/Domino geärgert hat, die doch einen etwas antiquierten Eindruck gemacht haben und zudem teilweise recht langsam waren, wird sich über die neue Hilfe von Notes 8 freuen. Der Zugriff ist wesentlich schneller als bisher, und die Informationen werden in übersichtlicherer Form als bisher präsentiert.

Auch die Suchfunktion arbeitet sehr schnell. Dafür fehlt der Index, der bisher genutzt werden konnte. Auf der anderen Seite können neben Lesezeichen auch Links in die Hilfe integriert werden, um sie einfacher nutzbar zu machen.

Fazit

Einige der Änderungen wie die Umbenennung von Datenbanken in Applikationen können dazu führen, dass man größere Deployments nicht ohne Training der Benutzer bewerkstelligen kann, weil sie eine Abkehr von langen gewohnten Paradigmen darstellen.

Auch fragt man sich bei den neuen Applikationen, ob IBM die letzten Jahre im Tiefschlaf verbracht hat. Die Office-Suite und der Browser fallen so rudimentär aus, dass man getrost drauf verzichten kann.

Dafür schafft es der Konzern, die Grundfunktionen von Notes clever zu erweitern. Auch die Integration von Sametime ist sehr gut gelungen. In der Summe gibt es bei Notes 8 viele Verbesserungen für die Nutzung, die aber insgesamt recht intuitiv zu nutzen sind. Der Schritt hin zur neuen Plattform hat sich aber auf jeden Fall gelohnt. (mja)

Der Beitrag stammt von der Computerwoche-Schwesterpublikation Tecchannel.