Ratgeber

Der beste Netbook-Prozessor

05.04.2011 von Thomas Rau
AMD oder Intel? Bei Netbooks wird diese Frage wieder interessant. Denn der neue AMD C-50 ist ein echter Konkurrent für Intels Atom. Der test klärt, wer die beste Netbook-CPU baut.
Sind Netbooks mit AMD-CPU wie das Acer Aspire One 522 die besseren Mini-Notebooks?
Foto: Acer

Vor einem Jahr war alles noch ganz einfach: In fast allen Netbooks arbeitete ein Atom-Prozessor mit einem Rechenkern. Meist war dies der Atom N450 oder der N455 (1,66 GHz) mit Hyper-Threading. Seine Rechenkraft war bescheiden, aber er war sparsam und sorgte so für eine lange Akkulaufzeit. Und echte Alternativen gab es keine.

Jetzt ist alles anders: Intel hat mit dem N550 einen echten Doppelkern-Atom für Netbooks im Programm. Und der ewige Intel-Konkurrent AMD geht mit dem C-50 an den Start, der sich anschickt, die Atom-Herrschaft von Intel zu beenden. PC-WELT geht der Frage nach, für wen sich ein Doppelkern-Prozessor im Netbook eignet und welche Vorteile AMDs neuer Prozessor bringt.

Lohnt sich ein Doppelkern-Prozessor fürs Netbook?

Netbooks sind rechenschwach. Selbst ein Einsteiger-Notebook für rund 500 Euro arbeitet im Schnitt rund dreimal so schnell wie ein Mini-Laptop. Und auch in den günstigsten Notebooks sitzt heutzutage ein echter Doppelkern-Prozessor. Können Netbooks mit Dual-Core-CPU hier Boden gut machen?

Der Atom N550 besitzt zwei echte Rechenkerne. Außerdem arbeitet er mit Hyper-Threading: Das Betriebssystem kann also vier Recheneinheiten nutzen. Deutliche Vorteile bringt das aber nur bei Programmen, die darauf vorbereitet sind: Hier arbeitete ein Netbook mit N550 trotz der geringeren Taktrate tatsächlich fast doppelt so schnell wie eines mit N450.

Prozessorleistung (Cinebench 10.5)

Intel Atom N550

1452 Punkte

Intel Atom N455

852 Punkte

Doch im Alltag laufen auf Netbooks meist Programme, die mit mehreren Kernen nichts anfangen können. Auch der zweite Trumpf einer Mehr-Kern-CPU sticht bei Netbooks kaum: Sie beschleunigt Multi-Tasking, also das Arbeiten mit mehreren Programmen gleichzeitig. Doch hier bremst der nur 1 GB kleine Arbeitsspeicher die Netbooks aus, sodass eine Mehr-Kern-CPU kaum Vorteile bringt.

Systemleistung (PC Mark 05)

Gesamt

CPU-Leistung

Intel Atom N550

1630 Punkte

1739 Punkte

Intel Atom N450

1294 Punkte

1426 Punkte

Insgesamt liegt das Tempoplus eines Netbooks mit N550 bei Standard-Programmen gegenüber einem Vorgänger-Modell bei nur rund 20 Prozent. Nur wegen des Doppelkern-Prozessors lohnt sich also die Anschaffung eines neuen Netbooks nicht.

Lohnt sich ein Doppelkern-Atom-Prozessor wie er im Samsung NF310 sitzt?
Foto: Samsung

Auch bei Spielen bringt der Atom N550 kaum mehr Tempo: Seine Grafikeinheit Intel GMA 3150 ist die gleiche wie beim N450 – und daher außer für sehr alte oder grafisch einfache Spiele ungeeignet.

3D-Leistung (3D Mark 06)

Gesamt

CPU-Leistung

Intel Atom N550

143

746

Intel Atom N450

153

497

Ebenso wenig bringt der Doppelkern-Prozessor die Netbooks bei HD-Videos weiter. YouTube-Videos in Full-HD packen auch Netbooks mit N550 nicht. Wie bei Geräten mit N450 lassen sich maximal 720p-Videos flüssig abspielen.
Auch bei WMA-HD-Videos schnitten die Doppelkern-Netbooks nicht besser ab als die N450-Modelle: Die Darstellung von Full-HD-Material wirkte zwar etwas flüssiger. Allerdings zeigten auch die Doppelkern-Notebooks einen deutlichen Bild-/Ton-Versatz.
Für Blu-rays sind Atom-Netbooks gänzlich ungeeignet – außer den wenigen und teuren Geräten, in denen dem Atom-Prozessor ein Videobeschleuniger von Broadcom zur Seite steht, der die Mini-Laptops Full-HD-fähig macht. Außerdem bieten Atom-Netbooks keinen HDMI-Ausgang für den Anschluss an einen Full-HD-Fernseher. In der Praxis scheitert das Abspielen einer Blu-ray von einem externen Laufwerk meist an einer Fehlermeldung der Abspiel-Software, die einen inkompatiblen Treiber bemängelt.

Der AMD-Prozessor C-50 soll dagegen besonders bei HD-Videos und Spielen Netbooks deutlich beschleunigen. Ob das stimmt und ob das auf Kosten der Akkulaufzeit geht, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Was der AMD C-50 besser macht

Bisher lief nur in wenigen Netbooks ein Prozessor von AMD: Das Acer Aspire One 521 beispielsweise war mit dem Neo K125 ausgestattet. Diese Einzelkern-CPU arbeitete zwar deutlich schneller als der Intel Atom, aber auch deutlich stromhungriger. AMD-Netbooks hatten daher deutlich weniger Ausdauer im Akkubetrieb als Atom-Modelle.

Der große Atom-Konkurrent: AMDs Fusion-CPU Ontario
Foto: AMD

Der neue Netbook-Prozessor C-50 (Codename Ontario) ist AMDs erste Fusion-CPU. Die Rechenlogik des Prozessor und der Grafikeinheit Radeon HD 6250 befinden sich also auf einem Silizium-Plättchen - wie bei den Atom-CPUs. Doch im C-50 sitzt eine viel leistungsfähigere Grafikeinheit. Sie unterstützt die aktuelle Windows-Grafikschnittstelle Direct X11 (DX11), während der Intel GMA 3150 nur mit DX9 zurecht kommt. Passende Programme können dank DX11 beispielsweise das Umwandeln verschiedener Videoformate statt vom Prozessor durch die Grafikeinheit erledigen lassen. Außerdem unterstützt die Grafik-Hardware den Prozessor beim Abspielen von H.264-, VC-1 sowie Divx-Videos, während der Intel Atom nur bei MPEG-2-Material von seiner Grafikeinheit unterstützt wird.

Für die flüssige Wiedergabe von Flash-Videos sollte auf Ontario-Netbooks der Flash-Player 10.2 installiert sein. Bei Tests mit der Version 10.1 ruckelte die Wiedergabe stärker als auf Atom-Geräten. Mit der Version 10.2 liefen dann sowohl 720p- wie 1080p-Videos flüssig.
HD-Videos von der Festplatte oder Blu-rays von einem externen Laufwerk meistern die AMD-Netbooks ebenfalls problemlos. Für die Ausgabe auf einem größeren Monitor haben die Ontario-Geräte einen HDMI-Ausgang an Bord.

3D-Leistung (3D Mark 06)

Gesamt

CPU-Leistung

AMD C-50

1663

665

Intel Atom N550

143

746

Auch bei Spielen ist der C-50 dem Intel Atom klar überlegen – in manchen 3D-Tests ist er rund zehnmal schneller. Trotzdem ist er nicht uneingeschränkt spieletauglich: Für aktuelle Spiele ist die Grafikeinheit zu langsam: Far Cry 2 etwa lief nur mit 14 Bildern pro Sekunde in der maximalen Auflösung von 1280 x 720 Bildpunkten. Und bei älteren Spielen bremst der langsame Prozessor den Grafikchip aus. Far Cry zum Beispiel erreichte nur 25 Bilder pro Sekunde – egal, ob man in niedriger oder höherer Auflösung spielte.
Die 3D-Leistung eines Ontario-Netbooks liegt damit ungefähr auf dem Niveau eines rund vier Jahre alten Notebooks mit einer Geforce 8400M G – was für Netbook-Verhältnisse beachtlich ist.

Spieleleistung des AMD C-50

Bilder/Sekunde

Far Cry 2, 1280 x 720

14

Far Cry 2, 800 x 600

17

Far Cry, 1280 x 720

25

Far Cry, 800 x 600

25

Die Prozessorseite des C-50 schneidet etwas schlechter ab als der Intel Atom N550. Das liegt zum einen an der niedrigeren Taktrate, zum anderen am fehlenden Hyper-Threading – das Betriebssystem kann nur die beiden tatsächlich vorhandenden Rechenkerne nutzen.
Je nach Test beträgt sein Rückstand auf den Intel-Konkurrenten rund zehn bis 20 Prozent. Überall, wo reine Prozessorleistung gefragt ist, etwa beim Umwandeln von Musikformaten, schneidet ein Atom-Netbook besser ab. Außerdem zeigen die Tests, dass der Intel Atom besser mit mehreren gleichzeitig geöffneten Programmen umgehen kann.

Der große Pluspunkt des C-50: Seine vergleichsweise starke Multimedia-Leistung geht nicht auf Kosten der Akkulaufzeit. Muss das Netbook im Akkubetrieb viel arbeiten, zum Beispiel einen Film abspielen, verbrauchen AMD-und Intel-Modelle jeweils rund neun Watt. Das reicht mit einem Standard-Akku für rund 5,5 Stunden Laufzeit.
Bei geringer Last, etwa beim Websurfen, waren dagegen die Atom-Netbooks etwas sparsamer. Sie liefen rund eine Stunde länger als C-50-Modelle. Das gilt natürlich nur, wenn man auf aufwändige Webseiten oder die Wiedergabe von YouTube-Videos verzichet.

Wer mit dem Netbook nicht mehr macht als Surfen und Texte schreiben, setzt weiterhin auf Mini-Laptops mit Intel Atom. Ein Doppelkern-Modell muss es aber nicht unbedingt sein, denn der Tempovorteil ist kaum der Rede wert.
Soll das Netbook dagegen ab und zu auch als mobile Multimedia-Maschine dienen, die problemlos mit HD-Videos und zumindest einigen Spielen zurecht kommt, führt kein Weg an einem Gerät mit AMD-CPU vorbei. Der C-50 bringt gute Multimedia-Leistung und Sparsamkeit im Akkubetrieb zusammen: Diese Kombination macht ihn zur derzeit besten Netbook-CPU.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation PC-Welt.