Dass Erfahrung, Qualifikation, Engagement und Wissen der Mitarbeiter die wichtigsten Vermögenswerte eines Unternehmens darstellen, ist seit langem bekannt. Begrüßenswert und schon lange fällig ist, dass jetzt der systematische Versuch unternommen wird, dieses "Kapital" heranzuziehen, um die Leistungsstärke eines Unternehmens zu bewerten: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im November 2008 das Rating-Instrument HPI (Human Potential Index) vorgestellt, mit dem sich die HR-Strategien von Unternehmen klassifizieren lassen.
Gelingt es den Personal-Managern und Führungskräften, dafür zur sorgen, dass die Qualitäten der Mitarbeiter sich optimal entfalten können, tragen sie also unmittelbar und messbar zum Unternehmenserfolg bei. Häufig werden lediglich quantitative Messgrößen wie die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter oder die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden als Basis für Personalentscheidungen herangezogen. "Ein derartiger Ansatz ignoriert die Wechselwirkungen zwischen den Aktivitäten im Personal-Management und den wertschöpfenden Geschäftsprozessen", sagt Gertrud-Elisabeth Bonifer, Business Expert Human Capital Management bei SAS Deutschland. "Es ist damit zwar möglich, historische Entwicklungen im Personalbereich wie etwa steigende Lohn- und Gehaltskosten oder sinkende Fluktuationsraten zu erkennen. Wie sich dies auf die Unternehmensleistung auswirkt, bleibt allerdings offen", so Bonifer weiter.
Mitarbeitererfahrung besser nutzen
Solche Informationen sind jedoch die ausschlaggebende Voraussetzung, um das Know-how und die Erfahrung der Mitarbeiter bestmöglich zu nutzen. Deshalb ist es sinnvoll, zusätzlich zu den finanziellen auch qualitative Kennzahlen, die die Wertschöpfung und Nachhaltigkeit abbilden, für das Personal-Management heranzuziehen, etwa Indikatoren der Personalentwicklung oder einer Minimierung des demografischen Risikos.
Business-Intelligence-Systeme für das HR-Management dienen dabei als technologische Grundlage: Sie liefern einen 360-Grad-Blick auf alle personalbezogenen Maßnahmen, Kosten und Ergebnisse, indem sie sämtliche personalrelevanten Informationen aus den HR-Informationssystemen, Datenbanken und Fachanwendungen zusammenführen, bereinigen und analysieren. Im ersten Schritt müssen die Personal-Manager jedoch aus den übergeordneten Unternehmensstrategien die HR-Strategie und konkrete Maßnahmen ableiten. Dann gilt es, Kennzahlen zu definieren, anhand derer sich der Erfolg der Maßnahmen steuern lässt. Abschließend wird dann festgelegt, welche Daten aus welchen Systemen für diese Kennzahlen benötigt werden.
Welche Mitarbeiter wollen kündigen?
Ihre besondere Stärke zeigen diese Systeme bei der Prognose künftiger Entwicklungen im Personalbereich. So können HR-Manager mithilfe von Analytics-Instrumenten zum Beispiel vorhersagen, welche Mitarbeiter aus welchen Abteilungen das Unternehmen wahrscheinlich in einem bestimmten Zeitraum verlassen werden - und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten: entweder um diese Mitarbeiter zu halten oder sich zielgerichtet um die Rekrutierung möglicher Nachfolger zu kümmern.
"Für besonders kritische Punkte - etwa wenn in einer Abteilung über 30 Prozent der Mitarbeiter kündigungsgefährdet sind - können sie Warnroutinen einrichten, die Alarm schlagen, sobald der definierte Schwellenwert erreicht ist", erläutert die SAS-Managerin. "Wenn ein Unternehmen antizipieren kann, wie sich Veränderungen in der Belegschaft auf die Geschäftsabläufe und die Kundenbeziehungen auswirken, ist es in der Lage, schon frühzeitig geeignete Personalstrategien zu entwickeln. Auch der umgekehrte Rückschluss ist möglich: Erkennt ein Unternehmen, dass neue Prozesse andere Qualifikationen der Mitarbeiter fordern, kann es im Rahmen seines Qualifikations-Managements zum Beispiel seine Einstellungs- und Weiterbildungsstrategien entsprechend anpassen", so Bonifer.
Auch beim Vergleich verschiedener Handlungsoptionen leisten Analytics-Komponenten gute Dienste, denn sie simulieren auch die Folgen möglicher Entscheidungen: Wird die Kundenbindung gestärkt, wenn in die Weiterbildung der Servicemitarbeiter investiert wird? Inwieweit werden die Prozesszeiten im Warenlager sinken, wenn neue Mitarbeiter eingestellt werden? Wie werden sich neue Programme für den Gesundheitsschutz auf den Krankenstand auswirken? Gerade solche prognostischen Funktionen stärken die Position der HR, weil sie hier nicht mehr rein operativ und reaktiv auftritt, sondern unmittelbar zum Erreichen der strategischen Ziele und damit zur Steigerung des Unternehmenswerts beiträgt.
Die künftigen Aufgaben der Personaler
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Die Human-Resource-Abteilung muss ihre rein administrative, reaktive Rolle ablegen - zugunsten eines aktiven, strategisch verstandenen Personal-Managements.
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Personal-Manager müssen die Wechselwirkungen zwischen HR-Maßnahmen und den unmittelbar wertschöpfenden Prozessen erkennen können. Human-Rating-Instrumente wie der HPI unterstützen diese Analyse.
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Daraus abgeleitet ist es notwendig, sämtliche Daten mit HR-Bezug aus den operativen Systemen zusammenzuführen, zu bereinigen und zu analysieren.
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Analytics-Lösungen zeigen den HR-Experten versteckte Wechselwirkungen in den Prozessen und verdeutlichen diese Kausalzusammenhänge auf Strategiekarten.
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Mit Prognoseinstrumenten können die Personal-Manager die zu erwartenden Entwicklungen vorhersagen und verschiedene Handlungsoptionen "durchspielen".
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Bei der Definition von Kennzahlen sind neben quantitativen Messgrößen auch qualitative Faktoren zu berücksichtigen.
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HR-Analysen sollen auch für Mitarbeiter ohne spezielle IT- und Statistikkenntnisse ausführbar sein - vom Fachanwender bis zum Vorstand.